Glücksspielbehörde der Länder

Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) erhält eine „Kleine Anfrage“ vom Abgeordneten Jan Scharfenort (AfD) mit der Bitte, die Vergabe der glücksspielrechtlichen Erlaubnis transparent anhand brisanter Fragen aufzuschlüsseln! (Bildquelle: Pixabay Gerd Altmann)

Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) mit Sitz in Halle, Sachsen-Anhalt, hat noch nicht einmal vollständig die Arbeit aufgenommen und schon hagelt es fortlaufend Kritik. Zuletzt haben sich Internetanbieter aufgrund einer vorschnellen Entscheidung für Netzsperren beschwert. Ohne einen verbindlichen rechtlichen Verwaltungsakt, IP-Adressen von Wettportalen und Online Casinos ohne Lizenz zu sperren, sind diese Eingriffe in die Informationsfreiheit und Netzneutralität schlichtweg nicht tragbar. Aktuell beschäftigt die Glücksspielaufsicht jedoch ein ganz anderes Thema. Der AfD-Abgeordnete Jan Scharfenort bringt die branchenintern schon seit Längerem kursierenden Zweifel an der Neutralität der deutschen Aufsichtsbehörde in einer „Kleinen Anfrage“ vom 2. August 2022 (Aktenzeichen 8/909) ziemlich deutlich zum Ausdruck. Dabei geht es vor allem auch darum, aufzuklären, ob den Erlaubnisverfahren der GGL nicht doch auch unlauterer Wettbewerb unterstellt werden könnte.

Glücksspielbehörde der Länder und die „erweiterte Zuverlässigkeit“ bei Lizenzvergabe

Der Abgeordnete führt schonungslos auf, was Vertretern der Glücksspielindustrie in Deutschland schon lange auf dem Herzen liegt. Warum die Glücksspielbehörde der Länder und zuvor das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt bei den Erlaubnisverfahren die DGGS Deutsche Gesellschaft für Glücksspiel mbH (ehem. Mernov Betriebsgesellschaft mbH) ein Gemeinschaftsunternehmen von Gauselmann und Novomatic zuerst eine Lizenz zugesprochen haben. Im Sinne von § 4a Absatz 1 GlüStV eine „erweiterte Zuverlässigkeit“ ist es zumindest aufgrund diverser Ereignisse in den letzten Jahren zweifelhaft, ob beide Unternehmen die aufgerufenen Kriterien erfüllen können.

Doch um das feststellen zu können, gilt es zunächst zu erörtern, welche Anforderungen bei einem Genehmigungsverfahren überhaupt Voraussetzung sind, um als zuverlässiger Lizenzanwärter eingestuft zu werden. An dieser Stelle werden wir Ihnen einen kurzen Überblick geben, an welchen Vorfällen sich der sachsen-anhaltische Abgeordnete Jan Scharfenort orientiert.

Casinos- und Ibiza‐Affäre politische Skandale und Novomatic

Warum AfD-Politiker Jan Scharfenort vermutet, dass die Genehmigung für die DGGS mit dem UWG in Konflikt stehen könnte, baut auf den folgenden Ausführungen auf. Hinsichtlich des Gaming-Technologie-Konzerns Novomatic AG aus Österreich geht es vor allem um die Verwicklungen in die „Ibiza‐Affäre“ sowie die thematisiere „Casinos‐Affäre“. Im Jahr 2019 sind womöglich im Rahmen der „Casinos‐Affäre“ künftige Handlungen zwischen den regierenden Parteien FPÖ und ÖVP und dem Glücksspielunternehmen abgesprochen wurden.

Hierbei hat Peter Sidlo (FPÖ‐Bezirksrat) einen Posten im Vorstand der Casinos Austria AG (CASAG) erhalten. An dem Unternehmen war zu diesem Zeitpunkt Novomatic sowie die tschechische Sazka Group neben dem Staat mehrheitlich beteiligt. Die Wienerzeitung beschreibt dies in einem Artikel 2020 als „Postenschacher“ und erklärt, dass aus diesem Grund Novomatic seine Anteile verkauft hat und Sazka jetzt mit über 55 Prozent der Hauptgesellschafter ist. Die Vermutung liegt nahe, dass durch die Abgabe der Anteile versucht wurde, die Affäre unter den Teppich zu kehren.

An dieser Stelle ist der Grund für diese Verstrickung schnell erklärt. Für den Vorstandsposten haben die Regierungsparteien angeblich Online Casino Lizenzen sowie Konzessionen für Spielbanken zugesichert sowie außerdem auch wieder in der Gastronomie in Wien Geldspielgeräte zu erlauben. Die Geschichte wurde letztlich öffentlich, woraufhin ein Untersuchungsausschuss eingerichtet wurde. Eine weitere skandalöse Story lieferte der ehemalige Vize‐Kanzler Heinz‐Christian Strache. Im Rahmen der brisanten „Ibiza‐Affäre“ (in diesem Artikel mehr erfahren) ging eine Videoaufzeichnung viral, auf welcher der FPÖ-Politiker gut hörbar „Novomatic zahlt alle“ von sich gibt.

