Kühlung des Gehirns reduziert SpielsuchtBekanntlich sind die liebreizenden Affen die nächsten Verwandten von uns Menschen und genau wie wir erliegen sie der großen Faszination des Glücksspiels. Dies macht sie besonders interessant für die Wissenschaft, die immer wieder auf der Suche nach neuen Therapieansätzen für das Problem der Spielsucht ist. Eine neue Affenstudie könnte nun wieder eine weiteres Stück des komplizierten Puzzle um Belohnungszentrum, Risikobewertung und der neuronalen Vernetzung im Gehirn beisteuern. Die Forscher entdeckten nämlich eine Gehirnregion, die beim Thema Spielsucht und Risikowahrnehmung bislang überhaupt nicht wirklich Fokus stand. Wird diese gekühlt und damit das Feuern der Neuronen in diesem Bereich unterbunden, verlieren die Affen das Interesse große Risiken einzugehen.

Affen wie Menschen lieben das Risiko

Vor allem Rhesusaffen stehen dem Menschen sehr nahe und dies macht sie in vielen Bereichen zu hervorragenden Probanden für medizinische oder psychologische Studien. Besonders interessant ist dabei, dass diese Primaten ein ähnliche große Leidenschaft besitzen, Risiken einzugehen. In der jetzt veröffentlichten Studie der Johns Hopkins University in der Fachzeitschrift Current Biology wurden Affen darauf trainiert Spielautomaten zu zocken. Natürlich keine echten Merkur Spielautomaten, sondern einfache Spiele, die anstatt Geld Wasser oder Saft ausspuckten. Dabei zeigte sich deutlich, dass die Affen fast immer die Aussicht auf ein fetten Gewinn mit einer geringen Chance des Erfolges einem fast garantierten Erfolg mit wenig Ertrag vorzogen. Diese Präferenz kennen wir auch beim Menschen wie beispielsweise beim Lotto, wo Millionen Personen, trotz extreme geringer Chancen, jede Woche mitspielen. Ebenfalls Spielautomaten mit extrem hohen Jackpots in den Online Casinos sind extrem beliebt, obwohl gleichzeitig die Möglichkeit weniger gitantische Gewinne einzufahren meist unter dem Level andere Slots liegt.

Doch zurück zu den dem Glücksspiel frönenden Affen. Ihnen mussten die Forscher nämlich erst einmal beibringen was ein Chancenverhältnis ist. Dabei wurden sie zuerst auf zwei farbige Rechtecke trainiert, die entweder 10 Milliliter Wasser, beziehungsweise Saft oder eben nur 3 Milliliter einbrachten. Danach galt es nun ein Chancenverhältnis wie im Glücksspiel zu implementieren und so wurden die Quadrate mit beiden Farben in unterschiedlicher Mengenverteilung gefüllt. Nachdem die Affen anhand der unterschiedlichen Gewichtung der Farben in ihrer Größe innerhalb des Quadrats das Chancenverhältnis auf viel Wasser oder Saft begriffen hatten, zeigte sich eine klare Präferenz. Sie wählten fast immer das höhere Risiko, was die kleinste Chance bot, aber den größten Gewinn versprach. Und dies obwohl nach der Statistik, sie über einem längeren Zeitraum insgesamt mehr Beute hätten machen können, wenn sie lieber auf Nummer sichergegangen wären. Gesteuert wurde dabei der Spielautomat mit den Augen der Affen, weil die Forscher der Johns Hopkins University wissen wollten, ob die Region für die Augensteuerung im Gehirn bei der Risikobewertung ein Rolle spielt.

Lange Zeit herrschte in der Forschung die Meinung vor, dass generell einige Menschen bewusst eher Risiken eingehen als andere und somit auch eher der Spielsucht anheimfallen können. Allerdings haben neuer Ansätze und Studien gezeigt, dass die Risikobewertung selbst bei ein und dem selben Menschen je nach Situation völlig unterschiedlich ausfallen kann. So können Personen, die den Nervenkitzel beim Extremsport suchen, wiederum bei Geldinvestition äußert konservativ und zurückhaltend reagieren. Ebenfalls kann das trainierte Belohnungszentrum, welches bei Spielsüchtigen besonders beim Zocken feuert, nicht die einzige Hirnregion sein, die beeinflusst ob jemand die Kontrolle verliert.

