Drogen- und Suchtbericht 2019

Auch der neue Drogen- und Suchtbericht 2019 zeigt wieder, dass Glücksspielsucht zwar ein Problem darstellt, doch Alkohol und Tabak deutlich schlimmer sind. (Bildquelle: pixabay by djedj)

Erstmals präsentierte die neue Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig von der CSU den neuen Drogen- und Suchtbericht 2019 der Presse. Sie übernahm den Posten von Marlene Mortler, ebenfalls CSU, die Mitte des Jahres ins EU-Parlament wechselte. Im Bereich der Glücksspielsucht gab es wenig neue Erkenntnisse gegenüber dem Vorjahr, was hauptsächlich an dem veröffentlichten Datenmaterial der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lag, die nur alle zwei Jahre neue Statistiken in diesem Bereich herausgibt. Somit standen im neuen Drogen- und Suchtbericht 2019 die gleichen Zahlen für die Glücksspielsucht, die bereits im Vorjahr zu lesen gab. Allerdings gab es wiederum neue Daten zu Alkohol, Tabak, Medikamenten sowie Drogen und erstmalig auch Zahlen über Internetsucht. Hierbei lohnt es sich immerhin diese gegenüber der Glücksspielsucht ins Verhältnis zu setzen, um das tatsächliche Gefahrenpotenzial von Spielautomaten in den Online Casinos ein wenig einzuschätzen.

Keine Veränderungen bei der Glücksspielsucht im neuen Drogen- und Suchtbericht 2019

Aufgrund fehlender neue Daten durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stehen auch im neuen Drogen- und Suchtbericht 2019 die gleichen Zahlen wie bereits in der Ausgabe aus dem Vorjahr. Der prozentuale Anteil an Bürgern mit ausgewachsene Glücksspielsucht, pathologisches Spielverhalten, sowie problematischem Spielverhalten, welches zur Sucht führen kann, aber nicht muss, ist deshalb gleich geblieben. Rund 0,87 Prozent der Menschen in Deutschland fallen unter diese beiden Gruppen. Gegenüber 2009, als noch rund 1,09 Prozent hiervon betroffen waren und in 2013, als mit 1,51 Prozent der bisherige Höchstwert markiert wurde, bedeute dies ein weiteres Verharren auf niedrigem Niveau. Allerdings zeigten sich bei der Unterscheidung zwischen Männern und Frauen gegenläufige Trends. Bei Männern fiel im neuen Drogen- und Suchtbericht 2019 der Prozentanteil von pathologischen Spielern von 2015 zu 2017 von vormals 0,66 auf jetzt 0,64 und bei problematischen Spielern von 0,68 auf 0,55 Prozent kräftig ab. Bei den Frauen hingegen kletterte der Wert in den zwei Jahren wiederum von vormals 0,18 problematischen Spielern auf nun 0,47 Prozent, während der Anteil an pathologischen Spielern von 0,07 auf nur noch 0,06 Prozent sank.

Interessanterweise lassen sich aus diese Zahlen aus dem neuen Drogen- und Suchtbericht 2019 gleich mehrere wichtige Erkenntnisse gewinnen. Zum einen kann über die vielen Jahre keine Zunahme an Glücksspielsüchtigen festgestellt werden, obwohl sich der Glücksspielmarkt bei Online Casinos mehr als verdoppelt hat. Trotz des umfangreichen Angebots an Spielautomaten und Live Casino Spielen im Internet in Deutschland bewegt sich die Zahl der Süchtigen auf niedrigem Niveau. Dies dürfte als starkes Argument für die Gruppe der Bundesländer herhalten, die für eine Legalisierung der deutschen Online Casinos in 2021 eintreten. Denn an dem Argument der Gegenseite, dass eine Liberalisierung mit Online Casino Lizenzen zu einer Zunahme der Glücksspielsucht führen würde, lässt sich nicht belegen. Heute können deutsche Bürger in allen möglichen Online Casinos trotz Verbot spielen und sind sogar deshalb weniger geschützt. Eine Kanalisierung dieses Angebots in dann legale Online Casinos mit höherem Spielerschutz und zentraler Sperrdatei würde wahrscheinlich sogar die Zahlen weiter reduzieren. Etwas weniger erfreulich allerdings waren die Zahlen aus dem neuen Drogen- und Suchtbericht 2019 im Bereich Glücksspielsucht bei Jugendlichen. Hier stieg deren Anzahl im Alter von 16 bis 17 Jahren mit problematischem Spielverhalten seit 2013 von ehemals 0,13 Prozent auf nun 0,63 weiter an. Interessanterweise betraf diese negative Entwicklung jedoch ausschließlich die Jungen, welche sich von 0,17 Prozent auf nun 1,21 Prozent verschlechterten. Bei den Mädchen wiederum ging es von ehemals 0,09 Prozent auf nun 0 Prozent komplett nach unten.

