Netzsperren in Deutschland

Wir hatten von deutschen Politiker nichts anderes erwartet – anstatt, dass Lösungen vorgeschlagen werden, gibt es die Rufe nach Netzsperren in Deutschland.

Die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder ist in Hamburg zu Ende gegangen und die bislang spärlich durchgesickerten Informationen in Sachen Glücksspiel lassen nicht gerade auf einen großen Durchbruch hoffen. Weder wurde konkretisiert, ob nun endlich die Schaffung von Online Casino Lizenzen geplant sind, noch wurde bekannt, in welcher Form sämtliche Glücksspiele in Zukunft reguliert werden sollen. Was jedoch dafür um so erschreckender aus der abgehaltenen Ministerpräsidentenkonferenz verlautbart wurde, sind Gedankenspiele für Netzsperren in Deutschland, um sich die unliebsame Konkurrenz privater Glücksspielunternehmen vom Hals zu schaffen.

Netzsperren und eine bundesweite Regulierungsbehörde liegen vorerst auf dem Tisch

Private Online Casino Anbieter, Buchmacher, Verbände, Spielautomatenhersteller und viele deutsche Spieler hofften wohl auf den großen Durchbruch bei der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder. Daraus wurde jedoch leider nichts, da wahrscheinlich die Digitalisierung der Schulen und die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt vorerst Priorität gegenüber einem neuen Glücksspielstaatsvertrag besaßen. Was jedoch an Ideen und Plänen zum Thema Glücksspielregulierung bislang aus der Ministerpräsidentenkonferenz bekannt wurde, wirft sowohl Licht als auch Schatten, lässt jedoch leider ebenso gewaltigen Interpretationsspielraum zu. Gemeinsamer Nenner, auf den sich wohl alle Regierungschef in Hamburg einigen konnten, war die Intensivierung des Kampfs gegen das illegale Glücksspiel, ohne dabei zu präzisieren, ob nun hierbei deutsches oder europäisches Recht gemeint ist. Wie dem auch sei, wurde zumindest deutlich, welche Maßnahmen die Ministerpräsidenten der Bundesländer für diskussionswürdig erachten, nämlich die umstrittenen Netzsperren gegen illegale Anbieter von Online Casinos, Sportwetten und Zweitlotterien. Bezeichnet wurde diese als Eingriffsbefugnisse zum Vorgehen gegen Provider.

Ebenfalls mehr oder weniger mit einer Absichtserklärung versehen, wurde die Schaffung einer bundesweiten Regulierungsbehörde. Diese soll nicht nur befinden, wer in Deutschland Spielautomaten in Online Casinos oder in Glücksspieltempeln anbieten darf, sondern soll ebenso die zukünftigen Regularien durchsetzen. Dafür soll die neue Regulierungsbehörde mit allen notwendigen Mitteln ausgestattet werden. Ob sie jedoch tatsächlich kommt, genau wie die diskutierten Netzsperren in Deutschland und wo sie schlussendlich ihren Sitz haben wird, ist jedoch weiterhin völlig offen. Als letzter Punkt wurde ebenfalls auf der Ministerpräsidentenkonferenz die Absicht erklärt, im Kampf gegen illegales Glücksspiel sämtliche Zahlungsströme besser zu kontrollieren. Dies richtet sich vor allem gegen den Zahlungsverkehr von und zu Online Casinos, Zweitlotterien und Sportwetten im Internet. Angebracht wurde hier das Argument der möglichen Geldwäsche.

Wirklich aussagekräftig sind die Aussagen der Ministerpräsidentenkonferenz nicht wirklich, da nicht präzisiert wurde, ob beispielsweise mit der zu schaffenden Regulierungsbehörde das Glücksspiel im Internet ebenfalls reguliert wird. Solange dieser Punkt nicht geklärt ist, ist auch kaum eine wirkliche Aussage über das Thema Netzsperren möglich. Zum einen könnte hier ein Modell wie in Dänemark möglich sein, mit Online Casino Lizenzen, bei dem dann alle Anbieter ohne solche Konzession illegal sind und per Netzsperren aus dem Markt gehalten werden. Zum anderen könnte jedoch ebenfalls ein Markt geschaffen werden, der nur deutschen Anbietern in der Bundesrepublik Online Casinos erlaubt, ähnlich wie in der Schweiz. Als letzte Möglichkeit besteht weiterhin jedoch ebenso die Variante, dass Online Casino generell weiterhin auch in Zukunft verboten bleiben und die neue Regulierungsbehörde dies durchsetzt.

