Casino-Tycoon Fenech bezichtigt den ehemaligen Stabschef Shembri den Mordauftrag erteilt zu haben. Geht es um den Gas-Deal zwischen Malta und Aserbaidschan?
Oftmals blicken Europäer in Sachen Pressefreiheit tief herab auf die Länder anderer Kontinente, in denen Journalisten besonders gefährlich leben. Allerdings ist die leichte Überheblichkeit überhaupt nicht angebracht, wie zahlreiche Morde in den letzten Jahren an investigativen Journalisten in der Slowakei und in Malta beweisen. Gerade letzteres Attentat auf Daphne Caruana Galizia, die im Oktober 2017 durch eine Autobombe ums Leben kam, zeigt zudem auf, dass selbst Malta, ein Mitgliedsstaat der EU, nicht vor Korruption bis in höchste Regierungskreise gefeilt ist. Nach mehr als zwei Jahren recht erfolgloser Versuche, die Mörder und vor allem die Auftraggeber ausfindig zu machen, kommt nun jedoch enorm Bewegung in den ganzen Fall. Im Zentrum der Ermittlungen steht nun der Casino-Tycoon Fenech, der für Straffreiheit die Auftraggeber verraten will. Angeblich soll es sich dabei um Keith Shembri, den Stabschef von Maltas Premierminister Joseph Muscat handeln. Weitere involvierte hochrangige Politiker in das Attentat auf Daphne Caruana Galizia können nicht ausgeschlossen werden.
Casino-Tycoon Fenech wurde von der Marine auf seiner Flucht gestoppt
Der Drehbuchschreiber eines Thrillers hätte es wohl nicht besser hinbekommen können. Bereits vergangenen Woche stoppte die maltesische Marine in einer spektakulären Aktion die Jacht von Casino-Tycoon Fenech kurz vor Erreichen der internationalen Gewässer und setzte diese fest. Grund für diese Aktion waren neue Erkenntnisse in Zusammenhang mit dem vor zwei Jahren stattgefundenen Bombenattentat auf die investigative Journalistin Daphne Caruana Galizia. Laut dem Taxifahrer und Geschäftsmann Melvin Theuma, soll der Casino-Tycoon in der Vergangenheit ihm Gelder für den Auftragsmord überreicht haben. Angeblich wurden hier rund 450.000 Euro an ein Killerkommando aus drei Personen bestehend gezahlt. Diese drei Beschuldigten sitzen seit fast zwei Jahren in Haft und hatten sich bislang hartnäckig geweigert, über ihre Auftraggeber auch nur ein Sterbenswörtchen zu verlauten. Melvin Theuma hingegen packte aufgrund einer Kronzeugenregel aus, die ihn am Ende vor der Verurteilung bewahren wird. Er wurde nur einen Tag vor der Festsetzung vom Casino-Tycoon Fenech verhaftet.
Nachdem bereits Theuma als Vermittler zwischen den Auftraggebern und dem Killerkommando identifiziert wurde, führten dessen Aussagen wiederum zum Casino-Tycoon Yorgen Fenech. Ebenfalls wurde nun bekannt, dass den Ermittlern abgehörte Telefonate vorliegen sollen, die den Geldfluss von Fenech über Theuma zu den Mördern der investigativen Journalistin belegen sollen. Diese abgehörten Telefonate sowie weitergehende Informationen zu dem Fall scheinen so stichhaltig zu sein, dass nun der Casino-Tycoon Fenech ebenfalls gern als Kronzeuge aussagen möchte. Hierdurch möchte dieser wohl ebenfalls noch seinen eigenen Hals aus der Schlinge ziehen und hofft auf Straffreiheit. Seinen Status als potenzielle Informant unterfütterte Yorgen Fenech mit brisanten Beschuldigungen gegen mindestens einen hohen Politiker in der maltesischen Regierung. Hierbei soll es sich um Keith Shembri handeln, den Stabschef von Premierminister Joseph Muscat und zugleich dessen persönlichen Freund. Laut Fenech soll der Auftrag für den Mord an Daphne Caruana Galizia direkt von ihm gekommen sein. Bis tief in die Nacht beriet Muscat mit seinem Staab aufgrund der Informationen, ob tatsächlich dem Casino-Tycoon Fenech ebenfalls eine Amnestie gegen brisante Informationen ausgestellt werden solle. Nach neusten Meldungen wurde dies jedoch abgelehnt, was theoretisch die Ermittlungen nun erschweren könnte, gerade in Bezug auf die Rolle Shembris als möglichen Auftraggeber.
