Verfassungsgerichtshof

Österreichischer Verfassungsgerichtshof erklärt die Richtlinien beim Spielerschutz im Glücksspielgesetz als unionsrechtlich nicht tragbar! (Bildquelle: Beatriz Miller auf Unsplash)

Paukenschlag gegen das staatliche Glücksspielmonopol in Österreich! Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) erklärt, dass die Richtlinien beim Spielerschutz europarechtlich keinen Bestand haben. Im Hinblick auf den unionsrechtlichen Aspekt ist nach dessen Ansicht die aktuelle Regelung für Spielerschutzbestimmungen für Spielgäste in den Spielbanken vorerst auszusetzen. Dies ist es bemerkenswerte Entscheidung, die den Ausschlag für eine längst überfällige Glücksspielreform anschieben könnte. Dabei geht der VfGH in seiner Funktion ebenfalls konkret auf den glücksspielrechtlichen Hintergrund der Online Casinos bei der Regelung des Glücksspielwesens ein und stellt fest, dass ein Monopol aufgrund erheblicher Verfehlungen bei den Zielen des Spielerschutzes hinsichtlich der jüngsten Rechtsprechung nicht mehr zu rechtfertigen ist.

Verfassungsgerichtshof sieht keine Basis für Österreichs Monopolregelung im Glückspielgesetz

Die Grundfreiheiten des Dienstleistungssektors werden seit Jahren in Verbindung mit Online Casinos in Deutschland und Österreich thematisiert. Ohne staatliche Regulierung schien es im Graubereich geduldet zu sein, grenzüberschreitend als Glücksspielanbieter zu operieren. Das österreichische Glücksspielgesetz gewährt jedoch einem einzigen staatlichen Online Casino einen lizenzierten Marktzugang. Dieses Monopol verteidigt die politische Seite nunmehr seit vielen Jahren erfolgreich, doch beim Jugend- und Spielerschutz scheint das Modell immer wieder an seine Grenzen zu stoßen.

Am Verfassungsgerichtshof wurde genau hierzu am 14. Dezember 2022 entschieden (Link zum Entscheidungstext G259/2022). In der umfassenden Erklärung ist das Glücksspielmonopol durch seine dem Allgemeinwohl nicht entgegenkommende Prävention von Suchtproblemen der europarechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht mehr vertretbar. Konkrete Fehler seien bei der Vorbeugung von Betrug, Spielsuchtprävention und generell beim Verbraucherschutz zu erkennen. Und genau bei diesen Punkten setzt der Gerichtshof der Europäischen Union immer wieder an.

Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben im Grunde nur dann die Möglichkeit, sich gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit zu stellen, wenn dies nachweislich dem Allgemeininteresse zugutekommt. An dieser Stelle sieht der österreichische Verfassungsgerichtshof ein Versagen im Glücksspielgesetz des Landes zugrunde liegen. Schlussendlich scheint das Monopol dem Anschein nach mehr den wirtschaftlichen Interessen des EU-Mitgliedstaates zu dienen, als das es besonders strenge Standards in der Glücksspielaufsicht aufzuweisen hat, die über dem angestrebten Schutzniveau der EU angesiedelt sind.

Auch wenn Österreich streng überwachte Glücksspiellizenzen als Monopol ausstellt und die Marktüberwachung dem Bundesministerium für Finanzen obliegt, bei der Spielsuchtbekämpfung hat der Verfassungsgerichtshof die im Glücksspielgesetz verankerten Richtlinien im Prinzip als praxisuntauglich dargelegt.

Das Monopol auf der Kippe

Die Regierung hat ein Monopol auf Glücksspiele, was bedeutet, dass nur staatliche Institutionen und Unternehmen diese betreiben dürfen. So ist zum Beispiel jedes Casino oder jede Lotterie, an der im Land wohnhafte Personen teilnehmen, staatlich oder illegal. Das Gesetz ist nicht neu. Das Monopol wurde eingeführt, um der Spielsucht entgegenzuwirken, die Verbraucher zu schützen und Unrechtmäßigkeit und Kriminalität zu verhindern. Doch genau da scheinen nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes die Schwachstellen vorhanden zu sein.

Die Zielvorgaben und Instrumente sowie Prozesse im offline und online Casino Österreich widersprechen den Vorgaben der Europäischen Union. Vorausgegangen waren jedoch Entscheidungen vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/0022) sowie vom Verfassungsgerichtshof (vgl VfSlg 20.101/2016), dass die im Glücksspielgesetz verankerten Ziele zusammenhängend erfasst werden. Jedoch zeigt die jüngste Judikatur vom VfGH, dass dem nicht so ist. Das wiederum hat zur Folge, dass eine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs in der EU eigentlich nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.

