Vor wenigen Tagen hatte der Verein Spielerhilfe, der in Österreich die Interessen von aktuellen oder ehemaligen Spielsüchtigen sowie deren Angehörigen vertritt, zu einer Pressekonferenz mit dem Titel „Das System Casinos Austria“ geladen. Versprochen wurden im Vorfeld die Aufdeckung systematischer Verstöße des österreichischen Casino-Monopolisten gegen Vorgaben zum Spielerschutz. Tatsächlich konnte Christoph Holubar, Sprecher des Vereins, zahlreiche Beispiele für mangelhaften oder gar nicht stattfindenden Spielerschutz vorlegen, sofern die gezeigten Daten und Behauptungen denn stimmen. Mittlerweile hat sich auch die CASAG selbst zu den erhobenen Vorwürfen aus der Pressekonferenz „Das System Casinos Austria“ geäußert.
„Das System Casinos Austria“ – eine bittere Anklage
In insgesamt 40 Minuten erhob Christoph Holubar als Sprecher des Vereins Spielerhilfe in der eigens einberufenen Pressekonferenz im Presseclub Concordia Wien mit dem Namen „Das System Casinos Austria“ schwere Vorwürfe gegenüber dem teilstaatlichen Glücksspielkonzern. Die immer wieder zu hörenden Aussagen hochrangiger Manager über den hohen Spielerschutz in den österreichischen Casinos, im Online Casino Win2day sowie in den Automatensalons von WINWIN wären reinstes Marketing, aber keine Tatsache. Als Beispiel präsentierte der Sprecher des Vereins Spielerhilfe gleich zu Beginn einen Ausschnitt aus einem Interview mit der Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner, welches die Zeitschrift Voralberg am 30. Oktober 2021 veröffentlicht hatte. Hierin pries die Chefin der CASAG, gegen die noch immer die WKStA ermittelt, wie gewohnt einmal mehr den angeblich so tollen Spielerschutz beim Monopolisten. Von einem der strengsten Glücksspielgesetze der Welt, welches in Österreich herrsche, war die Rede und natürlich würde die CASAG vollumfänglich den höchsten Ansprüchen genügen. Das Unternehmen wolle auf keinen Fall irgendeinen Euro an einem Spielsüchtigen verdienen und unternehme alles, um seine Gäste zu schützen. Alles Aussagen, über die Holubar wohl im besten Falle nur schmunzeln konnte. Ging es nach ihm und seinem Verein, unternimmt die CASAG seit Jahres alles, um den Spielerschutz zu unterlaufen und zu verwässern, wann und wo immer es möglich ist. Um diese These systematischer Verstöße aus dem Titel der Pressekonferenz „Das System Casinos Austria“ zu belegen, wurden nun nach dem Auftakt zahlreiche Belege präsentiert.
Gleich zu Beginn ging es um das sogenannte Gewinn- und Verlustprotokoll, welches die CASAG über jeden Gast zu führen hat. Laut Holubar wird dieses oftmals äußerst mangelhaft geführt, um womöglich die tatsächlichen Verluste zu verschleiern. Hierfür präsentierte er gleich drei solcher Protokolle, die die CASAG auf Wunsch des betreffenden Gastes aushändigen musste. In allen drei Fällen wiesen diese Gewinn- und Verlustprotokolle zum Teil horrende Gewinne aus, obwohl die eigenen Protokolle der Gäste massive Verluste auswiesen. Die Diskrepanzen beliefen sich zum Teil auf sechsstellige Beträge. Für Holubar hat die ungenaue Erfassung System, denn wer Gewinne macht, der muss nicht mit Spielerschutzmaßnahmen wie Sperren oder einer Begrenzung der Spieldauer behelligt werden. Selbst wenn es dann doch einmal zu Beschränkungen kommt, beispielsweise wenn ein Gast auf maximale acht Besuche eines Casinos im Monat reduziert wird, werden diese Maßnahmen oftmals wieder ausgehebelt. So wurden in der Vergangenheit laut Spielerhilfe Gästen mit Beschränkungen bei der Anzahl der erlaubten Tage im Monat sogenannte Vorgriffe gewährt, um sie doch wieder deutlich öfters ins Casino zu lassen. In anderen Fällen konnten gesperrte Kunden sogar in WINWIN-Spielhallen mit Karten anderer Personen an den Spielautomaten die Walzen zum Glühen zu bringen. Alles mit Einwilligung des betreffenden Filialleiters, wie WhatsApp-Chatprotokolle belegen, die Spielerhilfe vorliegen sollen.
Die drei Beispiele zu den Gewinn- und Verlustprotokollen:
- CASAG-Protokoll: Gewinn: 84.000 Euro – Spielerprotokoll: Verlust 73.000 Euro
- CASAG-Protokoll: Gewinn: 65.000 Euro – Spielerprotokoll: Verlust 70.000 Euro
- CASAG-Protokoll: Gewinn: 423.000 Euro – Spielerprotokoll: sechsstelliger Verlust
Fördert die CASAG die Spielsucht seiner Gäste?
