Mit der Einigung aller 16 Bundesländer auf den abschließenden Entwurf zum neuen Glücksspielgesetz ist der Weg freigemacht worden, dass zum 01. Juli 2021 deutsche Online Casinos endlich legal werden. Trotz dieser tollen Nachricht gibt es jedoch einen dicken Wermutstropfen. Laut dem neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021 werden die klassischen Tischspiele, hier als Casinospiele definiert, aus dem Angebot der Online Casinos gestrichen. Diese dürfen dann ab Sommer nächstes Jahr zwar virtuelle Automatenspiele, Sportwetten und Poker anbieten, Live Roulette, Live Blackjack oder Live Baccarat jedoch nicht mehr. Die deutschen Online Casinos verlieren somit ausgerechnet das Glücksspielgenre, welches seit einigen Jahren die größten Wachstumsraten erzielt. Ganz darauf verzichten müssen die deutschen Bürger zum Glück jedoch nicht, denn andere Anbieter dürfen die Casinospiele dann laut dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 sehr wohl unter das Volk bringen.
Casinospiele werden mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 Ländersache
Während eine neu zu schaffende Glücksspielaufsichtsbehörde mit Sitz in Sachsen-Anhalt in Zukunft bundesweit über virtuelle Automatenspiele, Sportwetten und Poker wachen soll, bleiben die klassischen Tischspiele weiterhin in der Hand der Länder. Laut dem letzten Entwurf, auf den sich alle 16 Bundesländer einigten, ist dies das einzige Genre im Internet, welches außer Lotto weiterhin dem Flickenteppich der unterschiedlichen Kompetenzen unterworfen wird. Dies bedeutet, dass ab Mitte nächstes Jahr jedes Bundesland selbst entscheidet, wer im eigenen Hoheitsgebiet Casinospiele wie Live Roulette laut dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 im Internet anbieten darf. Dies kann beispielsweise das Bundesland selbst über eine eigene Gesellschaft oder über eine Beteiligung an einer sein oder es vergibt Konzessionen. Hierbei dürfen jedoch die zu vergebenden Lizenzen nicht die erteilten Konzessionen an Spielbanken im betreffenden Bundesland übersteigen. Da bislang fast jedes Land nur eine Konzession für mehrere Standorte gleichzeitig vorsieht, dürfte es somit auf einen Monopolanbieter in vielen Bundesländern hinauslaufen.
Da sich die Lottogesellschaften schon frühzeitig bei der ganzen Diskussion um die Legalisierung der deutschen Online Casinos in Stellung gebracht hatten, ist wohl zu befürchten, dass diese in Zukunft hauptsächlich Casinospiele anbieten werden. Ermöglichen würde dies nämlich der Paragraf 22c Online Casinospiele, Absatz (1), Punkt 1 im Glücksspielstaatsvertrag 2021. Dort steht, dass die Länder dieses Glücksspielgenre durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts veranstalten dürfen. Ebenfalls möglich ist eine „privatrechtliche Gesellschaft, an der juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind.“ Für die Lottogesellschaften würde dies zutreffen. Allerdings besteht nun das Problem, dass die Lottogesellschaften über keinerlei Erfahrungen auf dem Gebiet der Online Casinos sowie bei den Live Casinospielen verfügen. Ebenso besitzen sie keine technische Infrastruktur, um ihren eigenen veranstalteten Tischspiele wie Live Roulette überhaupt ins Internet gestreamt zu bekommen.
Gerade der Punkt „Veranstalten“ lässt hierbei aufhorchen, denn im besagten Paragrafen ist nicht die Rede von Vermitteln wie beispielsweise bei den virtuellen Automatenspielen oder bei den Sportwetten. Der Anbieter von Live Roulette, Live Blackjack oder Live Baccarat müsste bei dieser Definition selbst die Casinospiele veranstalten. Eine Vermittlung, in dem Fall das Anbieten von Live Casinospielen von Evolution Gaming oder NetEnt aus deren Studios, wäre somit nicht erlaubt. Möglicherweise könnte jedoch hier über eine Zusammenarbeit zwischen Anbietern von Live Casinospielen und dem Halter der Konzessionen das Problem gelöst werden. Ebenso könnten wiederum die Länder selbst womöglich zusätzliche Regeln erlassen, die Kooperationen ermöglichen.
Neben der Möglichkeit als Bundesland selbst über eine Gesellschaft oder juristische Person des öffentlichen Rechts Casinosspiele selbst anzubieten, gibt es noch eine zweite Möglichkeit. Paragraf 22c, Absatz (1), Punkt 2 ermöglicht nämlich ebenso die Vergabe von Konzessionen an privatwirtschaftliche Glücksspielunternehmen. Deren maximale Anzahl darf jedoch die Zahl der Lizenzen für Spielbanken im betreffenden Land nicht überschreiten. Hier könnten beispielsweise Betreiber wie Gauselmann mit ihren Merkur Casinos zum Zuge kommen.
Im schlimmsten Fall hat jedes Bundesland andere Regeln
Dadurch, dass Casinospiele als einziges Genre neben Lotto mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021 unter die Oberhoheit der Länder gestellt werden sollen, droht ein ziemlicher Flickenteppich bei den Regularien. Denn neben den Vorgeben zu den Konzessionen und wer diese Glücksspiele veranstalten darf, gibt es kaum weitere Regularien, da ja die Bundesländer diese selbst ausgestalten dürfen. So kann sich nicht nur von Bundesland zu Bundesland das Angebot an Casinospielen wie Live Roulette deutlich unterschieden, auch die Mindesteinsätze und maximalen Gewinne können von einander abweichen. Noch verwirrender dürfte es für die Kunden werden, wenn sie erst einmal herausfinden müssen, welcher Anbieter überhaupt in welchem Bundesland die Konzession für das Internet besitzt. Bürger in Sachsen beispielsweise müssten sich für Casinospiele wie Live Roulette laut dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 bei einem anderen Anbieter anmelden, als Kunden in Bayern. Die freie Entscheidung nach dem persönlich besten Angebot wäre somit nicht mehr gegeben, sondern allein davon abhängig, wo der eigene Wohnort liegt.
