Deutsche Gerichte Online Casinos

Nach Hessen und Sachsen stellen sich nun auch deutsche Gerichte hinter die Online Casinos und plädieren für eine Übergangsregulierung bis Sommer 2021. (Bildquelle: pixabay by Ben_Kerckx)

Vorige Woche wurde publik, dass es wohl momentan zwischen den 16 Bundesländern zum Teil erhebliche Differenzen über die Frage gibt, ob deutsche Online Casinos bis zur Legalität am 01. Juli 2021 geduldet werden sollen. Hierbei haben sich bislang Hessen und Sachsen klar für eine solche Übergangslösung ausgesprochen, während sieben weitere, vor allem SPD-regierte Länder weiter gegen Zahlungsdienstleister und Glücksspielfirmen vorgehen wollen. Hessen und Sachsen sehen in der Verfolgung wenig Sinn, da virtuelle Automatenspiele sowieso Mitte nächstes Jahr erlaubt werden. Hamburg, Bremen und andere Staaten wiederum berufen sich auf den noch gültigen Glücksspielstaatsvertrag und pochen auf den Status der Illegalität dieser Glücksspiele in der Bundesrepublik. Diese Argumentation der Gengenseite kommt nun jedoch ernsthaft ins Wanken, denn zunehmend stellen sich deutsche Gerichte vermehrt auf die Seite der Online Casinos. Unterlassungsverfügungen kurz vor der Legalisierung werden von diesen als unverhältnismäßig beurteilt. Eine Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen.

Der rechtliche Hintergrund nach der Frage der Legalität von virtuellen Automatenspielen

Legal oder illegal, dass ist hier die Frage, wenn es um Online Casinos in Deutschland geht. Viele Bundesländer und Politiker sind der Meinung, dass der gesellschaftlich sensible Bereich des Glücksspiels durchaus strenger reguliert werden kann, trotz der Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn der betreffende Staat nicht gegen die eigenen Gründe verstößt, wegen denen er den freien Markt begrenzt. Die Online Casinos wiederum berufen sich auf die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU, die eine grenzüberschreitende Lizenzen wie aus Malta auch in Deutschland Gültigkeit verleiht. Während bei den Sportwetten klar ist, dass der Glücksspielstaatsvertrag gegen EU-Recht verstößt und diese deshalb nun geduldet werden müssen, steht bei den virtuellen Spielhallen bis heute eine höchstrichterliche Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof noch aus. Interessanterweise hatten bislang weder der Staat Deutschland noch die Bundesländer sowie die Betreiber der Online Casinos große Lust, sich nach den Prozessen vor deutschen Gerichten bis zur letzten Instanz vorzukämpfen.

Bislang gibt es nur ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Legalität oder Illegalität der Online Casinos in Deutschland. Laut den Richtern würde der deutsche Glücksspielstaatsvertrag rechtlich einwandfrei und somit auch das Verbot von Spielautomaten und Live Casinos Spielen in der Bundesrepublik gedeckt sein. Anders als jedoch bei den Sportwetten scheuten sich die Betreiber genauso wie die Politik, diese Beurteilung durch den Europäischen Gerichtshof prüfen zu lassen. Der Grund dürfte in der Angst beider Seiten liegen, letztinstanzlich zu verlieren und damit einen neuen Status zu zementieren. Würde der EuGH den Betreibern recht geben und sich über die Urteile deutscher Gerichte hinwegsetzen, wäre die Duldung der Online Casinos die Folge. Würde hingegen für die Seite der Bundesländer entschieden, wäre mit einem Schlag die Lizenz aus Malta entwertet und die Unternehmen könnten sich in Zukunft nicht mehr auf die Dienstleistungsfreiheit berufen. Beide Seiten hatten somit zu viel zu verlieren, um die ganze Sache bis zum Ende hin eskalieren zu wollen.

Auf eine der wichtigsten Entscheidungen deutscher Gerichte machte jetzt der DVTM, der Deutsche Verband für Telekommunikation und Medien e. V. in einer Pressemeldung aufmerksam. In der Vergangenheit hatte der Verband bereits mehrfach die Blockadehaltung einiger Bundesländer wie Niedersachsen kritisiert.

Deutsche Gerichte stellen sogar das Verbot der Online Casinos infrage

Der seit vielen Jahr mehr oder weniger vollführte Waffenstillstand zwischen Politik und deutschen Online Casinos wurde seit der Bekanntgabe der Legalisierung plötzlich vonseiten einiger Bundesländer gebrochen. Seitdem geht vor allem Niedersachsen hart gegen die Zahlungsdienstleister vor. Ob die hierbei verwendeten Unterlassungsverfügungen, die zum Rückzug von PayPal sowie Visa führten, jedoch tatsächlich rechtens sind, daran mehren sich zunehmend Zweifel und dies nicht nur aufseiten der Anbieter und Betreiber. Unerwartet springen nämlich nun erstmals deutsche Gerichte den Glücksspielunternehmen und ihren Online Casinos zur Seite. Die spannende und mit allerlei Konsequenzen behaftete Auseinandersetzung fand kürzlich zwischen dem Regierungspräsidium Darmstadt und deinem anonym bleibenden Betreiber statt. Dieser sollte mit einer Unterlassungsverfügung davon abgehalten werden, in Deutschland virtuelle Automatenspiele und Live Casino Games anzubieten. Überraschend stellten jedoch die beiden Parteien gemeinsam nun einen Antrag zur Ruhestellung des Verfahrens.

Die nun getroffene Ruhestellung hat einige weitreichende Konsequenzen, denn von nun an wird das Regierungspräsidium nicht mehr gegen den Online Casino Anbieter vorgehen. Vielmehr wollen beide Seiten gemeinsam an einer Lösung arbeiten, wie ein Überleitungsrahmen bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags 2021 geschaffen werden kann. Dieser soll sich dabei möglichst an den Regularien im neuen Glücksspielgesetz orientieren und somit dazu führen, dass die Online Casinos die neuen Standards bereits vorher freiwillig übernehmen. Betreiber dürfen also ungeschoren und ohne Verfolgung ihre Angebote in Deutschland, offerieren, sofern sie sich bereits jetzt den neuen Regeln unterwerfen. Was wie ein Kompromiss auf Basis der Vernunft anmutet, wurde jedoch in Bezug auf die Online Casinos von einem deutschen Gericht angestoßen, nämlich dem VG Darmstadt. Dieses machte bereits vor der Einigung auf Ruhestellung zwei Dinge schnell klar. Zum einen ist eine Unterlassungsverfügung gegen ein Angebot unverhältnismäßig, welches in einem Jahr sowieso legal wird. Zum anderen sieht das Gericht ernsthafte Bedenken bei der Rechtmäßigkeit des aktuellen Glücksspielstaatsvertrags in Zusammenhang mit dem EU-Recht.

Diese Entscheidung deutscher Gerichte in Bezug auf Online Casinos in der Bundesrepublik könnte enorme Konsequenzen auch für die Vorgänge gegen die Zahlungsdienstleister der virtuellen Spielhallen haben. Denn warum sollten die dortigen Verfügungen auf Unterlassung verhältnismäßig sein, wenn doch gegen die Ziele der Unterbindung, die Online Casinos, laut VG Darmstadt gar kein Verfolgungsinteresse besteht. Den SPD-regierten Ländern würde es nun gut stehen, endlich die Realitäten anzuerkennen und sich konstruktiv an einer Übergangsregulierung beteiligen.

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