Neben den Problemen bei den Gewinn- und Verlustprotokollen sowie bei der Beschränkung der Spieldauer wartete Christoph Holubar bei der Pressekonferenz „Das System Casinos Austria“ noch mit weiteren fragwürdigen Praktiken des Casino-Monopolisten auf. So würde der Glücksspielkonzern gar gezielt die Spielsucht fördern, anstatt diese zu bekämpfen. Als Beispiel nannte er das Umgarnen von Gästen, die sehr häufig spielten, mit kostenlosen Getränken und Speisen sowie mit sogenannten VIP-Programmen wie der Platinum-Karte. Letztere bietet Zugang zu speziellen Events und anderen Vorteilen, die den Gast möglichst oft und möglichst lange in den eigenen Hallen halten sollen. Ist dieses Kundenbindung zwar nicht unbedingt der Spielsuchtbekämpfung förderlich, dafür jedoch rechtlich nicht zu beanstanden, so sieht dies beim Thema Selbstsperren schon anders aus. Über die Jahre, so Holubar, hat der Verein zahlreiche Aussagen vieler Spielsüchtiger in Österreich zusammengetragen, die kein gutes Licht auf die CASAG werfen. So soll es mehrfach vorgekommen sein, dass Kunden sich in einem Etablissement des Konzerns selbst sperren lasen wollten, dies jedoch aus fadenscheinigen Gründen nicht möglich war. So waren manchmal angeblich die verantwortlichen Mitarbeiter für die gewünschte Selbstsperrung nicht da oder wurde dem Gast keine Kopie ausgehändigt, ob seinem Wunsch tatsächlich nachgekommen wurde. Ebenso soll es Fälle gegeben haben, in denen Gäste überredet wurden, doch lieber sich verpflichtende Limits zu setzen, anstatt sich ganz zu sperren. Sollte dies stimmen, dann wären dies eklatante Verstöße gegen den Spielerschutz.
Ein weiterer Fall, der das systematische Versagen der Casinos Austria in Sachen Spielerschutz belegen soll, stammt aus einer Gerichtsverhandlung. Ein Gast wies über die Jahre eine immer häufigere Frequenz an Besuchen in den Casinos auf, was normalerweise die Alarmglocken beim Betreiber hätte klingeln lassen müssen.
Die Pressekonferenz „Das System Casinos Austria“!
In mehr als 40 Minuten rast Christoph Holubar durch die Eingeweide der CASAG und legt zahlreiche Schwachstellen des Monopolisten beim Spielerschutz offen. Trotz der Brisanz der Anschuldigungen hält sich bislang in Österreich das Echo in Medien und Politik in Grenzen.
Gegenüber noch 40 Besuchen in 2015 wuchs die Zahl der Spielsessions in den Spielbanken in 2016 auf 60, in 2017 auf 70 und schließlich dann in 2018 auf 92 Tage. Dies bedeutete einen Besuch an fast jedem vierten Tag des Jahres. Nachdem sich der Kunde später selbst sperren ließ, verklagte dieser die Casinos Austria wegen mangelndem Spielerschutz. Interessanterweise behauptete die CASAG über ihren Anwalt vor Gericht, dass zu keinem Zeitpunkt Anzeichen für ein problematisches Spielverhalten vorgelegen hätten. Dies, obwohl in nur vier Jahren die Frequenz der Besuche sich von hohem Niveau noch einmal mehr als Verdoppelte. All dieses Gebaren fasst der Verein Spielerhilfe zum „System Casinos Austria“ zusammen, das der Meinung von Holubar nach nur die Einnahmen des Glücksspielkonzerns im Blick hat, auf Kosten des Spielerschutzes. Um diese These noch weiter zu untermauern, behauptete er in der Pressekonferenz, dass die CASAG rund 75 Prozent ihres Bruttoumsatzes mit nur 3 Prozent ihrer Gäste erwirtschaften würde.
Mittlerweile hat sich auch die CASAG zu den Vorwürfen aus der Pressekonferenz „Das System Casinos Austria“ geäußert und streitet diese ab. Vielmehr würde Holubar seine Arbeit in den Medien nur dazu nutzen, um seine Position vor Gericht zu verbessern. Dies geschehe, indem er die CASAG diskreditiere. Christoph Holubar führt seine einiger Zeit einen Rechtsstreit gegen die Casinos Austria und klagt auf die Rückerstattung seiner Verlusten wegen mangelhaftem Spielerschutz durch den Casino-Monopolisten.
