Novomatic Razzia Finanzminister Blümel

Eine Razzia beim amtierenden Finanzminister Gernot Blümel in Zusammenhang mit Novomatic bringt den ÖVP-Politiker an den Rande des Rücktritts. (Bildquelle: pixabay by Kauki)

Seit Monaten schleppt sich bereits der Ibiza-Untersuchungsausschuss in Österreich dahin, förderte allerdings nur wenig substanziell Neues in der Causa rund um mögliche illegale Parteienspenden durch Novomatic zutage. Deutlicher spannender ist da schon, was abseits durch Medien oder die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft immer wieder ans Licht gebracht wird. Nachdem lange Zeit vor allem die FPÖ wegen den Aussagen von Heinz-Christian Strache im legendären Ibiza-Video im Zentrum der Ermittlungen stand, wendet sich nun immer stärker der Fokus der ÖVP zu. Bisheriger Höhepunkt ist hierbei die Razzia bei Gernot Blümel, dem amtierenden Finanzminister von Österreich, dem mögliche Bestechung in Zusammenhang mit Novomatic vorgeworfen wird.

Mögliche Bestechung durch Novomatic führt zu Razzia bei Finanzminister Blümel

Am vorigen Donnerstag, dem 11. Februar, platzte in Österreich wieder einmal eine politische Bombe. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft führte eine Razzia beim amtierenden Finanzminister Gernot Blümel von der ÖVP durch. Die Hausdurchsuchung erfolgte nur wenige Tage, nachdem bekannt wurde, dass der Politiker ebenfalls durch die WKStA als Beschuldigter in der Causa rund um Novomatic, CASAG und mögliche illegale Parteienspenden geführt wird. Da der Name durch einen Tweet eines Mitarbeiters der Rechercheplattform Dossier über Twitter öffentlich wurde, wollte die Ermittlungsbehörde wohl zeitnah noch mögliche Beweise sichern. Zur Razzia kam es, weil die WKStA Finanzminister Blümel eine mögliche Bestechung vonseiten Novomatics zur Last legt. Es steht im Raum, dass der Spielautomatenhersteller der ÖVP Spenden zugesagt habe, wenn diese Hilfe bei einem Problem in Italien leisten würde. Hierbei ging es laut einigen österreichischen Medien um eine Steuernachzahlung in Höhe von 40 Millionen Euro. Die dortigen Finanzbehörden hielten die Lizenzgebühren der italienischen Tochtergesellschaft, die diese an den Mutterkonzern in Österreich entrichtet, für viel zu hoch und nahmen an, dass die Verrechnung einzig der Steuerminderung dienen würden.

Die Razzia bei Gernot Blümel, einem amtierenden Finanzminister, ist ein bislang einmaliger Vorfall in der neueren Geschichte Österreichs und zeigt, dass die Indizien für eine mögliche Bestechung durch Novomatic erdrückend zu sein scheinen. Tatsächlich ist jedoch an den bislang durchgesickerten Chatnachrichten zwischen Managern des Spielautomatenherstellers und ÖVP-Politikern nicht klar, ob es auch tatsächlich die erhoffte Hilfe in Italien und hierzu eine Gegenleistung in irgendeiner Form gegeben hat. Brisante Fragen jedoch werfen sie in jedem Fall auf und könnten gar Gernot Blümel zum Rücktritt zwingen.

Wieder sind SMS und Chat-Nachrichten der Auslöser

Das neuste Kapitel mit der Razzia beim amtierenden Finanzminister in der Causa Novomatic beginnt nach bisherigen Erkenntnissen am 10. Juli 2017 mit einer SMS von Harald Neumann an Gernot Blümel von der ÖVP. Dieser war zu diesem Zeitpunkt noch Chef der Partei in Wien, hatte aber gute Kontakte zum späteren Erneuerer der Partei und heutigen Kanzler Sebastian Kurz. Harald Neumanm, der damalige CEO von Novomatic, bittet Blümel in der SMS um einen Termin bei Sebastian Kurz, der zur damaligen Zeit Außenminister in Österreich war. Es ging hierin um ein Problem in Italien, welches der Spielautomatenhersteller hatte sowie um Spenden an die Partei. Laut dem „Standard“ leitete Blümel diese Bitte an Thomas Schmid weiter, dem heutigen Chef der ÖBAG und damaligen Generalsekretär des Finanzministeriums. Dazu vermerkte er, dass dieser doch bitte Neumann zurückrufen solle und verlieh dieser Bitte mehr Gewicht, indem er schrieb, dass Schmidt es doch bitte für ihn tun solle.

