Die Zeit der Spekulationen darüber, wann die Übergangsregeln für die Online Casinos und Buchmacher in Deutschland gelten werden und was denn tatsächlich von den Anbietern verlangt wird, haben ein Ende. Seit dem 1. Oktober sind sowohl der Umlaufbeschluss der 16 Bundesländer zur Duldung deutscher Online Casinos sowie die Leitlinien auf der Internetseite des Innenministeriums in Hessen online. Gerade Letztere wurden mit Spannung erwartet, denn schließlich steht hier genau drin, was sich für die Kunden und Betreiber alles ändern wird. Obwohl der Deutsche Sportwettenverband sowohl die Übergangsregelung für die deutschen Online Casinos begrüßt sowie gegen die Forderungen in den aufgestellten Leitlinien kaum etwas einzuwenden hat, kritisiert der DSWV vor allem den kurzen Zeitrahmen. Bis zum 15. Oktober, also in gut zwei Wochen, sollen die Glücksspielunternehmen nämlich bereits große Teile der Anforderungen aus dem kommenden Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag technisch umsetzen. Diesen extrem kurzen Zeitrahmen bis zum Inkrafttreten der Übergangsregeln kritisiert der DSWV mehr als deutlich und hält dies für kaum umsetzbar und womöglich ist dieser Nachteil für die Unternehmen politisch gewollt.
DSWV vermutet, dass der kurze Zeitrahmen bis zu den Übergangsregeln es den Firmen schwer machen soll
Trotz zuvor vieler positiver Aussagen verlor Matthias Dahms, der Präsident des DSWV und CEO von Merkur Sports & Gaming, ebenso kritische Worte über die geplante Übergangsregelung für deutsche Online Casinos. Vor allem den kurzen Zeitrahmen von nur rund zwei Wochen bis zur Implementierung zahlreicher Anforderungen zum Spielerschutz, die in den Übergangsregeln vorgeschrieben sind, kritisiert der Präsident des DSWV. Zugleich mutmaßte er, dass diese kurze Frist bis zum Stichtag 15. Oktober wohl von den Bundesländern gewollt zu sein scheint, die bislang als Gegner einer nationalen Legalisierung der Online Casinos auftraten. Mit gerade einmal zwei Wochen Zeit für die Umsetzung, seit die Anforderungen überhaupt veröffentlicht wurden, soll es denn Glücksspielanbietern wohl extrem schwer gemacht werden, überhaupt die gesetzlichen Anforderungen erfüllen zu können. Immerhin hängt von der Einhaltung dieser sogenannten Leitlinien die zukünftige Geschäftstätigkeit in Deutschland ab. Wer ab dem 15. Oktober nämlich diese neuen Regeln aus dem kommenden Glücksspielgesetz nicht schon umsetzt, wird als unzuverlässig eingestuft. Dies bedeutet, dass dann bei der offiziellen Vergabe der Online Casino Lizenzen und Sportwettenkonzessionen diese Unternehmen im nächsten Jahr leer ausgeht. Wer somit die Anforderungen aus den Übergangsregeln in dem kurzen Zeitrahmen nicht umsetzen kann, der dürfte dann auch als Mitglied des DSWV nur noch die Möglichkeit haben, das Online Casino abzuschalten. Erst wenn alle Forderungen erfüllt werden können, was Wochen dauern kann, wäre es möglich, Spielautomaten und Poker wieder anzubieten, um nicht Gefahr zu laufen, in Deutschland für immer ohne Lizenz dazustehen.
