Bremen Glücksspielwerbeverbot

Bei der nächsten Innenministerkonferenz der Länder will sich Ulrich Mäurer aus Bremen für ein generelles Glücksspielwerbeverbot starkmachen. (Bildquelle: pexels by Yan Krukov)

Ulrich Mäurer, Innensenator von Bremen, ist wahrlich kein Freund des Glücksspiels, zumindest wenn dieses von privaten Unternehmen angeboten wird. Seit Sommer vergeht kaum ein Monat, in dem der 70-jährige SPD-Politiker aus Bremen nicht die Trommel für ein deutschlandweites Glücksspielwerbeverbot schlägt. Dass der erst Anfang Juli dieses Jahres in Kraft getretene neue Glücksspielstaatsvertrag das Marketing der lizenzierten Anbieter von Sportwetten und Spielautomaten jedoch unter Auflagen explizit erlaubt, scheint ihn wenig zu interessieren. Dies, obwohl sein Bundesland als eines der Ersten das neue Glücksspielgesetz unterzeichnet hatte. Deshalb stellt sich die Frage, was Ulrich Mäurer eigentlich antreibt, nach nur wenigen Monaten den hart erkämpften Kompromiss der 16 Bundesländer nun torpedieren zu wollen und regelrecht zum Advokaten des Schwarzmarktes zu werden.

Bremen will die Innenminister der anderen Länder von einem generellen Glücksspielwerbeverbot überzeugen

Laut dem neuen Glücksspielstaatsvertrag ist es lizenzierten Anbietern von Sportwetten, virtuellen Spielautomaten und Internetpoker explizit erlaubt, in Deutschland für ihre legalen Angebote zu werben. Auch wenn damit durchaus Menschen in die Spielsucht geraten können, die erst durch das Marketing auf bestimmte Glücksspiele aufmerksam geworden sind, gibt es einen guten Grund für diese Regelung. Neben dem Ziel des hohen Spielerschutzes existiert nämlich auch das gleichrangige Ziel, möglichst viele Kunden aus dem Schwarzmarkt ins legale Spiel zu überführen. Ein generelles Glücksspielwerbeverbot, wie vom Innensenator aus Bremen gefordert, würde den legalen Anbietern die einzige Möglichkeit nehmen, auf ihr legales Portfolio an Automatenspielen oder Sportwetten aufmerksam zu machen. Für die Kunden selbst wäre dann zudem nicht mehr nachvollziehbar, welche Betreiber überhaupt legal sind und welche nicht. Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft den Anreiz für die Glücksspielunternehmen, sich überhaupt den rechtlichen Regeln zu unterwerfen und nicht ihre Angebote im Schwarzmarkt weiterzuführen. In Deutschland sind diese mit Einsatz- und Einzahlungslimits, ausgebremsten Spins und der höchsten Besteuerung auf das Online-Automatenspiel in ganz Europa bereits an der Schmerzgrenze angelangt. Deshalb verwundert es nicht, dass sich bislang hauptsächlich nur die ganz großen Player der Branche den neuen Regeln in Deutschland unterworfen haben. Zähneknirschend haben sie die bis zu 80 Prozent an Umsatzverlusten in der Bundesrepublik für eine saubere Weste bisher in Kauf genommen. Sollte nun jedoch der einzige Vorteil, das legale Marketing, nun durch das geforderte Glücksspielwerbeverbot ebenfalls noch genommen werden, könnte dies der letzte Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Ulrich Mäurer ist dafür bekannt, auch zur Not mit dem Kopf durch die Wand zu wollen und ist deshalb durchaus ernst zu nehmen. Unter seiner rigiden Führung wurde in der Stadt beispielsweise eine bislang bundesweit einmalige Regelung erlassen, in der Profivereine wie Werder Bremen für die Kosten von Risikospielen aufkommen müssen.

Wenn nichts anderes mehr einfällt – Spielerschutz

Wer die letzten Jahre die Entwicklung um das Glücksspiel in Deutschland verfolgt hat, der weiß natürlich sofort welchen Pfeil der Innensenator aus Bremen für das Glücksspielwerbeverbot aus dem Köcher gezogen hat. Richtig, es wieder einmal das Totschlagargument Spielerschutz bedient, ein Klassiker! Hierzu bringt Ulrich Mäurer die gleichen Argumente vor, wie er sie bereits im Juli zum Besten gegeben hat, als er den Presserat aufforderte, gegen die Berichterstattung über Sportwetten vorzugehen. Seiner Meinung nach hätte die Bildzeitung die Werbung für Sportwetten mit redaktionellen Inhalten zu stark vermischt, was daran liegen könnte, dass die Zeitung selbst mit Betvictor eine Sportwettenseite betreibt. Da jedoch der Presserat keine Lücke in den Regelungen es eigenen Kodex sah, folgte schließlich die Beschwerde durch Mäurer, die bislang jedoch ohne Erfolg gekrönt zu sein scheint. Doch nicht nur die Bildzeitung und Pro7Sat1 mit ihren Buchmachern und Online Casinos mussten sich harsche Kritik durch den Innensenator anhören, auch die Sportschau bekam ordentlich Feuer. Seit einiger Zeit tritt hier Tipico als Sponsor der Unterhaltungssendung auf, was der Öffentlich-rechtliche Rundfunk mit den Sponsorverträgen zwischen dem Buchmacher und der DFL sowie dem neuen Glücksspielstaatsvertrag begründet. Laut Mäurer würde Tipico die „maximale Seriosität“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nutzen, um sich vom angeblichen Schmuddelimage reinzuwaschen.

