Landesregierung

Antwort der Landesregierung Sachsen-Anhalt auf eine „Kleine Anfrage“ zur schriftlichen Beantwortung mit brisanten Fragen zur Regulierung und Lizenzvergabe von deutschen Glücksspielveranstaltern. (Bildquelle: www.gluecksspiel-behoerde.de)

Bezug nehmend auf unseren Artikel „Brisante Fragen an die Glücksspielbehörde der Länder“ vom 7. August 2022 und der damit einhergehenden „Kleinen Anfrage“ des Landtagsabgeordneten Jan Scharfenort (AfD) aus Sachsen-Anhalt, hat die Landesregierung am 8. September 2022 eine Antwort veröffentlicht. Mit der Drucksache 8/1628 bezieht die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) über die Landesregierung Stellung zu offenkundigen Themen wie der vorgeworfenen Missachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Hierbei hat der AfD-Abgeordnete erhebliche Zweifel an der fairen Lizenzvergabe für Veranstalter des virtuellen Automatenspiels in Deutschland ausgedrückt. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei ein mittlerweile zurückgezogener Artikel des Informationsportals ISA-Guide, indem beispielsweise Anwälte der Gaming-Industrie behaupten, dass durch die Beantwortung der Drucksache 8/909 „Kleine Anfrage“ eine „Verletzung des unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes und des Transparenzgrundsatzes“ durch die zuständige Regierungsstelle eingeräumt wird.

Wettbewerbsverzerrung bei glücksspielrechtlichen Erlaubnisverfahren?

Einer der brisantesten Kritikpunkte, die den Politiker Jan Scharfenort aus Sachsen-Anhalt dazu veranlasst hat, eine „Kleine Anfrage“ öffentlich zu machen, ist der Umstand, dass marktführende Unternehmen bei der Lizenzierung bevorzugt werden könnten. Hierzu hat er mit Frage 3 am 2. August 2022 die GGL aufgefordert, Stellung zu nehmen: „Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass die Mernov Betriebsgesellschaft mbH vor allen anderen antragstellenden Unternehmen eine Lizenz für virtuelle Automatenspiele erhielt?“

Die Antwort ist erwartungsgemäß wenig aussagekräftig. Demnach erfolgt die Bearbeitung der Anträge „grundsätzlich in der Reihenfolge des Antragseinganges. Bei vollständigem Vorliegen der Antragsunterlagen erfolgt eine inhaltliche Prüfung und die Vorbereitung der Entscheidung.“ Gleichzeitig erfolgt ein Hinweis auf die Beantwortung der „Kleinen Anfrage“ Drs. 8/835 (vgl. L T-Drs. 8/1114). Hierzu verweist Die Landesregierung auf den prinzipiellen parlamentarischen Informationsanspruch, der für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Allerdings verweist die Regierung in der Drucksache darauf, dass „Teile der Antwort der Landesregierung müssen insoweit als Verschlusssache – VS – NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH – eingestuft werden“. Demzufolge enthält die Antwort der Landesregierung aus datenschutzrechtlichen Gründen viele Informationen nicht. Jedoch haben die folgenden Gesichtspunkte besonderes Gewicht:

  • Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von Dienstgeheimnissen
  • Geheimschutzordnung des Landtages
  • Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Landesregierung zu befriedigen

Kurzum, das öffentliche Interesse an den Hintergründen zur Vergabe von Online-Spielautomaten-Lizenzen sowie für Online-Poker und Sportwetten muss sich mit einem Minimum an Informationen zufriedengeben. Hierzu gibt es stimmen, die beispielsweise aus dem zurückgezogenen ISA-Guide Beitrag zu entnehmen sind, dass es gar keine rechtliche Grundlage dafür gibt, dass in der Reihenfolge eingehender Lizenzanträge eine Bearbeitung erfolgt.

