ggl vs dswv

Die Glücksspielreform war längst überfällig, schafft aber auch pre¬käre Regulierungsmaßnahmen! Hat die Glücksspielbehörde (GGL) und der Deutschen Sportwettenverband (DSWV) ein Verständnisproblem? (Bildquelle: Alesia Kozik auf Pexels)

Der Verband deutscher Wettanbieter mit Lizenz hat im Rahmen einer Pressekonferenz am 9. März 2023 mehrere Fehlentwicklungen am deutschen Glücksspiel- und Wettmarkt angeprangert. Rückläufige Sportwettenumsätze sind auf überregulierte Bedingungen in Deutschland zurückzuführen und wirken kontraproduktiv auf die anvisierte Kanalisierungsquote, um Spieler nachhaltig in legale Bahnen zu lenken. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) hat im Zuge der kritischen Berichterstattung das jährlich stattfindende 20. Symposium Glücksspiel der Universität Hohenheim genutzt, um am 14. und 15. März 2023 die Argumente des Deutschen Sportwettenverbandes zu entkräften. Wir haben uns beide Seiten angesehen und wollen im nachfolgenden Artikel die kritischen Punkte genauer unter die Lupe nehmen.

Die Argumente des DSWV gegen einen zu strengen regulatorischen Rahmen

Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder verteidigt die anhaltende Glücksspielregulierung besonders im Hinblick auf die bedeutungsvollen Spielerschutzbestimmungen, die Kritiker sehen das aber anders – wer hat recht? Nehmen wir ausschließlich die Fakten aus der DSWV Pressekonferenz, belebt ein weniger attraktives Angebot den Schwarzmarkt. Weniger Spielautomaten in den legalen Online Casinos, viele Einschränkungen im Spielbetrieb sowie auch beim Casino Bonus lassen Spieler zu womöglich nicht regulierten Anbieter ohne Lizenz abwandern. Beim Online-Glücksspiel lässt sich allerdings noch nicht an Zahlen festmachen.

Da deutsche Glücksspiellizenzen erst seit Mai 2022 peu à peu vergeben werden, stehen schlichtweg keine Daten für einen aussagekräftigen Vergleich zur Verfügung. Bei den legalen Sportwetten sieht das jedoch anders aus, da deren Rahmenbedingungen schon seit mehreren Jahren bestehen und der Wettmarkt sukzessive Reifephasen durchlaufen hat, sodass die Sportwettenumsätze der DSWV-Mitglieder schon repräsentative Ergebnisse liefern können. Hierbei blickt der Dachverband deutscher Buchmacher kritisch auf einen Umsatzrückgang von rund 13 Prozent von 2021 auf 2022.

Auf der Pressekonferenz spricht der Verband Klartext: Der Hauptgrund ist ein anhaltender Schwarzmarkt-Boom, mit dem Hunderte Online-Glücksspiel-Anbieter einhergehen, die über keine Deutschland-Lizenz verfügen. Versuchte mit Netzsperren erste Erfolge zu erzielen, seien gescheitert und Unternehmen am legalen Markt erhalten nicht die erforderliche Stärkung der Glücksspielaufsichtsbehörde. Für den DSWV steht fest: Es braucht bessere Alternativen, um gegen illegales Glücksspiel vorzugehen. Zwischen den Zeilen gibt der Interessenverband zu verstehen, dass es zwingend Änderungen braucht, um wettbewerbsfähig legal Sportwetten online sowie auch Spielautomaten und Poker anbieten zu können. Attraktive und breite Produktangebote würden bereits helfen.

Zu den aktuellen Schwarzmarkt-Aktivitäten merkt Benjamin Schwanke von der GGL an: „Wir können keine Verdrängung legaler Angebote durch illegale Angebote feststellen. Die vom DSWV angesprochenen illegalen Websites sind uns bekannt und werden glücksspielrechtlich verfolgt und gegebenenfalls auch an Staatsanwaltschaften, Finanzämter und die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) weitergeben. Diese illegalen Anbieter haben laut aktueller Steuerdaten einen sehr kleinen Marktanteil von weniger als fünf Prozent.“

Regulierungsbedingter Umsatzrückgang: Sorry, aber die GGL hat recht!

