NetzsperrenFast genau ein Jahr ist es mittlerweile her, als in der Schweiz das neue Geldspielgesetz präsentiert wurde und innerhalb kürzester Zeit eine Grundsatzdebatte auslöste. Denn im Zuge des neuen Geldspielgesetzes sollen ebenfalls Netzsperren eingeführt werden, die verhindern sollen, dass Bürger des Landes auf Seiten ausländischer Online Casinos zugreifen können. Den zahlreichen Kritikern und Gegnern dieser Art von Zensur gelang es jedoch in diesem Januar weit mehr als 50.000 Unterschriften zu sammeln, die für ein Referendum benötigt werden. In diesem soll endgültig geklärt werden, ob die Bürger der Schweiz über die Hintertür des geplanten Geldspielgesetzes Netzsperren akzeptieren oder nicht. In Stellung gebracht hat sich nun ebenfalls das EJPD, das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement unter der Leitung von Simonetta Sommaruga und wirbt offen für ein klares Ja zum Geldspielgesetz und damit auch zu den Netzsperren.

Die Argumente des EJPD und der Befürworter des neuen Geldspielgesetzes in der Schweiz

Am vergangenen Dienstag äußerte sich das EJPD öffentlich in einer Pressekonferenz zum im Sommer stattfindenden Referendum zum geplanten Glücksspielgesetz in der Schweiz. Als Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement oblag es der Bundesrätin und zugleich Vorsteherin Simonetta Sommaruga, die eigene Position darzustellen. Sowohl bei der Pressekonferenz, als auch in der begleitenden Pressmitteilung warb Sommaruga bei den Bürgern dafür, dass diese am 10. Juni diesen Jahres im Referendum mit Ja stimmen und damit das Geldspielgesetz annehmen sollten. Unterstützt wird diese Position in der Pressmitteilung ebenfalls vom Bundesrat, dem dem Parlament und den Kantonen.

Warum es jedoch angeblich für die Menschen in der Schweiz gut sein soll, Netzsperren und damit Zensur einzuführen, nur um missliebige Online Casinos vom Markt fernzuhalten, erklärte sie ebenfalls. Zu ihren Argumenten für das neue Geldspielgesetz gehörten vor allem die Punkte Spielerschutz, Spielsucht, Einnahmen für das Allgemeinwohl und die Regulierung von Online Casinos und anderen Glücksspielen über das Internet. Ebenfalls wurden die Netzsperren verteidigt, da sie, so die Meinung von Sommaruga und des EJPD, den Spielerschutz und den Kampf gegen die Spielsucht stärken würden. So steht beispielsweise in der Pressemitteilung, dass es Aufgabe des neuen Geldspielgesetzes wäre, „den Zugang zu in der Schweiz nicht bewilligten Online-Spielen zu verhindern“. Warum dies so sein muss, erläutert der nächste Satz: „Denn Unternehmen, die solche nicht bewilligten Geldspiele über das Internet anbieten, zahlen nichts zugunsten des Gemeinwohls.“ Weiter wird ausgeführt: „Sie (gemeint sind Online Casinos, Anm. der Redaktion) müssen auch nichts tun, um Spielsucht, Betrug oder Geldwäscherei zu verhindern.“ Ebenso verwies die Pressemitteilung auf den Umstand, dass bereits in 17 Ländern in Europa ebenfalls Netzsperren im Bereich Glücksspiel eingesetzt werden.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga sprach sich schon zu Beginn der Debatte über das neuen Geldspielgesetz in der Schweiz für Netzsperren aus. Laut der Pressemitteilung des EJPD und ihrer Vorsteherin haben diese geplanten Zensurmaßnahmen keinerlei negative Auswirkungen auf die Informationsfreiheit. Wörtlich steht hier: „Durch die Zugangssperren werden niemandem Informationen vorenthalten, und es wird niemand daran gehindert, seine Meinung zu verbreiten. Die Meinungs- und Informationsfreiheit wird in keiner Weise eingeschränkt.“

Die Argumente der Gegenseite

Auf der Gegenseite bei den Kritikern des neuen Schweizer Geldspielgesetzes stehen vor allem Wirtschaftsverbände der digitalen Industrie, Online Casinos Betreiber und junge Politiker über Parteigrenzen hinweg. Dieses Konglomerat unter der Federführung von Andri Silberschmidt, dem Präsidenten der Jungfreisinnigen, konnte weit mehr als die benötigten 50.000 Unterschriften sammel, um das notwendige Referendum zu erzwingen. Unterstützt wurde diese Kampagne, laut den eigenen Aussagen von Silberschmidt, mit einem mittleren sechsstelligen Betrag, der unter anderem von bwin und Pokerstars aufgebracht wurde. In einigen Punkten sind die Gegner und Befürworter des neuen Gldspielgesetzes sogar einig, nämlich dass die Schweiz ein neues Regularium für Glücksspiele benötigt und für einen guten Spielerschutz sorgen muss. Allerdings gehen die Meinungen deutlich bei der Frage auseinander, wie diese Ziele erreicht und welche Maßnahmen dafür geeignet erscheinen. Die Kritiker legen dar, dass Netzsperren nicht im gesunden Verhältnis zwischen persönlicher Freiheit und dem Allgemeinwohl stehen und zudem mit wenigen Handgriffen zu umgehen sind. Ebenfalls zieht bei ihnen das Argument der Befürworter nicht, dass ausländische Online Casinos keine Abgaben für das Allgemeinwohl zahlen würden. Denn dieser Umstand ist ja nicht das Verschulden der Betreiber, sondern der Schweizer Politik. Schließlich hindert niemand sie daran im neuen Geldspielgesetz die ausländischen Anbieter mit den heimischen gleichzustellen. Eine Online Casinos Lizenz in der Schweiz könnte an diese Verpflichtung gebunden werden, ebenso das Zahlen von Steuern. Einen weiteren Punkt aus der Pressemitteilung des EJPD, nämlich das Online Casino Betreiber „nichts tun, um Spielsucht, Betrug oder Geldwäscherei zu verhindern“, ist in ihren Augen ebenso nicht haltbar. Denn der überwiegende Großteil der Online Casinos verfügt über eine Lizenz eines Mitgliedslandes der Europäischen Union und deshalb müssen sich sehr wohl an strenge Regeln halten. Der jedoch entscheidendste Kritikpunkt betrifft die Netzsperren, weil hiermit die berühmte Büchse der Pandora geöffnet wird. Es besteht die Gefahr, dass diese Form der Marktabschottung in Zukunft in anderen Wirtschaftsbereichen ebenfalls gefordert werden könnte und damit das freie Internet wegen partikularen Wirtschaftsinteressen zu Grabe getragen wird.