Große Probleme bei der Glücksspielsucht liegen ganz klar bei den Gaststätten sowie den Autohöfen

Die Zahlen aus dem Drogen- und Suchtbericht zeigen insgesamt klar, dass die Glücksspielsucht trotz der Zunahme an Online Casinos weiterhin auf niedrigem Niveau verharrt. Zusätzlich kann eine Überführung des Marktes in ein System mit Online Casinos Lizenzen und strengem Spielerschutz womöglich die Anzahl sogar noch weiter reduzieren. Gerade bei der Verifizierung des Alters sind Online Casinos den traditionellen Spielhallen und Gaststätten dank Algorithmen und Dokumentenvorlage überlegen. Dies zeigen ebenfalls die Angaben zu den getroffenen Maßnahmen zum Spielerschutz im stationären Sektor. So ergaben Überprüfungen, dass nur in 91,1 Prozent der Gaststätten Material zur Suchtprävention ausliegt. Ebenfalls waren gerade einmal bei rund 75 Prozent Sozialkonzepte vorhanden, wobei hier die Autohöfe mit gerade einmal 53,4 Prozent besonders schlecht abschnitten. Dies zeigt mehr als deutlich, dass sich die Politik zu lange hauptsächlich mit Sektoren beim Glücksspiel beschäftigt hat, die guten Spielerschutz liefern, während sie gleichzeitig die echten Problemfelder nicht angetastet hat. Zu Verdeutlichung noch ein paar weitere Zahlen zu dieser Problematik aus dem Drogen- und Suchtbericht 2019.

Die Problematik beim Spielerschutz in der Gastronomie:

  • bei nur 91,1 Prozent der überprüften Gaststätten, Autohöfe und Raststätten lagen Informationen zur Glücksspielsucht aus
  • nur bei 88,9 Prozent konnten Kunden diese Informationen auch mit nach Hause nehmen
  • bei gerade einmal 82,8 Prozent bei Raststätten und 53,4 Prozent bei Autohöfen lag ein Sozialkonzept vor
  • ebenfalls waren nur bei 66,7 Prozent der Raststätten sowie 43,2 Prozent der Autohöfe getätigte Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiter im Bereich Glücksspielsucht und Prävention überprüfbar

Tabak ist weiterhin laut Drogen- und Suchtbericht 2019 ein größeres Problem als die Glücksspielsucht

Wer oftmals die öffentlichen Diskussionen und Aussagen der Politiker zum Thema Süchte verfolgt, der beschleicht schnell der Eindruck, dass die Glücksspielsucht ein gewaltiges Problem in der Gesellschaft darstellt. So wurden hier bereits für die Spielhallen die Gesetze deutlich durch die Abstandsregeln verschärft sowie die maximale Anzahl an Spielautomaten pro Gaststätte auf zwei Geldspielgeräte reduziert. Im Vergleich zu Alkohol oder Tabak würde dies bedeuten, dass Tabakverkaufsstellen 500 Meter Abstand zueinander einhalten müssten oder Supermärkte nur an 100 Kunden pro Tag Schnaps und Bier verkaufen dürften. Dass dies jedoch in Deutschland nicht so ist, zeigt mehr als deutlich, dass das Glücksspiel definitiv härter behandelt wird, als die beiden gesellschaftlich anerkannten Drogen Tabak und Alkohol. Dies obwohl erstens die Zahl der Glücksspielsüchtigen laut Drogen- und Suchtbericht viel geringer ausfällt als in den beiden anderen Kategorien und zweitens die schädlichen Auswirkungen deutlich geringer ausfallen.

Den rund 0,87 Prozent an Bundesbürgern, die über eine Glücksspielsucht oder ein problematisches Spielverhalten klagen, stehen beim Tabak rund 27 Prozent der Gesamtbevölkerung entgegen, die als Raucher bezeichnet werden. Hiervon sind rund 27 Prozent Männer und etwas weniger als 21 Prozent Frauen betroffen. Bei den Jugendlichen wiederum ist die Tabaksucht ebenfalls deutlich gravierender als bei der Glücksspielsucht. Waren es bei letzterer rund 1,21 Prozent, so liegt bei Zigaretten, Shishas und E-Zigaretten der Wert mit 8,3 Prozent bei einem Alter zwischen 12 und 17 Jahren in der Gruppe exorbitant höher. Anders ausgedrückt raucht fast jeder zehnte Jugendliche, während nur fast jeder hunderte Glücksspiele tätigt. Zusätzlich zu diesen Fakten kommen hier ebenso noch zahlreiche Todesfälle durch das Rauchen hinzu, die sich pro Jahr laut Drogen- und Suchtbericht 2019 auf rund 121.000 Personen summieren.

