In Teil 1 über die Studie zur Regulierung deutscher Online Casinos beschäftigen wir uns mit den drei Hauptzielen und wie diese zueinander in Konflikt stehen. (Bild von Gerd Altmann auf Pixabay)
Noch immer beschäftigen sich die 16 Bundesländer in der Bundesrepublik mit der spannenden Frage, in welcher Form in Zukunft Online Casinos in Deutschland reguliert werden sollen. Während Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Hessen sich klar für eine Liberalisierung mit Lizenzen für private Anbieter aussprechen, wollen wiederum vor allem die von der SPD geführten Bundesländer möglichst am Verbot von Online Casinos festhalten. Bis Mitte 2021, wenn ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten muss, haben die Länder Zeit eine gemeinsame Lösung zu finden. Gelingt dies nicht, droht in Deutschland ein verwirrendes Geflecht unterschiedlicher Glücksspielgesetze, bei denen Kunden in einigen Bundesländern in Online Casinos legal spielen dürfen, während andere wiederum in die Röhre schauen. Um den insgesamt 16 Staaten in Deutschland eine wertvolle Unterstützung bei der Kompromissfindung zu liefern, haben insgesamt 9 Bundesländer eine umfassende Studie zu Regulierungsoptionen von Online Casinos sowie Sportwetten und Lotto im Internet in Auftrag gegeben. Deren Ergebnisse liegen nun in einem Endbericht vor und bieten den wohl bislang umfassendsten Überblick über die momentane Situation sowie mögliche Regulierungssysteme ab 2021. Im ersten Teil unserer Analyse zu diesem mehr als 500 Seiten starken Endbericht werden wir einen Blick in die Gründe werfen, warum es eine Regulierung der deutschen Online Casinos bedarf. In Teil 2 wiederum werden wir unterschiedlich Regulierungssystem in Europa vergleichen und welche dortigen Maßnahmen womöglich für die Bundesrepublik sinnvoll erscheinen. Im dritten und letzten Teil schauen wir uns abschließend die Empfehlungen der Autoren der Studie zur Regulierung deutsche Online Casinos etwas näher an und wagen einen kleinen Blick in die mögliche Zukunft.
Der Endbericht „Regulierungsoptionen für den deutschen Onlineglücksspielmarkt“ wurde von insgesamt 9 der 16 Bundesländer in Auftrag gegeben und durch die Universität Hamburg erstellt. Wie die Autoren dabei betonen, wurde von den Bundesländer keinerlei Vorgaben gemacht oder anderweitig Einfluss genommen. Der Endbericht soll als Grundlage für die anhaltende Diskussion über eine mögliche Legalisierung deutsche Online Casinos dienen und besitzt deshalb enormes Gewicht.
Warum es eine Regulierung der deutschen Online Casinos braucht
Ohne eine vernünftige Regulierung von deutschen Online Casinos sowie Sportwetten und Lotto im Internet, ist das Erfüllen bestimmter Ziele durch den Staat nicht möglich. Zudem ist der Kunde weniger vor potenziellen Gefahren in einem unregulierten Glücksspielmarkt geschützt, weil sowohl seriöse Online Casinos wie auch Schwarze Schafe gleichermaßen um Kunden buhlen können. Die wichtigsten Ziele, die ein Staat bei der Regulierung von Online Casinos und dem Glücksspiel im Allgemeinen verfolgt, lassen sich grob in drei Bereiche unterteilen. Zwei davon sind bereits in Deutschland im momentanen Glücksspielstaatsvertrag definiert und werden auch im kommenden Regelwerk Mitte 2021 zu finden sein. Das dritte Ziel, nämlich die Generierung von Steuern, ist hierin nicht zu finden, stellt aber ebenfalls ein Ziel der Regulierung dar.
