
Erstmals sprechen sich mit Hessen und Sachsen gleich zwei Bundesländer für eine Duldung deutscher Online Casinos ähnlich wie bei den Sportwetten aus. (Bildquelle: pixabay by Wikilmages)
Rund 10 Jahren schienen in Deutschland die Bundesländer nur ein geringes Problem mit den Angeboten an Spielautomaten und Live Casino Spielen im Internet zu haben. Kaum ein Betreiber wurde verfolgt oder gar sanktioniert. Erst als immer deutlicher wurde, dass mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021 eine Legalisierung auch nach deutschem Recht erfolgen wird, entbrannte urplötzlich eine ungeheure Arbeitswut bei den Behörden. Vor allem das Innenministerium in Niedersachsen, welches den im Auftrag aller 16 Länder für den Zahlungsverkehr zuständig ist, sticht hier besonders hervor. Deren Unterlassungsverfügungen sowie der aufgebaute Druck führten bereits zum Rückzug von PayPal sowie Visa aus den Online Casinos als Zahlungsoptionen. Nachdem sich bereits zahlreiche Branchenverbände aus der Finanz sowie aus dem Bereich Glücksspiel äußerst kritisch zu diesem Gebaren geäußert hatten, erhalten diese nun Unterstützung von ungeahnter Seite. Einige Bundesländer plädieren nämlich nun für eine Duldung deutscher Online Casinos sowie aller unlizenzierten Anbieter bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags. Erbitterter Widerstand gegen diese Idee kommt, wie nicht anders zu erwarten, vor allem von den SPD-regierten Ländern, die bereits die Legalisierung der Online Casinos in der Vergangenheit ablehnten.
Was steckt hinter dem Druck auf die Finanzdienstleister
In fast genau einem Jahr sollen in Deutschland Online Casinos mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021 legalisiert werden. Diese dürfen dann beispielsweise virtuelle Automatenspiele im gesamten Bundesgebiet legal nach deutschem Recht anbieten, sofern sie über eine deutsche Online Casino Lizenz verfügen. Die immer beliebter werdenden Live Casino Spiele wie Live Roulette hingegen bleiben weiterhin unter der Kontrolle der jeweiligen Bundesländer und werden nicht wie jetzt in den typischen Online Casinos verfügbar sein. Dem Zeitdruck ist es wohl hierbei zu verdanken, der noch gültig Glücksspielstaatsvertrag läuft am 30. Juni 2021 aus, dass sich alle 16 Länder auf eine kommende Legalisierung einigen konnten oder vielleicht sogar mussten. Ohne ein neues Glücksspielgesetz, wäre Deutschland sonst zu einem völlig rechtsfreien Raum in Sachen Glücksspiel geworden. Nun jedoch steht im Raum, dass gerade die Bundesländer, die sich jahrelang gegen die Legalisierung der Online Casino in Deutschland gestellt hatten, nun durch zunehmenden Verfolgungsdruck die ganze Regulierung zu torpedieren versuchen. Dies lies beispielsweise der Vorstandsvorsitzende des DVTM in einem Artikel in der FAZ durchklingen. Renatus Zilles ist der Meinung, dass die Länder eigentlich nun dabei sein müssten, die Umsetzung des neuen Glücksspielstaatsvertrags 2021 vorzubereiten. In Wahrheit jedoch wird massiv gegen Zahlungsdienstleister sowie gegen TV-Sender vorgegangen, die Glücksspielwerbung von Online Casinos mit Lizenz aus Schleswig-Holstein ausstrahlen. Alles vor dem Hintergrund, dass die Angebote in einem Jahr sowieso legal werden sollen.
