SpielsuchtVor wenigen Tagen stellte die DHS, die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V., ihr neues Jahrbuch Sucht 2018 vor und wie erwartet stellen Alkohol, Tabak und Medikamente weiterhin das Hauptproblem dar. Gemessen an den Zahlen der Suchterkrankungen kommt die Spielsucht im Bereich des Glücksspiels an Spielautomaten oder beispielsweise beim Roulette auf eher geringe Fallzahlen. Allerdings stellt dies natürlich für die Betroffenen und deren soziales Umfeld trotz dessen weiterhin ein hohe Belastung dar.

Zahl der Spielsüchtigen geht zurück, allerdings steigt dafür das problematische Spielverhalten

Bei den Untersuchungen über Süchte wird im Bereich des Glücksspiels ein wichtige Unterscheidung getroffen. Einmal wäre hier die echte Spielsucht, die als pathologisch bezeichnet wird und mit totalem Kontrollverlust einhergeht und zum anderen das problematisches Spielverhalten. Diese zweite Form kann durchaus als Vorstufe einer echten Spielsucht bezeichnet werden, bei der allerdings noch zum Teil eine Kontrolle über das eigene Verhalten und den damit verbunden Risiken besteht. Wie das neue DHS Jahrbuch Sucht 2018 nun darlegt, hat sich die Zahl der pathologisch Spielsüchtigen von hochgerechneten 215.000 Personen in Deutschland im Jahr 2016 auf jetzt 180.000 in 2018 verringert. Allerdings stieg dafür im gleichen Zeitraum die Anzahl der Personen mit problematischem Spielverhalten von vormals 241.000 auf jetzt 326.000. Umgerechnet auf die Gesamtbevölkerung bedeutet dies, dass rund 0,31 Prozent als Spielsüchtige gelten, in 2016 waren es noch 0,37 Prozent. Beim problematischen Spielverhalten wiederum verändert sich der Anteil von vormals 0,42 Prozent auf jetzt 0,56 Prozent. Durch den stärkeren Zuwachs im zweiten Bereich stieg ebenfalls die Gesamtzahl an Personen an, die spielsüchtig oder stark gefährdet sind. Hier ging es von insgesamt 0,79 Prozent in 2016 auf jetzt 0,87 Prozent nach oben. Die im DHS Jahrbuch Sucht 2018 verwendeten Daten wurde von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Befragungen erhoben und beziehen sich auf den Zeitraum der letzten 12 Monate.

Besonders interessant an den Daten ist, dass die Zahl der Spielsüchtigen und Personen mit problematischen Spielverhalten zusammen nahezu konstant blieb. Im Vergleich zu 2010 ist die Anzahl sogar recht deutlich zurückgegangen, als noch rund 1,09 Prozent zusammen in beiden Gruppen gezählt wurden. Dies zeigt, dass viele Präventionsmaßnahmen tatsächlich gegriffen haben. Schließlich stieg allein der Gesamtumsatz im legalen, deutschen Glücksspielmarkt von rund 31,5 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf circa 45,2 Milliarden Euro in 2016. Ebenso stiegen die Gesamtumsätze im Bereich der Spielautomaten im selben Zeitraum von 17,2 Milliarden Euro auf fast 30 Milliarden Euro. Trotz dessen Spielautomaten rund 72 Prozent aller Spielsüchtigen kreieren, ist vor dem gewaltigen Anstieg im Gesamtumsatz also kein gravierender Anstieg der Suchterkrankungen zu verzeichnen.

Alkohol und Tabak produzieren Millionen Süchtige und werden weiterhin mit Samthandschuhen angefasst

Ohne die Problematik der Spielsucht und deren Auswirkungen für die betroffenen Zocker zu verharmlosen, zeigt jedoch ein Blick auf Alkohol, Tabak und Medikamente, wo die tatsächlichen Hauptprobleme in der Gesellschaft liegen. Denn das DHS Jahrbuch Sucht 2018 geht allein von rund 3,38 Millionen Menschen in Deutschland aus, die in den letzten 12 Monaten von einer alkoholbezogenen Störung betroffen waren. Darunter fallen Missbrauch bei 1,61 Millionen und Abhängigkeit bei 1,77  Millionen Bundesbürger. Zusätzlich kommen hierzu noch rund 74.000 Todesfälle. Beim Tabak sieht es ähnlich erschreckend aus. Hier geht die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in ihre letzten Erhebung im Jahr 2016 von 18,8 Prozent aller Bundesbürger aus, die regelmäßig zum Klimmstängel, zu E-Zigaretten oder anderweitigen Tabakwaren greifen. Der Tabakkonsum führt jährlich zu rund 131.000 Todesopfern, was rund 13,5 Prozent aller in Deutschland erfassten Todesfälle entspricht. Hier kommen noch zusätzlich circa 3.300 Tote hinzu, die dem Passivrauchen zugeordnet werden. Allein der Vergleich mit diesen beiden, gesellschaftlich anerkannten Drogen zeigt, dass die Spielsucht zwar nicht zu verharmlosen ist, aber die Gesellschaft insgesamt, tatsächlich weitaus größere Probleme in den anderen Bereichen hat. Bisher kam jedoch noch kein Politiker auf die Idee, einen Mindestabstand von Supermärkten zu Schulen oder untereinander zu fordern, in denen Tabak und Alkohol zum Verkauf steht. Wie diese ungeheure Diskrepanz zu erklären ist, bei der Beurteilung der verschiedenen Süchte und dem Feldzug gegen Spielautomaten durch die deutsche Politik, wissen wohl nur die Abgeordneten selbst. Noch immer dürfen Hersteller von Alkohol oder Tabakwaren fleißig werben und in jedem Laden und an jeder Ecke ihre Produkte feilbieten. Und all dies, obwohl sich allein die gesellschaftlichen Kosten der Sucht dieser beiden Bereiche zusammen auf fast 120 Milliarden Euro pro Jahr belaufen.

Das DHS Jahrbuch Sucht beinhaltet ebenfalls den Themenbereich der Medikamentensucht. Hier geht der Bericht in Deutschland von rund 1,2 bis 1,5 Millionen Süchtigen aus, die von Wirkstoffen wie Lorazepam, Zolpidem, Diazepam, und Zopiclon  abhängig sind.

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