AutomatenwirtschaftFast 2.000 Menschen versammelten sich Ende Mai in Hannover, um wieder einmal gegen politische Entscheidungen zu demonstrieren. Doch dieses mal ging es nicht um islamistischen Terror, „gegen Räääächts” oder der Erhaltung von Lebensraum für bedrohte Schmetterlinge. Der Grund, den diese fast 2.000 Menschen zusammenführte war das Glücksspiel. In wenigen Tagen soll nämlich der größte Kahlschlag in der neueren Geschichte der Automatenwirtschaft stattfinden und bundesweit zittern zehntausende Arbeitnehmer um ihren Job. Denn Ziel der Politik ist es, die Anzahl der Spielotheken in Deutschland massiv zu reduzieren. Glücksspiel ist böse, Glücksspiel führt zur Sucht und am Ende steht der finanzielle Ruin. So die fast einhellige Meinung, die jeden Tag stakkatoartig in den Äther und die Medien geblasen wird. Immer schön außen vor bleiben dabei die eigenen Angebot an Spielautomaten, Sportwetten oder Lotto, die der Staat seinen Bürgern anpreist. Denn, so die Logik, nur Glücksspiele aus staatlicher Hand bieten den perfekten Spielerschutz. Andere wiederum, gerade die betroffenen Betreiber der Spielotheken und ihre Mitarbeiter, sehen dies freilich völlig anders. Sie weisen auf geschultes Personal hin, das nach den gleichen Regeln ausgebildet wurde, wie die Arbeitnehmerschaft staatlicher Spielbanken. Die jetzt aber jetzt aufgrund absurder Ideen wie dem Losentscheid bis zum letzten Tag um den eigenen Arbeitsplatz bangen müssen. Ständige Klagen vor Gericht, dazu jede Menge Demonstrationen wie jetzt in Hannover schienen nun endlich zu Erfolgen für die Betreiber und Angestellten geführt zu haben. So dachten sie zumindest. Denn jetzt könnte es allerdings eher heißen: „Zu früh gefreut!“

Zu der Demonstration in Hannover hatte der Automatenverband aufgerufen, um ein deutliches Zeichen an die Politik zu richten. Fast 2.000 Beschäftigte der Branche folgten diesem Aufruf und machten ihrem Ärger mehr als deutlich Luft.

Gericht in Oldenburg hält Losentscheid in Niedersachsen für verfassungswidrig

Am 30. Juni diesen Jahres sollte eigentlich für viele Spielhallen in Niedersachsen die letzte Runde am Spielautomaten eingeläutet werden. Denn zum einen darf laut neuem Gesetz der Mindestabstand von 100 Meter zwischen 2 Spielotheken ab dm 1. Juli nicht mehr unterschritten werden. Zum anderen dürfen ebenfalls unterschiedlichen Spielotheken des selben Besitzers ab diesem Stichtag nicht mehr in einem Gebäude zusammen existieren. Um sich nicht mit Nebensächlichkeiten, wie der Qualifikation oder der Reputation eines Betreibers beschäftigen zu müssen, kam die Politik auf die Idee das Los entscheiden zu lassen wer am Ende noch weitermachen darf. Ein Glücksspiel sozusagen, bei dem der Gewinner einen Arbeitsplatz hat und der Verlierer sich bei der Agentur für Arbeit wiederfindet. Dieser Idee, die wie aus dem Ideenbaukasten von RTL2 entsprungen zu sein scheint, hatte allerdings das Gericht in Oldenburg einen Riegel vorgeschoben. Denn laut der Begründung der Justiz, ist der Losentscheid in der jetzigen Form in Niedersachsen verfassungswidrig. Erst wenn alle anderen Kriterien, wie Härtefall, Bestandszeitraum und vieles mehr zwischen den betreffenden Spielhallen verglichen wurden, könne ein Losentscheid als letztes Mittel herhalten. Zusätzlich wurde angemahnt, dass nicht nur die Kriterien nicht verglichen wurden, sondern zudem ebenfalls diese nicht objektiv nachvollziehbar und transparent genug gemacht wurden. Ein schallende Ohrfeige für die niedersächsische Landespolitik. Mit diesem Gerichtsurteil sah sich die Automatenwirtschaft und die Beschäftigten allerdings womöglich zu früh auf der Siegerstraße. Denn SPD-Wirtschaftsminister Olaf Lies machte jetzt klar, dass in wenigen Tage für viele Spielotheken definitiv Schluss ist.

Bei der Urteilsverkündung brachte es der Richter Schwenke noch einmal auf den Punkt, warum der Losentscheid unfair ist und nur als letztes Mittel Anwendung finden darf. Die Neue Osnabrücker Zeitung fasste dies folgendermaßen zusammen: „Die Spielhallen müssen einen Abstand von mindestens 100 Metern haben , sagt das Gesetz. Wenn drei Spielstätten an einer Straße jeweils 90 Meter voneinander entfernt sind, hat die Spielhalle in der Mitte deutlich schlechtere Überlebenschancen. Trifft das Los die mittlere, sind die beiden äußeren sofort aus dem Schneider. Trifft das Los einen der äußeren Konkurrenten, ist eine zweite Ziehung zwischen den beiden verbliebenen nötig. Die mittlere Spielhalle muss also zwei Losrunden gewinnen.“

Multikomplexe profitieren nicht vom Urteil

Erklärtes Ziel der Politik ist es, die Anzahl der Spielotheken massiv zu reduzieren. Doch anders wie zuerst vermutet, wir das Gerichtsurteil aus Oldenburg nur die wenigsten Spielhallen retten können. Denn die bescheinigte Verfassungswidrigkeit des Losentscheids tangiert nicht die Multikomplexe. In einem solchen Gebäude werden mehrere Zockerbuden durch den selben Besitzer betrieben. Diese Form entstand durch die in der Vergangenheit beschlossenen Beschränkungen der maximalen Fläche und der Anzahl der Spielautomaten in einem Etablissement. Da sich jedoch die in den Multikomplexen befindlichen Spielhallen mehrheitlich im gleichen Besitz befinden, gelten für diese das Urteil nicht. Denn das Gericht in Oldenburg stellte klar, dass sich das Urteil nur auf Zockerbuden bezieht, die von unterschiedlichen Betreibern geführt werden und im Abstand unter 100 Meter zueinander liegen. Deshalb müssen weiterhin bis zum 1. Juli in diesen Multikomplexen alle Etablissements bis auf eines schließen. Dies machte noch einmal der Wirtschaftsminister der SPD, Olag Lies, klar. In der jetzt erfolgten Aussendung des Wirtschaftsministeriums von Niedersachsen werden die Kommunen klar angewiesen, die überzähligen Spielhallen fristgerecht dicht zu machen. Nur bei den Spielotheken, die unter das Urteil von Oldenburg fallen, soll abgewartet werden. Hier wird erst das abschließende Urteil des höhergestellten Oberverwaltungsgericht in Lüneburg Klärung bringen, um endgültige Rechtssicherheit zu erlangen. Einige Betreiber und Mitarbeiter hatten hier sicherlich gehofft, dass der gesamte Prozess der möglichen Schließungen vorerst ausgesetzt wird. Diese Hoffnungen wurden jetzt jedoch von Olaf Lies mit der Anweisung an die Kommunen zunichte gemacht und so könnte sich der Sieg der Demonstranten und Kläger am Ende gar als Pyrrhussieg entpuppen.

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