Für das Blockieren von Zahlungsströmen zwischen Online Casinos und Kunden ist in Deutschland das Innenministerium in Niedersachsen zuständig. Die dort ausgegebenen Unterlassungsverfügungen führten bereits zu einem Rückzug von PayPal sowie von Visa, die nun in fast allen virtuellen Spielhallen als Zahlungsoptionen für deutsche Kunden nicht mehr verfügbar sind. Nur wenn ein Buchmacher, wie beispielsweise Interwetten, sicherstellen kann, dass die eingezahlten Gelder über diese Dienste allein für die Sportwetten verwendet werden, ist eine Transaktion erlaubt. Obwohl laut noch gültigem Glücksspielstaatsvertrag Sportwetten wie auch Internetcasinos verboten sind, gibt es jedoch einen gravierenden Unterschied. Eine rechtliche Duldung deutscher Online Casinos gibt es im Gegensatz zu den Wetten auf Sportereignisse nämlich nicht. Dies liegt daran, dass der Europäische Gerichtshof in der Vergangenheit wegen eines Verfahrens gegen einen Buchmacher nur die Ausgestaltung der Sportwetten im noch gültigen Glücksspielstaatsvertrag für EU-rechtswidrig erklärte. Das Gericht kam damals zu der Einschätzung, dass der staatliche Buchmacher Oddset selbst durch seine massive Werbung gegen die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags verstößt, nämlich Kampf gegen die Spielsucht. Aus diesem Grund ist die Verwehrung des Marktzugangs für private Anbieter illegal. Die Bundesländer versuchten schließlich ihr Monopol weiterhin einigermaßen aufrecht zu erhalten, indem sie versuchten, die Anzahl der zu vergebenden Konzessionen für Sportwetten zu begrenzen. Auch dies wurde als EU-rechtswidrig von Europäischen Gerichtshof beurteilt und es folgte deshalb die Duldung aller Anbieter, die bis heute Bestand hat.
Dieser Sachverhalt zeigt, dass seit Beginn der Regulierung des Glücksspiels viele Bundesländer versuchen, ihr Monopol unbedingt zu beschützen, selbst wenn dieses gegen EU-Recht verstößt. Trotz der festgestellten EU-Rechtswidrigkeit bei den Sportwetten, gibt es bis heute keine Lizenzen für die privaten Unternehmen und diese müssen mit der Unsicherheit der Duldung leben. Die Intransparenz der Vergabe der für dieses Jahr angedachten Konzession für Sportwetten führte nun dazu, dass der ganze Vergabeprozess auf Eis liegt. Immer mehr Stimmen aus der Branche vermuten hier ein bewusstes Hinauszögern der Legalisierung oder gar ein Hintertreiben dieser.
Hessen und Sachsen wollen Duldung deutscher Online Casinos
Wie der NDR nun berichtet, gibt es erstmals Kritik an dem aufgebauten Druck auf die Betreiber und Finanzdienstleister vonseiten der deutschen Politik. Sowohl Hessen wie auch Sachsen haben sich nun für eine Duldung deutscher Online Casino sowie unlizenzierter virtueller Spielhallen bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags 2021 am 1. Juli 2021 ausgesprochen. Während Hessen bereits in der Vergangenheit klar auf der Seite der Legalisierung statt, sind diese Töne erstmals auch aus Sachsen zu vernehmen. Die Begründung für diesen Wunsch nach Duldung deutscher Online Casinos ist nachvollziehbar. Ihrer Meinung nach ergibt es gar keinen Sinn, jetzt gegen Glücksspielangebote im Internet vorzugehen, wenn diese in einem Jahr sowieso legalisiert werden. Die Gegenseite wiederum, bestehend aus sieben Bundesländern, will weiter massiv gegen Betreiber und Finanzdienstleister vorgehen und beruft sich auf den noch gültigen Glücksspielstaatsvertrag.
Dieser Verweis mag durchaus korrekt sein, auch wenn bis heute kein abschließendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs existiert, ob der Glücksspielstaatsvertrag auch bei den Online Casino EU-rechtswidrig ist. Allerdings müssen sich die sieben Bundesländer, darunter Niedersachsen, fragen, warum sie über 10 Jahre tatenlos zuschauten und erst jetzt einschreiten, als sich alle Länder auf die Legalisierung einigten. Nicht wenige vermuten hinter dem aufgebauten Druck eine Torpedierung, um es den privaten Betreibern beim Markteintritt so schwer wie möglich zu machen. Es überrascht wenig, dass es ausgerechnet die sieben Bundesländer sind, die sich gegen eine Duldung deutscher Online Casinos aussprechen, die zuvor auch gegen deren Legalisierung waren. Bis auf zwei Länder, das Saarland sowie Baden-Württemberg, sind dies alles SPD-regierte Staaten, nämlich Hamburg, Niedersachsen, Bremen sowie Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Hamburg fiel bereits in der Vergangenheit auf, als es die bundesweite Glücksspielwerbung der Online Casinos mit Lizenz aus Schleswig-Holstein kritisierte und sogar deren Glücksspielgesetz infrage stellte. Das Saarland wiederum untersagte sogar erst vor Kurzem die Ausstrahlung von Glücksspielwerbung von SH-Casinos im eigenen Land.
