Ab dem 1. Juli 2021, wenn der neue Glücksspielstaatsvertrag offiziell Inkrafttreten soll, wird es in Deutschland eine weltweit einmalige Situation gegen. Klassische Online Casinos dürfen dann nämlich nicht mehr die Wörter Casino oder Casinospiele benutzen, da, so die absurde Logik der deutschen Politik, diese sich allein auf die klassischen Tischspiele beziehen würden. Warum aber Spielbanken weiterhin Automatenspiele in ihren Hallen anbieten können, obwohl sie ja Casinos sind und virtuelle Spielhallen im Internet nur Slots anbieten, aber nicht Online Casino heißen dürfen, bleibt ein Geheimnis. Schon lange wurde spekuliert, dass mit diesem Namensschutz und der Trennung von Automatenspielen und Live Casino in der Bundesrepublik vor allem die Spielbanken einen Vorteil erhalten sollen. Diese befinden sich ja zum großen Teil im Besitz der Bundesländer und diese profitieren von deren Einnahmen. Dass nun die Spielbanken in Baden-Württemberg mit der Idee liebäugeln, in Zukunft eigene Online Casinos zu betreiben, scheint dies zu bestätigen.
Mit eigenen Online Casinos wollen die Spielbanken in Baden-Württemberg Einnahmen steigern
Wenn es um Online Casinos, die großen Konkurrenten der Spielbanken geht, werden immer wieder drei Argumente aus dem terrestrischen Glücksspielsektor ins Feld geführt. Der Spielerschutz ist deutlich höher, die Spielbanken kanalisieren den Spieltrieb der Bevölkerung ins legale Angebot und die bösen privaten Betreiber der virtuellen Spielhallen würden zu Lasten der Allgemeinheit die Einnahmen der Bundesländer schmälern. Geld, welches dann weniger in den Sport oder die Kultur investiert werden kann. Eine Untermauerung mit Fakten wird allerdings in allen drei Bereichen tunlichst vermieden. Nachdem nun jedoch Thomas Schindler, der Direktor vom Casino Baden-Baden, öffentlich über einen Einstieg ins Internet fabulierte, lohnt es sich etwas genau auf die Argumente einzugehen. Gegenüber der Zeitung „Badische Neuste Nachrichten“ hält Schindler laut kommenden Glücksspielstaatsvertrag es ebenfalls für die Aufgabe der Baden-Württembergische Spielbanken GmbH, auch im Internet den Spieltrieb der Bevölkerung ins legale Spiel zu kanalisieren. Hierfür wären eigene Online Casinos in Baden-Württemberg, die Live Roulette, Live Blackjack und andere Tischspiele anbieten, hervorragend geeignet. Illegale Anbieter würden diesen Auftrag mit ihren Angeboten im Internet immer wieder torpedieren und der Schwarzmarkt hätte mittlerweile ein Volumen von rund 3 Milliarden Euro.
Was hierbei wieder einmal unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass bis heute keine Einigung darüber besteht, ob private Betreiber von Online Casinos mit einer Lizenz aus Malta ihre Produkte legal in Deutschland anbieten dürfen oder nicht. Aus diesem Grund werden sämtliche virtuelle Spielhallen mit Lizenz aus einem Mitgliedsland der EU dem Grauen Markt zugeordnet. Den Schwarzmarkt wiederum bilden Anbieter ohne eine solche Lizenz, die beispielsweise nur über eine Konzession aus Curacao verfügen. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, warum private Anbieter nicht den gleichen oder gar besseren Spielschutz leisten können als die etablierten Spielbanken. Zum einen gibt es sehr wohl schon jetzt strenge Auflagen für Online Casinos mit Lizenz aus Malta oder Großbritannien. Zum anderen handelt es sich beim überwiegenden Teil der Betreiber um börsennotierte Unternehmen, die ständig sämtliche Vorgänge offenlegen müssen. Die Kindred Group, der Besitzer von Unibet, hat sogar als erster Glücksspielkonzern überhaupt offengelegt, wie hoch der Anteil der Einnahmen von Kunden ist, die über ein problematisches Spielverhalten verfügen. Ein Grad an Transparenz, von dem selbst die Baden-Württembergische Spielbanken GmbH noch meilenweit entfernt ist.
Dass private Anbieter zwangsläufig einen schlechteren Spielerschutz bieten als staatliche Betreiber, ist weder aus Studien noch aus anderweitigen Untersuchungen belegbar. Würde dies zutreffen, gäbe es keine privaten Spielbanken in Deutschland, wie sie beispielsweise von Gauselmann in Sachsen-Anhalt oder von der CASAG aus Österreich in Niedersachsen betrieben werden. Beide Konzerne besitzen zudem eigene Online Casinos. Das Argument der Spielbanken in Baden-Württemberg, deshalb selbst der beste Kandidat für zukünftige Online Casinos für Live Dealer Games sein zu wollen, klingt deshalb überzeugend.