Die berechneten wirtschaftlichen Kosten des Rauchens für die Gesellschaft:

  • das Rauchen verursacht pro Jahr mehr als 27,3 Milliarden Euro an direkten Kosten bei den Konsumenten sowie durch das passive Rauchen bei den Partnern rund 1,1 Milliarden Euro und Kindern 0,2 Milliarden Euro
  • zusätzlich entstehen weiterhin direkte Kosten in Höhe von 0,7 Milliarden Euro bei der Pflege, 0,5 Milliarden Euro für Rehabilitierung, 0,2 Milliarden für die Teilhabe am Arbeitsleben und 0,3 Milliarden Euro durch Unfälle
  • indirekte Kosten verursacht das Rauchen durch den Ressourcenverlust der Verstorbene in Höhe von 22,9 Milliarden Euro und jeweils 0,8 Milliarden Euro in der Pflege sowie der Reha
  • die langfristige Arbeitslosigkeit von Rauchern wiederum verursacht insgesamt 16,6 Milliarden Euro indirekte Kosten, während Arbeitsunfähigkeit 9,7 Milliarden Euro, die kurzfristige Arbeitslosigkeit 9,6 Milliarden Euro und Erwerbsminderung 6,5 Milliarden Euro kosten
  • insgesamt belaufen sich alle Kosten durch das Rauchen für die deutsche Gesellschaft auf fast 100 Milliarden Euro im Jahr
Teufel Alkohol liegt ebenfalls klar vor der Glücksspielsucht

Mit etwas Abstand, aber ebenso gravierenden Auswirkungen, folgt dem Tabak der Alkohol im neuen Drogen- und Suchtbericht 2019, der sich ebenfalls mehr als deutlich vor der Glücksspielsucht platziert. Hier gab es pro Jahr rund 21.000 Tote direkt oder indirekt durch den Alkohol zu beklagen. Genau wie bei der Problematik mit der Glücksspielsucht wurden auch hier zwei besondere Gruppen herausgestellt, nämlich die Menschen mit risikoreichem Trinkverhalten und Personen, die dem Rauschtrinken verfallen sind. Erste Gruppe kommt bei den Erwachsenen ab 18 Jahren auf einen Wert von 16,3 und 18,1 Prozent, je nachdem welche Datenbasis verwendet wird. Gegenüber den Glücksspielern mit risikoreichem Spielverhalten mit 0,56 Prozent ein eklatanter Unterschied. Bei den Rauschtrinkern sieht das Verhältnis ebenso nicht viel besser aus, die am ehesten mit den pathologischen Spielern mit definierter Glücksspielsucht verglichen werden können. Hier standen den 0,31 Prozent beim Glücksspiel insgesamt 33,4 bis 34,5 Prozent an Menschen gegenüber, die in den letzten 30 Tagen einen Vollrausch hatten.

Der neue Drogen- und Suchtbericht 2019 hatte ebenfalls noch aktuelle Prozentzahlen im Bereich der Alkoholabhängigkeit vorzuweisen. Hier galten in Deutschland im vergangenen Jahr rund 3,1 Prozent der deutschen Erwachsenen als alkoholsüchtig. Allerdings gab es auch hier wie bereits bei der Glücksspielsucht einen deutlichen Unterschied zwischen Männer und Frauen. Während Erstere auf einen Gesamtanteil von 4,5 Prozent an alkoholsüchtigen in Bezug auf die gesamte erwachsene, männliche Bevölkerung kommen, sind es bei den Frauen nur 1,7 Prozent. Bei Kindern und Jugendlichen schnitt der Alkohol in seiner Gefährdung ebenfalls klar schlechter als das Glücksspiel ab. Hier vermeldete der Bericht, dass rund 3,7 Prozent der Personen im Alter zwischen 12 und 17 ein risikoreiches Trinkverhalten an den Tag legen. Beim Rauschtrinken in den letzten 30 Tagen waren es sogar 14 Prozent. Auch hier zeigte sich das typische Muster zwischen Männern und Frauen, beziehungsweise Jungen und Mädchen, welches bei fast allen Süchten beobachtet werden kann. Während sich rund 15,1 der Jungen einem Vollrausch im letzten Monat hingaben, waren es bei den Mädchen nur 12,8 Prozent.

Die berechneten wirtschaftlichen Kosten des Rauchens für die Gesellschaft:

  • das Trinken von Alkohol verursacht pro Jahr mehr als 13,7 Milliarden Euro an direkten Kosten bei den Konsumenten
  • zusätzlich entstehen weiterhin direkte Kosten in Höhe von 2 Milliarden Euro bei der Pflege, 0,7 Milliarden Euro für Rehabilitierung, 0,1 Milliarden für die Teilhabe am Arbeitsleben sowie 0,1 Milliarden Euro durch Unfälle
  • indirekte Kosten verursacht das Trinken von Alkohol durch den Ressourcenverlust der Verstorbenen in Höhe von 13 Milliarden Euro, 1,2 Milliarden Euro in der Reha sowie 2,1 Milliarden Euro in der Pflege
  • die langfristige Arbeitslosigkeit von Trinkern wiederum verursacht insgesamt 10,3 Milliarden Euro indirekte Kosten, während Arbeitsunfähigkeit 5,8 Milliarden Euro, die kurzfristige Arbeitslosigkeit 4,8 Milliarden Euro und Erwerbsminderung 3,3 Milliarden Euro kosten
  • insgesamt belaufen sich alle Kosten durch das Trinken von Alkohol für die deutsche Gesellschaft auf fast 60 Milliarden Euro im Jahr

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