Spielautomaten in GroßbritannienAls Supergau wird normalerweise der größtmögliche, ernstzunehmende Unfall in einem Atomkraftwerk bezeichnet, doch wird dieser Begriff mittlerweile ebenso als geflügeltes Wort in anderen zusammenhängen gern verwendet. Und in Großbritannien ist genau solch ein Supergau nun für die dort ansässige Glücksspielindustrie eingetreten, vor dem sich so ziemlich alle großen Unternehmen von Ladbrokes Coral bis William Hill so gefürchtet hatten. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat beschlossen, den maximalen Einsatz an den sogenannten FOBT’s von 100 Pfund auf nur noch 2 Pfund zu begrenzen. Diese Entscheidung dürfte wohl den ein oder anderen Buchmacher und Anbieter von Online Casino Spielen massiv in Bedrängnis bringen und die gesamte Glücksspielandschaft auf der Insel und in Europa nachhaltig verändern.

Was genau sind FOBT’s in Großbritannien? Die sogenannten FOBT’S in Großbritannien, die Fixed Odds Beting Terminals, sind eine Mischung aus Spielautomat, Wettterminal und automatischem Roulette. Auf diesen Maschinen können Kunden auf festgelegte Ergebnisse beim Sport oder beispielsweise auf eine Royale Hochzeit genauso wetten, wie Slots spielen oder beim Roulette Einsätze tätigen. Gerade ersteres und letzteres sind bei den Briten besonders beliebt. Im Gesetz ist geregelt, dass diese FOBT’s je nach Glücksspiel einen RTG, die Ausschüttung zurück an die Kunden, von 90 bis 97 Prozent besitzen müssen. In ganz Großbritannien stehen hiervon mehr als 30.000 Geräte, die pro Jahr mehr als 50.000 Pfund pro Spielautomat einnehmen.

Die liberale Haltung in Sachen Glücksspiel ist in Großbritannien endgültig vorbei

Die politische Haltung gegenüber dem Glücksspiel wird in Europa zunehmend feindlicher, anders lässt es sich kaum noch ausdrücken. In Deutschland sorgen die neuen Abstandsgesetze für massive Schließungen bei Glücksspieltempeln, in deren Folge tausende Menschen ihren Job verlieren. In Österreich und in der Schweiz liegen Pläne vor, in Zukunft ausländischen Online Casinos, trotz Lizenzen eines Mitgliedslandes der EU, per Netzsperren aus dem Markt zu werfen. Und jetzt geht auch noch Großbritannien massiv gegen die heimische Glücksspielindustrie vor und will die Maximaleinsätze an den FOBT’s auf nur noch 2 Pfund begrenzen.

Vor über einem Jahr kündigte bereits die Regierung in Großbritannien an, diese Form der Spielautomaten in den Wettbüros genauer unter die Lupe nehmen zu wollen. Und das Ergebnis war in den Augen der Verantwortlichen verehrend. Matt Hancock, der Staatssekretär des Ministeriums Digital, Kultur, Medien und Sport bezeichnete diese Form von Spielautomaten, bei denen Briten vor allem auf schnelle Runden beim Roulette setzen, als „Soziale Fäule“. Er teilte zu den Gründen für diesen massiven Schritt gegen die FOBT’s mit: “Diese Maschinen sind eine soziale Schande und beuten einige der am meisten gefährdeten Menschen in der Gesellschaft aus. Wir sind entschlossen, sie aufzuhalten und eine gerechtere Gesellschaft für alle aufzubauen.” Unterstützung erhielt er ebenfalls von seiner Kollegin, der Sportministerin Tracey Crouch, die die Überprüfung geleitet hatte. Sie äußerte sich darüber, dass die Regierung besonders besorgt über die “konstant hohe Rate von Problemspielern unter den Zockern an diesen Spielautomaten sei”. Unterfüttert wurde dies mit Zahlen der UKGC, der Glücksspielaufsicht des Landes. Sie kam 2016 zum Ergebnis, dass rund 14 Prozent der Kunden an diesen Geldspielgeräten Spielsüchtige sein. Zudem verloren durch die hohen Maximaleinsätze von bisher 100 Pfund pro Runde oder Wette mit fester Quote einzelne Spieler gewaltige Summen in kürzester Zeit. Hier ist die Rede von 233.000 mal 1.000 Pfund in nur 10 Monaten oder ein Spieler der in nur 7 Stunden fast 14.000 Pfund verlor. Mit der massiven Reduzierung des maximalen Einsatz auf 2 Pfund soll diesem Problem vonseiten der Regierung nun Einhalt geboten werden. Allerdings wird hierfür ein neues Gesetzt benötigt und diesem muss zudem noch vom Parlament bestätigt werden müssen. Dies dürfte im nächsten Jahr soweit sein und ein Zustimmung gilt schon jetzt als sicher.