Die deutsche Aufsichtsbehörde argumentiert mit nackten Zahlen und das äußerst plausibel in einer Pressemitteilung. An der Universität Hohenheim beim Symposium Glücksspiel haben die GGL Vorstände aufschlussreich einen Großteil der DSWV Kritikpunkte widerlegen können. So führt die Aufsichtsbehörde mit Sitz in Halle an der Saale die handfesten Steuerdaten für Glücksspiele und Wetten auf, die belegen, dass im Jahr 2021 rund 95 Prozent aller Wetten am deutschen Sportwettenmarkt über lizenzierte Anbieter erfolgt sind. Und die steuerlichen Basisdaten vom Bundesministerium für Finanzen lügen nicht. Die Erklärung für den Umsatzrückgang liefert die Behörde gleich mit.

Nur die Zahlen der Jahre 2021 und 2022 zu vergleichen, ergibt ein verzerrtes Bild. Da 2020 durch die Pandemie der Wettmarkt aufgrund von Verschiebungen und Ausfällen Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatte, entstand im Folgejahr „ein großer Nachholbedarf“. Darüber hinaus wurde die Fußball-EM von 2020 auf 2021 verlegt und hat so einen deutlichen Umsatzbeitrag geleistet. Hingegen hat das Großereignis Wüsten-WM in Katar 2023 auch durch viele kritische Meinungen die Deutschen nicht so mitgenommen wie vielleicht zu erwarten war.

Nach einem starken Wachstum im Jahr 2021 mit einer Steigerungsrate von 16 Prozent verzeichnet der Wettmarkt nach Angaben der GGL 2022 ein Minus von 5 Prozent. Damit erreicht der Markt wieder das Niveau vor Beginn der Corona-Pandemie. Die deutsche Aufsichtsbehörde merkt auch an, dass die immer noch aktiven illegalen Online Casinos und Wettanbieter bekannt sind. Vielen haben sich schon zurückgezogen, aufgrund der Maßnahmen der GGL und weitere werden folgen. Die anstehenden Gerichtsverfahren für das Vollzugsinstrument Netzsperren, die anderen Ländern wie am Markt für Online Casinos Schweiz hervorragend funktionieren, stehen noch aus, wobei die Behörde mit einem positiven Ergebnis im Hinblick für den Jugend- und Spielerschutz rechnet. Des Weiteren wird nach wie vor stationär immer noch viel illegal gewettet. Es gibt Wettbüros ohne Lizenz im niedergelassenen Sektor und gegen diese Betreiber vorzugehen, dies gehört zum Aufgabenbereich der Bundesländer.

GGL scheitert mit Netzsperren für Online Casinos vor Gericht

Erstmalig hat sich Ronald Benter von der GGL zu den verlorenen Eilanträgen hinsichtlich IP-Blocking geäußert zu gleichzeitig auf die noch längst nicht gefallene endgültige Entscheidung hingewiesen: „Wir bleiben optimistisch, dass das Instrument der Netzsperren als ein letztes Mittel im Kampf gegen illegales Online Glücksspiel letztlich gerichtlich bestätigt wird.“ Lesen Sie mehr zu den Gerichtsverfahren der GGL gegen Internet-Service-Provider in diesem Artikel.

Die Daten des DSWV wollen wir nicht vernachlässigen. Es ist schon möglich, dass die Mitglieder des Verbands höhere Verluste zu verzeichnen haben als der Gesamtmarkt. Schließlich sind auch 2022 neue Lizenzen für Wettanbieter bewilligt worden, die vielleicht ebenso mit Neukundenbonus das Interesse von deren Bestandskunden geweckt haben. Eine genaue Analyse des Glücksspiel- und Wettmarkts wird ohnehin erst mit zunehmender Kanalisierung über die Jahre möglich sein, wenn es genügend Zahlen für einen Vergleich gibt.

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