Der Gewinn an den Spielautomaten der CASAG hat angeblich wenig mit wirklichem Glück zu tun
Ebenfalls zum „System Casinos Austria“ gehören soll die Steuerung der Automatenspiele zur Maximierung der Einnahmen auf Kosten des Spielerschutzes. Hierbei bezog sich Holubar auf eine rund 10 Monate zurückliegende Recherche, die als kleine Dokumentation für das Magazin ZackZack erstellt wurde. Damals behauptete er, dass die CASAG ihre Ausschüttung an den Automatenspielen in ihren Casinos über eine Managementsoftware steuern würde. Da jedoch gesetzlich ein bestimmter Mindest-RTP pro Jahr als eine Mindestausschüttungsquote festgelegt ist, würde nur die sogenannte Hit-Frequenz ständig angepasst. Über diesen Parameter soll es möglich sein, gezielt vorzugeben, wie viele Gewinne pro Tag ausgegeben werden. Damit ergeben sich „gute“ und „schlechte“ Tage für die Gäste, denn wenn die Hit-Frequenz niedrig eingestellt wurde, sind Gewinn selten und somit Verluste deutlich eher wahrscheinlich. Anhand einiger vorgelegter Statistiken zur Ausschüttung einige Spielautomaten der CASAG geht Holubar davon aus, dass vor allem am Monatsanfang die Hit-Freuenz besonders niedrig ausfällt. Zu diesem Zeitpunkt bringen vor allem Spielsüchtige ihr frisches Gehalt ins Casino.
Gegen Ende des Monats, wenn das Geld aufgebraucht wurde, würden plötzlich deutlich mehr Gewinne ausgeschüttet, was die auf der Pressekonferenz gezeigten Spitzen im Diagramm beweisen sollten. Dies wäre ein weiterer Beweis, dass es der CASAG rein um die Einnahmen ginge und der angebliche hohe Spielerschutz nur als reine Marketingfassade fungiert. Ob diese Daten tatsächlich vollständig korrekt sind und die daraus resultierenden Anschuldigungen stimmen, kann allerdings nur anhand der Pressekonferenz “Das System Casinos Austria“ vom Zuschauer nicht nachvollzogen werden. Oft bezieht sich Holubar auf Aussagen und Material ungenannter Dritter, erklärt jedoch, dass das Material immer im Original dem Verein vorliegen würde.
Holubar erklärt zu dieser möglichen Änderung der Hit-Frequenz, dass es sich um keine Manipulation im rechtlichen Sinne handeln würde, auch wenn dadurch natürlich Kollege Zufall massiv beeinflusst wird. Denn natürlich macht es einen gewaltigen Unterschied für den Kunden, ob er einen bereits festgelegten „guten“ oder „schlechten“ Tag im Casino erwischt. Der Vorteil der CASAG ist, dass hierüber möglichst viele Einnahmen generiert werden können, solange am Ende des Jahres der Mindest-RTP über der minimalen gesetzlich vorgegebenen Grenze liegt. Entscheidend für den Glücksspielkonzern bei solch einem System ist, sofern es tatsächlich existiert, dass mehr Umsatz generiert wird, der mit den gleichen Ausschüttungsquoten pro Jahr zu höheren Einnahmen führt. Dass hierbei nicht nur Spielsüchtige enorm getriggert werden, sondern auch noch der gute Glaube der Kunden an den Zufall ausgenutzt wird, ist für Spielerhilfe und Holubar ein Skandal. Trotz solcher Vorwürfe bereits vor 10 Monaten hält anscheinend das Bundesfinanzministerium wie eh und je seine schützende Hand über die CASAG. So gab es beispielsweise nur eine lapidare Antwort vonseiten des Bundesfinanzministeriums auf die Anschuldigungen zur Änderung der Hit-Frequenz, die während der Pressekonferenz gezeigt wurde. Darin stand der bemerkenswerte Satz: „Eine Änderung der Gewinnausschüttung innerhalb der zertifizierten Werte stelle noch keine Manipulation dar.“ Dies mag zwar rein rechtlich zutreffen, nur dass ein teilstaatlicher Glücksspielkonzern seinen Kunden vorgaukelt, dass nur der Zufall über einen Gewinn oder Verlust entscheiden wird, ist dann moralisch mehr als fragwürdig.
Reine Glückssache auf ZackZack!
Reine Glückssache? Geht es nach Christoph Holubar steuern die Casinos Austria gezielt ihre Gewinnausschüttung über die servergestützten Spielautomaten und beeinflussen damit massiv die Gewinnchancen ihrer Gäste. Gibt es also in den Spielbanken in Österreich doch „gute“ und „schlechte“ Tage völlig unabhängig vom Kollegen Zufall?
Schon vor der Pressekonferenz „Das System Casinos Austria“ mehrten sich in den letzten Monaten Anschuldigungen gegen die CASAG in Österreich. So ist momentan eine Klage anhängig wegen Verstößen gegen den Datenschutz. Angeblich würde der Glücksspielkonzern Spielerdaten zwischen seinen einzelnen Tochterunternehmen austauschen, was jedoch nicht erlaubt ist. Des Weiteren deckte erst Ende August das Institut für Glücksspiel und Abhängigkeit aus Salzburg eklatante Mängel beim Spielerschutz im Online Casino der CASAG auf. Zum einen konnten Kunden mehrere Konten gleichzeitig anlegen, um Einzahlungs- und Einsatzlimits zu umgehen. Zum anderen war die so wichtige Spielerschutzsoftware Mentor von der Firma Neccton standardmäßig abgeschaltet und zudem für den Kunden im Online Casino kaum auffindbar. All diese zusammen mit den Vorwürfen aus der Pressekonferenz machen es für Außenstehende immer schwerer, nicht an ein das zuvor skizzierte „System Casinos Austria“ zu glauben.
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