Wird das Ergänzende Augenfeld gekühlt verschwindet die Risikofreude

Während der Versuche mit den Affen an den Spielautomaten wurde gleichzeitig deren Gehirn mit Bildgebungsverfahren beobachtet, was für die Probanden völlig harmlos war. Dabei zeigte sich, dass besonders eine Gehirnregion, das sogenannte Ergänzende Augenfeld, bei der Risikobewertung eine große Rolle spielte. Dieser Bereich liegt im präfrontalen Kortex und unterstützt zusammen mit dem Frontalen Augenfeld die Koordinierung der Augen. Die jetzige Studie an den Glücksspiel-Affen zeigt auf, dass durch die Evolution bereits beim Sehen, die Umgebung auf Chancen quasi gescannt wird. Dies erscheint logisch, immerhin mussten auch wir Menschen Früchte, Tiere und die gesamte Umgebung danach einteilen, was die größte Beute bei geringstem körperlichen Einsatz verspricht. Durch die Studie und der hohen Aktivität im Ergänzenden Augenfeld zeigt sich deutlich, dass schon bereits beim Betrachten eines Glücksspiels eine Risikobewertung in Gang gesetzt wird, die geringe Möglichkeiten auf großen Gewinn bevorzugt. Dieser Zusammenhang könnte in der Therapie von Spielsucht völlig neue Ansätze bieten und bereits viel eher eingreifen. Denn bislang konzentrierte sich die Forschung vor allem darauf, die starke Prägung des Belohnungszentrums wieder aufzulösen. Ein Ansatz der jedoch schon vorher bei der Beurteilung greift, ob ein bestimmtes Glücksspiel oder ein Spielautomat in seinem Chancenverhältnis überhaupt Sinn macht, könnte hier bereits präventiv helfen.

Eine Möglichkeit bereits vorher einzugreifen haben die Forscher der Studie der Johns Hopkins University bereits entdeckt. Von außen wurde das betreffende Gehirnareal des Ergänzenden Augenfelds heruntergekühlt, was ebenfalls völlig schmerzfrei geschah und es zeigte sich Erstaunliches. Denn wenn die Neuronen in diesem Bereich durch die Kühlung nahezu lahmglegt wurde, verloren die Affen sofort das Interesse an dicken Beute mit geringer Chance an dem Spielautomaten. Vielmehr wechselten sie zum kleineren Risiko, was ihnen aber über längere Zeit deutlich mehr Gewinn erbrachte. Durch diesen Zusammenhang konnten die Forscher beweisen, dass das Ergänzenden Augenfeld eine fudamentale Rolle bei der Einschätzung von Risiken spielt und nicht durch andere Mechanismen nur aktiv feuert. Veit Stuphorn, der Assistenzprofessor am Zanvyl Krieger Mind / Brain Institute der Johns Hopkins University zeigte sich verblüfft von dem großen Einfluss dieses Gehirnareals. So erklärt er: “Das war wirklich unerwartet, eine Gehirnregion zu finden, die so spezifisch mit der Risikoeinstellung verbunden ist. Die Vorliebe der Affen hat sich merklich geändert, anstatt das Risiko wirklich weiterhin zu mögen, ist es viel, viel geringer geworden.”

Bevor diese Ergebnise jedoch in Therapien für Spielsüchtige einfließen können, müssen jedoch noch weiter, ähnliche Studien mit Menschen durgeführt werden. Ebenfalls dürfte der Ansatz momentan nicht wirklich erbaulich erscheinen, sich eine gekühlte Metallplatte auf den Schädel zu binden, wenn gerade in einem Online Casino gespielt wird. Auch wenn das Gehirn nach der Kühlung wieder völlig normal arbeitet.

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