Yorgen Fenech ist der größte Casino-Tycoon von Malta:
- bis vor Kurzem war Yorgen Fenech CEO der Tumas Group, die in Malta in verschiedenen Bereichen wie Glücksspiel, Immobilien sowie in der Energiewirtschaft tätig ist
- die Tochterfirma Tumas Gaming ist der größte Glücksspielkonzern der Insel
- im Jahr 1998 eröffnete das Unternehmen in Malta mit dem Oracle Casino seine erste Spielbank
- im Jahr 2006 folgte dann das weltbekannt Portomaso Casino
- das erste Online Casino, portomasolive, ging in 2008 in Betrieb
- seit 2012 ist Tumas Gaming ebenso im Bereich Sportwetten in Malta mit Bestplay aktiv
Wurden die Recherchen zur ominösen Firma 17 Black der Journalistin zum Verhängnis?
Vor gut drei Jahren sorgten die Enthüllungen aus den Panama Papers in der ganzen Welt wegen ihren aufgezeigten Verbindungen zwischen hochrangigen Politikern und Wirtschaftsmagnaten zu geheimen Offshore-Firmen für Entrüstung. Für Daphne Caruana Galizia, die investigative Journalistin in Malta, bedeutete wohl das Herumstochern in den nun öffentlich gewordenen Netzwerken zur Geldverschleierung und Steuerhinterziehung wiederum den Tod. Vor allem der Name einer Firma, 17 Black, tauchte immer wieder bei ihren Recherchen noch bis kurz vor dem Mord an ihr auf. Chef dieses ominösen Unternehmens mit Sitz in Dubai ist kein Geringerer als der Casino-Tycoon Fenech höchstpersönlich. Bereits im Februar 2017 erwähnte erstmals die investigative Journalistin 17 Black und brachte diese in Verbindung mit hochrangigen Politikern in Malta. Namentlich in diesem Zusammenhang sprach sie von Keith Shembri, den mittlerweile zurückgetretenen Stabschef von Premierminister Joseph Muscat und von Fenech beschuldigt, den Auftrag zur Ermordung gegeben zu haben. Des Weiteren wurden ebenfalls noch Joseph Muscat selbst sowie John Dalli, ehemaliger Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz der EU und Konrad Mizzi, ebenfalls zurückgetretener Minister für Tourismus erwähnt. In mehreren Artikeln warf Daphne Caruana Galizia den Herren vor, 17 Black als Weiterleitung zahlreicher dubioser Gelder an Konten in Panama benutzt zu haben.
Hierbei ging es um das zweite große wirtschaftliche Standbein von Casino-Tycoon Fenech und seinem Konzern Tumas Group, dem Energiesektor. Schon seit der Bewilligung der Genehmigung eines 400 Millionen Euro schweren Gaskraftwerks in Malta, welches einem Konsortium gehört, tauchten immer wieder Korruptionsvorwürfe auf. Neben dem deutschen Konzern Siemens ist außerdem das staatliche Unternehmen Socar aus Aserbaidschan sowie eine Gruppe maltesischer Firmen unter der Leitung von Yorgen Fenech am Gaskraftwerk beteiligt. Die investigative Journalistin fand heraus, dass über 17 Black diverse Zahlungen nach Panama an Firmen gingen, die wiederum zu Keith Shembri sowie Konrad Mizzi gehörten. Hierbei soll es sich um Zahlungen in Millionenhöhe gehandelt haben. Namentlich ging es sich dabei um Hearnville Inc. sowie Tillgate Inc., die wiederum dem Orion Trust New Zealand Limited zugeordnet werden konnten. Des Weiteren soll zusätzlich die Frau des Premierministers, Michelle Muscat, ebenso Empfängerin von ominösen Zahlungen gewesen sein. Angeblich flossen fast eine Millionen Euro von der Familie des aserbaidschanischen Diktators Ilham Alijew an die Firma Egrant, welche laut der investigativen Journalistin Michelle Muscat gehört haben soll. Egrant wurde ebenfalls im Zuge der Panama Papers aufgedeckt.