Die drei Hauptziele einer Regulierung von deutschen Online Casinos:
- Einnahmen durch Steuern, Abgaben, Arbeitsplätze
- Eindämmung und Bekämpfung der Glücksspielsucht
- Eindämmung der Begleitkriminalität, Geldwäsche, Betrug und Manipulation
Die Zielkonflikte bei der Regulierung deutscher Online Casinos
Im nun vorliegenden Endbericht der Universität Hamburg zu den möglichen Regulierungsoptionen für Online Casinos in Deutschland weisen die Autoren gleich zu Beginn auf ein gewichtiges Problem hin. Alle drei zuvor genannten Ziele, die ein Staat mit der Regulierung des Glücksspiels im Allgemeinen verfolgt, stehen zueinander im Konflikt. Will Deutschland beispielsweise am Verbot von Online Casinos festhalten, würde dies zu einem Abwandern vieler Kunden in den grauen oder schwarzen Markt führen. Hierunter würde die Ziele Bekämpfung der Spielsucht sowie der Geldwäsche in Mitleidenschaft gezogen werden. Eine Regulierung der deutschen Online Casinos sollte deshalb einen Mittelweg zwischen den wechselwirkenden Zielen verfolgen. Wie dies am Ende genau aussehen kann, hängt wiederum davon ab, welche Priorität die drei Ziele genießen und was tatsächlich erreicht werden soll. Interessanterweise verfolgen in Europa fast alle Staaten unterschiedliche Ansätze bei der Regulierung von Online Casinos, von denen Deutschland theoretisch die besten Ansätze übernehmen könnte. Insgesamt konnten dabei die Autoren des Endberichts fünf unterschiedliche Ansätze bei der Regulierung in den unterschiedlichen Staaten identifizieren. Hiermit werden wir uns in Teil 2 näher mit bekannten Glücksspielmärkten wie Dänemark oder Großbritannien auseinandersetzen.
Die fünf unterschiedlichen Ansätze bei der Regulierung von Online Casinos:
- Nur geringe Einschränkungen mit einem fast freien Markt
- Geringe Auflagen in einem liberalen Lizenzsystem
- Strenge Auflagen in einem strikten Lizenzsystem
- Ein Monopol des Staates auf Online Casino, Sportwetten oder Lotto
- Ein Verbot von Online Casino Sportwetten oder Lotto
Steuern als Ziel der Regulierung von deutschen Online Casinos
Eine Möglichkeit, die Ziele der Regulierung deutscher Online Casino zu erreichen, sind Steuern und Abgaben, die dann umverteilt werden. In einem staatlichen Glücksspielmonopol wandern die Einnahmen direkt in den Haushalt des Bundeslands. In einem freien Markt mit Online Casinos wiederum fließt ein Teil der Erträge der Anbieter in Form von Steuern und Abgaben ins jeweilige Staatssäckel. Die hieraus erzielten Einnahmen können nun beispielsweise entweder zweckgebunden oder für die Regierung frei verfügbar sein. In den meisten deutschen Bundesländern gibt es eine Mischung aus beiden formen. Ein Teil fließt beispielsweise in die Sportförderung, in Kultur oder in Präventionsmaßnahmen und Therapieangebote bei der Glücksspielsucht. Allerdings werden ebenso Teile des Geldes aus dem Glücksspiel im Allgemeinen auch für andere Ausgaben häufig benutzt. Sowohl zweckgebunden Steuern sowie freie Verfügbarkeit haben dabei ihr eigenen Vor- und Nachteile.
Zweckgebunde Einnahmen, beispielsweise aus deutschen Online Casinos, werden von den Bürgern positiver betrachtet. Denn jeder eingenommen Euro kommt automatisch der Allgemeinheit zugute. Dies ist zugleich auch das häufigste Argument der Vertreter für ein staatliches Glücksspielmonopol. Allerdings ist hierbei wiederum der Nachteil, dass Abhängigkeiten entstehen können und Sportarten oder andere soziale Maßnahmen bei einem Rückgang des Glücksspiels womöglich in Schwierigkeiten geraten. Daraus kann somit ein großes Interesse an steigenden Einnahmen aus dem Glücksspiel vonseiten einzelner Gruppen, des Bundeslandes sowie des Staates entstehen. Frei verfügbare Einnahmen aus Online Casinos wiederum sind laut dem Endbericht ökonomisch deutlich wertvoller. Womöglich hätten Ausgaben in anderen Bereichen einen größeren Mehrwert, als im zweckgebundenen Bereich. Hier ist die mangelnde Flexibilität als Nachteil zu verstehen. Gleichzeitig jedoch werden jedoch durch die freie Verfügbarkeit der Einnahmen die Interessen der Politik an einem Ausbau des Angebots an Glücksspielen noch größer. Insgesamt kommen die Autoren des Endberichts zur Regulierung der deutschen Online Casinos zu dem Schluss, dass zweckgebundene Einnahmen aus Steuern und Abgaben weder als Vor- noch als Nachteil betrachtet werden können.
