Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse, auf dessen Novomatic-Vergangenheit wir später näher eingehen werden, ist um einen renommierten Preis reicher. Denn die siebenköpfige Jury des Börsenverein des Deutschen Buchhandels wählte sein letzten Roman „Die Hauptstadt“ zum besten Buch des Jahres. Damit konnte Robert Menasse als erst zweiter Österreicher den wichtigsten Buchpreis in Deutschland in Empfang nehmen. Und wie bei jeder Wahl gibt es Kritiker die den neusten Roman aus seiner Feder über Europa und den Weg den es in Zukunft nehmen wird, als literarische Offenbarung feiern oder kritisch als Einheitsbrei beurteilen. Doch nicht nur sein neustes Werk „Die Hauptstadt“ spaltet die Kritiker, sondern ebenfalls die Person des Autors selbst. Denn in der Vergangenheit trat der österreichische Glücksspielkonzern als Sponsor von Robert Menasse auf und finanzierte ihm eine Reise nach Brüssel. Diese benötigte der Schriftsteller um für sein damaliges Essay „Der Europäische Landbote“ in der Hauptstadt der EU in Brüssel 9 Monate lang zu recherchieren. Und selbstverständlich lies nach Bekanntwerden der Verbindung zwischen Robert Menasse zum Hersteller der Novoline Spielautomaten der obligatorische Shitstorm der selbsternannten Moralwächter nicht lange auf sich warten. (Robert Menasse auf Wikipedia)
Keiner wollte über das Buch sprechen, dafür aber alle über Novomatic
Im Jahr 2012 erlangte Robert Menasse außerhalb des literarischen Zirkels große Aufmerksamkeit von Seiten der Medien. Doch hier standen nicht seine bis dahin gesammelten Literaturpreise im Vordergrund, sondern einzig und allein seine Verbindung zum österreichischen Glücksspielunternehmen Novomatic. So konzentrierten sich die Kritiker bei seinem damaligen Werk „Der Europäische Landbote“, nicht auf den Inhalt, der absolut Pro-Europa ausgerichtet war. Viel wichtiger war es ihnen, dass sich der Autor für seine Reise nach Brüssel für die notwendige Recherche von Hersteller der Novoline Spielautomaten hatte sponsern lassen. Und so zeigte der damalige Artikel in der Wiener Zeitung auf, dass es bei der Buchvorstellung im Jahr 2012 einzig und allein darum ging, wie ein Intellektueller mit einem „grauseligen“ Glücksspielunternehmen zusammenarbeiten kann.
Für das Sponsoring seiner Reise nach Brüssel durch den Admiral Charity Fonds, verpflichtete sich Robert Menasse 2012 sein Buch „Der Europäische Landbote“ auf dem Novomatic Forum zu präsentieren. Allerdings sponsert der Hersteller der Novoline Spielautomaten außerdem noch die „Stiftung Deutsche Sporthilfe“ oder den Niederösterreichischen Landes- und Kulturpreis.
Wichtige Themen wie Demokratiedefizite der Europäischen Union und wie die individuelle Mitbestimmung innerhalb eines Staatenbundes nicht auf der Strecke bleibt, gingen in der damaligen Diskussion völlig unter. Und so breitete die Wiener Zeitung damals genüsslich all die völlig überzogenen Aussagen so mancher Kritiker im Feuilleton zur Zusammenarbeit von Robert Menasse und Novomatic aus. So schrieb beispielsweise Joachim Riedl von der “Zeit” auf Twitter: “Europäische Vision von Menasse: Spielautomat schluckt Euros, viele. Novomatic sponsert nächstes Menasse-Buch.” Ebenfalls blies Florian Klenk vom “Falter” ins selbe Horn. Er postete damals: “Franz Fischler & Robert Menasse über Postdemokratie bei der Novomatic.” Mit dieser reinen Fokussierung auf die Umstände zur Entstehung des Buches „Der Europäische Landbote“ trafen die Herren Kritiker wohl den Nerv der Zeit, der es liebt aus dem Nichts Skandale zu erschaffen. Obwohl Robert Menasse bereits auf dem Novomatic Forum ansprach, dass der Konzern als Sponsor ebenfalls das Kulturradio Ö1 unterstützt, half dies nicht mehr, den kommenden Shitstorm zu verhindern.
Gegenüber der Wiener Zeitung schilderte Robert Menasse wie es damals weiterging, als seine Verbindungen zu Novomatic bekannt wurden. So schilderte er: “Ich bekam teilweise sehr untergriffige E-Mails an meine private Adresse. Es war eine Zangenbewegung von Antisemiten und Linken mit Heiligenschein, ohne dass beide Gruppen wussten, dass sie eine Zange bilden. Aber das Gift ist nun in der Seele.”
Wie würde die Kunst nur ohne das Sponsoring aussehen
Sicherlich kann die Frage gestellt werden, ob sich ein Künstler mit einem Glücksspielunternehmen zusammentun sollte, um hierüber sein Buch finanzieren zu können. Schließlich gehört zum Zocken an den Spielautomaten, ob in Glücksspieltempeln oder im Online Casino immer auch das Thema Spielsucht dazu. Doch wäre es nun besser das Geld von Novomatic nicht anzunehmen und somit den Konzern aus der gesellschaftlichen Verantwortung herauszuhalten? Wenn Kritiker hier mit Ja plädieren, wie sieht es dann mit anderen Firmen aus. Sollen Fußballvereine auf die Sponsorengelder der Online Casinos oder Anbietern von Sportwetten verzichten? Soll der Staat und damit die Gesellschaft auf die Steuern der Casinos Austria AG verzichten. Soll in Espelkamp die Stadt ihre Turnhalle, die hauptsächlich vom Hersteller der Merkur Spielautomaten bezahlt wurde, wieder abreißen? All diese Fragen müssten zwangsläufig gestellt werden, wenn konsequent das Sponsoring von Glücksspielunternehmen kritisiert werden sollte.
Nicht nur Schriftsteller haben immer mehr mit dem Problem zu kämpfen, dass nicht mehr Inhalte im Vordergrund stehen, sondern Nebensächlichkeiten. Es ist heute oftmals wichtiger, welche falschen Worte in einer Aussage getätigt werden, als sich mit dem tatsächlichen Inhalt zu beschäftigen.
Viele Kunstausstellungen wären ohne das Engagement von Konzern wie diesen gar nicht möglich, Viele Künstler hätten einfach nicht das Kapital, sich in der Zeit für ihr Werk über Wasser zu halten, ohne die Unterstützung. Sicherlich kann vieles über staatliche Projekte realisiert werden, doch wer sorgt dann für die Ausgewogenheit und verhindert, dass wenige Entscheidungsträger darüber befinden was unterstützenswert ist? Wer Schriftsteller wie Robert Menasse verteufelt, nur weil er sich für seine Recherche von 9 Monaten in Brüssel hat von Novomatic bezahlen lassen, der sollte ab und an einmal über den Tellerrand blicken.