In der Zwischenzeit hatte sich bereits Blümel mit Sebastian Kurz in Verbindung gesetzt und ihm die Bitte von Neumann, die die WKStA als eine Art Angebot für Parteispenden betrachtet, überbracht. Ob dieses vermeintliche „Angebot“ vonseiten Novomatics jedoch angenommen wurde, ist für die WKStA unklar, sie geht jedoch dem Verdacht nach, weshalb es zu Razzia bei Finanzminister Blümel kam. Nach dieser ominösen SMS von Harald Neumann soll dieser später weiterhin in Kontakt mit Thomas Schmidt geblieben sein. So erkundigte sich der CEO des Novoline Spielautomatenherstellers bei ihm später, ob Hansjörg Schelling, der damalige Finanzminister, einen guten Draht zum Finanzministerium in Italien hätte, was Schmidt bejahte. Zeitlich wiederum etwas später gab es zudem einen Austausch zwischen den beiden über die Frage, wie das Ministerium Novomatic Unterstützung leisten könne.

Laut „Profil“ gab es Anfang April 2017 eine Prüfung bei Novomatic Italia durch die dortigen Behörden. Mitte Juni lag dann der Abschlussbericht vor, der bekanntlich die Lizenzzahlungen an den Mutterkonzern als zu hoch ansah und deshalb wohl Steuern nachzuzahlen wären. Nur drei Wochen später kam es zu der ominösen SMS am 10. Juli 2017 von Harald Neumann an Gernot Blümel. Geholfen scheint die ganze Kommunikation mit der Politik nicht wirklich zu haben, denn später musste Novomatic mehr als 20 Millionen Euro an Steuern an den italienischen Fiskus nachzahlen.

Ein weiteres Indiz

Im Jahr 2017 stellte sich die ÖVP rund um den späteren charismatischen Kanzler Sebastian Kurz komplett neu auf. Kurz konnte sich dabei auf seine engsten Vertrauten wie Gernot Blümel oder Bettina Glatz-Kremsner, die heutige Generaldirektorin der CASAG, verlassen, die enge Kontakte zu Thomas Schmidt pflegten. Bereits Anfang 2017 soll es Kontakte zwischen Novomatic und der späteren neuen Führungsriege der ÖVP gegeben haben. Laut der WKStA gab es ein Treffen zwischen Harald Neumann, dem damaligen Pressesprecher Bernhard Krumpel mit besten Verbindungen zu FPÖ-Politikern und Sebastian Kurz. Krumpel erklärte in einer Nachricht an Neumann über Kurz und die ÖVP sinngemäß, dass der spätere Kanzler die finanzielle Ausstattung seiner Partei wohl „vergessen“ hätte. Nur wenig später, so der „Standard“, setze sich der CEO von Novomatic plötzlich dafür ein, öffentliche Parteispenden in Betracht zu ziehen.

Im Sommer schließlich erklärte Krumpel gegenüber Neumann, dass der österreichische Manager Stefan Pierer in Zukunft seine Parteispenden verdoppeln würde. Daraufhin entgegnet Neumann sinngemäß, dass der Glücksspielkonzern etwas Besseres geplant hätte. Hierzu fragte er sogar bei Bernhard Krumpel nach, ob dieser bereits Informationen hierzu über einen anderen, nicht näher benannten Manager von Novomatic erhalten hätte, was dieser bejahte. Zudem brachte Krumpel Markus Tschank ins Spiel, der in den Ermittlungen der WKStA lange Zeit als mögliche Verbindungsperson zu FPÖ-nahen Vereinen in Bezug auf mögliche Parteienspenden angesehen wurde. Der damalige Pressesprecher bezeichnete ihn als alten Freund und erklärte zugleich, in die ganze Sache bereits komplett integriert zu sein. Bei dieser ganzen Reihe an Indizien ist es nicht verwunderlich, dass die WKStA einen starken Verdacht hegt und bei ihrer Razzia in Zusammenhang mit Novomatic selbst vor dem amtierenden Finanzminister Gernot Blümel nicht halt machte.

Das Netzwerk um Sebastian Kurz im Fokus

Noch zu Beginn der Ibiza-Affäre fokussierte sich alles auf Novmatic und die FPÖ, während sich die ÖVP rund um Kanzler Kurz völlig nichts ahnend, enttäuscht und unschuldig gab. Mittlerweile hat sich das Blatt jedoch gewendet und die Regierungspartei steht wegen den immer gleichen Namen nun deutlich stärker medial und bei den Ermittlungen im Fokus als die FPÖ.

Finanzminister Gernot Blümel: Ihm wird vorgeworfen, womöglich vonseiten Novomatics bestochen worden zu sein. Möglicherweise flossen Spenden an die ÖVP oder andere Gefälligkeiten, damit die Partei den Glücksspielkonzern bei Schwierigkeiten in Italien hilft. Gernot Blümel wird in dem Zusammenhang als Kontaktperson zwischen Novomatic CEO Harald Neumann und Sebastian Kurz (damals Außenminister) sowie Thomas Schmid (damals Generalsekretär im Finanzministerium) gesehen.

ÖBAG-Chef Thomas Schmidt: Ihm wird vorgeworfen, in die Causa rund um Peter Sidlo und seine Bestellung zum Finanzvorstand der CASAG involviert gewesen zu sein. Zudem soll er die Ausschreibung für den Chefposten der neuen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG, Anteilseigener der CASAG, selbst so geändert haben, dass er diese Posten später bekleiden konnte. Thomas Schmidt war lange Zeit unter der ÖVP Pressesprecher im Außenministerium, Kabinettschef sowie Generalsekretär im Finanzministerium.

