Kritik am Glücksspielstaatsvertrag und dessen Vorschriften ist nichts Neues. Auch das die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) aufgrund von Verzögerungen bei der Lizenzierung von Online Casinos in Deutschland immer wieder in die Bredouille gerät, dürfte hinlänglich bekannt sein. In einem kostenpflichtigen virtuellen Seminar des Behörden Spiegel hat die Glücksspielaufsicht nunmehr ein umfassendes Update zu verschiedenen Themen wie der Einzelspielprüfung und Vollzugsinstrumenten wie dem IP-Blocking gegeben. Nach Ansicht von Referent Volker Tittel, zuständig für virtuelle
Automatenspiele, liegt der Hauptgrund für die verzögerte Vergabe von Online-
Glücksspiellizenzen sowie auch der oft kritisierten Angebotstiefe am aufwendigen
Prüfverfahren der Online-Spiele. Hierbei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, der durch die manuelle Arbeit anfällt sowie auch eine oft mangelhafte Vorbereitung seitens der Spielstudios, um Spielegenehmigungen erhalten zu können.
Warum werden Spielegenehmigungen manuell und nicht maschinell geprüft?
Diese offensichtlich brisante Frage, die hat virtuelle Automatenspiele Referent Volker Tittel auf der Behörden Spiegel Veranstaltung gut erklärt und viele offene Punkte mit einbezogen. Die händische Spieleprüfung verlangt der Glücksspielstaatsvertrag, der in seinem Regelwerk keinen Spielraum für die Erlaubniserteilung von erlaubnisfähigen Glücksspielangeboten vorsieht. Im Sinne von § 22a GlüStV 2021 gehört es zu den zugewiesenen Aufgaben der GGL eine manuelle Spieleprüfung von Einzelspielen vorzunehmen.
VVon den genannten Aspekten aber am wichtigsten erscheint im Vergleich zu anderen Glücksspielaufsichtsbehörden, dass es in Deutschland keinerlei Regulierungsgrundlage für den B2B-Bereich gibt. Das bedeutet, dass Entwicklungsstudios eine deutsche Lizenz halten und ihre Glücksspielangebote an B2C-Lizenzinhaber vermarkten können. Es gibt auch keine White List für zugelassene Echtgeldspiele. In der Folge sind alle Online Slots durch die GGL mehrfach zu prüfen. Denn: Jeder Glücksspielanbieter muss im Rahmen seines Genehmigungsverfahrens seine Einzelspiele testen lassen.
Hierbei spielt es keine Rolle, ob Book of Ra, Jokers Cap und Book of Dead schon in 10 Online Casinos zugelassen sind. Reicht ein antragstellendes Unternehmen seine Unterlagen ein, dann sind alle Spiele einzeln zu überprüfen, ungeachtet dessen, ob ein lizenziertes Online Casino dasselbe Spiel schon einmal bei der Behörde vorgestellt hat. Natürlich reichen nicht alle Glücksspielbetreiber dieselben Automatenspiele ein, aber ein großer Teil ist dennoch deckungsgleich. Ein Blick in die Angebote verdeutlicht, dass vor allem Greentube Novoline, Merkur Spiele, Gamomat, Pragmatic Play, Play´n GO und NetEnt am Markt weitverbreitet sind.
Volker Tittel erklärt unter anderem: „Paragraph 22a des neuen Glücksspielstaatsvertrags, der virtuelle Automatenspiele regelt, lässt keinen Interpretationsspielraum zu. Es ist die Pflicht der Behörde, jedes einzelne Spiel zu prüfen. Die Ermessensfrage spielt hierbei eine wichtige Rolle. Eine maschinelle Prüfung kann es nicht geben.“
Einzelne Spieleprüfungen verlangt der Staatsvertrag
Das zum Rahmenprogramm des Behördenspiegel-Seminars gehörende Feld der einzelnen Spielegenehmigungen hat sich im Zuge der Veranstaltung zu einem offenkundig bedeutungsvollen Thema entwickelt. AAbgesehen von bisher Betroffenen innerhalb der Branche von Online Casinos in Deutschland sind die zu Verzögerungen führenden Aspekte noch nicht so deutlich zum Ausdrucken gekommen. So erklärt Volker Tittel von der GGL beispielsweise, dass im Februar
2023 noch rund 3.000 Online-Spielautomaten zu testen und zu genehmigen oder abzulehnen sind.
Wer die Glücksspielindustrie im Internet verfolgt, weiß, dass praktisch täglich neue Slotspiele hinzukommen. Um attraktive Angebote für den deutschen Spieler im legalen Bereich schalten zu können, braucht es neben den Evergreens aus den Bally Wulff, Novoline und Merkur Casinos eine hohe Fluktuation an Neuheiten. Verglichen mit diesem Gesichtspunkt ist aber der Folgende noch schwerwiegender. Um ein Spiel prüfen zu können, veranschlagt die Glücksspielaufsichtsbehörde ungefähr eine halbe Stunde. Die Spieleprüfung muss schließlich als Online Casino Test nach den geltenden Vorschriften alle Bedingungen für erlaubnisfähiges Glücksspiel durchlaufen.