Eine weitere Möglichkeit der Steuerung durch Abgaben ist die unterschiedliche Besteuerung von verschiedenen Glücksspielen. Je nach eingeschätztem Gefahrenpotenzial können unterschiedliche Abgaben vorgegeben werden. Dies beschränkt zum einen das Angebot wegen geringerer Lukrativität für den Anbieter und zum anderen tragen Glücksspiele mit höherem Suchtpotenzial durch höhere Geldflüsse in Präventionsmaßnahmen und Therapieangeboten zu einer Begrenzung der Glücksspielsucht bei. Laut mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs dürfen jedoch die steuerlichen Interessen nicht als Grund für die Begründung eines staatlichen Glücksspielmonopols und der damit verbundenen Marktabschottung privater Anbieter herhalten. Dies wurde beispielsweise in Bezug auf Deutschland in der Vergangenheit bei den Sportwetten festgestellt und führte zu einer teilweisen EU-Rechtswidrigkeit des Glücksspielstaatsvertrags.
Bekämpfung der Spielsucht als Ziel der Regulierung deutscher Online Casinos
Ein weiteres Ziel der Regulierung von deutschen Online Casinos, welches gerade vonseiten der Politik als Hauptargument vorgebracht wird, ist die Bekämpfung der Spielsucht. Zum einen soll das Angebot an Online Casinos und anderen Glücksspielen, ob nun privat über Lizenzen oder staatlich in einem Monopol, die Zahl der Spielsüchtigen reduzieren. Zum anderen hingegen sollen ebenso die persönlichen sowie die gesellschaftlichen Schäden minimiert werden. Zu den persönlichen Problemen der Glücksspielsucht gehören beispielsweise die Verschuldung, der Verlust des Arbeitsplatzes sowie der eigenen Wohnung oder die Reduzierung der eigenen Lebensqualität. Zu den gesellschaftlichen Problemen wiederum zählen soziale Kosten für Arbeitslose, Krankheiten, Therapien sowie zerrüttete Familienverhältnisse. Allerdings gibt es bei der tatsächlichen Berechnung der Kosten insgesamt ein Problem. Nicht immer lässt sich nämlich, wie die Autoren des Endberichts zur Regulierung der deutschen Online Casinos ausführen, immer feststellen, welches Problem zu welcher Situation führte. Wurde ein Kunde in einem Online Casino spielsüchtig und verlor deshalb seinen Ehepartner oder seinen Beruf oder versuchte dieser sich wegen Eheproblemen abzulenken und verlor am Ende die Kontrolle. Eindeutig kausale Zusammenhänge sind deshalb schwierig zu formulieren, allerdings gibt es starke Korrelationen. Menschen mit Problemen werden eher spielsüchtig und Kunden mit problematischem Spielverhalten geraten auch finanziell und sozial häufiger in Schwierigkeiten.
Für den Gesetzgeber ist es wichtig, bei der Regulierung des Glücksspiels zu verstehen, dass verschiedene Produkte unterschiedliches Gefahrenpotenziale bei der Spielsucht besitzen. Allerdings gibt es auch innerhalb der einzelnen Kategorien wiederum unterschiedliche Abstufungen. Als am wenigsten gefährlich gilt das Lotto, trotz seiner enormen Jackpots als Anreiz, wegen der geringen Spielgeschwindigkeit. Ausgenommen sind hier allerdings Rubbellose. Dem folgen nach Schweregrad Live Casino Spiele wie Roulette, Poker sowie weiter Sportwetten und Spielautomaten. Ebenfalls gelten Online Casino Spiele und Sportwetten im Internet als gefährlicher gegenüber ihren Vertretern im stationären Bereich. Dies ist vor allem der ständigen Verfügbarkeit sowie der mangelnden Kontrolle seitens des Umfelds geschuldet. Zugleich jedoch können Online Casinos, bei einer sehr guten Regulierung, auch Vorteile beim Kampf gegen die Spielsucht bieten. Algorithmen und andere Kontrollsysteme, wenn sie vorgeschrieben sind, können den Spielerschutz sogar deutlich über den Level stationärer Angebote heben. Zudem ergeben sich durch die permanente Datenerfassung über die Spielgewohnheiten des Kunden bessere Möglichkeiten der Einflussnahme und ein frühzeitigeres Erkennen potenzieller Spielsucht. Dies ist jedoch Aufgabe der deutschen Bundesländer, einen regulatorischen Rahmen in Zukunft für Online Casinos vorzugeben, der die Vorteile der modernen Möglichkeiten ausschöpft.