Der eingerichtet Ibiza-Ausschuss kostete am Ende neben einer Reihe anderer Baustellen Kanzler-Kurz das Amt. Er ignorierte die Vorkommnisse mit politischem Kalkül, was ihm den Beinamen Schweigekanzler bescherte, was 2018 sogar zum Wort des Jahres in Österreich auserkoren wurde. Im Zuge der Ibiza-Strache-Affäre wurde selbst bei Finanzminister Gernot Blümel eine Razzia unternommen und überall taucht in diesem Kontext der Glücksspielriese Novomatic auf. Die „erweiterte Zuverlässigkeit“ für den ersten Online-Glücksspielanbieter für virtuelle Automatenspiele in Deutschland in Frage zu stellen, scheint nach dem kurzen Abriss der letzten Ereignisse berechtigt.

Casinos- und Ibiza‐Affäre politische Skandale und Novomatic

Ex-Novomatic-Manager Harald Neumann kontaktierte Kommunalpolitiker Gernot Blümel 2017 (später Finanzminister), um bei juristischen Problemen in Italien Hilfe durch den Außenminister zu erhalten. Aufbauend auf einer SMS kam es 2021 zu einer Hausdurchsuchung beim Finanzminister. Jedoch konnte keine „verbotene“ Spende nachgewiesen werden.

Rückblick auf die politischen Verstrickungen von Gauselmann

Die Gauselmann-Gruppe ist in Sachen politische Skandale sicher kein unbeschriebenes Blatt jedoch im Vergleich zu der medialen Präsenz der Novomatic Affären fast schon ein wenig unschuldig. Dennoch kursierte immer wieder über viele Jahre die Vermutung, dass die Unternehmensgruppe um Firmenpatriarch Paul Gauselmann durchaus versucht, Einfluss auf Politiker zu nehmen. Allerdings schein die Erklärung von Herrn Gauselmann in einem Lobbypedia Artikel hierzu mehr als aufschlussreich. Zusammenfassend gab und gibt es wahrscheinlich viele Angestellte im Management des familiengeführten Automaten-Herstellers, die an Parteien Geld spenden.

Außerdem gibt es wohl Nachweise, dass die Firmengruppe einzelne Parteiveranstaltungen der FDP als Sponsor mitfinanziert hat. Das ist natürlich legitim, viele Großunternehmen unterstützen Parteien und Politiker beispielsweise im Wahlkampf. Dass Industrie und Wirtschaft zudem mit der politischen Ebene kommunizieren, scheint nachvollziehbar zu sein, schließlich braucht es für fundierte Entscheidungen einen praxisnahen Informationsaustausch. Ein wenig unangenehmer scheint jedoch, dass der Name Gauselmann im Zusammenhang mit den Paradise Papers mehrmals im Jahr 2017 gefallen ist. In der Folge war auch Schluss mit Merkur Spiele Casinos im Internet für deutsche Spieler. Bis dahin gab es das Komplettpaket für die Isle of Man Lizenz direkt über zum Netzwerk gehörende Firmen. Allerdings ohne offenkundige Erlaubnis diese für deutsche Online Casinos zu nutzen.

Jener Zeit hatten viele namhafte Casino Anbieter wie Tipico, bwin oder bet-at-home Casino Spiele der Marke Merkur gelistet. Die Gauselmann-Gruppe verlangte im Zuge der Paradies Papers, alle Angebote mit Automatenspielen der Spielemacher in Deutschland einzustellen. Es wurde jedoch stets bestritten, den Schritt aufgrund der Enthüllungen der Süddeutschen Zeitung unternommen zu haben. Die Tochter edict hat lediglich für die internationale Vermarktung die anerkannte Aufsichtsbehörde genutzt, um die Merkur Spiele online lizenzieren zu lassen. Dies in Verbindung mit den in den Paradies Papers zu lesenden Steueroasen ist letztlich nur ein Aufmacher, Gauselmann hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Mehr über die Paradies Papers können Sie im Leak-Artikel der SZ lesen.

Dem Merkur Casino Aus in Deutschland folgte ein wenig später auch Novomatic und Online Casinos wie Quasar Gaming und OVO. Durch den radikalen Schritt sind plötzliche viele Anbieter vom Markt verschwunden. Bis zum 1. Juli 2021 – mit dem Stichtag ist in Deutschland Online Glücksspiel legal und Merkur und Novoline Spielautomaten verfügbar unter anderem über das Joint Venture DGGS mit Gauselmann und Novomatic als Gesellschafter.

