Rückerstattung von Verlusten in Online Casinos

Ein neues Urteil des OLG München schiebt der seit rund einem Jahr gängigen Praxis der Rückerstattung von Verlusten in Online Casinos nun einen Riegel vor. (Bild von Ryan McGuire auf Pixabay)

Seit einigen Monaten machte sich in Deutschland so etwas wie eine Goldgräberstimmung breit. Mehrere Urteile vor deutschen Gerichten sorgten dafür, dass Kunden in vielen Online Casinos plötzlich von ihrem Kreditinstitut oder anderweitigen Zahlungsdienstleister die eigenen Verluste in den Online Casinos zurückfordern konnten. Die plötzlich aufgetauchte Möglichkeit Gewinne einbehalten zu können und gleichzeitig jedoch eine Rückerstattung der Verluste zu erhalten, ließen bereits viele Spieler vom risikolosen Glücksspiel träumen. Dieser merkwürdigen Rechtsprechung, eigene Verluste zu sozialisieren, hat jedoch nun das OLG München vorerst einen Riegel vorgeschoben. Kunden in den Online Casinos können sich ab jetzt nicht mehr so einfach auf das Argument mit dem „illegalen Glücksspiel“ zur eigenen Risikominderung zurückziehen.

Über ein Jahr lief das fragwürdige Geschäftsmodell mit der Rückerstattung von Verlusten in Echtgeld Casinos

Zu den Grundregeln eines jedes Glücksspiels, ob nun Echtgeld Spielautomaten, Roulette oder Lotto, gehört es, dass sowohl Gewinne wie auch Verluste für den teilnehmenden Kunden entstehen können. Ebenfalls ist es beim Glücksspiel der Zufall, der darüber entscheidet, ob ein Spieler seinen Einsatz verliert oder ein Mehrfaches des selbigen für seine Risikobereitschaft zurückerhält. Genau diese Grundsätze jedoch versuchen seit gut einem Jahr diverse Kunden in den Online Casinos und findige Rechtsanwälte auszuhebeln. Mit der Argumentation, dass der Spieler an einem in Deutschland illegalen Glücksspiel teilgenommen hätte, wurde die Rückerstattung der eigenen Verluste eingefordert. Allerdings wurden die verlorenen Gelder nicht vom betreffenden Anbieter des Echtgeld Casinos verlangt, sondern von der Bank, dem Internetzahlungsdienstleister oder der Kreditkartenfirma des Spielers. Immer lautete dabei der Vorwurf, dass das betreffende Institut doch hätte merken und prüfen müssen, dass oder ob es sich hierbei um Zahlungen für das illegale Glücksspiel gehandelt hat. Mehrere Gerichte folgten dieser Argumentation und verdonnerten Banken und Zahlungsdienstleister zur Rückerstattung der Verluste von Spielern in Echtgeld Casinos. Als Begründung hielt hier immer die Gesetzeslage aus dem Glücksspielstaatsvertrag her, dies es Zahlungsdienstleistern untersagt, ihren Service für illegales Glücksspiel anzubieten.

Wie immer in Fällen, bei denen Gerichturteile das schnelle Geld versprechen, dauerte es nicht lange bis zahlreiche Kanzleien anfingen, unzählige Portale im Internet einzurichten. Hier wurde und wird noch immer versprochen das Geld der Spieler, also ihre Verluste zurückzuholen. Natürlich gegen eine saftige Provision von der möglichen Rückerstattung. Vieles erinnert hier an die Abmahnwellen wegen Uhrheberrechtsverletzungen oder minimalen Verstößen gegen das Impressum auf einer Internetseite. Über ein Jahr fast konnten sich dabei die Rechtsanwälte und Spieler mit ihren Verlusten in den Echtgeld Casinos auf das Urteil des Amtsgerichts München (Az. 158 C 19107/17) vom 21. Februar 2018 stützen. Hierbei weigerte sich ein Spieler, der zuvor Geld in einem Echtgeld Casino via Kreditkarte eingezahlt hatte, die anschließende Forderung der Bank zu erfüllen. Das Amtsgericht München urteilte hier, dass der Kreditkartenfirma hätte klar sein müssen, dass es sich bei dieser Transaktion um eine Teilnahme am illegalen Glücksspiel handle. Sie hätte dies am MCC, den Merchant Category Code, erkennen können, der den Empfänger des Geldes klar als Glücksspielanbieter ausgewiesen hat. Durch diese Beurteilung des Sachverhalts erstritt nicht nur der Spieler die Rückerstattung seines Verlustes, sondern ebenso wurde eine regelrechte Lawine in Rollen gebracht.

