Anhörung Finanzausschuss Einsatzsteuer

Weiterhin liegen auch nach der Anhörung im Finanzausschuss zwischen den Argumenten der Befürworter und Gegner der Einsatzsteuer Welten. (Bildquelle: pexels by pixabay)

Seit einigen Monaten bereits ist die geplante Einsatzsteuer auf virtuelle Spielautomaten und Poker in deutschen Online Casinos in aller Munde. Kein Wunder, liegen doch die Einschätzungen zu ihrer Sinnhaftigkeit zwischen Befürwortern und Kritikern so weit auseinander wie bei fast keinem anderen Glücksspielthema. Dass am Ende wohl leider einmal mehr Gerichte entscheiden werden müssen, ob die Einführungen einer solchen Besteuerung überhaupt rechtens ist, wurde erst wieder am vergangenen Montag deutlich. Bei der mit Spannung erwarteten Anhörung im Finanzausschuss im Bundestag lagen zwischen den Beurteilungen verschiedener Gutachter und Experten zur geplanten Einsatzsteuer weiterhin Welten. Deshalb stehen die Bundestagsabgeordneten weiter vor der schwierigen Frage, welcher Einschätzung sie am Ende glauben schenken und darauf aufbauend nun für oder gegen das neue Rennwett- und Lotteriegesetz stimmen werden.

Gutachter liegen bei Anhörung im Finanzausschuss zur geplanten Einsatzsteuer weit auseinander

Am vergangenen Montag fand die mit Spannung von der Glücksspielindustrie erwartete Anhörung zur Einsatzsteuer im Finanzausschuss im Bundestag statt. Geladen waren sowohl Befürworter einer solchen Besteuerung wie auch deren Gegner und Kritiker, was zu extrem unterschiedlichen Einschätzungen zu deren Rechtmäßigkeit und Wirkungsweise führte. Im Kern geht es um eine wichtige Änderung um Rennwett- und Lotteriegesetz, in der die Besteuerung von Glücksspielen geregelt ist und erstmals nun auch Spielautomaten und Poker in Online Casinos in Deutschland erfasst werden sollen. Um möglichst viel zu vereinheitlichen, hat sich der Bundesrat, der diese Änderung ausgearbeitet hat, für eine auch bei Sportwetten übliche Einsatzsteuer von 5,3 Prozent entschieden. Dies bedeutet, das bei jedem Spin oder Beginn einer Pokerrunde bei einem Einsatz von beispielsweise einem Euro genau 5,3 Cent bereits vor dem Start an den Fiskus abfließen. Da dies immer geschieht, egal ob der Kunden gewinnt oder verliert, ist die dadurch herbeigeführte Steuerlast deutlich größer als im Vergleich zu den Spielautomaten in den terrestrischen Spielhallen und Spielbanken. Diese Ungleichbehandlung ist einer der größten Kritikpunkte in der Glücksspielindustrie zusätzlich zur Angst gegenüber zukünftig illegalen Angeboten zu sehr benachteiligt zu werden. In der nun erfolgten Anhörung zur geplanten Einsatzsteuer im Finanzausschuss wollten sich deshalb die Abgeordneten selbst ein Bild zum Sachverhalt machen und luden verschiedene Experten und Vertreter ein.

Ob trotz der nun erfolgten Anhörung im Finanzausschuss die geplante Einsatzsteuer pünktlich zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags Anfang Juli eingeführt werden kann, ist mittlerweile fraglich geworden. Die europäische Vereinigung EGBA sowie der Deutsche Sportwettenverband haben bereits Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt. Dass diese ihre Untersuchung noch vor dem 1. Juli abschließen wird, gilt als äußerst unwahrscheinlich und so könnte sich der gesamte Vorgang bis weit in den Herbst ziehen.