Auszug aus den insgesamt 61 Firmen vom Casino-Tycoon Fenech:
- 17 Black
- Tumas Group
- Tumas Gaming
- Oracle Gaming
- Electrogas Malta
- Bestplay Gaming
- Portomaso Leasing Company
Der obskure Deal zwischen Malta und Aserbaidschan
Bei allen Enthüllungen über geheime Firmen und Konten in Panama sowie dubiosen Geldzahlungen an Shembri, Mizzi und womöglich auch die Frau des Premierministers Muscat führen am Ende die Spuren zu einem großen Milliardendeal. Dieser wurde 2015 zwischen Malta und Aserbaidschan abgeschlossen und sollte zukünftig die Energieversorgung der Insel sicherstellen. Für 10 Jahre wurden hierbei dem aserbaidschanischen Staatsunternehmen Socar exklusiv die Lieferung über Flüssiggas zugesprochen. Schon damals sorgte die strenge Geheimhaltung über die genauen Details zu dem Deal für Aufsehen und die anhaltende Geheimniskrämerei führte zu wilden Spekulationen und Korruptionsvorwürfen. Mittlerweile jedoch sind seit 2018 die Informationen aus dem Deal zwischen Malta und Aserbaidschan bekannt und legen Verbindungen zum Mord an Daphne Caruana Galizia und dem Casino-Tycoon Fenech nahe.
Wie der „Guardian“ damals berichtete, beläuft sich der Vertrag zwischen Malta und Aserbaidschan über die 10 Jahre auf rund 1 Milliarden Euro. Merkwürdig hieran ist jedoch, dass die staatliche Firma Socar als Lieferant von Flüssiggas auftritt, obwohl das Unternehmen überhaupt kein Flüssiggas herstellt. Vielmehr kauf diese das Produkt direkt von Shell für deutlich weniger Geld, als später das Konsortium Electrogas später abdrücken muss, zudem neben Siemens bekanntlich auch der Casino-Tycoon Fenech gehört. Noch dubioser wird es aufgrund der Tatsache, dass Electrogas wiederum sein Flüssiggas an den staatlichen Konzern Enemalta ebenfalls weiterverkauft, welches zu guter Letzt dann dieses endlich einmal in Strom und Energie verwandelt. Bei dieser Konstellation stellt sich natürlich sofort die Frage, warum der staatliche Konzern nicht direkt das Flüssiggas von Shell zu einem viel günstigeren Preis einkauft, anstatt zahlreiche Mittelsmänner mitverdienen zu lassen? Die Antwort könnte hier in den bereits zuvor beschrieben Geldflüssen an Shembri und Mizzi, der damals noch als Energieminister den Deal mit Aserbaidschan einfädelte, liegen. Diese Transaktionen, so vermutete damals die ermordete Journalistin, würden Schmiergeldzahlungen an Politiker belegen, bei denen 17 Black von Casino-Tycoon Fenech als Drehscheibe fungierte.
Sowohl Shembri wie auch Mizzi, der mittlerweile Minister für Tourismus war, sind mittlerweile von ihren Posten in der Regierung nach der Verhaftung von Casino-Tycoon Fenech zurückgetreten. Shembri, ehemaliger Stabschef von Premierminister Muscat wurde sogar verhaftet, allerdings wenig später vorerst wieder auf freien Fuß gesetzt. Yorgen Fenech bezichtigt den Politiker, den Auftrag zur Ermordung der Journalistin erteilt zu haben. Fenech wiederum soll abgehörten Telefonaten 450.000 Euro an Theuma übergeben haben, der das Geld wiederum an das dreiköpfige Killerkommando aushändigte.