Jeder Branche und jedem Unternehmen ist bei Kreditkartenzahlungen ein sogenannter Merchant Category Code zugeordnet. Sämtliche Glücksspielanbieter haben ebenfalls einen ganz bestimmten MCC, der jedem Kreditkartenunternehmen klar signalisiert, zu welcher Branche dieser zugeordnet ist. Allerdings lässt sich hierüber eben nicht erkennen, ob das betreffende Unternehmen nun legale oder illegale Glücksspiele anbietet.

OLG München schiebt der gängingen Praxis einen Riegel vor

Die Begründung des AG München aus dem Urteil (Az. 158 C 19107/17) lies gleich mehrere wichtige Punkte völlig außer Acht und sie wirkte schon damals völlig an der Realität vorbei. Natürlich dürfen nach deutscher Rechtssprechung durch den Glücksspielstaatsvertrag Banken, Kreditkartenunternehmen und andere Institute keine Gelder für illegales Glücksspiel transferieren. Allerdings wie soll, und dies ist der Haken, der betreffende Zahlungsdienstleister überhaupt erkennen, ob mit dem Geld tatsächlich illegales Glücksspiel betrieben wurde. Dies ist nämlich nahezu unmöglich, wie auch nun das OLG München befand. Zum einen gibt es sehr wohl legales Glücksspiel in Deutschland und hier sogar legale Echtgeld Casinos. In Schleswig-Holstein waren zum Zeitpunkt der Klage und bei Erstellung des Urteils des AG München Echtgeld Casinos erlaubt. Zum anderen ist der deutsche Glücksspielstaatsvertrag in Teilen EU-rechtswidrig und selbst das Lotteriemonopol kam durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Hessen (Az. 8 B 2744/16) unter Druck.  Wie soll bei so einer verfahrenen Gesetzeslage aus Grauzonen zwischen EU-Recht und nationalem Recht das betreffende Institut erkennen, ob hier tatsächlich die Gelder aus der Transaktion für illegales Glücksspiel verwendet worden oder nicht?

Des Weiteren kann der Bank oder dem Kreditkartenunternehmen nicht einmal klar sein, wo sich der Kunde des Online Casinos während seiner Spielesession gerade befunden hat. Auch dies ist nämlich wichtig bei der Beurteilung. Hat dieser womöglich aus dem Ausland gespielt oder gar in Schleswig-Holstein als Bürger dieses Bundeslandes, dann war dies mitnichten illegales Glücksspiel. Noch verworrener wird es beim Thema Sportwetten. Diese sind deutschlandweit geduldet und für ein Kreditinstitut ist es unmöglich herauszufinden ob bei der vom Kunden selbst angewiesenen Transaktion das Geld nun für Wetten oder für Roulette und Echtgeld Automatenspiele ausgegeben worden. Aus diesem Grund bemerkte auch das OLG München, dass das Amtsgericht bei seinem Urteil nicht generell von illegalem Glücksspiel sprechen kann. Denn es gibt ebenso zahlreiche, legale Angebot in Schleswig-Holstein oder bei Sportwetten in ganz Deutschland. Anhand des MCC,  der nur aussagt, dass es sich um einen Glücksspielanbieter handelt, ist für das Institut eine mögliche Illegalität nicht zu erkennen. Ebenfalls ist es unmöglich herauszufinden, ob der Kunden mit seinem Geld nun womöglich illegale Spielautomaten gespielt hat oder nicht. Bereits am 28. Februar 2018 hatte die nächsthöhere Instanz, das Landgericht München im Urteil (27 O 11716/17) sich gegensätzlich geäußert und die Form der Rückerstattungen in Online Casinos zu kassieren versucht. Allerdings dauerte es nun bis zum 6. Februar 2019, bis das OLG München den Rechtstreit abschließend klärte. Mit dem Urteil (19 U 793/18) sind Kreditkartenfirmen nicht dazu verpflichtet, Gelder zurückzuerstatten. Neben den bereits erwähnten Gründen spielte ebenfalls eine Rolle, dass der Spieler in der gesamten Zeit, bis der Betrag durch das Kreditkartenunternehmen in Rechnung gestellt wurde, keine Angaben über illegales Glücksspiel gegenüber dem Institut tätigte.

Ebenfalls machte das OLG noch einmal klar, dass die Glücksspielaufsichten der Länder dafür zuständig sind, gegen illegales Glücksspiel vorzugehen und nicht die Kreditinstitute. Ebenso dürfen Verluste in Echtgeld Casinos nicht über den Umweg Banken sozialisiert werden. Der Kunde hat sich vielmehr zuvor selbst darüber zu informieren, ob er an einem womöglich illegalen Glücksspiel teilnimmt oder nicht. Er kann diese Verantwortung nicht zulasten des Instituts abschieben. Das jetzt erst veröffentlichte Urteil des OLG München ist rechtskräftig und es wurden keine Mittel der Berufung zugelassen. Deshalb dürfte das nun erfolgte Urteil erheblichen Einfluss auf weitere Streitfälle bei gleicher Sachlage besitzen.

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