Die massive Abwanderung in den Schwarzmarkt ist vorprogrammiert

Wer mit reiner Logik an das ganze Thema rund um die geplante Besteuerung von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker herangeht, der kann sich kaum den Argumenten der Kritiker verschließen. Diese führen nämlich zwei wichtigen Punkte ins Feld, die nicht einfach so vom Tisch zu wischen sind, wie das gern einige Befürworter der Einsatzsteuer auch in der jetzigen Anhörung im Finanzausschuss so gern zelebrierten. Zum einen wäre der Fakt, dass Deutschland mit einer solchen Besteuerung sich wieder einmal als Geisterfahrer in Europa entpuppt. Als eines der letzten Länder erst beschloss Frankreich seine eigene Einsatzsteuer abzuschaffen und diese durch eine überall übliche Abgabe auf die Bruttospielerträge der Betreiber zu ersetzen. Warum der Nachbar diesen Schritt nun in die Tat umsetze, erklärte Justus Haucap, Wirtschaftswissenschaftler aus Düsseldorf, den Abgeordneten. Eine solche Einsatzsteuer führe zu niedrigeren Ausschüttungsquoten bei den dann lizenzierten Online Casinos und Buchmachern, was wiederum ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dann illegalen Angeboten deutlich einschränkt. Dies wiederum führt zu einer deutlichen Abwanderung der Kunden in den Schwarzmarkt. Dies gipfelt in einer geringeren Kanalisierung der Kunden in das legale Spiel, was schließlich einem der Hauptziele des Glücksspielstaatsvertrags diametral entgegensteht. Zusätzlich verwies Justus Haucap in der Anhörung im Finanzausschuss in Bezug auf die Einsatzsteuer noch auf einen weiteren wichtigen Fakt, die dann mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der dann legalen Betreiber. Für Kunden ist es nämlich enorm einfach geworden, im Internet alternative Angebote an Online Casinos aufzufinden und diese zu nutzen. Selbst bei strenger Verfolgung unlizenzierter Anbieter, beispielsweise aus der Karibik mit Unterlassungsverfügungen und Sperren von Zahlungsanbietern, können Kunden diese einfach umgehen. Nicht umsonst erfreuen sich Bitcoin Casinos seit einigen Jahren immer größerer Beliebtheit.

Mehrere Gutachten und Studien zur Einsatzsteuer kamen bereits schon vor der Anhörung von Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap im Finanzausschuss zur gleichen Einschätzung. Zum einen warnte bereits DICE Consult im Februar in einem Gutachten vor dieser Form der Besteuerung. Zum anderen sorgte Anfang Mai ebenso eine Studie von Goldmedia für Aufsehen, die von einer Abwanderung von fast der Hälfte aller Kunden in den Schwarzmarkt ausgeht, sollte die Einsatzsteuer wie geplant eingeführt werden.

Ist diese Form der Besteuerung eine unerlaubte Beihilfe des Staates?

Der zweite wichtige Punkt der Kritiker an der geplanten Besteuerung in Online Casinos betrifft die Ungleichbehandlung zwischen virtuellem Automatenspiel und terrestrischen Geldspielgeräten. Diesem widmete sich in der Anhörung im Finanzausschuss zur geplanten Einsatzsteuer vor allem Renatus Zilles, der Vorstandsvorsitzende des DTMV, des Deutschen Verbands für Telekommunikation und Medien. Zuvor jedoch wies er allerdings ebenfalls auf die zukünftig verringerten Ausschüttungsquoten in den deutschen Online Casinos hin, die nicht nur zu einer Abwanderung in den Schwarzmarkt führen werden. Auch der Staat selbst müsse sich hierdurch wohl mit deutlich geringeren Steuereinnahmen schlussendlich abfinden. Abseits dessen wies der die Abgeordneten im Finanzausschuss bei der Anhörung auf die momentanen Beschwerden gegen die geplante Einsatzsteuer bei der EU-Kommission hin. Erst vor wenigen Tagen hatten sowohl die EGBA, die European Gaming and Betting Accosiation sowie die DSWV, der Deutsche Sportwettenverband, eine EU-Beihilfebeschwerde eingereicht. Ihrer Meinung nach handelt es sich beider geplanten Form der Besteuerung von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker um nichts anderes als eine unerlaubte staatliche Beihilfe für Spielhallen und Spielbanken. Anders als in Zukunft Online Casinos zahlen diese nämlich die übliche Steuer auf ihre Einnahmen, die Bruttospielerträge. Wie hierzu bereits die EGBA zuvor vermeldete, beliefe sich deshalb der Steuervorteil der terrestrischen Glücksspielbranche in Deutschland auf unglaubliche rund 741 Millionen Euro im Jahr.

Sollte hier die EU-Kommission dem Argument folgen und die Einsatzsteuer als unerlaubte Staatshilfe einschätzen, wie dies Renatus Ziller in der Anhörung vor dem Finanzausschuss darlegte, gäbe es dann nur noch zwei Möglichkeiten. Zum einen könnte die Einsatzsteuer auch für Spielhallen und Spielbanken eingeführt werden, was dann jedoch wohl deren Unwirtschaftlichkeit bedeuten würde. Oder zum anderen würde die Pläne zu Einsatzsteuer in Online Casinos zurück in der Schublade verschwinden und stattdessen eine wie in Europa übliche Bruttospielertragssteuer eingeführt.

Die geplante Besteuerung von Online-Spielautomaten!

Kurz und knapp erklären der DSVW, der Deutsche Sportwettenverband und der DOCV, der Deutsche Online Casino Verband, in einem kurzen Video die vielfältigen Probleme mit der geplanten Einsatzsteuer. Kunden können sich darüber informieren, was womöglich schon bald auf sie in deutschen Online Casino zukommen könnte!