Noch 2019 gab es ein Rekordjahr
Von den drei Lieblingsargumenten gegen die ungeliebte private Konkurrenz und den Plänen zu eigenen Online Casinos verzichtet Thomas Schindler von den Spielbanken in Baden-Württemberg zum Glück auf Letzteres. Tatsche ist, dass in 2020 die Bruttospielerträge extrem eingebrochen sind und aufgrund der Pandemie viele Kunden wegen geschlossenen Casinos und Spielhallen ins Internet abgewandert sind. Dies stellt jedoch eine einmalige Sondersituation dar und keinen Trend, wie in der Vergangenheit oftmals von anderen Spielbanken behauptet wurde. Vielmehr waren hier vor allem hausgemachte Probleme für den Rückgang der Besucher und der Einnahmen in den letzten Jahren verantwortlich. Altbackenes Angebot, Vorschriften zu Kleidung der Kundschaft und verkrustete Managementstrukturen setzen den etablierten Glücksspieltempeln deutlich stärker zu als die Konkurrenz im Internet. Die Baden-Württembergische Spielbanken GmbH ist hierfür auch ohne eigene Online Casinos ein positives Beispiel und hatte dank zahlreicher Maßnahmen wie mehr Entertainment in 2019 sogar ein Rekordergebnis vorzuweisen. Gegenüber 2018 stieg noch vor Corona der Bruttospielertrag des Unternehmens von 90,2 Millionen Euro um starke 19 Prozent auf 107,2 Millionen Euro. Hierbei konnten sowohl Baden-Baden wie auch Stuttgart und Konstanz hohe Zuwächse vermelden. Gegenüber 2015 mit noch 78,3 Millionen Euro wurde der gesamte Bruttospielertrag aller drei Casinos zusammen sogar um gewaltige 37 Prozent gesteigert.
Bei dieser Entwicklung verwundert es nicht, dass die Baden-Württembergische Spielbanken GmbH durch ihren Vertreter das Argument der fallenden Einnahmen wegen der Konkurrenz auslässt. Natürlich haben die Lockdowns zu erheblichen Einbußen geführt, allein in 2020 fiel der Bruttospielertrag auf nur noch rund 68 Millionen Euro, ein Minus in Höhe von 36,6 Prozent. Aber wie schon erwähnt, ist dies eine einmalige Sondersituation und die Gefahr, dass die abgewanderte Kundschaft nach der Pandemie nicht zurückkehren wird, sehr gering. Zu stark unterscheidet sich immer noch das Flair einer Spielbank von einem Online Casino. Ebenfalls taugt diese Entwicklung nicht dazu, eine eventuelle Monopolstellung der deutschen Spielbanken bei der Schaffung von Online Casinos für Roulette und Blackjack in den jeweiligen Bundesländern zu rechtfertigen. Die Abspaltung der Live Casinos Spiele von den Spielautomaten, die exklusive Verwendung der Wörter Online Casino und Casinospiele sowie die Vergabe von Lizenzen durch die Bundesländer wurde schon deutlich vor der Pandemie ausgearbeitet. Vielmehr, so scheint es, sah die Politik eine Gefahr bei den eigenen Interessen. Wären nämlich die Live Casino Spiele in den virtuellen Spielhallen verblieben und der Markt liberalisiert, wäre wohl das Spielbankenmonopol in Gefahr geraten. Denn wenn eine uneingeschränkte Anzahl an Betreiber Live Casino Spiele und Slots nach qualitativen Kriterien in Einhaltung der Regeln an bieten kann, warum braucht es dann Monopole in den Bundesländern im terrestrischen Bereich.
Auch in 2021 erwartet die Baden-Württembergische Spielbanken GmbH ein schweres Jahr wegen der Pandemie, weshalb eigene Online Casinos ein kompensierender neuer Geschäftszweig sein könnten. Ob jedoch das Unternehmen überhaupt Live Casino Spiele im Bundesland anbieten dürfte, hängt von der Landespolitik ab, die für die Konzessionen zuständig sein wird. Zudem bräuchte die Baden-Württembergische Spielbanken GmbH beim Aufbau eigener Online Casinos sicherlich einen Partner wie Evolution oder Playtech, deren Technologie Roulette aus Baden-Baden oder Stuttgart in die Wohnzimmer und aufs Smartphone zaubert.
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