Mit Spannung wurde das Urteil vom Europäischen Gerichtshof zwischen dem Staat Ungarn und dem Sportwettenanbieter Sporting Odds Ltd, ein Tochterunternehmen von Sportingbet, erwartet. Denn wieder einmal musste das oberste Gericht in der Europäischen Union sich mit dem leidigen Thema auseinandersetzen, ob ein nationales Glücksspielgesetz gegen Europarecht verstößt. Wie in fast allen vorangegangenen Fällen ging es hier ebenfalls darum, ob die Dienstleistungsfreiheit aus Artikel 56 der Arbeitsweise der Europäischen Union unerlaubt für ausländische Online Casino Anbieter eingeschränkt wird. Dabei kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass das ungarische Glücksspielgesetz in seiner derzeitigen Version EU-rechtswidrig ist. Das spannende hieran ist, dass die oberste Justiz in Europa gerade die Klauseln und Regeln anprangerte, die Österreich und die Schweiz so gern einführen würden. Deshalb lohnt es sich für uns das Urteil, die Rechtslage in Ungarn und die daraus resultierenden Konsequenzen einmal näher zu betrachten.
EuGH kippt Strafzahlungen gegen Sportingbet
In der nun mit einem Vorabentscheid zu Ende gegangenen Auseinandersetzung zwischen Ungarn und der Firma Sportingbet ging es weniger um die kleine Strafzahlung in Höhe vom knapp mehr als 11.000 Euro. Vielmehr zog der Online Casinos Betreiber und Anbieter von Sportwetten wegen einer Grundsatzfrage vor Gericht. Und diese lautete: Verstößt das Ungarische Glücksspielgesetz gegen EU-Recht, im speziellen die Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 56 AEUV? Denn die Tochterfirma von Sportingbet, Sporting Odds Ltd wurde von Ungarn zu einer Strafzahlung von umgerechnet knapp 11.000 Euro verdonnert, weil das Unternehmen über keine Lizenz zum Betrieb eines Online Casinos oder für Sportwetten besitzt. Nur das Problem an der ganzen Geschichte ist, dass Sportingbet nie eine Chance hatte, jemals eine dieser Lizenzen überhaupt zu bekommen. Denn nach dem Ungarischen Glücksspielgesetz dürfen nur Unternehmen eine solche Konzession für Online Casinos bekommen, wenn diese bereits zuvor im Land mit physischen Casinos tätigt waren. Außerdem hätte der Zeitraum der Aktivitäten in Ungarn mindestens 10 Jahre betragen müssen, um nach ungarischem Recht als „seriös“ betrachtet zu werden. Sportingbet zog gegen diesen Umstand vor Gericht und in großen Teilen folgte der EuGH der Argumentation des Online Casinos Anbieters. Denn die Regeln des ungarischen Glücksspielgesetzes machen es ausländischen und neueren Anbietern unmöglich, legal auf den Markt zu kommen. Ebenfalls urteilte das Gericht, dass Ungarn in diesem Fall keine Strafzahlung hätte verhängen dürfen.
Zuerst landete der Fall zwischen Ungarn und Sportingbet vor dem zuständigen, ungarischen Verwaltungs- und Arbeitsgericht. Dieses konnte jedoch nicht klären, ob das nationale Glücksspielgesetz gegen EU-Recht verstößt und übermittelte den Sachverhalt zur Prüfung an den EuGH. Dieser kam nun in einem Vorabentscheid zu dem Ergebnis, dass das nationale Glücksspielgesetz von Ungarn gegen das EU-Recht verstößt.
Hier finden Sie die komplette Vorabentscheidung des EuGH zum Nachlesen!