Während sich Hessen und Sachsen klar für eine Duldung deutscher Online Casinos aussprechen, sind Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Baden-Württemberg, Bremen und das Saarland dagegen. Die anderen sieben Länder haben sich bislang noch nicht öffentlich positioniert, es kann jedoch aufgrund der Vergangenheit spekuliert werden. NRW und Rheinland-Pfalz hatten sich zuvor für eine Legalisierung eingesetzt und könnten deshalb genau wie Schleswig-Holstein den Befürwortern einer Duldung deutscher Online Casino zugerechnet werden. Berlin und Thüringen hingegen dürften mit ihren linksgerichteten Regierungen eher der Gegenseite angehören. Bei Bayern und Sachsen-Anhalt hingegen ist aufgrund des Mangels an relevanten Positionen in der Vergangenheit eine Einschätzung kaum möglich.
Ein möglicher Kompromiss
Niedersachsen ist bekanntlich bundesweit für die Zahlungsblockaden zuständig und geht seit rund einem Jahr massiv gegen Finanzdienstleister vor, die mit Online Casinos zusammenarbeiten. Allerdings ist Niedersachsen im Auftrag der 16 Bundesländer tätig. In einem eskalierenden Streit um die Duldung deutscher Online Casinos könnten Sachsen und Hessen ihre Unterstützung für Niedersachsen entziehen, allerdings mit weitreichenden Konsequenzen. Genau wie bereits bei Glücksspielregulierung mit legalen Online Casinos nur in Schleswig-Holstein käme es dann sogar zu einer Zersplitterung des Rechts bei den Finanzdienstleistungen. Dürfte beispielsweise dann ein Bürger aus Hessen im Nachbarland Rheinland-Pfalz Geld auf sein Spielerkonto in einem Online Casino transferieren oder ein Bürger aus Berlin dies in Hessen? Wer soll das nachprüfen und falls dies tatsächlich gelänge, ist dies dann überhaupt mit dem Datenschutz vereinbar? Schon jetzt befinden sich die Finanzdienstleister in einer Zwickmühle, die einem unauflösbaren Gordischen Knoten erinnert. Für die Finanzunternehmen ist kaum nachvollziehbar, ob eine Einzahlung bei einem Betreiber beispielsweise für geduldete Sportwetten oder für nach deutschem recht illegale Online Casinos verwendet wird. Wie soll dies dann funktionieren, wenn in einigen Bundesländern Automatenspiele im Internet geduldet werden und in anderen nicht? Nur wenn alle 16 Bundesländer einer Duldung deutscher Online Casinos zustimmen würden, gäbe es rechtlich Klarheit für Kunden, Betreiber sowie Finanzdienstleister. Doch wie könnte diese überhaupt aussehen?
Es gäbe durchaus eine elegante Möglichkeit der Duldung deutscher Online Casinos, die zugleich einen Großteil der rechtlichen Probleme und Grauzonen abschaffen könnte. Eine bundesweite Duldung sollte nicht nur die deutschen Online Casinos mit Lizenz aus Schleswig-Holstein umfassen, sondern alle virtuelle Spielhallen mit einer Konzession für grenzüberschreitendes Angebot an Glücksspielen aus einem Mitgliedsland der Europäischen Union. Hierbei kommen nur die Lizenzen aus Malta sowie die kaum genutzte aus Zypern infrage. Gibraltar fällt wegen dem Brexit weg, genauso wie die Konzessionen aus Alderney sowie der Isle of Men, da diese als Kronbesitztümer kein Bestandteil der EU sind. Diese Regelung würde einen Großteil sämtlicher Probleme ausräumen, die durch den Konflikt zwischen nationalem Recht und der EU-Dienstleistungsfreiheit entstehen. Zugleich würde der sogenannte Graue Markt schon vor Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags verschwinden und einen reibungslosen Übergang ermöglichen. Virtuelle Spielhallen mit beispielsweise Lizenzen aus Curacao, die über keine EU-Konzessionen verfügen, blieben weiterhin illegal, da diese weder durch nationales, noch EU-Recht legalisiert sind. Der Gordische Knoten wäre dadurch endlich zerschlagen.
Leider ist kaum davon auszugehen, dass die sieben Bundesländer sich einer Duldung deutscher Online Casinos anschließen werden. Denn hierbei geht es weniger darum, eine saubere Rechtsgrundlage für alle Beteiligten zu schaffen, sondern das lukrative Monopol beim Glücksspiel so lange wie möglich weiter auszukosten. Vor allem die Lottogesellschaften der Länder bieten Personen mit dem richtigen Parteibuch üppig dotierte Posten, auf die einige Parteien anscheinend nur ungern verzichten wollen. Von den Steuern und Abgaben für die Landessäckel ganz zu Schweigen.






























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