Für Ulrich Mäurer, den Innensenator aus Bremen, betreiben die Glücksspielunternehmen in Deutschland eindeutig zu viel Marketing, weshalb ein Glücksspielwerbeverbot überfällig ist. Laut Untersuchungen seiner Behörde seien im August dieses Jahres allein rund 37,5 Millionen Euro für Glücksspielmarketing im Fernsehen und im Internet ausgegeben worden. 20 Millionen Euro von dieser Summe stammten dabei aus dem Bereich Sportwetten.

Die eigenen Leichen im Keller werden konsequent ignoriert

Auch wenn sich vornehmlich der SPD-Politiker aus Bremen bei seinen Argumenten für ein Glücksspielwerbeverbot in Deutschland auf die Sportwetten konzentriert, richtet sich sein Angriff gegen die gesamte Branche. Dies wird an dem Antrag deutlich, denn Ulrich Mäurer auf der nächsten Innenministerkonferenz Anfang Dezember in Stuttgart einbringen will. Hieraus zitiert die Tagesschau, dass die Glücksspielwerbung der Suchtprävention sowie der Bekämpfung der Glücksspielsucht und damit dem Ziel aus dem neuen Glücksspielstaatsvertrag entgegenstehen würde. Explizit werden darin nicht nur Sportwetten genannt, sondern ebenso Online Casinos sowie Poker und Spielautomaten im Internet. Lotto hingegen, welch Überraschung, ist natürlich nicht enthalten, was der eigenen Bremer Toto und Lotto GmbH natürlich entgegenkommen dürfte, die der Stadt gehört. Zuletzt durfte sich der Staatsbetrieb ja erst über die zwei Spielbanken in Bremen und Bremerhaven aus dem Portfolio von Westspiel freuen. Anders als in NRW, die mithilfe einer europaweiten Ausschreibung einen neuen Besitzer für die vier Casinos im Land fanden, wurden die zwei Standorte im Norden einfach per Beschluss der eigenen Lottogesellschaft zugeschanzt. Ausgerechnet die Gesellschaft, der in 2018 und 2019 Vergangenheit zahlreiche Verstöße gegen den damaligen Glücksspielstaatsvertrag vorgeworfen wurden. Pikanterweise legte der Bundesrechnungshof dar, dass die Bremer Toto und Lotto GmbH in ihrer Glücksspielwerbung für erhebliche Anreize zum Kauf ihrer Glücksspiele sorgen würde und zudem deutlich zu wenig vor den Gefahren der Glücksspielsucht warnt. Als Innensenator von Bremen wäre es spätestens nach diesem Bericht des Bundesrechnungshofes die Aufgabe von Mäurer als Chef der Glücksspielaufsicht gewesen, dem Treiben der Gesellschaft ein Ende zu bereiten. Tatsächlich jedoch herrschte zu diesen Vorfällen typisches Schweigen und tiefgreifende Konsequenzen wurden keine gezogen. Vor diesem Hintergrund des Versagens in der eigenen Stadt in Sachen Glücksspielmarketing wirkt sein Kreuzzug für ein Glücksspielwerbeverbot nicht nur wohlfeil, sondern trieft regelrecht vor politischer Doppelmoral.

Mittlerweile hat sich auch der DSWV, der Deutsche Sportwettenverband, durch seinen Präsidenten Mathias Dahms zu den Plänen über ein Glücksspielwerbeverbot des Innensenators aus Bremen geäußert. Er kommentierte dies mit den Worten: “Der Staat darf nicht den Eindruck entstehen lassen, mit zweierlei Maß zu messen und die eigenen Glücksspielangebote bevorzugen zu wollen. Schließlich sind alle Inhaber einer deutschen Glücksspielerlaubnis – sowohl staatlich als auch privat – von den Behörden sehr aufwändig auf ihre Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit geprüft worden. Das gilt insbesondere auch für deren Werbekonzepte. Werbung für illegale Anbieter ist nach dem Gesetz verboten, auf die Durchsetzung dieses Verbots sollten sich die Vollzugsbehörden konzentrieren.”

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