EU-KommissionVerträge und Gesetze sind nur dann etwas wert, wenn es ebenfalls jemanden gibt, der diese durchsetzt, damit alle Beteiligten sich an diese wirklich halten. Die EU-Kommission hat nun jedoch bekanntgegeben, sämtliche Pilot- und Vertragsverletzungsverfahren in Bezug auf Online Casinos und das Glücksspiel im Internet im Allgemeinen mit sofortiger Wirkung einzustellen. Betroffen ist hiervon ebenfalls der Deutsche Glücksspielstaatsvertrag, der wegen teilweise EU-rechtswidrigen Inhalten und Regelungen schon mehrfach von der EU-Kommission zuvor kritisiert wurde. Damit ist für die Bundesregierung ebenfalls das eröffnete Pilotverfahren, die Vorstufe zum Vertragsverletzungsverfahren, vom Tisch.

EU-Kommission wälzt in Zukunft alle Belange zu Online Casinos auf den Europäischen Gerichtshof ab

Vollmundig verkündete noch 2012 die EU-Kommission sich als Hüterin des Binnenmarkts für eine einheitlichen Weg bei der Regulierung der Online Casinos und des Glücksspiels im Internet stark zu machen. Die Mitgliedsstaaten sollten unter dem Rahmen der Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU ihre Glücksspielmärkte auf Vordermann bringen. Dabei stand vor allem das grenzüberschreitende Angebot an Online Casinos, Sportwetten und Lotto im Vordergrund. Die EU-Kommission überwachte dabei, ob die Gründe der Mitgliedsstaaten für eine Abschottung des eigenen Glücksspielmarktes gerechtfertigt sind. Im Falle von Deutschland kam sie zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass dies nicht gerechtfertigt ist, da staatliche Anbieter neue Produkte auf den Markt bringen und selbst Werbung für Glücksspiele schalten. Damit verstößt Deutschland gegen den eigenen Glücksspielstaatsvertrag, der als Hauptziele Kampf gegen Spielsucht und Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs zum Ziel hat. Bisher konnten sich benachteiligte Betreiber von Online Casinos oder Sportwetten mit einer Lizenz eines Mitgliedslandes an die EU-Kommission wenden, wenn sie glaubten benachteiligt zu werden. Mit der nun getroffenen Entscheidung sind jedoch alle Pilot- und Vertragsverletzungsverfahren eingestellt und das größte Druckmittel auf die nationalen Regierungen eingestampft.

Im Moment gibt es sowohl beim Thema Online Sportwetten wie auch beim Lotto massive Probleme mit dem Deutschen Glücksspielstaatsvertrag. In beiden Fällen wurde dem Gesetz von unterschiedlichen Gerichten bescheinigt, nicht mit geltendem EU-Recht vereinbar zu sein. Bei den Online Casinos ist dies sogar noch schlimmer, denn hier gibt es nicht einmal eine einheitliche Haltung der Bundesländer.

Mit der Auslagerung aller Probleme an den Europäischen Gerichtshof, die durch unterschiedliche Gesetzgebung in Sachen Glücksspiel zwischen den Nationalstaaten und der EU auftreten, macht es sich die EU-Kommission einfach. Denn nun werden alle Streitfälle am Ende vor der höchsten, richterlichen Instanz entschieden werden müssen. Denn die EU-Kommission setzt nun zuerst auf die Weisheit der nationalen Gerichten in einem Mitgliedsland. Und hier wurde bereits in Deutschland mehrfach klar, dass deutsche Gerichte bei ihrer Beurteilung sich nicht immer an das höherwertige EU-Recht halten. Dadurch wird am Ende wohl jeder Streitfall letztinstanzlich am Europäischen Gerichtshof landen, wo Wartezeiten von mehreren Jahren auf ein Urteil keine Seltenheit sind. Das Schlimmstes jedoch an dieser Entscheidung der EU-Kommission ist, dass sie genau in dem Augenblick erfolgt, in der in Deutschland gerade die Zeichen für ein neues Glücksspielgesetz so gut wie lange nicht stehen. Schleswig-Holstein will einen neuen Glücksspielstaatsvertrag, der ebenfalls Lizenzen für Online Casinos in Deutschland beinhalten soll. Hierfür ist die Landesregierung, genau wie die Kollegen in Nordrhein-Westfalen, bereit, den 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht zu ratifizieren. Allerdings kommen dadurch ebenfalls nicht die minimalinvasiven Änderung bei der Vergabe der Lizenzen für Anbieter von Sportwetten zum Tragen, wie der Deutsche Sportwettenverband in seiner Pressmitteilung darlegt. Und genau diese minimalen Änderungen waren hauptsächlich Zustande gekommen, weil die EU-Kommission in der Vergangenheit mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht und Druck aufgebaut hatte. Vor diesem Hintergrund in Deutschland und den unzähligen, anhängigen Streitfragen zum Thema Online Casinos in ganz Europa, gibt die EU-Kommission nun in diesem Bereich ihre Hüterfunktion auf. Damit haben die Damen und Herren in Brüssel dem zarten Pflänzchen eine echten Regulierung und Liberalisierung der nationalen Glücksspielmärkte wahrlich einen Bärendienst erwiesen.

Deutliche  Kritik an der Entscheidung der EU-Kommission wurde ebenfalls vom Interessenverband EGBA laut. Sie stellte die Frage in den Raum, wie die EU-Kommission mit dieser Entscheidung noch den selbst erklärten Zielen von 2012 zum Thema Online Casinos und grenzüberschreitendem Glücksspiel nachkommen will. Zur EGBA gehören beispielsweise Anbieter wie Bet-at-home, GVC mit dem CasinoClub und dem Partycasino oder der Anbieter Kindred Group mit Unibet.

 

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