Novomatic Casinos-Affäre – Lässt sich ein Deal zwischen dem Glücksspielkonzern und der FPÖ nachweisen?

Novomatic Casinos-Affäre – Ermittlungen bringen angeblich weitere Verdachtsmomente ans Licht! (Bildquelle: Mika Baumeister auf Unsplash)

Lange Zeit war es ruhig um den in der Vergangenheit immer wieder in politische Skandale verstrickten Glücksspielkonzern Novomatic AG aus Österreich. Corona und ein groß angelegter Strukturwandel haben das Unternehmen in ein neues Licht gerückt. Doch wie das österreichische Nachrichtenmagazin profil in einem Artikel vom 18.04.23 berichtet, nimmt ein fast schon in Vergessenheit geratenes Verfahren wieder an Fahrt auf, dessen Anlass die skandalöse Novomatic Casinos-Affäre ist. Mittlerweile sind gut vier Jahre ins Land gegangen, als die ersten Details über die mutmaßlich strukturierte Lobbyarbeit des Gumpoldskirchener Spielergeräteherstellers durchgesickert sind. Aus Verdachtsmomenten wurden scheinbar handfeste Tatsachen, die weite Teile der österreichischen Politik erschüttert haben und bis heute das Landgericht Wien beschäftigen.

Mutmaßliche Absprachen zwischen Novomatic und FPÖ

Die profil verweist in ihrem Artikel auf vorliegende Dokumente, aus denen hervorgeht, dass es im Rahmen der Ermittlungen hinsichtlich der möglichen Verständigung von FPÖ und Novomatic richtungsweisende Erkenntnisse zutage gekommen sind. Innenpolitisch ist diese Debatte seit Jahren höchst brisant und hatte weitreichende Folgen. Im Frühjahr 2021 kam im Zuge des Ibiza-Videos mit vermutlich prekären Aussagen des damaligen FPÖ-Politikers Heinz-Christian Strache als Vizekanzler in der Regierung-Kurz zu einer Durchsuchung beim damals amtierenden Bundesministers für Finanzen Gernot Blümel.

Die Untersuchungen in diesem verschachtelten Netzwerk haben immer neue Wendungen genommen, sodass es bis heut zu keinen Abschluss gekommen ist. Jedoch rückt die jüngste Entwicklung wieder die Novomatic Casinos-Affäre in den Vordergrund. In diesem Zusammenhang ermittelt auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Denn: Es besteht nach wie vor der mutmaßliche Verdacht, dass Novomatic Lizenzen durch Lobbyarbeit hat „kaufen“ wollen. Demnach soll angeblich dem Regionalpolitiker Peter Sidlo auf Wunsch von Heinz-Christian Strache (ehem. FPÖ-Parteichef) ein Posten als Vorstand bei der teilstaatlichen Casinos Austria AG zugesagt worden sein.

Und so kam es dann auch. Gleichwohl dieser im Zuge der Novomatic Casinos-Affäre schnell wieder von seinem neuen Job entbunden wurde. Ziel war es wohl möglicherweise letztlich für Novomatic eine Online Casino Lizenz für Österreich zu erlangen, die bis heute ausschließlich die Casinos Austria-Gruppe mit Win2day hält und das nicht unbedingt kritiklos. Des Weiteren ging es wahrscheinlich um Genehmigungen für das Automatenspiel in Wien. Am Ende ist der Deal nicht zustande gekommen, aufgrund des öffentlichen Ermittlungsverfahrens und den verdächtigen Lobbyaktivitäten der Novomatic AG.

Anhaltspunkte erscheinen immer noch als möglich

Der durch Peter Sidlo eingereichte Einstellungsantrag zum besagten Verfahren wurde unlängst durch das Landgericht in Wien zurückgewiesen. Dabei hat er immer noch die Möglichkeit gegen die Abweisung vorzugehen, um eine Einstellung des Verfahrens zu erwirken. Allerdings verweist profil im diesem Kontext auf einen gerichtlichen Beschluss vom 4.4.23 aus dem hervorgeht, dass die anfänglichen Verdachtsmomente „noch erhärtet“ sind, was gegen eine erfolgreiche Beschwerde spricht. Diese Bewertung basiert auf einer Prüfung von Steuerunterlagen eines Steuerberaters aus Oberösterreich, der bis zuletzt im Visier der Ermittler stand angeblich für Novomatic Lobbyarbeit geleistet zu haben.

