Seit vielen Jahren ist das Amt der Drogenbeauftragten der Bundesregierung fest in der Hand der CSU und so stammt auch der neue Jahresbericht 2021 aus der Feder von Daniela Ludwig von einer Bundestagsabgeordneten dieser Partei. Auch wenn Daniela Ludwig deutlich jünger und frischer als ihre Vorgängerin Marlene Mortler auftritt, ist der nun vorgelegte Bericht ein großer Rückschritt, denn wer belastbare Statistiken zu den Süchten sucht, wird hier nicht fündig. Damit ist ein Vergleich der unterschiedlichen Problemfelder wie Alkohol, Tabak, Glücksspielsucht oder Drogensucht in keiner Weise mehr vergleichbar und somit ist ebenfalls eine Einordnung der Schwere eines Problems kaum noch möglich. In Bezug auf die Glücksspielsucht haben wir uns jedoch zusätzlich den letzten Survey der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung angeschaut und die wichtigsten Erkenntnisse zum Thema herausgearbeitet.
Der Jahresbericht der Drogenbeauftragten für 2021 lässt keine Vergleichsmöglichkeiten zu
In den letzten Jahren strotzte der jeweilige Jahresbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung nur so vor Statistiken, die nun jedoch in der Ausgabe von 2021 nahezu komplett fehlen. Zu jedem Thema gibt ein paar kleine Datenbrocken und der Rest besteht aus viele Gerede und Schulterklopfen, welches nichts anderes suggerieren soll, als wie toll doch sämtliche Präventionsmaßnahmen funktioniert haben. Aus einem einstmals wichtigen Werkzeug zur Abbildung der Suchtlage in der Bundesrepublik wurde eine Werbebroschüre der Bundesregierung. Ein Trauerspiel. Deutlich wird dies beispielsweise bei den beiden Hauptsüchten in Deutschland, beim Tabak und beim Alkohol. Während zu Beginn beim Rauchen wenigstens noch eine Handvoll Daten präsentiert werden, erfährt der geneigte Leser beim Alkohol nur, dass es rund 1,6 Millionen Alkoholsüchtige im Land gäbe. Wie hoch nun jedoch die Zahl der Erkrankten oder der jährlichen Todesfälle ist, bleibt der Jahresbericht 2021 der Drogenbeauftragten leider genauso schuldig wie die volkswirtschaftlichen Kosten. Interessanterweise werden diese für die Gesellschaft so wichtigen Faktoren beim Tabak wiederum präsentiert. Dies könnte daran liegen, dass hier das Bundesministerium für Gesundheit einmal glänzen darf und eine starken Rückgang vermelden kann. Der Anteil der Raucher an der erwachsenen Gesamtbevölkerung in 2019 sank nämlich gegenüber 2011 von 36,8 Prozent auf nur noch 21,4 Prozent. Trotz dieses Fortschritts starb auch vor zwei Jahren immer noch aller vier Minuten ein Mensch in Deutschland an den Folgen des Rauchens, was insgesamt 127.000 Sterbefälle bedeutet. Ebenfalls interessant, dass die Tabaksucht insgesamt einen volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von unglaublichen 97 Milliarden Euro verursacht. Darin sind Behandlungskosten genauso enthalten wie erkrankungsbedingte Arbeitslosigkeit und viele weitere Faktoren.