Diese recht unfreie und auch unfaire Praxis für den Kunden könnte eventuell noch umgangen werden, sofern sich die 16 Bundesländer hier zusammenraufen könnten, denn es gibt noch eine Hintertür. Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 erlaubt beispielsweise bei den Casinospielen, dass einzelne Bundesländer sich zu einem gemeinsamen Markt zusammenschließen können. Hierbei wäre die maximale Anzahl an Lizenzen durch die bislang ausgehändigten Konzessionen für die Spielbanken alle Länder, die an einem gemeinsamen länderübergreifenden Markt beteiligt sind, begrenzt. Würden sich hier alle auf einen gemeinsamen Markt für die ganze Bundesrepublik einigen, gäbe es viele Anbieter, dadurch einen gesunden Wettbewerb und für die Kunden eine ausreichende Auswahl. Allerdings ist die Chance auf diese für die Kunden wohl beste Lösung eher gering einzuschätzen. Ein Blick in die Vergangenheit bei der Problematik über die Legalisierung der Online Casinos hat mehrfach gezeigt, dass fast immer die eigenen Interessen der Länder einer gemeinsamen Lösung oftmals im Wege stehen.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Casinospielen im Überblick:
- Was sind Casinospiele nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021?
Der neue Glücksspielstaatsvertrag 2021 definiert Casinospiele als Glücksspiele mit Bankhalter. Hierbei wird eine Partei, das Casino oder die Bank, durch die Spielregeln gegenüber den Kunden auf lange Sicht bevorteilt. Die bekanntesten Vertreter sind beispielsweise Roulette, Blackjack oder auch Baccarat, Sic Bo und Craps.
- Dürfen deutsche Online Casinos Live Casinospiele anbieten?
Ab Mitte 2021 dürfen deutsche Online Casinos keine klassischen Live Casinospiele wie Live Roulette mehr anbieten. Anbieter solcher Glücksspiele müssen zugleich Veranstalter sein und erhalten ihre Konzession vom jeweiligen Bundesland.
- Dürfen Anbieter von Live Casinospielen auch Spielautomaten im Internet anbieten?
Nein, denn beide Genre werden mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021 strikt voneinander getrennt. Für die virtuellen Automatenspiele gibt es bundesweite Lizenzen und für Live Roulette und andere klassische Tischspiele Konzessionen der Bundesländer.
- Kann ich Live Casinospiele in jedem Bundesland spielen?
Bundesbürger können nur bei den Anbietern spielen, die über eine Lizenz verfügen, in dem derjenige Kunde seinen Hauptwohnsitz hat. Ausgenommen sind hiervon Bundesländer, die sich dazu entschlossen haben, einen gemeinsamen Markt zu bilden. Hier kann dann der Kunden bei allen Anbietern spielen, die in diesem gemeinsamen Markt über eine Konzession verfügen.
- Gibt es bei den Live Casinospielen ebenfalls minimale und maximale Einsätze und Gewinne?
Diese wird es sicherlich geben, allerdings können die einzelnen Bundesländer unterschiedliche minimale und maximale Einsätze und Gewinne festlegen. Deshalb können sich die Regularien von Land zu Land unterscheiden.
- Gehört Poker zu den Casinospielen?
Die meisten Varianten beim Poker wie Texas Hold’em gehören nicht zu den Tischspielen mit Bankhalter, bei denen eine Partei nach den Regeln bevorteilt wird. Hier tritt der Anbieter eher als Veranstalter und Spielleiter auf und erhält für die Bereitstellung seiner Dienste meist die Antrittsgebühr durch die teilnehmenden Kunden.
- Wird es Poker in den deutschen Online Casinos geben?
Theoretisch dürfen alle Anbieter von virtuellen Automatenspielen oder von Sportwetten ebenso Poker im Internet anbieten. Hierbei müssen jedoch die unterschiedlichen Glücksspielgenres in Rubriken klar voneinander getrennt sein. Bekannte Anbieter von Poker wie beispielsweise Pokerstars oder PartyPoker dürfen ihren Kunden andersherum ebenfalls Spielautomaten oder Sportwetten anbieten.
Fazit: Momentan sieht es wohl stark danach aus, als ob die meisten Lottogesellschaften oder die bestehenden Konzessionäre für Spielbanken in den einzelnen Ländern zum Zuge kommen werden. Allerdings ist bereits jetzt davon auszugehen, dass diese Regelung über Casinospiele im Glücksspielstaatsvertrag 2021 vor Gericht landen dürfte. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, warum die Lizenzen für Live Roulette und andere Tischspiele im Internet zahlenmäßig begrenzt sein sollen. Konzessionen für virtuelle Automatenspiele werden beispielsweise nach qualitativen Kriterien an jeden vergeben, der diese erfüllt, obwohl von diesem Genre eine höhere Suchtgefahr ausgeht. Ziel der Politik scheint es wohl zu sein, das Monopol bei den terrestrischen Spielbanken so lange wie möglich aufrechterhalten zu wollen und deshalb die Regelungen für diese ins Internet zu übertragen.
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