Bei den Befürwortern heißt es Augen zu und durch

Neben den recht logischen Argumenten der Kritiker gab es bei der Anhörung vor dem Finanzausschuss natürlich für die Abgeordneten ebenso Stimmen der Befürworter einer Einsatzsteuer in deutschen Online Casinos zu vernehmen. Geht es nach dem Rechtsanwalt Markus Ruttig aus Köln, dessen Expertise bei Fragen zum Glücksspielrecht gern vom Bundesland NRW in Anspruch genommen wird, sei die Einsatzsteuer kein Problem. Vielmehr würden nun endlich die bislang privilegierten Anbieter dem deutschen Ordnungsrecht und dem deutschen Steuerrecht unterworfen. Weiter führt er aus: „Das wird erstmals dazu führen, dass die Steuer in den [sic!] Breite freiwillig gezahlt werden wird.“ Er glaube zudem nicht, dass es zu einer großen Abwanderung in den Schwarzmarkt kommen wird und hofft auf einen ähnlichen Start der deutschen Online Casinos Anfang Juli wie zuvor bei der Marktöffnung der Sportwetten. Die nun geschaffen Möglichkeiten für private Anbieter zu werben sowie die Unsicherheit der Verbraucher, ob diese ihre Gewinne bei Online Casinos aus Übersee überhaupt ausgezahlt bekommen würden, würde klare Vorteile darstellen.

So schön dies alles wohl in den Ohren der Abgeordneten bei der Anhörung im Finanzausschuss zur geplanten Einsatzsteuer auch geklungen haben mag, so ist es doch nichts anderes als Augenwischerei. Schon zuvor haben Online Casinos mit Lizenz aus Schleswig-Holstein, die den Großteil des Marktes ausmachen, bereits fleißig in ganz Deutschland geworben. Zudem waren fast alle großen Buchmacher mit angeschlossenem Online Casino wie bwin oder Tipico im Sport als Sponsoren medial omnipräsent. Somit ist ein Vorteil durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag nicht wirklich auszumachen. Beim anderen Argument mit der Angst einiger Kunden bei unlizenzierten Anbietern womöglich keine Gewinne ausbezahlt zu bekommen, spricht ebenfalls nicht viel für einen Vorteil. Belastbare Studien wie von Goldmedia zeigen deutlich, dass die wichtigsten Entscheidungskriterien für eine Anmeldung eben nicht Sicherheit und Lizenzen sind. Vielmehr stehen klar die Ausschüttungsquote sowie die Angebotspalette zu Spielautomaten, Live Casino Spielen und zum Casino Bonus im Vordergrund. Hier werden die Anbieter aus der Karibik, die sich nicht an die neuen Regeln in Deutschland halten, in jedem einzelnen Bereich extreme Wettbewerbsvorteile besitzen. Wie vor diesem Hintergrund Ruttig der Meinung sein kann, dass förmlich die meisten Markteilnehmer geradezu darauf warten, endlich die neue Einsatzsteuer zu zahlen, um faktisch schlechter als der Schwarzmarkt gestellt zu werden, bleibt ein Rätsel.

Thomas Eigenthaler, der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, sah ebenfalls in der Anhörung zur Einsatzsteuer im Finanzausschuss keinen Grund zur Panik. Für ihn wird diese Art der Besteuerung nicht zu einer Ausweichbewegung der Kunden in den Schwarzmarkt führen. Sein Argument: „Sonst kann jeder Handwerker sagen: besteuert mich nicht so hoch, sonst gehen die Leute in die Schwarzarbeit.“ Eine Aussage und Annahme, die nicht nur auf einem Bein deutlich hinkt. Denn eine physische Dienstleistung eines Handwerkes mit einem Internetangebot, welches Ländergrenzen problemlos überschreitet, zu vergleichen, macht überhaupt keinen Sinn. Kein deutscher Kunde würde auf die Idee kommen, einen Handwerker aus der Karibik einfliegen zu lassen, nur weil dieser als Schwarzarbeiter die Reparatur um die Hälfte billiger erledigen könnte. Für Thomas Eigenthaler hingegen scheinen beide völlig unterschiedlichen Geschäftswelten durchaus miteinander vergleichbar zu sein. Wahrscheinlich ist dies der beste Beweis dafür, dass den Befürwortern so langsam nach und nach die sinnvollen Argumente auszugehen scheinen.

Sowohl für Renatus Ziller vom DVTM wie auch für den Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap ist eine Bestätigung der EU-Kommission, dass es sich bei der Einsatzsteuer um eine verbotene Staatshilfe handelt, recht wahrscheinlich. Daran glaubt jedoch Steuerrechtler David Hummel eher nicht und vertrat bei der Anhörung zur Einsatzsteuer im Finanzausschuss im Bundestag eine andere Meinung. Zugleich verwies er auf die Einfachheit des neuen Rennwett- und Lotteriegesetzes, mahnte aber jedoch ebenfalls an, dass wohl damit „die Flucht in die Illegalität nicht aufgehalten wird.“

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