Mit fast 100 Milliarden Euro volkswirtschaftlichem Schaden und 127.000 Toten pro Jahr, ist es augenscheinlich, dass die Tabaksucht ein weitaus massiveres gesellschaftliches Problem ist als die Glücksspielsucht. Zwar kann auch diese Form der Sucht durch Bankrott zu Suiziden führen und verursacht selbstverständlich ebenso gewisse Schäden, doch nicht in einem solchen Ausmaß. Ein weiterer Vergleich zeigt sich, wenn die Zahl der Süchtigen verglichen wird. Hier stehen laut dem Jahresbericht 2021 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung 21,4 Prozent der erwachsenen Bevölkerung als Raucher den 0,34 Prozent Glücksspielsüchtigen gegenüber. Selbst wenn hier noch die Menschen mit problematischem Spielverhalten in Höhe von 0,39 Prozent hinzuaddiert werden, liegt der Wert mit insgesamt 0,73 weit unter einem Prozent. Wird dies nun für die Gesamtbevölkerung ins Verhältnis gesetzt und hochgerechnet, dann stehen den rund 429.000 Glücksspielsüchtigen und Problemspielern insgesamt unglaubliche rund 12,6 Millionen Raucher gegenüber. Beim Thema Alkohol zeigt sich ein ähnliches Bild, obwohl der neue Jahresbericht 2021 der Drogenbeauftragten hierzu nur die Zahl von 1,6 Millionen Abhängigen ausweist. Wer hier somit ebenfalls die Süchte vergleichen und einordnen will, dem bleibt nur der Blick in den Vorgängerbericht von 2019. Zwei Jahre zuvor belief sich der volkswirtschaftliche Schaden durch die Alkoholsucht noch auf fast 60 Milliarden Euro. In den zwei Jahren dürfte sich wohl der Gesamtwert nur wenig zum Positiven verändert haben.
Ebenfalls nur sehr wenig Datenmaterial bietet das Werk von Daniela Ludwig gegenüber den Ausgaben in den Jahren zuvor zu weiteren Süchten wie Cannabis, harter Drogen oder Medikamente. In vielen Fälle werden nur die Prozentzahlen der Konsumenten angegeben, ohne dabei auf die tatsächliche Anzahl der Süchtigen einzugehen. Ohne jedoch Zahlen über das Verhältnis von Süchtigen zu Konsumenten bei jeder einzelnen Suchtform zu präsentieren, ist ein Vergleich der schädlichen Auswirkungen untereinander in einer Gesellschaft nicht mehr möglich. Deshalb lässt sich festhalten, dass der neue Jahresbericht 2021 der Drogenbeauftragten als Informationsmaterial über die Suchtsituation in der deutschen Gesellschaft überhaupt keinen Wert mehr besitzt. Eine reine Wohlfühlbroschüre zur eigenen Beweihräucherung der Bundesregierung und des Bundesamts für Gesundheit wird dem ernsten Thema absolut nicht gerecht.
Die BZgA zeigt wie es besser geht
Wer sich wirklich ausführlich über die Glücksspielsucht und deren Entwicklung in Deutschland informieren will, der wird im Jahresbericht 2021 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung leider nicht fündig. Außer ein paar Allgemeinsätze, den obligatorischen Warnungen vor Online Casinos und einer mickrigen Handvoll an Zahlen hat dieses Werk leider nichts zu bieten. Immerhin warnt Daniela Ludwig noch auf den gerade einmal drei Seiten zum Thema Glücksspielsucht vor der Werbung tagsüber für Sportwetten, wie sie während der EM zu sehen war. Zusätzlich fordert sie noch Spieler- und Jungedschutz auch im Internet in den Online Casinos und bei den Buchmachern sicherzustellen. Platter geht es kaum noch. Wie ein wirklicher Bericht über die Glücksspielsucht auszusehen hat, zeigte letztmals die BZgA Anfang 2020 für das Jahr 2019. Hier werden alle relevanten Faktoren für die Gesellschaft auf 176 Seiten zum Thema abgebildet, was immerhin fast 100 Seiten mehr sind als der Jahresbericht 2021 der Drogenbeauftragten, der ja alle Süchte behandeln soll. Da Letzterer sich in seinen wenigen Aussagen den Forschungsbericht der BZgA von Anfang 2020 bezieht, lohnt es sich, diesen einmal näher unter die Lupe zu nehmen. Wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Ergebnis kommt, hat sich die Glücksspielsucht trotz stetiger Zunahme von Online Casinos in 2019 gegenüber 2017 kaum verändert. Die Zunahme von 0,17 Prozentpunkten beim problematischen Spielverhalten sowie die Zunahme von 0,03 Prozentpunkten bei Glücksspielsüchtigen ist statistisch zu Vernachlässigen. In Zahlen ausgedrückt bedeuten die 0,39 Prozent Problemspieler rund 229.000 Personen und die 0,34 Prozent Spielsüchtigen rund 200.000 Menschen in Deutschland. Auffällig hierbei ist der gravierende Unterschied zwischen Männer und Frauen. So liegt der Anteil an problematischen Spielern unter Männern beispielsweise bei 0,68 Prozent, während der Anteil bei Frauen nur bei 0,10 Prozent liegt. Die gleiche Diskrepanz zeigt sich auch bei dem Thema Spielsucht. Hiervon sind 0,60 Prozent der männlichen Erwachsenen betroffen, aber nur 0,08 Prozent der Frauen.