Dessen Datenbanken unterliegen jedoch einem Berufsgeheimnisschutz und von diesem hat der Buchprüfer möglicherweise auch Gebrauch gemacht. In der Folge musste über ein gesondertes Gerichtsverfahren eine Datenanalyse genehmigt werden, um geschützte Informationen von Daten zu trennen, die nicht unter das Berufsgeheimnis fallen. Nur diese Informationen kann die Staatsanwaltschaft nutzen. Im vorliegenden Verfahren hat das wohl mehr als zwei Jahre gedauert und scheinbar sind daraus für das laufende Verfahren brauchbare Informationen hervorgegangen.

In der publik gewordenen gerichtlichen Entscheidung vom Landgericht Wien geht hervor: „So besteht nunmehr der dringende Verdacht, dass es den mutmaßlichen ‚Hintergrunddeal‘ zwischen der FPÖ und der Novomatic AG für die glücksspielrechtlichen Wünsche der Novomatic AG ,Casino Lizenz in Wien‘ und ‚nationale Online Gaming Lizenz‘ tatsächlich gegeben hat und W. (Anm.: der Steuerberater) für die Novomatic AG den Kontakt mit dem Glücksspielstaatssekretär DDr. Fuchs herstellte sowie mehrere Termine organisierte. Die Ergebnisse stützen somit die Angaben in der anonymen Anzeige, die den Einstellungswerber auch direkt belasten.“

Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft verhört Strache

Der ehemalige Vizekanzler Österreichs als ein mutmaßlicher Eckpfeiler des laufenden Ermittlungsverfahrens musste am 12.4.23 bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorstellig werden. Hierzu berichtet profil, dass der ehemalige Parteichef der FPÖ und Vizekanzler die Aussage angeblich verweigert hat und sich möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich dazu äußert. Den Rahmen der Befragung nutzen die Ermittler der zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, um Strache womöglich mit potenziellen Beweismitteln sowie den wesentlichen Ergebnissen aus den Ermittlungen zu konfrontieren.

Hierzu gehörten der vermeintliche E-Mail-Verkehr zwischen einem Mitarbeiter der Novomatic AG und dem schon aufgeführten Steuerberater aus Oberösterreich. Der Ex-Vizekanzler-Strache wurde wohl dazu unterrichtet, dass am 6.6.18 unter anderem Folgendes kommuniziert wurde: „Wie besprochen findest Du im Folgenden die Ziele die sich Herr Neumann aus der Zusammenarbeit mit Dir erhofft“. In diesem Zusammenhang wurden per E-Mail wohl mehrere Punkte aufgegriffen, wo der vierte Punkt konkret auf die Lizenzfrage eingeht: „Änderung des Glücksspielgesetzes, dahingehend dass es mehr als eine Online Glücksspiellizenz gibt“.

Die Ermittler konnten des Weiteren angeblich festmachen, dass im Verlauf des Tages durch den Steuerberater mit vermutlicher FPÖ-Verbindung dieser Punkteplan aus dem Hause Novomatic in leicht überarbeiteter Darstellung an einen Mitarbeiter aus dem Kabinett von dem damaligen Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs, mit dem Betreff „Termin Harald Neumann/Fa. Novomatic“, gesendet wurde.

Verfassungsgerichtshof kippt Glückspielgesetz in Österreich

Das nicht mehr zeitgemäße österreichische Glücksspielgesetz verleitet mutmaßlich Vertreter der Glücksspielindustrie dazu, neue und nicht immer seriöse Wege einzuschlagen. Selbst der Verfassungsgerichtshof hat vor allem aufgrund europarechtlicher Bedenken Teile der geltenden Spielerschutzbestimmungen ausgesetzt. Mehr dazu lesen Sie in diesem Artikel.

