Aristocrat, der mögliche neue Besitzer von Playtech, trotzte mit seiner Bilanz für das Jahr 2021 eindrucksvoll der weltweiten Coronakrise. (Bildquelle: aristocrat.com)
Seit einigen Wochen gilt der Spielautomatenhersteller Aristocrat aus Australien als heißester Kandidat für den Erwerb von Playtech und deshalb werden wir uns erstmals deren Bilanz für 2021 etwas genauer anschauen. Da die Australier ihr Geschäftsjahr traditionell im Oktober beginnen und im nachfolgenden September beenden, handelt es sich bereits um die komplette Bilanz de Glücksspielkonzerns aus Down Under. Gleich vorweg kann schon preisgegeben werden, dass der Glücksspielkonzern die weltweiten Einbrüche wegen Corona deutlich besser weggesteckt hat als viele seine Konkurrenten in Europa.
Aristocrat Bilanz 2021 strotzt vor Kraft
Während die großen Konkurrenten wie Novomatic oder Merkur Gauselmann auch in diesem Jahr vor allem in der ersten Hälfte unter den Coronamaßnahmen in Europa zu leiden hatten, liest sich die Aristocrat Bilanz 2021 hervorragend. Vor allem die schnellere Erholung der US-Wirtschaft, die lange gut funktionierende Eindämmung der Seuche in Australien und Neuseeland sowie das brummende Online-Geschäft mit Computerspielen sorgten für ordentliches Wachstum in einer Krisenzeit. Unterm Strich sorgte die gute Entwicklung für einen Zuwachs beim Umsatz von rund 14,4 Prozent von zuvor noch 4,139 Milliarden Australischen Dollar auf nun 4,737 Milliarden Australische Dollar. Damit dürfte die Bilanz für 2021 von Aristocrat deutlich besser abschneiden als von Konkurrent Novomatic. Die Österreicher konnten bislang in der ersten Jahreshälfte nur rund 629 Millionen Euro umsetzen, während die Australier für 12 Monate umgerechnet bei etwas über 3 Milliarden Euro lagen. Beim EBITDA sieht die Diskrepanz zwischen dem australischen Spielautomatenhersteller und seinem europäischen Konkurrenten sogar noch verheerender aus. Während Novomatic in den ersten sechs Monaten auf rund 163 Millionen Euro kam, schaffte der Glücksspielkonzern aus Down Under in der doppelten Zeit 1,543 Milliarden Australische Dollar, umgerechnet fast eine Milliarde Euro. Zudem verbesserte sich das EBITDA von Aristocrat laut der Bilanz für 2021 um rund 43 Prozent von zuvor noch 1,079 Milliarden Australischen Dollar. Beim Gewinn nach Steuern gab es jedoch einige Sondereffekte zu verbuchen, weshalb dieser gegenüber dem Vorjahr um 40,5 Prozent von ehemals 1,378 Milliarden Australischen Dollar auf jetzt nur noch 820 Millionen Australische Dollar abrutschte.
Mitte Oktober unterbreitete Aristocrat dem bekannten Spielautomatenhersteller Playtech ein offizielles Übernahmeangebot. Je nachdem, ob die Schulden von Playtech mit einberechnet werden oder nicht, liegt der Wert der Offerte zwischen 2,7 und 3,2 Milliarden Euro. Sofern nicht noch ein anderes Unternehmen wie beispielsweise JKO Play Limited in ein Wettbieten einsteigt, könnte die Übernahme bereits Mitte 2022 abgeschlossen werden.