Da die Daten von 2019 stammen, lässt sich natürlich noch nicht feststellen, welchen Einfluss die Legalisierung der Online Casinos in Deutschland auf die Zahl der Spielsüchtigen hat und haben wird. Die Entwicklung dürfte sich wohl erst so richtig in der Ausgabe von 2025 evaluieren lassen, welche sich dann auf das Jahr 2023 bezieht. Die nächste Ausgabe des Jahresberichts der Drogenbeauftragten in 2023 wiederum hat das Problem, dass der Bezugszeitraum 2021 nur ein halbes Jahr mit legalen Online Casinos abbildet. Allerdings lässt sich schon jetzt spekulieren, dass es wohl zu kaum einer großen Zunahme an problematischen Spielern oder Spielsüchtigen kommen wird. Wer vor der Legalisierung der Online Casinos in Deutschland Automatenspiele oder Live Casino Games konsumieren wollte, konnte dies schon immer problemlos. Weder wurden die Kunden noch die Betreiber wirklich verfolgt. Zusätzlich brachte die Legalisierung der virtuellen Spielhallen im Juli 2021 einen deutlich strengeren Spielerschutz mit sich, der sich in Aktivitäts-, Einzahlungs- und Einsatzlimits manifestiert. Hier könnte es sogar zu einer Reduzierung der Zahlen kommen, sofern die Kanalisierung ins legale Spiel tatsächlich mehrheitlich gelingt. Hier ist allerdings das letzte Wort noch nicht gesprochen, da es bislang weder Online Casino Lizenzen gibt noch Schwarze Schafe ohne Lizenz wirklich von Markt ferngehalten werden. Nüchtern betrachtet hat sich bislang bis auf das durch die Regulierung verordnete schlechtere Angebot bei einigen Anbietern generell im Gesamtmarkt wenig geändert. Abschließend bleibt zu hoffen, dass bis zur Beantwortung all der Fragen rund um die Spielsucht und die Legalisierung der Online Casinos in Deutschland die Drogenbeauftragte einen besseren Jahresbericht vorlegt als nun in 2021. In seiner jetzigen neuen Form ist er einfach nur reine Verschwendung von Papier, Ressourcen und Steuergeld.
Weitere interessante Fakten hält der Forschungsbericht der BZgA zu den durchschnittlichen Ausgaben fürs Glücksspiel bereit. So gaben 36,3 Prozent der Glücksspieler an, bis zu 10 Euro pro Monat zu investieren, während 37,5 Prozent zwischen 10 und 50 Euro ausgaben. Bei 13,9 Prozent wiederum lag der Wert zwischen 50 und 100 Euro und bei immer noch rund 10,9 Prozent sogar bei mehr als 100 Euro.
Hier finden Sie den neuen Jahresbericht 2021 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Daniela Ludwig!
Den gesamten Forschungsbericht der BZgA zum Thema Glücksspielsucht finden Sie hier als PDF!
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