Kurz vor der kommenden Europawahl erschüttert der Strache-Skandal die österreichische Politik und das ganze Land. Bislang unbekannte Personen hatten dem noch amtierenden Vizekanzler in 2017 vor der anstehenden Nationalratswahl eine ausgeklügelte Falle gestellt, in die dieser Freudetrunken hineingetappt ist. In dem durch die SZ und den Spiegel veröffentlichten Video ist Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus zu sehen, wie sie einer vermeintlichen, russischen Oligarchin diverse Gegenleistungen für ihr Geld anbieten. Durch die darin getätigten Aussagen des Chefs der FPÖ sind zudem auch der Glücksspielkonzern Novomatic sowie bekannte Personen aus der Wirtschaft wie Rene Benko in den Sumpf gezogen worden. Dabei deutete Heinz-Christian Strache im geheim aufgenommen Video gegenüber der vermeintlichen Russin an, dass der Hersteller der Novoline Spielautomaten „ alle Parteien“ finanzieren würde. Kurz nach den veröffentlichten Auszügen aus dem mehrere Stunden andauernden Video dementiert Pressesprecher Bernhard Krumpel entschieden die Aussagen von Strache. Laut ihm hat Novomatic im besagten Zeitraum weder Spenden an Parteien noch an irgendwelche Vereine, die mit diesen verbunden sind, getätigt.
Novomatic und sämtliche genannten Personen dementieren Zahlungen an die FPÖ
Extrem viel Zündstoff befindet sich veröffentlichten Video im Strache-Skandal. Einer der wichtigsten Punkte ist hierbei die womöglich angebotene Umgehung der üblichen Spendenpraxis für Parteien in Österreich. Ähnlich wie in Deutschland müssen auch in der Alpenrepublik ab einer bestimmten Summe, sämtliche Namen der Spender veröffentlicht werden. Dies geschieht in Österreich über den Rechnungshof. Strache offerierte hier der angeblichen Russin die Möglichkeit, Gelder an einen gemeinnützigen Verein zu spenden, der von drei Rechtsanwälten geführt wird, zu spenden. Dadurch würde der Rechnungshof umgangen. Brisanterweise nannte er dabei einige Namen von Personen und Firmen, die bereits diese Form der möglicherweise illegalen Parteienfinanzierung der FPÖ betreiben würden. Der Novoline Spielautomatenhersteller Novomatic würde alle Parteien finanzieren. Rene Benko wiederum ebenfalls die FPÖ über den Umweg des gemeinnützigen Vereins. Ob es sich hierbei um ein Angebot einer tatsächlich illegalen Handlung handelt, dürften in nächster Zeit wohl Staatsanwaltschaft und Justizbehörden untersuchen. Interessanterweise haben bislang alle Personen und Firmen, die von Strache im Video als Beispiele für die vermeintliche Russin aufgezählt wurden, umgehend ihre Verwicklung mit der FPÖ dementiert. Auch hier dürfte wohl erst die Staatsanwaltschaft Licht ins Dunkel bringen.
Für Novomatic ist die Nennung durch Strache wieder ein schwerer Schlag. Erst vor Kurzem konnte der Glücksspielkonzern endlich die Causa um Westenthaler abschliessen, bei der ebenfalls schwere Korruptionsvorwürfe und illegale Parteienspenden im Raum standen. In dem vorangegangen Fall konnte Novomatic nichts nachgewiesen werden, doch dürften nun neuerliche Behauptungen den Konzern wieder in einem schlechten Licht dastehen lassen.
Heinz-Christian Strache offerierte eine ganze Handvoll Gegenleistungen
Wer bereit ist, einer Partei eine ordentliche Summe Geld zukommen zu lassen, erwartet nicht selten hierfür eine Gegenleistung. Im Strache-Skandal offeriete der noch amtierende Vizekanzler von Österreich gleich eine ganze Reihe davon, die ihn nicht gerade in einem positiven Licht erstrahlen lassen. Zuvor jedoch zeigte sich Strache noch äußerst angetan von der Idee der vermeintlichen Russin, dass diese doch Interesse hätte die Krone Zeitung zu übernehmen. Bei dieser Idee sprudelte es nur so bei geselliger Trinkrunde aus dem Vizekanzler heraus. Der FPÖ zuträgliche Journalisten könnten gepusht und kritische wiederum entfernt werden. Mit dieser Strategie, kurz vor der Nationalratswahl in 2017, malte sich Strache noch bessere Ergebnisse aus. Im Gegenzug hierfür und für die großzügige Spende erklärte er, wie er sich bei einer Regierungsbeteiligung erkenntlich zeigen könne. So sprach sich dieser über eine mögliche Zerschlagung des österreichischen Glücksspielmonopols aus. Dies wäre zulasten der CASAG gegangen, die sowohl ein Monopol beim Lotto wie auch bei den Casinos im Land besitzt. Zum damaligen Zeitpunkt wäre so eine Umstrukturierung des Glücksspielmarkts in Österreich sicherlich auch im Interesse von Novomatic gewesen.
