Eigentlich könnte bei den Schweizer Spielbanken eitel Sonnenschein herrschen. Sie haben das Referendum, dürfen endlich eigene Online Casinos betreiben und dies auch noch ohne sich mit der unliebsamen Konkurrenz aus dem Ausland messen zu müssen. Für den großen Coup, der viele neue Millionen Schweizer Franken verspricht, wurde sogar ein gewaltiger Kollateralschaden in Form von Netzsperren billigend in Kauf genommen. Doch scheint es nun, dass die Schweizer Spielbanken mit ihrem ständigen Gejammere und der gewollten Marktabschottung ein wenig über das Ziel hinausgeschossen sind und sich dabei sprichwörtlich ins eigene Bein geschossen haben.
Gestern Feind und heute Freund, Hauptsache der Franken rollt
Schon vor dem abgehaltenen Referendum zum neuen Geldspielgesetz hatten bereits einige Schweizer Spielbanken weitreichende Pläne für den Aufbau eigener Online Casinos. Schließlich glaubten sie daran, dass das Gejammere über entgangene Millionen für die Allgemeinheit und die eigene Lobbyarbeit am Ende Früchte tragen würde. Zusätzlich wurde nichts unterlassen, die ausländischen Anbieter von Online Casinos so schlecht wie möglich darzustellen und sie als „Feinde des Allgemeinwohls“ zu brandmarken. Doch gerade letzteres scheint nun den Schweizer Casinos selbst auf die Füße zu fallen. Denn um eigene Online Casinos zu betreiben, die mit den ausländischen großen Playern mithalten können, fehlt ihnen einfach das notwendige Know-How. Diese sollte nun gerade von den Unternehmen kommen, die zuvor bis aufs Messer bekämpft wurden, indem Kooperationen mit diesen abgeschlossen werden sollten. Dafür hätten Betreiber von Online Casinos aus dem Ausland entweder Anteile an Schweizer Spielbanken erhalten oder üppige Beträge für den Aufbau eines eigenen Angebots.
Diese merkwürdige Haltung, zuerst die Konkurrenz zu brandmarken, nur um nach dem erfolgreichen Referendum mit diesen dann ins Bett zu steigen, sorgt nun für gehörigen Unmut. Doch wie bereits zuvor beim Geldspielgesetz setzen die Schweizer Casinos wieder einmal ihre mächtigste Waffe ein, das Gejammere. So berichtet die Luzerner Zeitung über gleichlautende Aussagen der Casinos in Basel, Bern und Baden. Darin ist die davon die Rede, dass die eigenen Online Casinos ein vergleichbares Angebot im Internet schaffen wollen, damit Schweizer Bürger, trotz Netzsperren die leicht zu umgehen sind, in Zukunft bei ihnen zocken. Der Hacken daran ist nur, wie die Spielbanken selbst schreiben, dass sie dieses große Portfolio an Glücksspielen gar nicht selbst erbringen können. Deshalb sind sie auf die Hilfe der ausländischen Anbieter angewiesen, die sie zuvor noch bekämpften. Hauptsächlich geht es dabei um den enorm wachsenden Bereich des Live Casinos. Der Schweizer Markt allein ist viel zu klein, um ein eigenes Angebot in der Größenordnung von Evolution Gaming oder NetEnt stemmen zu können. Damit bleibt am Ende nur die Möglichkeit Verträge mit diesen Unternehmen abzuschließen, wogegen sich aber nun die Politik und ein Passus aus dem neuen Geldspielgesetz sperrt.
Natürlich gibt es hierzu auch die andere Seite der Medaille. So scheinen laut der Luzerner Zeitung zahlreiche ausländische Anbieter ebenfalls ein Interesse an einer Kooperation haben. Schließlich könnten sie hierüber immer noch einen kleinen Teil vom Kuchen abbekommen. Daran zeigt sich auf beiden Seiten, dass trotz des zuvor erbittert geführten Kampfes am Ende doch nur das Geld im Vordergrund steht und so aus Feinden ganz schnell Freunde werden können.
Ein Passus im Geldspielgesetz könnte der Kooperation den Riegel vorschieben
Den meisten Schweizer Politikern dürfte der Sinneswandel der Casinos wohl überhaupt nicht gefallen, haben sie doch zum größten Teil deren exklusive Wünsche übernommen. Einer davon war es, die ausländischen Anbieter von Online Casinos vom Markt fernzuhalten und dies mit allen Mitteln. Hierfür wurde extra der Passus geschaffen, dass Spielbanken, die eine Online Casino Lizenz erhalten wollen, einen tadellosen Ruf genießen müssen. Nun kommt jedoch der Witz an der Geschichte, dass dieser Ruf nicht gegeben ist, wenn das entsprechende Unternehmen in den letzten 5 Jahren seine Angebot ohne Konzession in der Schweiz anbot. Dies betrifft zudem ebenfalls die Kooperationspartner der Schweizer Casinos, die nicht mit solchen Firmen mit „schlechtem“ Ruf zusammenarbeiten dürfen, wenn sie dies Konzession erhalten wollen. Damit soll ein Wiedereintritt in den Markt durch die Hintertür unterbunden werden. Für die Schweizer Unternehmen könnte deshalb nun das Problem entstehen, dass so gut wie kein Anbieter aus dem Ausland, der groß genug ist und das Know-How besitzt, in den letzten 5 Jahren in der Schweiz nicht aktiv war. Dadurch würden all diese zuvor bekämpften Betreiber von Online Casinos als Kooperationspartner ausfallen und das eigene Angebot hierdurch deutlich schlechter werden. Somit fällt den Schweizer Spielbanken nun ihr ständiges Gejammer und die zum Teil fast als Hetze zu bezeichnete Argumentation gegen die Konkurrenz auf die eigenen Füße. Wenn die Einführung der Netzsperren bei der ganze Pose nicht so traurig wäre, könnte man über diese Wendung wohl ein wenig Schadenfreude empfinden.
Ab 1. 1. 2019 soll das neue Geldspielgesetz in der Schweiz voraussichtlich Inkrafttreten. Aufgrund er kurzen Zeitspanne ist mit gravierenden Änderungen wohl nicht mehr zu rechnen. Allerdings sollte die hervorragende Lobbyarbeit der Schweizer Spielbanken nicht unterschätzt werden. Es wäre nicht das erste mal, dass die Politik ihren Wünschen entgegenkommt. Und deshalb ist es nicht völlig auszuschließen, dass bis zum Ende des Jahres dieser Passus noch auf wundersame Weise aus dem neuen Geldspielgesetz verschwindet oder angepasst wird.
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