Der Referenz-Artikel diskutiert, dass es allein schon im Hinblick auf unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheiten fragwürdig ist, bei einem Genehmigungsverfahren „ein Wettlauf bezüglich der Abgabe einer Bewerbung“ zu veranstalten. Noch dazu, wo es keinerlei Informationen hierzu im Glücksspielstaatsvertrag und einhergehenden Leitfäden zur Antragstellung für den länderübergreifenden Glücksspielmarkt in Deutschland gibt.

Für die Kriterien zur Erlaubniserteilung gilt: Maximale Transparenz für alle antragstellenden Unternehmen. Das bedeutet von vornherein müssen zur Vermeidung von Verzerrungen einer Wettbewerbssituation gleiche Bedingungen für Antragsteller gelten. Hierzu schreibt der ISA-Guide: „Der Gleichheitssatz verlangt, wie das VG Darmstadt im Vierklee-Beschluss vom 1.4.2020 bestätigt, dass zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen alle Bewerber gleichbehandelt werden, jedenfalls wenn sie in einer angemessenen und im Voraus festgelegten Frist eine Bewerbung abgegeben haben.“

Sind zeitliche Rahmenbedingungen bei Lizenzvergabe entscheidend?

Von den genannten Aspekten aber am wichtigsten erscheint das eindeutige „Nein“ in den Antworten, die eine Bevorzugung einzelner Antragsteller vorsehen. Insbesondere die Fragen fünf und acht sind hierbei für einzelne Vertreter der Gaming-Industrie scheinbar konfliktgeladen. Hierzu die Fragen des Mitglieds des Landtages Jan Scharfenort (AfD) sowie die Antworten der Landesregierung – erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport.

  • Frage 5: Wurde die Mernov Betriebsgesellschaft mbH bei der Vergabe der glücksspielrechtlichen Erlaubnis bevorzugt?
  • Antwort: Es wird auf die Antwort auf Frage 3 verwiesen.

Mehrfach verweist die Landesregierung in der öffentlichen Antwort auf die zeitliche Abfolge der antragstellenden Unternehmen. Wie schon weiter oben ausgeführt gibt es hierzu jedoch keinen Hinweis. In den Informationen zum Genehmigungsverfahren wird die Reihenfolge nicht behandelt. Kommen wir zur Monopolfrage, die durchaus berechtigt erscheint. Die neufirmierte DGGS Deutsche Gesellschaft für Glücksspiel mbH ist in diesem Kontext ein „Streitobjekt“, da die ursprüngliche Mernov Betriebsgesellschaft mbH mit Firmensitz Merkur Allee Espelkamp mittlerweile durch die zu Novomatic gehörende Greentube GmbH und Gauselmann zu gleichen Teilen verwaltet wird.

  • Frage 8: Sieht die Landesregierung die Gefahr einer Monopolstellung gegeben, wenn die Mernov Betriebsgesellschaft mbH als „Joint Venture“ der beiden führenden Anbieter auf dem terrestrischen Glücksspielmarkt in Deutschland (Gauselmann‐Gruppe und Novomatic AG) vor allen anderen Wettbewerbern eine Lizenz für virtuelle Automatenspiele erhält?
  • Antwort: Es wird auf die Antwort auf Frage 3 verwiesen.

Zur Klärung der zeitlichen Abfolge bei der Vergabe von der Erlaubnis an Mernov für Online-Glücksspiel scheint es ebenso interessant zu vergleichen, wann Einträge von welchen Unternehmen eingegangen sind. Auch den Status des Zulassungsverfahrens zu prüfen ist ein wesentlicher Knackpunkt, um die Kritikpunkte aus der „Keinen Anfrage“ möglicherweise entschärfen zu können. Leider hat die Landesregierung bei der Beantwortung von Frage 4 wie folgt auf Geheimhaltungsaspekte verwiesen.

Glücksspiellizenz Reihenfolge des Antragseinganges

(Bildquelle: Sasint auf Pixabay)

Bei der Erlaubnisvergabe für deutsche Glücksspielanbieter gilt: “Wer zuerst kommt, mahlt zuerst”!