Europas gescheiterte Coronapolitik zeigt sich in den Zahlen
Wie bereits erwähnt profitierte Aristocrat die letzten 12 Monate vor allem von deutlich geringeren Restriktionen gegen Corona, wie die Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr 2021 eindrucksvoll beweist. Von vormals rund 935 Millionen Australischen Dollar konnte der Umsatz in Amerika um unglaubliche 46,1 Prozent auf nun 1,365 Milliarden Australische Dollar gesteigert werden. Vor allem die USA entpuppte sich hier als der große Wachstumsmotor. Doch nicht nur die kürzeren Lockdowns und weniger restriktiveren Maßnahmen beflügelten den Umsatz, denn auch die neuen Geldspielgeräte kamen bei den Endverbrauchern hervorragend an. Laut der Bilanz für 2021 konnte Aristocrat die Zahl der aufgestellten Spielautomaten der Klasse 3 in Nordamerika um 14 Prozent steigern und die der Klasse 2 um rund 4 Prozent. Ein Zeichen, dass die Australier von der Erholung des Glücksspielmarktes in den USA und Kanada überproportional profitierten. Eine weitere positive Entwicklung war der durchschnittliche tägliche Verdienst, den die Automatenspiele generierten. Dieser konnte dank neuer aufregender Titel in der Klasse 3 um 45 Prozent und bei der Klasse 2 um 12 Prozent gesteigert werden. Dies zeigt, dass es Aristocrat mit den neuen Slots hervorragend gelang, die Kunden deutlich länger und öfter an ihren Geräten zu unterhalten.
Ebenfalls hervorragend liefen in 2021 laut der nun veröffentlichten Bilanz die Geschäfte im heimischen Australien und benachbarten Neuseeland für Aristocrat. Hier ging es um starke 42,6 Prozent beim Umsatz gegenüber dem Vorjahr nach oben. Gegenüber noch 281 Millionen Australischen Dollar bedeutete dies einen Zuwachs auf nun 400 Millionen Australische Dollar. Hier verhalfen zahlreiche Sonderangebote zu guten Verkaufszahlen, die die leicht gesunkenen Verkaufspreise der Geräte mehr als gut kompensierten. International, hier vor allem der Rest von Asien und Europa, lief hingegen als einzige Sparte überhaupt nicht gut, was vor allem an den immer wiederkehrenden Lockdowns in Europa lag. Die Umsätze stürzten mit Minus 64,5 Prozent förmlich ab und so lag diese gerade einmal in den letzten 12 Monaten bei 46,7 Millionen Australischen Dollar. Ein zuvor, als ebenfalls bereits Lockdowns Europa lahmlegten, betrug der Umsatz immerhin noch rund 131,4 Millionen Australische Dollar. Dieser Negativtrend dürfe auch die nächsten Monate anhalten, immerhin stehen zahlreiche europäische Länder schon wieder kurz vor neuen Verschärfungen und in Asien setzt die Wiedereröffnung nur sehr langsam und begrenzt ein.
Wie gewaltig mittlerweile die Dominanz von Aristocrat vor allem in Amerika und hier im Speziellen in den USA ist, zeigt ein kleiner Fakt, den die Australier in ihrer Bilanz für 2021 veröffentlichten. Laut einer externen Datenerhebung waren im Durchschnitt 17 Slots der Australier im Zeitraum zwischen Oktober 2020 und Ende September 2021 in den TOP25.
