gluecksspiel werbung hobby

Wird das Glücksspiel zwanghaft durch Werbung Kinder und Jugendliche beeinflussen und spielen und tippen eine normale Freizeitaktivität in der Zukunft? (Bildquelle: Omar Houchaimi auf Unsplash)

Im Rahmen des jährlich an der Universität Hohenheim stattfindenden Symposium Glücksspiel werden am 14. Und 15. März zentrale Themen vom deutschen Markt diskutiert. Im Zuge dessen hat der anerkannte Wirtschaftswissenschaftler Steffen Otterbach zur Entwicklung des Glücksspiels im Rahmen einer Pressemitteilung über den Newskanal der Deutschen Presse-Agentur Stellung bezogen. Besonders kritisch blickt der geschäftsführende Leiter der Universität mit dem Fokus auf Glücksspielforschung auf die zunehmende Akzeptanz der vielschichtigen Angebote, vor allem auch bedingt durch breit gefächertes Marketing unter Kindern und Jugendlichen. Diese wachsen zunehmend damit auf, dass Sportwetten und nunmehr ebenfalls Glücksspiele ein völlig normales privates Vergnügen darstellen und allmählich zur Normalität werden. Am Wochenende auf ein Bundesligaspiel zu wetten, Lotto zu spielen oder beim Automatenspiel sein Glück zu versuchen, wird wohl zu einem hobbymäßigen Zeitvertreib.

Werbung erhöht die Akzeptanz für das Glücksspiel

Die Forschungsstelle Glücksspiel und dessen Leiter greifen in der Darstellung des Experten Doktor Steffen Otterbach auf fundierte Daten aus Studien zurück. Sowohl die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) als auch internationale Arbeiten stützen die Überschrift der dpa-Pressenachricht: „Glücksspiel wird immer mehr als Hobby wahrgenommen“. Die facettenreichen Werbekanäle lassen das Glücksspiel in all seinen Formen sukzessive als eine gewöhnliche Aktivität in der Freizeit erscheinen. Durch den virtuellen Raum ist der Zugang praktisch immer vorhanden.

Die Forschungsstelle Glücksspiel und ihr oberster Führsprecher stehen mit ihrer Auffassung nicht alleine da. Massive Kritik erntet der Staatsvertrag und seine Werberegelungen schon länger durch den Bremer Innensenator Ulrich Mäuer, der sich mit dem Bundesdrogenbeauftragten Burkhard Blienert verbündet hat, um auf die Fehlentwicklungen hinzuweisen und dagegenzusteuern.

Und für besonders gefährdete Gruppen wie junge Männer bis 25 Jahre, die im Sportverein gemeinsam wetten und den Online-Markt praktisch auf dem Handy in der Hosentasche mit sich führen, ist die derzeitige Marktentwicklung problematisch. Gleiches gilt für junge Männer mit ausländischen Wurzeln, die als besonders anfällig für problematisches Spielverhalten sowie krankhafte Glücksspielsucht sind. Gestützt werden diese Fakten durch die BZgA Daten aus der letzten Untersuchung zum Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland, die im Januar 2020 veröffentlicht wurden.

Forschungsstelle Glücksspiel mit Weitsicht

Durch Werbung wird das Glücksspielangebot von Online Casinos legal beispielsweise auf Social-Media-Kanälen vermarktet. Gleichwohl es für bestimmte Inhalte gesetzliche Vorgaben gibt sowie auch strikt abgesteckte Zeitfenster, so lässt es sich nicht immer verhindern, dass Heranwachsende damit in Berührung kommen. Diese Generation wächst mit dem Internet auf und werden schließlich auch mit Werbeinhalten aus dem Bereich des Glücksspiels konfrontiert. Spielerschutzbestimmungen können an dieser Stelle kaum ihre Wirkung entfalten.

Allein durch die Präsenz der Marken werden Kinder und Jugendliche mit der Zeit vertraut mit diesen Angeboten sein. Beim Sport von der Formel 1 bis zum Fußball und Tennis erzielen Glücksspielanbieter durch Sponsoring eine hohe Wahrnehmung ihrer Produkte. Fast in jedem Fußballstadion zieren Wettanbieter sowie auch Online Casinos die Banden mit aufsehenerregender LED-Werbung. Werden die aktuellen Ergebnisse über ein soziales Netzwerk oder Websites von Sportnachrichtendiensten aufgerufen, dann wird sehr wahrscheinlich in dieser Dienstleistung mindestens ein Logo aus dem Glücksspielbereich eingebunden sein.

Deswegen werden junge Leute nicht sofort anfangen zu wetten oder mit Echtgeld zu spielen. Das ist im minderjährigen Alter in Deutschland ohnehin nicht erlaubt. Aber: Durch die immer wiederkehrenden Werbeinhalte auf unterschiedlichen Kanälen werden diese Glücksspielangebote als normale Freizeitbeschäftigung in dieser Generation verankert. Der Schritt als Erwachsener im Online Casino Echtgeld einzusetzen oder im Wettbüro ein paar Tipps abzugeben könnte vor diesem Hintergrund deutlich leichter fallen.