Gehen wir von einem 8-Stunden-Arbeitstag aus, dann würde die Vergabe allein der noch offenen einzelnen Spielegenehmigungen 250 Tage dauern. An dieser
Stelle ist anzumerken, dass auch das Regulierungsmodell bisher nur auf dem Reißbrett stattgefunden hat und die Praxis zeigen muss, ob es standhält.. Schlussendlich ist es erst durch die Legalisierung des Internet-Glücksspiels dazu gekommen, dass Online Casinos mit deutscher Lizenz und nicht zugelassene Anbieter eine echte Auseinandersetzung am Markt erleben. Zu den Themen Transformation des Schwarzmarktes und engmaschige Aufsicht hat der Behörden Spiegel im Artikel „Gemeinsam gegen illegales Glücksspiel“ informiert.
Volker Tittel nutze seinen Vortrag auch dazu, um auf das allgegenwertige Problem hinzuweisen, was mit einer langsamen Freigabe einzelner Online-Spiele einhergeht: „Je weniger Spiele dem legalen Markt zu Verfügung stehen, desto attraktiver ist der illegale.“
Mängel beseitigen und Lösungen finden
Für die Branchenvertreter der Glücksspielindustrie ist der verwaltungstechnische Ablauf für einzelne Spielegenehmigungen ein wesentlicher Knackpunkt, wenn es um die Erfüllung des Auftrags den Gaming-Markt zu kanalisieren geht. Es gibt nicht gerade wenige legale Spielotheken online in Deutschland, die weniger als 500 Slotspiele im Angebot haben. Damit wird es schwierig, gegen Online Casinos ohne deutsche Lizenz anzukommen, die teilweise mit Abertausenden Spielen aufwarten. Dennoch erkennt die deutsche Aufsichtsbehörde keinen Handlungsspielraum, da der Gesetzgeber diesen nicht hergibt. Vielmehr verdeutlicht der GGL-Referent, warum es immer wieder zu Ablehnungen einzelner Spiele kommt, wo doch eigentlich die Parameter bekannt sind.
Oft scheitert eine Bewilligung an Dingen, die nicht mehr als eine kleine Bagatelle darstellen, aber eine Genehmigung nicht erlauben. Aus seinen Ausführungen geht hervor, dass meist ungenaue Beschreibungen zu bemängeln sind. Es ist anzunehmen, dass vor allem viele Spielentwicklungsstudios den Prüfvorgang der Glücksspielaufsichtsbehörde unterschätzt haben. In dieser ausgeprägten Form hat Deutschland international Neuland betreten. Da deutsche Unternehmen der Glücksspielbranche teilweise in die Neuregulierung mit eingebunden waren oder zumindest Einblick hatten, haben diese schon jetzt einen Vorsprung im legalen Bereich.
Letztlich haben Branchenvertreter wie Merkur Gauselmann, Novomatic mit Greentube, Bally Wulff, Gamomat, Hölle Games und Apparat Gaming auch ein großes Interesse daran gehabt, des es legal Online Casino Anbieter gibt und entsprechend alle Maßnahmen ergriffen, um ihre Spiele gesetzeskonform zu gestalten, damit Betreiber diese schnell bewilligt bekommen. Mittlerweile hat die GGL aufbauend auf den ersten Erfahrungen eine Mängelliste an die erlaubten Veranstalter des virtuellen Automatenspiels sowie Antragstellern geschickt, um die Fehlerquote zu reduzieren, die letztlich ein wesentlicher Grund für Verzögerungen im Hinblick auf die Erteilung einer Erlaubnis darstellt.
Die GGL weist in ihrem Merkblatt für die Antragsstellung virtuelles Automatenspiel darauf hin, dass aufgrund des Umfangs der zu prüfenden Spiele nicht prognostiziert werden kann, ob zum Lizenzerhalt alle genehmigt sind. Um eine möglichst schnelle Erlaubniserteilung anbieten zu können, werden gruppenweise Spieleprüfungen vorgenommen, um längere Arbeitszeiten zu vermeiden. In der Folge launchen neue Online Casinos oft mit einer überschaubaren Auswahl ihr Angebot, welches später sukzessive erweitert wird. Könnte eine Abkehr vom manuellen Prüfverfahren von Einzelspielen helfen? Lesen Sie mehr zur Lizenzvergabe für Online-Glücksspielanbieter in Deutschland in diesem Artikel.
Volker Tittel, Referent für virtuelle Automatenspiele bei der GGL betonte: „Wir haben noch circa 3.000 Spiele zu testen. Pro Spiel dauert der Test circa eine halbe Stunde. Wir haben kein Interesse daran, Spiele abzulehnen. Aber unsere Entscheidungen sind vertretbar. Die Branche hat nicht mit diesen Defiziten bei den Spielen gerechnet. Die Spielestudios haben sich im Vorfeld wenig mit der Thematik befasst. Das Problem mit den Spielen ist allen bekannt, jetzt geht es darum, dafür Lösungen zu finden.“
Quelle: Games & Business Beitrag „GGL Baustelle Spieleprüfung“ vom 15.02.2023
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