Ist die deutsche Lizenz für Mernov zurecht vor allen anderen erteilt worden?

Unter dem neuen Deckmantel der Legalisierung sind Gauselmann und Novmatic mit Online-Glücksspiel Deutschland wieder dick im Geschäft. Mit der ersten Lizenz und einer langen Warteschlange an Betreibern, die mutmaßlich im selben Zeitraum die Lizenzunterlagen eingereicht haben, stellt sich nun die Frage, warum hat bis Ende Juni 2022 das zuständige Landesverwaltungsamt Sachsen‐Anhalt Mernov die erste Genehmigung erteilt und andere warten lassen. Die nachfolgend zugelassenen Veranstalter für Online-Glücksspiel Tipwin und mybet haben erst Wochen danach ihre Erlaubnis erhalten und anderen Antragstellern fehlt jedwede Information zum Lizenzierungsstatus.

Das ungeachtet der politisch nicht einwandfreien Konstellation vor allen anderen Erlaubnisanträge das gemeinschaftliche Gauselmann Novomatic Unternehmen genehmigt wurde, hat den AfD-Abgeordneten Jan Scharfenort dazu veranlasst, Fragen an die Gemeinsame Glücksspielbehörde zu stellen mit der Bitte um Stellungnahme. Folgende Informationen sind im Rahmen der kleinen öffentlichen Anfrage hinsichtlich der 10 Fragen bereitzustellen:

  1. Was für besondere Erlaubnisvoraussetzungen gehen mit der „erweiterten Zuverlässigkeit“ einher, die im Glücksspielstaatsvertrag (§ 4a Absatz 1) explizit aufgeführt wird, um eine deutsche Lizenz zu erhalten?
  2. Welche Meinung vertritt die zuständige erlaubniserteilende Behörde gegenüber der DGGS Deutsche Gesellschaft für Glücksspiel mbH (ehem. Mernov Betriebsgesellschaft mbH) hinsichtlich der Vorgeschichte der beiden beteiligten Gesellschaften?
  3. Was hat zur deutlich früheren Mernov Genehmigung als Veranstalter für virtuelles Automatenspiel geführt?
  4. Gibt es Unternehmen, die vor oder im selben Zeitraum wie Mernov eine deutsche Lizenz beantragt haben?
  5. Gab es Gründe, die Mernov Betriebsgesellschaft mbH im Rahmen der Lizenzvergabe zu priorisieren?
  6. Haben Sie Beteiligte von Mernov oder Novomatic (Greentube) und Gauselmann mit Vertretern der Landesregierung, des Landesverwaltungsamtes oder Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder getroffen?
  7. Haben sich Vertreter der Landesregierung, des Landesverwaltungsamtes oder Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder mit lobbynahen Verbänden wie Deutscher Sportwettenverband e. V. oder Deutscher Online Casinoverband e. V. Treffen abgehalten?
  8. Besteht die Gefahr einer Monopolbildung, wenn ein Novomatic Gauselmann Gemeinschaftsunternehmen, von den marktführenden Anbietern im terrestrischen Glücksspielsektor vor allen anderen Antragstellern eine Lizenz virtueller Automatenspiele erhält?
  9. Sind seit dem White List Update der GGL weitere Glücksspielanbieter mit einer Lizenz zugelassen wurden?
  10. Gibt es antragstellende Unternehmen, die im Sinne von Frage 9 noch keine Zulassung für den Glücksspielmarkt in Deutschland erhalten haben?
Casinos- und Ibiza‐Affäre politische Skandale und Novomatic

Gauselmann und Greentube (Novomatic) sind je zur Hälfte an der DGGS Deutsche Gesellschaft für Glücksspiel mbH (ehem. Mernov Betriebsgesellschaft mbH) beteiligt.

Nach der kritischen Betrachtung müssen noch die folgenden Aspekte beachtet werden. Besondere Aufmerksamkeit verdient, dass Novomatic und Gauselmann in Deutschland das terrestrische Glücksspiel dominieren und beide Unternehmensgruppen die Deutsche Gesellschaft für Glücksspiel mbH als Gesellschafter zu gleichen Teilen verwalten. Den JackpotPiraten und BingBong Online-Spielotheken die erste Lizenz zu erteilen, das wirft vor dem Hintergrund der genannten Verstrickungen natürlich Fragen auf. Ob der Verdacht des unlauteren Wettbewerbs sich erhärtet, werden die Antworten der Aufsichtsbehörde zu den bestehenden Fragen zeigen.

Dieser Artikel baut auf den genannten Fakten der „Kleinen Anfrage“ zur schriftlichen Beantwortung (Anm. d. Red. verfasst durch Abgeordneten Jan Scharfenort (AfD)) an die Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder auf, die öffentlich unter folgendem Link inklusive Quellennachweise einzusehen ist.

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