CASAG-Chefin Bettina Glatz-Kremsner: Gegen Sie ermittelt die WKStA wegen möglichen Falschaussagen gegenüber den Ermittlungsbehörden. Sie kannte laut der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft Thomas Schmid bereits deutlich eher, als sie zuvor aussagte. Es gab mehre Treffen, davon sogar mindestens eines im März 2016 in der Privatwohnung von Thomas Schmid, bei dem auch Gernot Blümel anwesend war. Außerdem sagte sie bei der Befragung aus, dass sie von dem geplanten Coup der Sazka Gruppe bei der Hauptversammlung am 20. Juni 2018 keine Ahnung gehabt hätte. Chatprotokolle sollen jedoch belegen, dass Glatz-Kremsner zuvor bereits mit Thomas Schmid an einem Plan gegen Sazka arbeitete. Außerdem nahm sie an einem Treffen am Rande der Glücksspielmesse ICE in London teil, bei dem die WKStA vermutet, dass hier der Deal zwischen FPÖ und Novomatic festgezurrt wurde. Weitere Teilnehmer sollen Novomatic-Gründer Johann Graf sowie der damalige Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs von der FPÖ gewesen sein.

Opposition fordert sofortigen Rücktritt

Bei der Einmaligkeit des Vorfalls in der Geschichte der zweiten Republik ist es nicht verwunderlich, dass die Partei in der Opposition geschlossen den sofortigen Rücktritt von Gernot Blümel fordern. Eine Razzia bei einem amtierenden Finanzminister wegen Bestechungsvorwürfen in Zusammenhang mit Novomatic hat es noch nie gegeben und Politiker wie Gernot Blümel haben in der Vergangenheit schon wegen deutlich geringeren Anschuldigungen ihre Posten geräumt. Bislang streitet dieser sämtliche Vorwürfe ab und denkt überhaupt nicht daran zurückzutreten, was mittlerweile zum guten Ton zu gehören scheint, so lange wie möglich Skandale auszusitzen. Zwar gilt auch für Gernot Blümel zur Feststellung seiner Schuld die Unschuldsvermutung, doch ist er eigentlich in seiner Position und seinen Verbindungen zu weiteren Beschuldigten tatsächlich nicht mehr tragbar.

Als Finanzminister ist er die oberste Instanz der Behörde, die in Österreich das Glücksspiel kontrolliert und damit den Rahmen für Glücksspielkonzerne wie Novomatic oder die Casinos Austria AG vorgibt. In beiden Unternehmen finden sich entweder ehemalige oder immer noch amtierende Mitarbeiter, gegen die ebenfalls ermittelt wird. Zudem bestanden oder bestehen enge Kontakte zu der CASAG-Chefin Glatz-Kremsner, der sogar falsche Aussagen durch die WKStA vorgeworfen werden sowie zu Thomas Schmid. Letzterer klebt trotz zahlreicher Skandale um seine Person sowie um seine Berufung auf seinem Posten als Chef der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG, genau wie Glatz-Kremsner bei der CASAG. Die ÖBAG ist wiederum nach der Sazka Gruppe zweitgrößter Teilhaber an der Casinos Austria AG. Böse Zungen, die die letzten Jahre den Aufstieg all dieser Personen aus der ÖVP oder deren Umfeld verfolgten, könnten behaupten, dass diese sich einen Teil des Staates zu Beute gemacht haben. Bei der erdrückenden Last all der bislang zutage geförderten Indizien ist nicht nur der Rücktritt von Gernot Blümel längst überfällig, sondern auch von Glatz-Kremsner und Thomas Schmid. Sollte der ÖVP tatsächlich an Aufklärung der gesamten Causa gelegen sein, müsste die Partei und vor allem Kanzler Kurz endlich ein Zeichen setzen. Ansonsten scheint es weiterhin vielmehr, als dass der Fokus auf die FPÖ nur gelegt wurde, um von den eigenen Leichen im Keller abzulenken.

Selten forderten so einhellig sämtliche Oppositionsparteien den Rücktritt eines Ministers wie nun im Fall von Gernot Blümel. Nach immer wieder neuen Vorwürfen, Indizien und Ermittlungen im immer engeren Umfeld von Kanzler Kurz wird auch dieser wohl zunehmend in den Fokus rücken. Es erscheint bei der Vielzahl der Skandale rund um Schredderaffäre, Ibiza-Video, dem Mauern beim Terroranschlag in Österreich sowie der Causa CASAG kaum noch möglich, dass von all dem Kurz nichts gewusst haben soll. Theoretisch bleibt ihm kaum noch etwas anderes übrig, als einige langjährige Wegbegleiter zu opfern, ohne am Ende womöglich selbst über irgend einen der immer zahlreicheren Fallstricke zu stolpern.

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