Auch wenn Daten vermuten lassen, dass Online Casino Spiele ein höheres Gefahrenpotenzial besitzen, ist ein kausaler Zusammenhang auch hier schwierig zu ermitteln, da viele externe Faktoren ebenso eine Rolle spielen. Besitzen Online Casinos deshalb eine etwas höhere dichte an Kunden mit problematischem Spielverhalten, weil diese eher süchtig machen oder fühlen sich gerade Glücksspielsüchtige wegen der Verfügbarkeit von Internetcasinos angezogen? Diese Frage ist schwierig zu beantworten, da andere Süchte, das private sowie gesellschaftliche Umfeld, die individuelle Suchtneigung und allgemein Probleme in diversen Bereichen ebenfalls beeinflussend wirken.
Bekämpfung der Kriminalität als Ziel der Regulierung deutscher Online Casinos
Das dritte große Ziel einer Regulierung deutscher Online Casinos, welches die Bundesländer im Blick haben müssen, betrifft die Kriminalität in Zusammenhang mit dem Glücksspiel im Allgemeinen. Diese besteht in den meisten Fällen, egal ob online oder stationär, aus den Bereichen Betrug, Manipulation, Geldwäsche, sowie der Beschaffungskriminalität. Diese Bereiche haben wiederum fünf Einflüsse auf die Gesellschaft als Ganzes, wie die Autoren im Endbericht zur Regulierung deutscher Online Casinos aufzeigen. Zum einen wird deutlich, dass ein legales Angebot an Glücksspielen, wie Spielautomaten, Live Casino Spiele, Sportwetten und Lotto das Angebot unlizenzierter Anbieter (Schwarzmarkt) stark reduziert. Dies geschieht jedoch nur, wenn das legale Angebot für die Mehrzahl der Kunden deutlich Vorteile gegenüber dem Angebot aus dem Schwarzmarkt bringen. Dies können beispielsweise ein besserer Spielerschutz oder garantierte Auszahlung von Gewinnen sein. Ein Totalverbot hingegen, darauf werden wir noch in Teil 3 eingehen, halten die Autoren für kontraproduktiv, da es dann zu einer massiven Abwanderung in den Schwarzmarkt kommt. In solch einem Fall wären legale deutsche Online Casinos mit Lizenzen und klaren Regeln gegenüber der jetzigen Situation vorzuziehen.
Ein weiterer Einfluss von Online Casino in Deutschland und dem Glücksspiel im Allgemeinen betrifft die Beschaffungskriminalität. Ein Spielsüchtiger, der bereits in finanziellen Schwierigkeiten steckt, kann hier zu Betrug, Diebstahl oder anderen kriminellen Taten neigen. Eine Regulierung muss dies im Blick haben und ein Mittelweg zwischen der Gefahr der Abwanderung in den Schwarzmarkt und der möglichen Zunahme an Spielsüchtigen durch eine Ausweitung des Angebots finden. Ein weiterer Punkt betrifft die Geldwäsche, die entweder theoretisch durch den Kunden oder den beispielsweise den Betreiber eines Online Casinos erfolgen kann. Auch hier müssen die 16 Bundesländer wirksame Maßnahmen als strikte Regeln bei einer Regulierung vorgeben. Die mögliche Zunahme der Kriminalität durch Touristen, die gern Casinos besuchen, betrifft wiederum eher den stationären Sektor und hat wenig Einfluss auf die zukünftigen deutschen Online Casinos. Der letzte Punkt beim Einfluss betrifft abschließend ein mögliches Anlocken der Organisierten Kriminalität. Dies führe jedoch laut den Autoren nicht zu einer Erhöhung der Kriminalität, weil diese sich nur in eine andere Struktur verschieben würde.
Interessanterweise sehen die Autoren des Endberichts zu Regulierung deutscher Online Casinos in der Lizenzierung der Betreiber eine Möglichkeit die Kriminalität zu senken und bewerten einen solchen Schritt positiv. Allen anderen Punkte gelten als negativ oder neutral. Dies dürfte vor allem den Bundesländern Schleswig-Holstein, NRW und Hessen, die sich für legale Online Casinos in Deutschland starkmachen, ein gewichtiges Argument bei den Verhandlungen in die Hand geben.
In nächsten Teil werden wir einen genaueren Blick in die Daten und Erkenntnisse über andere europäische Länder und deren Ansätze bei der Regulierung von Online Casinos werfen. Interessant wird hierbei sein, welche dort getroffen Maßnahmen in Zukunft auch für Deutschland wünschenswert wären und sich als erfolgreich beim Erreichen der drei großen Ziele herauskristallisiert haben.
Quelle: Wiso.uni-hamburg.de
Hinterlasse einen Kommentar