Der DTLB wähnt sich anscheinend schon auf der Siegerstraße

Obwohl bis auf ein paar äußerst wage Ideen und Absichtserklärungen auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg nicht wirklich etwas Konkretes beschlossen wurde, wähnt sich anscheinend der DLTB bereits auf der Siegerstraße. So betonten die beiden Geschäftsführer von Lotto Hamburg „Es war wichtig, denjenigen Kräften nicht nachzugeben, die seit Jahren massive Veränderungen am Glücksspielstaatsvertrag fordern. Wir haben jetzt gute Aussichten in einen geordneten Prozess um die Novellierung des GlüStV 2021 zu kommen.“ Ob dies jedoch bedeutet, dass Online Casinos und Zweitlotterien in Zukunft weiterhin nach deutschem Recht verboten bleiben, ist jedoch offen und so könnte die Freude des Deutschen Lotto- und Totoblock etwas verfrüht sein. In seiner der Bekanntmachung konnte es sich der DTLB natürlich nicht verkneifen, zu behaupten, dass sämtliche Glücksspiele im Internet in Deutschland verboten sind und es deshalb richtig ist, massiv dagegen vorzugehen. Dabei bezieht sich der DTLB auf das Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts, welches das Verbot von Online Casinos nach deutschem Recht letztes Jahr bestätigte. Zusätzlich schreibt der DTLB, dass die EU-Kommission in der Vergangenheit mitgeteilt hätte, dass „Mitgliedstaaten autonom in der Regelung ihres jeweiligen Glücksspielrechts sind“.

Allerdings bedeutet autonom nicht gleich unabhängig und es ist mühselig immer wieder die weggelassenen Punkte zur verzwickten rechtlichen Situation in Sachen Glücksspiel im Internet bei dieser Argumentation hinzuzufügen. Deutschland darf zwar die Dienstleistungsfreiheit der EU in Sachen Glücksspiel zum Wohle der Allgemeinheit einschränken, aber nur wenn die Ziele als Grund, wie Kampf gegen Spielsucht, auch tatsächlich in allen Bereichen konsistent umgesetzt werden. Genau dies ist jedoch nicht der Fall, wie bereits mehrfach der Europäische Gerichtshof, der den Gerichten in der Bundesrepublik höher gestellt ist, festgestellt hat. Bereits 2010 urteilte der EuGH, dass der deutsche Glücksspielstaatsvertrag EU-rechtswidrig ist. Die Begründung lautete damals, dass das staatliche Monopol nicht mehr gerechtfertigt werden kann, da die Betreiber in den Bundesländern intensive Werbekampagnen durchführen, zum Ziele, die Gewinne aus den Lotterien zu maximieren. Dies verstößt klar gegen das oberste Ziel des eigenen Glücksspielstaatsvertrages, dem Kampf gegen die Spielsucht. Damit ist auch die Weigerung, private Anbieter offiziell auf den eigenen Glücksspielmarkt agieren zu lassen, ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit. Das Gleiche geschah noch einmal 2016 mit dem 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag, auch dieser wurde im INCE-Urteil vom EuGH als EU-rechtswidrig eingestuft. Dem DTLB dürften diese Fakten durchaus bekannt sein und trotzdem wird immer wieder suggeriert, dass es im Bereich der Online Casinos, Sportwetten im Internet und bei den Zweitlotterien nur illegale, private Anbieter gäbe. Nach deutscher Rechtsprechung mag dies durchaus so sein, nur ist halt sowohl der Glücksspielstaatsvertrag wie auch der 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der bestehenden Form EU-rechtswidrig.

Seit vielen Jahren weigert sich die deutsche Politik endlich ein Glücksspielgesetz zu schaffen, welches dem europäischen Recht entspricht. Trotz mehrfacher Mahnungen und diverser Urteile vom EuGH scheint der Einfluss der Lotterien mit guten Verbindungen zur Politik so gewaltig, dass es bei einer EU-konformen Ausgestaltung nicht vorangeht.