Harald Neumann, der Ex-Novomatic-Chef hat sich im Zuge dieser Affäre beruflich verändert und leitet mittlerweile erfolgreich die Geschäfte der Novomatic-Tochter Ainsworth in Australien.

Lizenz für das Novomatic Online-Casino-Geschäft

Prinzipiell ist die Erlangung von einer Online-Gaming-Lizenz über das Monopol der CASAG hinaus, vertreten durch die Österreichische Lotterien GmbH, durchaus als legitimer Vorschlag zu werten. Schließlich scheint es immer mal wieder zu mutmaßlichen Verstößen beim Spielerschutz zu kommen. Mehr Wettbewerb unter einer unabhängigen Glücksspielaufsichtsbehörde würde hierbei wahrscheinlich die Sicherheit des Spielers fördern. Wie die profil hinsichtlich des verfügbaren E-Mail-Verkehrs zur Novomatic Casinos-Affäre berichtet, hat ein vermeintlicher Unternehmensvertreter wahrscheinlich darauf hingewiesen, dass eine weitere Online-Gaming-Lizenz dem Staat höhere Steuereinnahmen bescheren würde.

Schließlich hält derzeit hält ausschließlich die Österreichische Lotterien GmbH eine staatliche Lizenz für Online Casinos und betreibt das Gaming-Portal Win2Day. Dem potenziellen Interessenvertreter und Steuerberater wurde hierzu aller Voraussicht nach am 26.6.18 durch einen Angestellten der Novomatic AG eine mögliche „Grundidee“ zur Lizenzierungsfrage übermittelt: „mit weiterer Lizenz müsste es ein Geoblocking geben, sodass Illegale als auch Graumarktlizenznehmer nicht mehr Online Glücksspiele in Österreich anbieten können (Modell Belgien). Zusätzlich könnte Novomatic der Win2Day auch noch Content zur Verfügung stellen. Natürlich würde durch eine weitere Lizenz grundsätzlich win2day Umsatz fallen, aber wenn gleichzeitig die ganze Graumarkt- und illegale Konkurrenz wegfällt, ist das dann ein ordentliches Plus für Win2Day auch wenn dann die NAG (Anm: Novomatic AG) am Markt ist. (…) auch wenn es kein geoblocking gäbe, dann gäbe es durch eine weitere Lizenz mein (sic!) höheres Steueraufkommen.“

Mit diesen Zusammenhängen haben die Ermittler der österreichischen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sehr wahrscheinlich den Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache konfrontiert. Allerdings haben laut profil anscheinend alle weiteren im anhänglichen Ermittlungsverfahren zum Verbandsverantwortlichkeitsgesetz den möglichen Schuldvorwurf nicht bestätigt. Unter anderem wurde in diesem Sachverhalt neben Heinz-Christian Strache und Peter Sidlo auch gegen den damaligen Glücksspielstaatssekretär DDr. Fuchs sowie den ehemaligen Novomatic-Chef Harald Neumann ermittelt.

Aus den Ermittlungstätigkeiten und der Konfrontation mit Heinz-Christian Strache geht hierzu Folgendes aus der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hervor: „Bei einer vernetzten Betrachtung (…) ist naheliegend, dass es tatsächlich einen Deal mit ‚den Blauen‘ (…) gegeben hat, die Gegenleistung der Regierungsverantwortlichen der FPÖ ein Bemühen um die von der Novomatic gewünschten glücksspielrechtlichen Änderungen und Konzessionsvergaben war und die Bestellung von Mag. Sidlo ein Teil der Gegenleistungen der Novomatic war und Sie einer der Verhandlungspartner der Novomatic waren und den ‚Deal‘ verhandelten und unterstützten.“

Quelle: profil Artikel – Verbotener FPÖ-Novomatic-Deal? Verdacht „erhärtet“ – Link zum Beitrag.

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