Spielerschutz

Selbes Spiel, anderer Spielerschutz? Werden die Werbemaßnahmen lizenzierter Online Casinos in Deutschland sowie von Wettanbietern dem Glücksspielstaatsvertrag gerecht? (Bildquelle: Aidan Howe auf Unsplash)

Google Ads, Bandenwerbung beim Fußball, Annoncen in der Bildzeitung und Modekollektionen – der Jugend- und Spielerschutz scheint bei den Werberegeln unterschiedliche Maßstäbe beim Glücksspiel anzusetzen. Im Merkur Hoodie mit dem Fruitinator Logo auf dem Rücken und der Casino-Sonne auf der Brust über die Straße schlendern ist legitim. Die besten Platzierungen in den Suchanfragen bei Google, Bing und Co für viel Geld pro Klick zu kaufen, ist vollkommen in Ordnung und wenn knapp 80.000 im Signal-Iduna-Park mit bwin bei jedem Tor berauscht werden, dann geschieht das unter dem Deckmantel behördlich zugelassen in Deutschland! Dabei hieß es doch die ganze Zeit kontrolliertes Glücksspiel in Deutschland wird im Internet mit neuen Standards vorangehen. Das deutsche Casino online mit einem solventen Finanzier im Hintergrund scheint jedoch ein anderes Regelwerk einhalten zu müssen.

Die unterschiedlichen Facetten beim Spielerschutz

Einen Volltreffer im Hinblick auf Spielerschutz hat Merkur Gauselmann gelandet. Die eigene Kultmarke aus der Spielothek auf die Straße zu bringen ist ein gewagter Schritt, der Anerkennung verdient. Mit Merkur Streetwear und jeder Menge Accessoires sind die Highlights aus den Merkur Casinos, Spielbanken und Spielhallen für jeden auch als Modemarke verfügbar. Auch wenn die Idee sicher bei einigen gut ankommt, die mit den Kultspielen ihre Erfahrungen in den Spielstätten gesammelt haben, sieht so Spielerschutz aus?

Im Mittelpunkt des neuen deutschen Glücksspielgesetzes steht der Spielerschutz. Der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2021) hat vor allem den Auftrag, den Jugend- und Spielerschutz in Deutschland zu verbessern. Attraktive lizenzierte Glücksspielangebote sollen Spieler in legale Bahnen lenken, um durch Schutzmaßnahmen das Entstehen von Spielsucht zu verhindern. Die Spielautomaten aus Echtgeld Casinos mit Fankleidung zu supporten, wie einen Fußballverein, scheint an dieser Stelle fehl am Platz.

Im Hinblick auf den Spielerschutz beschreibt die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) auf der eigenen Website im ersten Punkt zu den Zielen des GlüStV 2021: „…das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen“.

Ein weiterer interessanter Aspekt sind die vielen Werbemöglichkeiten in Nachrichtenportalen oder anderen hochfrequentierten Websites. Vor allem bild.de ist hierbei ein beliebter Werbeplatz für legale Spielotheken online. Fast täglich wird für seriöse Online Slots bei den JackpotPiraten mit 25.000 Euro Gewinnspiel geworben. Da Deutschlands auflagenstärkste Tageszeitung sowie das meistgenutzte Nachrichtenportal die optimale Werbefläche bietet, um ein großes Publikum anzusprechen, wird diese auch genutzt. Werbung in der Bildzeitung online kostet aber auch! Daher sind es vor allem die großen Player der Branche, deren Glücksspielangebote beworben werden.

Unwort Casino für Suchmaschinenwerbung erlaubt?

Ein sehr gutes Beispiel dafür, dass beim Spielerschutz in Sachen Werbung mit zweierlei Maß gemessen wird, ist das wohl größte Werbesystem des Internets überhaupt – Google Ads! Im Rahmen unserer Recherche haben wir ein paar Stichproben vorgenommen und festgestellt, dass das eigentlich verbotene Wort Casino bei Suchanfragen äußerst prominent verwendet wird. Suchen wir nach Merkur Casino, dann ist der erste reguläre Treffer die Homepage der Gauselmann Tochtergesellschaft, die als stationärer Betreiber Spielstätten in Deutschland verantwortet.

Doch noch davor zeigt die Suchmaschine eine bezahlte Pay-per-Click-Werbung für das Merkur Spiel Casino unter der Domain merkur-sports.de an. Die Glücksspielwerbung über Suchmaschinen ist ein undurchsichtiges System. Es ist ziemlich aufwendig, alle Suchbegriffe aufzuschlüsseln und behördlich zu analysieren, ob damit Werbung betrieben wird, die Deutsche anspricht. Zumal dies nicht eindeutig im Glücksspielstaatsvertrag untersagt ist. Die sichtbare Werbeanzeige verwendet schließlich ausschließlich zugelassene Beschreibungen und wirbt für lizenzierte Angebote.

Lediglich der deutsche Spieler, der gewohnheitsmäßig nach Online Casinos sucht, wird dadurch fündig. Aber auch der Einsteiger oder interessierte User, der sich vermutlich nur informieren möchte, wird bei den einschlägigen Wörtern ohnehin durch die Suchmaschine passende Vorschläge erhalten. Diese werden in der Regel immer zu Ergebnissen führen, wo deutsche Casinos für ihre Portale für Werbung bezahlen. An dieser Stelle scheinen mehr Freiheiten vorhanden zu sein als anderswo.