Die allgemeinen Anforderungen ab dem 15. Oktober 2020:
- Der Sitz des Anbieters muss in einem Mitgliedsland der EU oder des EWR liegen
- Das gesamte Angebot an Glücksspielen muss in deutscher Sprache angeboten werden
- Der Anbieter muss über ein zuverlässiges System verfügen, um Minderjährigen den Zugang zu Glücksspielen zu verwehren
- Der Betreiber muss über ein eigenes Sperrsystem verfügen
- Für die Einrichtung eines Spielkontos muss der Kunde Vorname, Nachname, Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnsitz angeben, die vom Betreiber mit geeigneten Mitteln zu überprüfen sind
- Keine Demo-Spiele ohne eigenes Spielkonto nutzbar
- Ein- und Auszahlungen zwischen Spielerkonto und anderen Kontos wie von einer Bank oder einem eWallet sind nur dann erlaubt, wenn diese dem betreffenden Kunden gehören
- Kundenkonten müssen vom Anbieter strikt von eigenen Geschäftskonten getrennt werden
- Informationen über Gewinne, Verluste und Einsätze in den letzten 30 Tagen müssen dem Kunden immer vor Beginn eines Spiels angezeigt werden und dieser muss diese bestätigen
- Auf Wunsch des Kunden muss der Online Casino Betreiber oder Buchmacher diesem eine Aufstellung über Gewinne, Verluste und Einsätze der letzten 12 Monate gewähren
- Das Einzahlungslimit beträgt pro Domain (Online Casino oder Buchmacher) 1.000 Euro monatlich
- Der Betreiber muss dem Kunden die Erstellung von täglichen, wöchentlichen oder Monatlichen Limits für Einsätze, Verluste oder Einzahlungen ermöglichen
- Bei jedem virtuellen Spielautomaten, einer Sportwette oder einem Pokerspiel muss ein Panikknopf vorhanden sein, dessen Betätigung zu einer sofortigen Sperre von 24 Stunden führt
- Es dürfen keine Darlehn gewährt oder vermittelt werden
- Bei einem Wechsel der Spielform, zum Beispiel von Sportwetten zu virtuellen Spielautomaten beim gleichen Anbieter, tritt eine Sperrfrist von einer Minute für den Kunden in Kraft
- Unterschiedliche Glücksspielgenre müssen beim gleichen Anbieter grafisch als eigene Rubrik ausgewiesen sein
- Anbieter müssen über ein Früherkennungssystem von Spielsucht verfügen
Wer ist eigentlich für Unklarheiten zuständig?
Bei dieser recht langen Liste an Regeln, die im kurzen Zeitrahmen bis zum 15. Oktober allgemein von Buchmachern und Online Casino Betreibern in Deutschland umgesetzt werden sollen, ist es nachvollziehbar, dass der DSWV diesen heftig kritisiert. Zumal die Leitlinien auch nicht mit großem Getöse veröffentlicht wurden, sondern mehr oder weniger still und heimlich auf der Internetseite des Innenministeriums von Hessen. Zusätzlich ist die Liste der allgemeinen Anforderungen nur ein Bruchteil, denn es gibt ebenso noch besondere Regeln für das virtuelle Automatenspiel sowie für Poker. Eine Vielzahl der Glücksspielbetreiber dürfte wahrscheinlich noch nicht einmal wissen, dass am Stichtag 15. Oktober trotz vieler Bedenken festgehalten wurde. Mathias Dahms, der Präsident des DSWV, kritisierte deshalb den kurzen Zeitrahmen mit den Worten: „Eine nur zweiwöchige Implementierungsfrist von komplexen IT-Projekten ist ein Ding der Unmöglichkeit. Unter normalen Bedingungen benötigt so ein Prozess einen Zeitrahmen von mehreren Monaten. Jeder, der sich mit der Materie beschäftigt, weiß das. In einigen Bundesländern scheint der Frust über die Neuregulierung des Glücksspielwesens jedoch grenzenlos zu sein. Den privaten Glücksspielanbietern soll es scheinbar möglichst schwer gemacht werden, staatliche Vorgaben zu erfüllen und Lizenzen zu erhalten. Deswegen wurden auch die Entscheidung über Tolerierungskriterien so lange hinausgezögert.” Diese Kritik ist nicht von der Hand zu weisen und wirft kein allzu gutes Licht auf die Vorgänge rund um die Duldung der Online Casinos in Deutschland. Zuerst ging über viele Jahre gar nichts voran und nun wird plötzlich alles in Windeseile durchgepeitscht, ohne die Glücksspielunternehmen mit ins Boot zu nehmen.