Wie nach Darstellung aller Indizien und Aussagen vom Casino-Tycoon Fenech der Mord zustande kam
Nach fast zwei Jahren quälender Ungewissheit für die Familienangehörigen der getöteten Journalistin, bildet sich nun erstmals eine Kette an Indizien, die erklären könnte, warum Daphne Caruana Galizia sterben musste. Mutmaßlich gab es einen Deal zwischen Malta und Aserbaidschan über die exklusive Lieferung von Flüssiggas, welchen Konrad Mizzi als damaliger Energieminister eingefädelt hatte. Von dem Deal profitierten wahrscheinlich Keith Shembri und Mizzi durch Schmiergeldzahlungen über 17 Black, einem Unternehmen in Dubai, welches dem Casino-Tycoon Fenech gehört. Letzterer verdiente ebenfalls gutes Geld aus dem Flüssiggas durch seine Beteiligung am Konsortium Electrogas. Durch die Enthüllungen aus den Panama Papers kam Daphne Caruana Galizia der vermuteten Wahrheit wohl zu nahe und deshalb reifte nach Aussagen von Fenech bei Shembri der Plan, die Journalistin zu töten. Der Mordauftrag erging an Yorgen Fenech, der wiederum 450.000 Euro an den Mittelsmann Melvin Theuma weiterleitete. Dieser übergab die Summe letztendlich an ein Trio, welche mit einem Autobombe die Journalistin in die Luft sprengten.
Aufgrund der Ermordung übernahm ein internationales Rechercheteam die angefangene Arbeit von Daphne Caruana Galizia und förderte immer weitere Informationen zutage. Gleichzeitig ermittelten die Behörden in Malta weiter und hörten die Telefonate zwischen dem Casino-Tycoon Fenech und dem Mittelsmann Theuma ab. Aufgrund der daraus erzielten Informationen wurde Letzterer schließlich festgenommen und beschuldigte Yorgen Fenech der Auftraggeber des Mordes gewesen zu sein. Nur einen Tag später fing die Marine den gerade flüchten wollenden Tycoon auf See ab und nahm ihn fest. Im Verhör bezichtigte dieser wiederum Keith Shembri hinter dem Auftrag zur Tötung der unliebsamen Journalistin zu stecken. Pikanterweise sagte dieser ebenfalls aus, dass er aufgrund eines kurz zuvor eingegangenen Tipps von Keith Shembri flüchten wollte. Außerdem hätte ihm der ehemalige Stabschef im Krankenhaus Zettel über einen Vertrauensmann zukommen lassen. Dies soll sich abgespielt haben, als das Verhör des Casino-Tycoons Fenech wegen gesundheitlichen Problemen unterbrochen werden musste. Bei dem Vertrauensmann handelt es sich um den Arzt Adrian Vella, der mittlerweile ebenfalls verhaftet wurde. Um gegen Shembri auszupacken, forderte Fenech genau wie zuvor auch Theuma eine Amnestie als Kronzeuge. Diese wurde jedoch, anders als bei Theuma, nicht von Premierminister Muscat gewährt. Fenech vermutet deshalb, dass Muscat seine langjährigen Freunde wie Shembri schützen will und will deshalb den Präsidenten des Landes anrufen. Dieser könnte ebenfalls eine Amnestie ermöglichen, falls er der Meinung wäre, dass in diesem Fall Muscat befangen wäre.
Die involvierten Personen in den Auftragsmord und deren Funktion in der Sache:
- Alfred Degiorgio (verhafteter Attentäter)
- George Degiorgio (verhafteter Attentäter)
- Vincent Muscat (verhafteter Attentäter)
- Melvin Theuma (Auftraggeber an das Killerkommando)
- Casino-Tycoon Fenech (Auftraggeber an Theuma)
- Keith Shembri (Auftraggeber an Fenech, geheime Firmen in Panama und zurückgetretener Stabschef)
- Konrad Mizzi (geheime Firmen in Panama, ehemaliger Energieminister und zurückgetretener Tourismusminister)
- Chris Cardona (Rolle unklar, zurückgetretener Wirtschaftsminister)
- John Dalli (Rolle unklar, wurde von der Journalistin mit 17 Black in Verbindung gebracht)
- Michelle Muscat (Frau des Premierministers, wurde mit Schmiergeldzahlungen aus Aserbaidschan in Verbindung gebracht, soll eine Firma in Panama gehabt haben)
- Joseph Muscat (Rolle unklar, wurde in der Vergangenheit Verschleppung bei der Aufklärung des Mordfalls vorgeworfen, verweigerte Straffreiheit für Fenech, wenn dieser gegen Shembri aussagt)
Hinterlasse einen Kommentar