Einige Buchmacher in Großbritannien sprechen vom Supergau, andere von Chancen

Seit der Ankündigung der Regierung in Großbritannien, die maximalen Einsätze bei den FOBT’s unter die Lupe zu nehmen, war klar, dass diese deutlich gesenkt werden würden. Die Glücksspielindustrie plädierte hier auf 50 Pfund, die Gegner auf 2 Pfund und diese setzen sich schließlich mit ihrer Forderung auch durch. Diese Konflikt war der Hauptgrund für die große Welle an Firmenübernahmen und Fusionen in den letzten Monaten, um durch Kostensenkungen die abzusehenden Verluste zu kompensieren. Jetzt, nachdem klar ist, dass für die meisten Firmen der Supergau eingetreten ist, zeigt sich, dass die Buchmacher auf diesen Schritt recht unterschiedlich reagieren.

Beispielsweise zeigte sich GVC, die gerade erst die Übernahme von Ladbrokes Coral auf den Weg gebracht haben, nicht gerade erfreut über diese Senkung. Das Unternehmen, welches bei uns vor allen durch den CasinoClub und bwin bekannt ist, rechnet mit Verlusten von bis zu 160 Millionen Pfund pro Jahr. Zudem zielte ja gerade die Übernahme von Ladbrokes Coral mit deren tausenden Wettshops darauf ab, hier ein neues Standbein, fernab der Online Casino aufzubauen. Zwar hatte sich GVC vertraglich festhalten lassen, bei einer Senkung auf 2 Pfund nur 3,1 Milliarden Pfund für den Übernahmekandidaten hinzublättern, anstatt 3,9 Milliarden Pfund, doch dürfte dies nur ein schwacher Trost sein. Bei William Hill sieht es ähnlich aus. Auch hier war wenig Begeisterung über die Entscheidung der Regierung zu verspüren. Philip Bowcock, der CEO von William Hill, erklärte: „Die Regierung hat uns heute vor eine große Herausforderung gestellt. Es wird einige Zeit dauern, bis die volle Wirkung auf unser Geschäft, auf die breitere Öffentlichkeit und die wichtigen Partner wie Pferderennen deutlich wird. Wir werden unser Einzelhandelsgeschäft weiter entwickeln, um uns an diesen Wandel anzupassen, und wir werden unsere Kollegen so gut wie möglich dabei unterstützen.” Ebenfalls wenig positives war vonseiten des Verbandes der britischen Buchmacher zu hören und dieser erwartet, dass im Zuge der Veränderung rund 4.000 Wettshops geschlossen werden. Damit würden im Schlepptau ebenso bis zu 21.000 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Doch abseits aller negativen Aussagen, zeigte sich mit Paddy Power Betfair, ebenfalls ein Anbieter von Online Casinos und Sportwetten, dass einige Unternehmen hierin auch neue Chancen sehen. So teilte die Firma mit, dass gerade die FOBT’s in ihren Augen für einen gewaltigen Imageschaden bei den britischen Buchmachern gesorgt hätten. Vielmehr müsse die Glücksspielindustrie der Insel nun endlich wieder zurück zu ihren Wurzeln kehren, zu einer gesunden Beziehung zu Pferde- und Windhunderennen.

Obwohl es sich augenscheinlich bei der Reduzierung der maximalen Einsätze an FOBT’s vordergründig um ein rein britisches Problem zu handeln scheint, wird dies ebenfalls Auswirkungen auf die Online Casinos haben. Denn es wurde ebenfalls angekündigt, die zu erwartenden Steuerverluste durch den geringeren Umsatz über die virtuellen Spielhallen hereinzuholen. Hierfür soll der Steuersatz von jetzt 15 Prozent auf möglicherweise bis zu 25 Prozent angehoben werden. Außerdem will die UKGC den Spielerschutz weiter verstärken und noch rigoroser gegen Fehlverhalten vorgehen.

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