Gleichwohl die bezahlten Suchergebnisse, mit denen Glücksspielanbieter an den Top-Positionen erscheinen, offenbar auch an Uhrzeiten gebunden sind. Im Rahmen unserer Recherche haben die letzten Google Ads unter Verwendung einer deutschen IP-Adresse um 6 Uhr morgens ihren Auftrag eingestellt und erst in den Abendstunden wieder Sichtbarkeit erhalten. Was jedoch auffällt, es gibt keine Hinweise für die Gefahren der Glücksspielsucht, abgesehen davon sind es animierende Werbetexte in den Google Ads, die einen dazu verleiten sollen, das Casino online zu besuchen.

Das vor allem deutsche Casino Anbieter mit Bezug zu den namhaften Herstellern von Geldspielgeräten in den bezahlten Suchanzeigen auftauchen, hängt auch damit zusammen, dass diese Unternehmen über die notwendigen Ressourcen verfügen. Ein paar Euro pro Klick sind durchaus üblich, ohne dabei einen garantierten Neukunden zu gewinnen. Zumal es oftmals exklusive Angebote wie Bonus ohne Einzahlung nur über deren Werbepartner gibt, die beispielsweise als Vergleichsportal die virtuellen Spielotheken bewerten.

Merkur casino

Zur Suchanfrage „Merkur Casino“ zeigt uns Google direkt den bezahlten Link zur Domain merkur-sports.de mit dem Echtgeld Spielautomaten-Angebot von Cashpoint Malta einer Tochtergesellschaft der Gauselmann Gruppe. (Screenshot google.de)

Novoline Casino

Zur Suchanfrage „Novoline Casino“, die offensichtlich stärker kommerziell umkämpft ist, landet die Domain novoline.de als virtuellen Slot-Angebot von Löwen Entertainment ganz oben. Es folgen BingBong und JackpotPiraten, ein Joint Venture von Greentube (Novomatic) und der Gauselmann-Gruppe. (Screenshot google.de)

Bandenwerbung mit TV-Präsenz

Deutsche Online Casinos sind freilich nicht in der Lage, auf Fußballtrikots zu werben oder im Fernsehen TV-Spots zu schalten. Doch mit genügend Kapital lassen sich Namensrechte an Fußballstadien kaufen oder unter derselben Marke werden beispielsweise mit Lizenz legal Sportwetten angeboten. So können bwin, Tipwin, bet-at-home, 888sport und Betway Werbung für ihre Wettportale machen und gleichzeitig die Marke für Glücksspiel positionieren.

Bei den meisten Wettanbietern ist schließlich auch ein Slot-Angebot verfügbar, welches der Kunde kaum übersehen kann. Deutschlands größter Glücksspielkonzern Gauselmann ist hierbei auch wieder ganz vorn mit dabei. Mit den Namensrechten am Stadion in Düsseldorf (Merkur Spiel-Arena) ist das Unternehmen omnipräsent in den Medien. Die Werbung mit Sportwetten zahlt sich scheinbar aus, denn jetzt, wo es legal Online Casino Spiele in Deutschland gibt, profitiert schließlich die Marke als Ganzes davon.

Mit dieser Art von Marketing leisten die Unternehmen natürlich auch ihren Beitrag zum Kanalisierungsauftrag. Durch Fernsehwerbung und als Sponsor im Sport erhöht sich das Markenbewusstsein. In der Folge werden viele deutsche Spieler medial instruiert, welche seriöse Online Casinos legal sind, da deren Wettabteilung in Verbindung mit der Sportwelt vertrauenswürdig erscheint. Daher sind die verschiedenen Werbeinstrumente durchaus sinnvoll, um gegen den Schwarzmarkt vorzugehen, gleichwohl diese Vorgehensweise nicht den versprochenen Werten für den Jugend- und Spielerschutz gerecht wird.

Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland kritisiert Rechtslage beim Online-Glücksspiel

Im November 2022 bemängelte das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland, dass durch eine langsame Vergabe der Lizenzen Verbraucher oft nicht den Weg zu legalen Angeboten finden. Vor allem durch offensichtlich irreführende Werbung, die legales Glücksspiel mit Lizenz beschreibt, obwohl diese in Deutschland gar nicht vorhanden ist. Inwieweit das Google Ads zwischen 21 Uhr und 6 Uhr verbessern können, sei dahingestellt. Vielleicht wäre ein generelles Werbeverbot die optimale Lösung, nur dann dürften die staatlichen Lotterien auch nicht mehr werben.

Allgemein liegt es in der Natur der Sache, dass Unternehmen in ihr Markenimage investieren. Uns stellt sich die Frage, inwieweit die in unserem Artikel aufgezeigten Werbekanäle mit dem durch die Politik hochgepriesenen Jugend- und Spielerschutz einhergehen. Speziell die staatliche Aufsichtsbehörde, die sich vor allem für den Erhalt des Lottomonopols einsetzt und dies öffentlich kommuniziert, sollte sich doch eigentlich stärker für den Spielerschutz positionieren anstelle Unternehmen hinterherzujagen, die offensichtlich am Erlaubnisverfahren teilnehmen und sich somit regulierungswillig zeigen.

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