Gerade die Unterstützung der Kritiker vonseiten der Online Casino Betreiber bei der Unterschriftensammlung, führte dazu, dass die Befürworter hier Lobbyismus vorwarfen. Allerdings vergaßen sie dabei zu erwähnen, dass bereits das Glücksspielgesetz hauptsächlich durch die Lobbyarbeit der Schweizer Casinos entstand und diese extrem bevorteilt werden. So können nur Betreiber eine Online Casino Lizenz in der Schweiz erhalten, wenn sie zugleich über eine terrestrische Spielbank verfügen, was logischerweise alle ausländischen Anbieter ausschließt. Für Kritiker ist deshalb das neue Geldspielgesetz nichts anders als eine Marktbereinigung zu Gunsten der heimischen Casinos.

Am 10. Juni 2018 dürfen alle wahlberechtigten Schweizer Bürger über das geplante Geldspielgesetz und den darin enthaltenen Netzsperren in einem Referendum abstimmen. Sollten hierbei die Mehrheit mit Nein stimmen, müssten die Parlamente ein neues Gesetz ausarbeiten. Bei einem Ja hingegen würde das neue Geldspielgesetz angenommen und damit auch die Netzsperren.

Hier finden sie noch einmal die wichtigsten Argumente beider Seiten:

Pro Netzsperren

  • Digitale Vertriebskanäle wie Online Casinos werden erstmals reguliert und erlaubt.
  • Weiterhin werden große Beträge dem Allgemeinwohl bereitgestellt.
  • Lotterien werden erstmals verpflichtet ebenfalls Spielsüchtige zu sperren.
  • Kantone dürfen kleinere Pokerturniere außerhalb von Casinos veranstalten.
  • Bereits 17 andere europäische Ländern nutzen Netzsperren zum aussperren von nicht genehmigten Online Casinos.
  • Betrug und Manipulation in den Online Casinos wird begrenzt durch klare Regeln.
  • Roulette, BlackJack und Poker werden in Online Casinos erlaubt.
  • Lotteriegewinne bis 1 Million Franken sind steuerfrei.
  • Maßnahmen zur Bekämpfung der Manipulation von Sportwettkämpfen werden ergriffen. (Beitritt der Schweiz zur Magglinger Konvention)

Contra Netzsperren

  • Betreiber erhalten eine Online Casinos Lizenz nur, wenn sie ebenfalls über eine Spielbank in der Schweiz verfügen. (das Glücksspielgesetz von Ungarn ist in diesem Punkt ähnlich aufgebaut und wurde erst vor kurzem deshalb vom Europäischen Gerichtshof als EU-rechtswidrig eingestuft)
  • Zu erbringende Steuerzahlungen und Abgaben zum Allgemeinwohl durch ausländische Online Casino Anbieter könnten ebenfalls durch ein Gesetz gewährleistet werden.
  • Fast alle Länder, die per Netzsperren Online Casinos vom Markt fernhalten, besitzen ein faires Konzessionsverfahren, die staatliche, private, einheimische und ausländische Anbieter mit Sitz in der EU gleichstellen. Hierdurch werden vor allem Schwarze Schafe der Branche zum Schutz der Kunden geblockt. Das Glücksspielgesetz der Schweiz unterbindet jedoch einen fairen Wettbewerb und erlaubt nur Spielbanken ein Online Casino zu betreiben, welche ein physisches Casino bereits haben.
  • Die verallgemeinerte Aussage, dass Online Casinos generell sich nicht um Spielerschutz, Spielsucht und Geldwäsche zu kümmern haben, ist nicht haltbar. Ein Online Casino mit einer Lizenz eines Mitgliedslandes der EU muss sich sehr wohl an Regeln zu diesen drei Themengebieten halten. Denn die Länder wie Großbritannien oder Malta haben ebenfalls europäische Gesetze gegen Geldwäsche ratifiziert, welche die Regulierungsbehörden durchsetzen.
  • Mit der Einführung von Netzsperren könnten andere Wirtschaftszweige ebenfalls die gleichen Maßnahmen verlangen, um sich unliebsame Konkurrenz vom Hals zu halten.
  • Über Verträge mit der Europäischen Union ist die Schweiz ebenfalls an die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU gebunden. Kritiker sehen das Geldspielgesetz deshalb als EU-rechtswidrig an.

 

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