Beim Glücksspiel jedoch sollte es nicht allein bleiben, denn Strache fielen in der geselligen Runde noch mehrere weitere potenzielle Gegenleistungen ein. So offerierte er der vermeintlichen Russin, sie könne doch ein Bauunternehmen gründen. In der Regierung sitzend wäre es für Strache in Leichtes, sie dann mit lukrativen Staatsaufträgen zu versorgen. In den sauren Apfel hätte allerdings bei diesem Coup die Strabag beißen müssen, die Strache am liebsten in Zukunft bei Aufträgen des Landes dann nicht mehr berücksichtigen wölle. Hierzu bleibt festzuhalten, dass diese Idee vor allem gegen Hans Peter Haselsteiner gerichtet war. Dem politischen Konkurrenten der Liberalen wollte er wohl so auf dem Weg des Geldbeutels eins auswischen. Eine andere Idee von Strache war ein möglicher Einstieg in die Wasserversorgung, die in seinen Augen ebenfalls äußerst lukrativ hätte ausfallen können.
All diese Vorschläge, auch wenn es sich hierbei um eine feuchtfröhlich Runde gehandelt hat, zeugen davon, dass Strache wohl durchaus dazu bereit war, Vorteile für die FPÖ und sich selbst mehr oder weniger zu erkaufen. Der normale Bürger darf sich hier durchaus die Frage stellen, ob diese Gebaren hinter verschlossen Türen nur als Einzelfall darstellt oder vielmehr dies zum guten Ton in der Politik gehört und nur sehr selten dieses an Licht kommt.
Von Rücktritt bis Neuwahlen ist in Österreich alles möglich
Durch die extrem belastenden Aussagen von Strache im heimlich gefilmten Video, lies natürlich die Reaktion der Opposition in Österreich nicht lange auf sich warten. Pamela Rendi-Wagner, Chefin der SPÖ, forderte sogleich den Rücktritt des Vizekanzlers. Zugleich warf sie dem Politiker der FPÖ vor, dass der Gang in das demokratische System ihm wohl eher als Kleptokratie dienen solle. In das gleich Horn und sogar noch deutlich weiter ging der Politiker der Grünen, Werner Kogler. Er forderte nicht nur den umgehenden Rücktritt von Vizekanzler Strache, sondern legte Kanzler Kurz nahe, das Regierungsbündnis mit der FPÖ zu beenden. Die NEOS wiederum folgten den Grünen und sprachen sich ebenso für sofortige Neuwahlen aus, während die Liste JETZT wohl anscheinend mit einem Rücktritt von Strache zufrieden wären.
Egal wie auch immer die anstehende Entscheidung ausfallen wird, für Samstag sind gleich mehrere Pressekonferenzen der FPÖ und ÖVP geplant, der Imageschaden für beide Parteien ist schon jetzt gewaltig. Während sich Kanzler Kurz die Frage gefallen lassen muss, welche Verbündeten er sich für die Ministerposten ins Boot geholt hat, könnte die FPÖ wiederum in ihrem seit Jahren anhaltenden Höhenflug gestoppt werden. Gerade aufstrebenden Parteien von Rechts, die gern die Altparteien wegen ihren Seilschaften angreifen, sind in den Augen der Wähler besonders anfällig, wenn hier die gleichen Mechanismen zutage treten. Der gewaltige Imageschaden ist nun in der gesamten österreichischen Politik angekommen und sowohl in der ÖVP wie auch der FPÖ dürfte Strache und Gudenus nicht mehr zu halten sein. Ob jedoch Kanzler Kurz die gesamte Regierung infrage stellen wird, ist eher ungewiss. Zu stark würde dieser Strache-Skandal sich negativ auf eine kommende Neuwahl auswirken und eine Wiederwahl von Kurz nahezu unmöglich erscheinen lassen.
Immer wiederkehrende Skandale in der österreichsichen Politik sind keine Seltenheit. Dabei gehts es regelmäßig um Vorwürfe der Vorteilsnahme sowie Korruption und geheime Videos spielen dabei nicht selten die Hauptrolle. Erinnert sei hier an den und Ex-Minister Strasser von der ÖVP, der ebenfalls von Lockvögeln in die Falle gelockt wurde. Doch auch in Deutschland sind solche Fälle nicht unbekannt. Bis heute sind die Namen der Spender der CDU weder durch Helmut Kohl noch durch Wolfgang Schäuble jemals bekannt gegeben worden. Roland Schill wiederum, der damals noch aufstrebende Rechtspolitiker in Hamburg, stolperte ebenfalls über ein Video, bei der bei einer ausufernden Koksparty zu sehen war.
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