  • Frage 4: Gab es Antragsteller, die bereits vor oder zeitgleich mit der Mernov Betriebsgesellschaft mbH einen Antrag auf glücksspielrechtliche Erlaubnis für Sportwetten, Online-Poker oder virtuelle Automatenspiele gestellt haben?
  • Antwort: Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. Die vollständige Antwort der Landesregierung ist als Verschlusssache „VS – NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH” eingestuft. Sie kann bei der Geheimschutzstelle des Landtages nach Maßgabe der Geheimschutzordnung des Landtages eingesehen werden. Antragsteller, die vor dem 9. September 2021 oder zeitgleich mit der Mernov Betriebsgesellschaft mbH einen Antrag auf eine Erlaubnis zum Veranstalten von virtuellen Automatenspielen bzw. Online-Poker gestellt hatten – maßgeblich ist das Datum des Posteingangs – können der nachfolgenden Aufstellung (Stand 19. August 2022) entnommen werden.

Lediglich die Liste zur aktuellen Lizenzvergabe ist öffentlich allgemein zugänglich (siehe Abbildung). Es greift der Datenschutz und darüber hinaus verweist die Landesregierung in diesem Zusammenhang darauf: „Das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Landesregierung zu befriedigen (Art. 53 Abs. 3 und 4 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt).“ Des Weiteren ist der öffentlichen Antwort zu entnehmen: „Eine öffentliche Bekanntgabe der personenbezogenen Daten und deren anschließende Veröffentlichung würde die Rechte der Betroffenen verletzen und wäre damit unzulässig.“

Im Grunde dreht sich die gesamte öffentliche Drucksache 8/1628 darum, zu verdeutlichen, dass es keine Verstöße hinsichtlich des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Transparenzgebotes gibt. Die Daten der am Lizenzierungsverfahren teilnehmenden Unternehmen sowie deren Bearbeitungsstand sind Geheimsache. Inwieweit Abgeordneter Scharfenort nach Einsicht, in die nur für parlamentarische Mitarbeiter verfügbaren personenbezogenen Daten Dritter möglicherweise eine weitere Anfrage formuliert, ist bisher offen. Öffentlich ist lediglich die gemeinsame amtliche Liste (White-List) zugänglich, in der alle lizenzierten Unternehmen aufgeführt sind.

Alles eine Frage der Zuverlässigkeit?

Im Antwortschreiben geht die Landesregierung explizit auf die Entwicklung von der Mernov Betriebsgesellschaft mbH zur DGGS Deutsche Gesellschaft für Glücksspiel mbH ein. Gemeinsam mit der Erlaubniserteilung für Online-Gaming-Anbieter wie Merkur Spiel, betrieben durch Cashpoint Malta sowie SlotMagie von The Mill Adventure, erfolgte im selben Zeitraum am 9. August eine Aktualisierung der White-List. In diesem Rahmen wurde das erste in Deutschland als Online-Spielautomaten-Anbieter zugelassene Unternehmen Mernov als Betreiber von JackpotPiraten.de und BingBong.de durch DGGS Deutsche Gesellschaft für Glücksspiel mbH ersetzt.

Schon eingangs wurde dargelegt, dass Novomatic und Gauselmann über den Sommer aus dem ersten deutschen Lizenznehmer ein Gemeinschaftsunternehmen firmiert haben, an dem beide jeweils mit 50 Prozent beteiligt sind. Da Mernov das erste Unternehmen war, welches für Online Slots von der deutschen Aufsichtsbehörde genehmigt und auf der White-List erschienen ist, fragen sich Industrievertreter und andere Parteien, ob es nicht doch Absprachen gab. Hierzu hat die Landesregierung überaus deutlich bekannt gegeben, „zum Zeitpunkt der Antragstellung und der Erlaubniserteilung war jedoch die Alleingesellschafterin der Mernov Vermögensverwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft zu 100 % die Gauselmann AG“.