Zahlreiche Verbände, Drogenbeauftragte Mortler und Gauselmann wollen Regulierung der Online Casinos

Gegenüber der Position des DTLB, möglichst alles in Sachen Glücksspiel so zu belassen wie es bisher ist und damit weiterhin gegen EU-Recht zu verstoßen, sehen dies mittlerweile viele andre Parteien völlig anders. Zum einen sind dies gleich 9 Verbände aus der digitalen Wirtschaft, die zusammen eine Erklärung veröffentlicht haben, in der sie eine „zukunftstaugliche Reform“ fordern. Weiterhin mahnen sie an, dass die bisherigen Glücksspielgesetze bei der praxistauglichen Regulierung versagt hätten. Vor allem ist bis heute nicht klar, ob beispielsweise ein Glücksspiel überhaupt beworben darf und wenn ja, wie dies dann geschehen darf. Zu den Verbänden, die diese Erklärung mittragen, gehören zum Beispiel der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft oder der Bundesverband Digitale Wirtschaft. Aus letzterer Vereinigung äußerte sich Marko Jung, der BVDW-Geschäftsführer, mit den Worten: „Zum Schutz der Verbraucher ist es entscheidend, dass nur für legales und kontrolliertes Glücksspiel geworben wird. Mit einer Reform, die die aktuelle Rechtsunsicherheit beseitigt, können die Verbraucher zu den kontrollierten Plattformen geführt werden.“

Ebenfalls für eine baldige Regulierung von Online Casinos plädierte vor Kurzem die Drogenbeauftragte Marlene Mortler von der CSU. Gegenüber der Osnabrücker Zeitung erklärte sie: „Die Situation in Deutschland ist ganz klar verbesserungsbedürftig. Jede Glücksspielart, ob terrestrisch oder online, braucht passende Rahmenbedingungen.“ Damit stellt auch sie sich auf die Seite der Vertreter aus Industrie und Politik, die endlich Online Casinos, Zweitlotterien und andere Glücksspielformen im Internet nach den gleichen Regelen regulieren wollen. Dies könnte jedoch nur erfolgen, wenn endlich qualitative Maßstäbe bei der Vergabe von Konzessionen auch in diesem Bereich angelegt würden. Mit der Vergabe von Online Casinos Lizenzen könnte zudem der Großteil der noch abfließenden Gelder, die ins Ausland gehen, dem Staatssäckel überführt werden. Außerdem wären dann einheitliche Bestimmungen beim Spieler- und Jugendschutz für alle Anbieter und Betreiber gegeben, die auch durchgesetzt werden können. Ähnlich sieht dies auch Paul Gauselmann, als Vertreter der Deutschen Automatenindustrie. Er forderte gegenüber der Osnabrücker Zeitung, dass endlich die Sportwetten aus dem grauen Markt in die Legalität überführt werden müssen. Zu den Online Casinos äußerte er sich wie folgt: „Längst überfällig ist auch die Überführung des Online-Glücksspiels in die vernünftige, nach Qualitätsmaßstäben gesicherte Legalität.“ Diese Positionen sind natürlich verständlich, immerhin ist Gauselmann mit XTiP sowohl in den Sportwetten, als auch mit den eigenen Spielautomaten in den Merkur Casinos dick im Geschäft. Ob jedoch der neue Glücksspielstaatsvertrag nun tatsächlich Online Casino Lizenzen in Deutschland bringen wird, dürfte wohl erst die nächste Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember ein wenig klarer aufzeigen.

Gern würden wohl die deutschen Spielautomatenhersteller endlich auch in Deutschland in den Bereich der Online Casinos vorstoßen, immerhin handelt es sich um einen milliardenschweren Markt. Paul Gauselman machte dies ebenfalls gegenüber der Osnabrücker Zeitung deutlich. So erklärte er: “Wenn man die Umsätze der Online Casinos, die ihr Geschäft legal im Ausland betreiben, zugrunde legt, dürfte das Umsatzpotenzial in Deutschland über sieben Milliarden Euro sein.“ Klar, dass bei einem solch gigantischen Kuchen sowohl der DTLB wie auch die privaten Anbieter mit allen Mitteln den größtmöglichen Anteil für sich selbst beanspruchen wollen.

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