Warum Playtech perfekt ins Portfolio der Australier passt
Während in Europa Aristocrat Spielautomaten noch nicht besonders häufig in den Online Casinos anzutreffen sind, sind die Slots der Australier in den Social Casinos vor allem in den USA ein echter Hit. 907 Millionen Australische Dollar konnte der Glücksspielkonzern zwischen Anfang Oktober 2020 und Ende September dieses Jahres in diesem Bereich umsetzen. Dies war rund 11 Prozent mehr als noch die 815 Millionen Australischen Dollar aus dem Vorjahr. Über die Jahre hat sich dieses Segment über die Tochter Big Fish Games zur wahren Goldgrube für das Unternehmen entwickelt. Social Casinos ohne Gewinne in Form von Echtgeld sind jedoch nicht das einzige sehr gut laufende Zugpferd der Digitalabteilung von Aristocrat, wie die Bilanz für 2021 verrät. Mit einem Plus in Höhe von 18 Prozent konnte auch die Sparte der sogenannten Casual Games, der Gelegenheitsspiele, kräftig zulegen. Vor allem das 3-Match-Spiel EverMerge entpuppte sich als echter Hit und sorgte für einen Anstieg von zuvor 258 Millionen Australischen Dollar auf jetzt bereits fast 305 Millionen Australische Dollar. Aristocrat hat jedoch mittlerweile nicht nur den Markt für Videospiele für Gelegenheitsspieler entdeckt, sondern ebenso erfolgreich den Markteintritt in der Königsklasse für die Hardcoregamer abgeschlossen. Der RPG-Titel RAID: Shadow Legends entwickelt sich immer mehr zur absoluten Cashcow und sorgte dafür, dass sich die Umsätze dieser Sparte in nur zwei Jahren mehr als verdoppelten. Gegenüber dem Vorjahr zogen die Umsätze im Segment RPG und Action Games von ehemals 539 Millionen Australischen Dollar um starke 17 Prozent auf nun bereits 633 Millionen Australische Dollar an. Im nächsten Jahr dürften die Umsätze aus den Computerspielen noch einmal deutlich zulegen, denn mit Mech Arena: Robot Showdown haben die Australier bereits den nächsten potenziellen Hit für PC und Mobile Geräte in den Startlöchern.
Bei näherer Betrachtung der gesamten Digital-Abteilung von Aristocrat in der Bilanz für 2021 wird schnell ersichtlich, warum die Australier so stark an einer Übernahme von Playtech interessiert sind. Der Löwenanteil aus dem digitalen Geschäft mit 1,845 Milliarden Australischen Dollar Umsatz stammt aus dem Bereich Social Casino sowie aus der Entwicklung und dem Vertrieb von Computerspielen über die Plattform Plarium Play. Im Bereich Online Casinos spielt Aristocrat hingegen weder im rasant wachsenden Markt in den USA noch im alten Europa eine wichtige Rolle. Hier dominieren mit Playtech, Play’n GO, NetEnt oder Novoline und Merkur hauptsächlich europäische Marken und Unternehmen. Ein weiteres, ebenfalls vor allem in den USA rasant wachsendes Geschäftsfeld ist ebenso in der Bilanz für 2021 bei Aristocrat nicht zu entdecken, nämlich die Sportwetten. Genau hier kommt die geplante Übernahme von Playtech ins Spiel, mit der der Glücksspielkonzern aus Down Under sämtliche Lücken im eigenen Portfolio schließen könnte. Playtech besitzt sowohl die erstklassigen Technologien für den Betrieb von Buchmachern wie auch für Online Casinos, was für Aristocrat den Sprung in den digitalen Markt in Amerika ermöglichen würde. Zugleich würde der Glücksspielkonzern eine Vielzahl an Geschäftsbeziehungen mit Kunden in ganz Europa übernehmen und könnte die eigenen Aristocrat Spielautomaten zusätzlich in viele europäische virtuelle Spielhallen bringen. Des Weiteren betreibt Playtech selbst eigene Online Casinos und Sportwettenplattformen wie HappyBet oder Snaitech. Ein weiteres Standbein, von dem Aristocrat sowohl als Lieferant für die Technologie und deren Inhalten wie auch selbst als Betreiber profitieren könnte.
Sofern die Übernahme von Playtech erfolgreich abgeschlossen werden kann, wird Aristocrat zu einem der größten Glücksspielkonzerne werden, der auch im Online-Geschäft in Zukunft eine ähnliche Rolle spielen wird wie im terrestrischen Sektor. Mit der einen Milliarde Euro an Umsatz, die Playtech ungefähr beisteuern dürfte, werden die Australier dann locker die Schwelle von 4 Milliarden Euro an Umsatz im Jahr überspringen.
Hier finden Sie die vollständige Bilanz für 2021 von Aristocrat als PDF zum Download!
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