Bei der Lizenzierung war es entsprechend nicht bekannt, dass ein Joint Venture der Marktführer Gauselmann und Novomatic bevorsteht. Hierzu erklärt die Landesregierung außerdem: „Die unmittelbare Gesellschafterstruktur der Erlaubnisinhaberin hat sich nicht geändert. Alleingesellschafterin war und ist die Mernov Vermögensverwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH.“ Es erfolgte lediglich eine Änderung innerhalb der Gesellschafterstruktur sowie eine Verlegung des Firmensitzes von Espelkamp nach Berlin, was aus Sicht der Behörde nicht bedenklich ist. Abschließend möchten wir noch Bezug auf die Antwort der Frage 1 nehmen, die wir als besonders relevant für die staatliche Lizenzierung halten.

  • Frage 1: Welche Kriterien sind ausschlaggebend, um im Sinne von § 4a Absatz 1 G/üStV eine „erweiterte Zuverlässigkeit“ als Voraussetzung einer Lizenzvergabe zugestanden zu bekommen?
  • Antwort: Die ausschlaggebenden Kriterien werden in § 4a Abs. 1 GlüstV 2021 aufgeführt.

Diesbezüglich ist unsere Auffassung, dass Gauselmann sowie auch Novomatic durch jahrelange Lobbyarbeit und Fokus auf regulierte Märkte einen leichteren Start hatten. Es ist schließlich einfacher, ein neues Glücksspielangebot unter den Regeln des deutschen Glücksspiel-Online-Gesetzes zu entwickeln, als bestehende Online-Spielhallen glücksspielrechtlich anzupassen. Das fängt bei der Prüfung von einzelnen Automatenspielen an und hört beim Anschluss an zentrale Dateisysteme wie das LUGAS Glücksspielaufsichtssystem und dem Spielersperrsystem OASIS auf.

Hinzu kommt, dass beide Glücksspielunternehmen am stationären Markt in Deutschland präsent sind. Die sich wandelnde Rechtslage beim Glücksspiel in der Entwicklung eines virtuellen Angebots zu berücksichtigen, scheint nur logisch. An dieser Stelle haben reine Online-Glücksspielanbieter über die Jahre hinweg womöglich von ihrer Komfortzone Malta Gaming Authority Lizenz profitiert. In anderen Ländern wie den Niederlanden haben zwar bereits zur Online-Öffnung im Oktober 2021 erste Online-Anbieter eine Lizenz erhalten, große Namen waren jedoch nicht dabei.

Hingegen war einer der ersten das Holland Casino als staatlicher Anbieter, der zweifelsohne vom Start weg alle Anforderungen umgesetzt hat. Aufgrund der Reputation als Spielbanken- und Spielhallenbetreiber auf Landesebene hat die Zuverlässigkeitsprüfung sehr wahrscheinlich bei Gauselmann und Novomatic eine andere Bedeutung im Vergleich zu maltesischen Online-Glücksspielanbietern.

Die originale Antwort der Landesregierung auf die „Kleine Anfrage“ ist öffentlich verfügbar. Die Beantwortung erfolgt durch das zuständige Ministerium für Inneres und Sport in Sachsen Anhalt – in Zusammenarbeit mit der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder, ist öffentlich verfügbar.

Rheinfolge genehmigter Unternehmen für virtuelles Automatenspiel

Unternehmen
Antragsdatum
Erlaubnisdatum
DGGS Deutsche Gesellschaft für Glücksspiel mbH
07.09.2021
27.04.2022
Tipwin Ltd. 12.07.2021
14.06.2022
Ruleo Alpenland AG
31.08.2021 14.06.2022
The Mill Adventure Limited
13.07.2021  28.07.2022
Cashpoint Malta Ltd.
21.12.2021  28.07.2022
Solis ortus Service Ltd.
21.12.2021  28.07.2022
BluBet Operations Ltd.
02.07.2021
09.08.2022
Jokerstar GmbH
28.07.2021
09.08.2022

Stand 23.9.2022: In Deutschland gibt es aktuell 8 behördlich zugelassene Veranstalter von virtuellen Automatenspielen.

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.