Die zusätzlichen besonderen Anforderungen ab dem 15. Oktober:
- Kein automatisches Spiel bei den Spielautomaten, da jeder Spin vom Kunden ausgelöst werden muss
- Keine progressiven Jackpots wie beispielsweise bei Mega Moolah erlaubt
- Das gleichzeitige Bespielen mehrere Slots beim gleichen Anbieter ist verboten
- Anbieter von virtuellen Automatenspiele und Poker dürfen die Begriffe Casino und Casinosspiele nicht mehr verwenden
- Nach jeder Stunde Spielzeit an Spielautomaten folgt der sogenannte Reality Check mit einer Sperrfrist von 5 Minuten, der vom Kunden bestätigt werden muss
- Die Wahrscheinlichkeit des Höchstgewinns sowie der durchschnittlichen Auszahlungsquote muss für den Kunden sichtbar sein
- Beim Pokerspiel hat die Zuweisung des Kunden an einen Tisch zufällig zu erfolgen
- Maximal darf ein Kunde an bis zu vier Tischen gleichzeitig Poker spielen
- Es sind nur Pokervarianten ohne Bankhalter erlaubt, bei denen die Teilnehmer aus natürlichen Personen bestehen (Texas Hold`em, Omaha, Stud, Razz, 5 Card Draw, HORSE und 8-Game Mix)
- Der Kunde darf sich den Tisch nicht selbst aussuchen
Der Mindesteinsatz von einem Euro an den Slots kommt erst im Dezember
Obwohl der DSWV den kurzen Zeitrahmen für die Implementierung all der vielfältigen neuen Regeln in den Online Casinos heftig kritisiert, ist der Grundtenor zur Duldung jedoch positiv. Viel zu lange war die gesamte Branche in Deutschland in der Grauzone zwischen nationalem Recht und EU-Gesetzen gefangen und seit Jahren ging es keinen Schritt bei der Vergabe von Lizenzen voran. Nun bleibt zu hoffen, dass der neue Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag nicht ebenfalls wieder vor Gerichten zerpflückt wird, wobei die Chancen hierauf allerdings recht gering erscheinen. Wirklich mit Spielschutz kann beispielsweise nicht begründet werden, warum Online Casinos keine Live Casino Spiele anbieten dürfen und deren Betreiberzahl pro Bundesland begrenzt werden soll. Ebenfalls könnte der vom DSWV kritisierte kurze Zeitrahmen Grund für Klagen von Anbietern werden, die ihre zukünftigen Lizenzen in Gefahr sehen, weil die Anforderungen in nur zwei Wochen nicht geleistet werden können. Immerhin gaben die Bundesländer den Firmen in zwei wichtigen Punkten beim virtuellen Automatenspiel bis zum 15. Dezember etwas mehr Zeit für Änderungen. Dies betrifft zum einen den maximalen Einsatz pro Spin von einem Euro und zum anderen, dass eine Dreh immer mindestens 5 Sekunden dauern muss. Hier brauchen die Entwickler definitiv mehr Zeit, denn schließlich müssen die mathematischen Modelle über Auszahlungsquoten angepasst werden, die ja auf völlig anderen Grundannahmen bislang beruhten.
Zusätzlich kritisiert Mathias Dahms vom DSWV am kurzen Zeitrahmen bis zum Inkrafttreten der Übergangsregeln, dass womöglich viele Anbieter für eine gewisse Zeit ihre Online Casinos abschalten müssen. Hierzu erklärte er: “Die Öffnung der Online-Glücksspielmärkte ist politisch beschlossene Sache und wir begrüßen dies ausdrücklich. Da ist es konsequent, den Übergang in die neue Regulierung 2021 möglichst reibungslos zu gestalten. Dem Spielerschutz wäre ein Bärendienst erwiesen, wenn sichere Angebote vorübergehend abschalten müssten, nur um in wenigen Monaten wieder hochzufahren. Die Abwanderung der bestehenden Kunden in den Schwarzmarkt würde den Start in einen regulierten Markt unnötig erschweren.”
Hier finden Sie die Leitlinien für die Betreiber als PDF!
Hier finden Sie den letzten Umlaufbeschluss der Bundesländer als PDF vom 8. September!
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