Spielsuchtbekämpfung nicht mehr zeitgemäß

Wo Österreich beim unionsrechtlich festgehaltenen Spielerschutz versagt, das hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Entscheidungstext ausführlich dargelegt. Konkret werden die durch den Betreiber einer Spielbank am stationären Markt geltenden Schutz- und Sorgfaltspflichten (erster Satz des §25 Abs3 GSpG) in Frage gestellt. Demnach wird die Leitung erst tätig, wenn handfeste Fakten vorliegen. Diese kann eine kritische Spielweise sein, die beispielsweise durch eine hohe Intensität, häufige Besuche des Spielbetriebs und entsprechende hoch dotierte Einsätze in Verbindung mit Verlusten aufweist.

Die Regelung sieht in so einem Fall vor, dass der Glücksspielbetreiber vom betreffenden Kunden eine Bonitätsauskunft durch eine neutrale Stelle einzuholen hat. Ein Kontoauszug des Spielgastes ist demzufolge nicht ausreichend. Ist die Einholung solcher Informationen nicht möglich, dann ist es beratendes Gespräch mit dem Spielgast zu führen, indem die Einkommensverhältnisse oder auch das vorhandene Vermögen zu prüfen ist. Was auf den ersten Blick nach Spielerschutz klingt, ist unionsrechtlich mangelhaft. Schlussendlich wird der Kunde erst dann in Augenschein genommen, wenn es nach Aussage des VfGH, da es erst nach einer allgemeinen Bewertung zu einem Kontakt kommt, der vielfach zu spät erfolgt, um eine Gefährdung des Existenzminimums des Spielteilnehmers beurteilen zu können.

Ein Spielgast ist bereits in ein finanzielles Loch gefallen, bevor eine Reaktion des Hauses zu erwarten ist. Effektiver Spielerschutz sieht anders aus, wonach die Bestimmungen unionsrechtlich zumindest zweifelhaft sind. Nicht ohne Grund schreibt der VfGH am 14. Dezember 2022 zur Entscheidung G259/2022, dass „Bonitätsauskünfte als Haftungserleichterung“ zu betrachten sind.

Spielsuchtbekämpfung nicht mehr zeitgemäß

Unzureichender Spielerschutz durch österreichisches Glücksspielmonopol. Die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO hat hierzu im Herbst 2022 eine aufschlussreiche Studie veröffentlicht. (Bildquelle: Mimi Thian auf Unsplash)

Sind legale Online Casinos Österreich denkbar?

Derzeit gibt es lediglich ein Online Casino legal in Österreich und das ist mit win2day in staatlicher Hand durch den Betreiber Österreichische Lotterien GmbH (ÖLG). An dieser sind wiederum der ORF als der öffentlich-rechtliche Rundfunk Österreichs beteiligt sowie auch die Novomatic AG bekannt für Novoline Casino Spielautomaten. Darüber hinaus ist ein umfassendes Firmennetzwerk vorhanden, bestehend aus einer Reihe von verschiedenen Beteiligungsgesellschaften (siehe Diagramm zur Eigentümerstruktur der ÖLG). Das teilstaatliche Angebot ist konzessioniert durch das Bundesministerium für Finanzen und das einzige bewilligte Online-Glücksspielangebot für Österreicher mit erheblichen Mängeln beim Spielerschutz, wie es aus der Erklärung des Verfassungsgerichtshofes zu entnehmen ist.

Angeprangert wird jetzt aus rechtlicher Sicht der lasche Umgang mit dem Spielerschutz. Insbesondere sieht der VfGH die Regelung zur Obergrenze für monatliche Einzahlungen als nicht tragbar. Im win2day Casino, wo es auch legal Sportwetten und Online-Lotto gibt, kann jeder Kunde wöchentlich bis zu 800 Euro einzahlen. Das macht im Monat 3.200 Euro, was die Gesetzesvertreter als einziges Instrument zum Spielerschutz ausmachen konnten. Abgesehen von weiterführenden Seiten über Glücksspiel und Spielerschutz des Bundesministeriums für Finanzen.

Demnach wäre ein Normalverdiener bei Spielsuchtproblemen wohl bereits nach einem Monat in einer erstzunehmenden finanziellen Lage. Das wiederum ist oft ein Auslöser für Beschaffungskriminalität und hierfür stellt Österreich noch einmal statistische Daten zur Verfügung, da dies gar nicht offiziell erfasst wird. Da es offensichtlich keinen adäquaten Spielerschutz für Online Casinos gibt, sieht der Verfassungsgerichtshof das Monopol beim Internet-Glücksspiel als nicht zulässig an.

Österreich: türkis-grüne Regierung scheitert beim Glücksspiel

Im Dezember 2022 scheiterte das letzte Vorhaben der ÖVP und Grünen Regierung, eine Glücksspielreform in Österreich anzuschieben. Lesen Sie mehr dazu in diesem interessanten Artikel!

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