Deutschland geht gegen Werbung für Glücksspiel, Alkohol und Rauchen vor

(Bildquelle: bundesdrogenbeauftragter.de)

Der Sucht- und Drogenbeauftragte des Bundes – Burkhard Blienert hat Anfang 2023 den Zusammenhang von Glücksspielwerbung und Glücksspielsucht ebenfalls kritisch beäugt. Lesen Sie in diesem Artikel mehr dazu.

Im Gespräch mit der dpa betont der akademische Oberrat Fg. Haushalts- und Konsum Dr. Steffen Otterbach: „Als Erwachsene könnte es dann für diese jungen Menschen selbstverständlich sein, zum Beispiel an Sportwetten teilzunehmen. Das führt dazu, dass es irgendwann selbstverständlich geworden ist zu wetten. Glücksspiel wird wahrgenommen wie jedes andere Hobby auch.“

Kritik am Glücksspielstaatsvertrag

In der Pressemeldung der dpa auf schwarbische.de lässt Dr. Steffen Otterbach auch durchblicken, nicht wirklich mit dem Staatsvertrag zur Regulierung des Glücksspielwesens zufrieden zu sein. Positiv ist die Zielsetzung, weniger glücksspielsüchtige und an Wettsucht erkrankte Personen zuzulassen. Nun ist es legal Online Casino Spiele und Wetten anzubieten sowie auch unter Einhaltung der geltenden Werbebestimmungen über die verfügbaren Kanäle zu werben. Eine deutsche Lizenz als Veranstalter virtueller Automatenspiele oder von Sportwetten ist entsprechend erforderlich. Durch Marketing wird es jedoch auf Dauer zu einer Selbstverständlichkeit, dass es solche Glücksspielangebote gibt und auch daran teilzunehmen.

Schon heute ist die Sportwette in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Eine durchgeführte umfangreiche Untersuchung von Wissenschaftler Raffaello Rossi in einer Glücksspielstudie bestätigt die Meinung des deutschen Wirtschaftswissenschaftlers. Dieser hat an der Universität Bristol die Glücksspielaktivitäten im Zusammenhang mit Werbung auf Twitter in Großbritannien untersucht. Demnach sprechen diese Inhalte hauptsächlich Kinder und Jugendliche an und weniger die Erwachsenen, was die eigentliche Zielgruppe darstellt. Positive Reaktionen bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, stellte der Forscher besonders bei informierenden sowie unterhaltenden Werbemaßnahmen und für Wetten auf E-Sport fest.

Leiter Forschungsstelle Glücksspiel Dr. Steffen Otterbach erklärt: „Schnelle Lösungen sieht Otterbach aber nicht. «Das Problem ist schlicht und einfach nicht so richtig lösbar. Grundsätzlich müssen wir uns als Gesellschaft fragen, wie viel Werbung, wie viel Glücksspiel wir in unserem Leben und in der Gesellschaft zulassen wollen. Viele in der Suchtforschung sind auch der Ansicht, dass die Liberalisierung des Marktes zu leichtfertig vorgenommen und zu wenig auf gesicherte Erkenntnis zurückgegriffen wurde.“

Ohne gegensteuern ist die Entwicklung schwierig zu stoppen

Diese Entwicklung aufzuhalten oder zumindest zu entspannen ist schnell nicht umsetzbar, so der Wissenschaftler. Werbung ist ein wesentlicher Bestandteil von Unternehmen in der heutigen Welt. Vielleicht wurde der Markt für Online-Glücksspiele und Sportwetten in Deutschland zu schnell liberalisiert. Fundierte Erfahrungen aus den Jahren der Freizügigkeit in Schleswig-Holstein, wo es eine kleine Anzahl Online Casinos und Wettanbieter offiziell mit Lizenz gab, haben kaum Einfluss auf den Glücksspielvertrag der Länder gehabt.

Die Suchtforschung und Glücksspielforschung zu forcieren und deren Erkenntnisse in das Glücksspielgesetz zu implementieren, das obliegt der deutschen Aufsichtsbehörde. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder ist für diesen Bereich bundesweit verantwortlich. Weitere Kritik gibt es für Früherkennungssysteme, wie sie beispielsweise Neccton mit der Mentor-Software bei vielen Online Casinos Deutschland installiert hat. Deren Genauigkeit wird zumindest bezweifelt, vor allem auch aufgrund vieler neuer Spieler, deren Spielverhalten durch das Raster fallen könnte. Damit würde es potenziell mehr Spielsüchtige geben, da Glücksspielanbieter diese nicht herausfiltern können. Die Forschungsstelle Glücksspiel beschäftigt sich aktuell mit Früherkennungssystemen, welche problematisches Glücksspiel in Echtzeit erkennen sollen.

Zu diesem Bereich äußerst sich Dr. Steffen Otterbach wie folgt: „Wir analysieren diese Daten derzeit in Hohenheim, um die Funktionsweise der gesetzlich vorgeschriebenen Früherkennungssysteme zu verstehen. Und wir haben festgestellt, dass die Vorhersagekraft der Modelle nicht immer zuverlässig ist. Es könne also bald Spieler geben, die durchs Raster fallen und die munter weiterspielen, obwohl sie eigentlich von den Anbietern gesperrt werden müssten.“

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.