Online Casino Lizenzen nur für einheimische Spielbanken möchte auch die Schweiz
Einige Teile der Argumentation und die Beurteilung von verschiedenen Regeln, die im ungarischen Glücksspielgesetz zu finden sind, sollten sich Politiker aus der Schweiz und Österreich genau anschauen. Denn ausgerechnet die Maßnahmen, die in der Schweiz und in Österreich gerade geplant sind, sind die Regularien an denen sich der EuGH besonders stört. So argumentierte Ungarn, genau wie die Schweiz und Österreich, damit, die geltenden Einschränkungen des Glücksspielmarktes dienten allein dem Kampf gegen die Spielsucht, welches dem Allgemeinwohl diene. Allerdings folgte der EuGH dieser ewigen Nebelkerze nicht und begründete dies auch. So teilten die Richter mit, dass die Nichtvergabe von Online Casinos Lizenzen an Betreiber, die bisher nicht physisch mit eigenen Casinos im Land vertreten waren, eine Diskriminierung darstellt. Diese macht es allen Unternehmen, die bisher nicht in Ungarn aktiv waren, unmöglich den Markt zu betreten. Außerdem wurde im nationalen Glücksspielgesetz ein Vergabeverfahren für Konzessionen verankert, allerdings wurden bis heute vonseiten des Staates keinerlei Aufrufe zu so einem Prozess gestartet.
Nun lässt sich die Situation in Ungar nicht Eins zu Eins auf die Schweiz überragen, doch gibt es nicht desto trotz Parallelen. Denn die Schweiz möchte ebenfalls nur den Unternehmen eine Online Casinos Lizenz ermöglichen, die bereits über ein terrestrisches Casino im Land verfügen. Außerdem sind Netzsperren geplant, die ebenfalls schon einmal in der Vergangenheit, wieder ging es um das ungarische Glücksspielgesetz, in ähnlichem Zusammenhang vom EuGH als EU-rechtswidrig beurteilt wurden. Zu dem gerade für die Schweiz so interessanten Punkt, ob Online Casinos Lizenzen nur an Unternehmen vergeben werden dürfen, die bereits physische im Land ein Casino betreiben, äußerte sich der EuGH wie folgt: „Die Bedingung, wonach ein Unternehmen in dem Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht wird, eine feste Niederlassung oder ein Tochterunternehmen gründen muss, läuft dem freien Dienstleistungsverkehr direkt zuwider, da sie die Erbringung von Dienstleistungen in diesem Mitgliedstaat durch in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Unternehmen unmöglich macht.“ Die Kopplung einer Online Casino Lizenz an den Betrieb einer eigenen Spielbank in der Schweiz, wäre somit EU-rechtswidrig.
Zwar ist die Schweiz kein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union, aber durch unzählige Verträge eng an diese gebunden. Dazu gehört ebenfalls der Artikel 56 AEUV über die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU. An diesen muss sich ebenfalls die Schweiz halten und somit haben die Urteile des EuGH in Bezug auf Ungarn ebenso Auswirkungen auf das geplante Glücksspielgesetz in der Schweiz.
Spielerschutz und Eindämmung des Glücksspiels muss kohärent und systematisch sein
Die neuste Vorabentscheidung des EuGH zeigt wieder einmal das Hauptproblem einiger nationaler Glücksspielgesetzgebungen auf und dies nicht nur in Ungarn. Denn wie im Falle von Österreich, der Schweiz oder Deutschland, darf nur dann die Dienstleistungsfreiheit, eines der höchsten Werte in der EU, nur dann national eingeschränkt werden, wenn höhere Ziele erreicht werden sollen. Eines davon kann beispielsweise der Verbraucherschutz oder der Kampf gegen Spielsucht sein. Allerdings setzt hierfür der EuGH enge Grenzen und schrieb in seiner Vorabentscheidung: „Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einem dualen System zur Organisation des Glücksspielmarkts, in dessen Rahmen bestimmte Arten von Glücksspielen einem staatlichen Monopol unterliegen, während für die Veranstaltung anderer Glücksspiele ein Konzessions- und Erlaubnissystem gilt, nicht grundsätzlich entgegensteht, sofern das vorlegende Gericht feststellt, dass die den freien Dienstleistungsverkehr einschränkende Regelung tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise die vom betreffenden Mitgliedstaat angegebenen Ziele verfolgt.“ Gerade der letzte Halbsatz ist in der Beurteilung, ob beispielsweise das angestrebte Geldspielgesetz der Schweiz oder die Pläne von Finanzminister Löger in Österreich EU-rechtswidrig sind, besonders wichtig. Denn der vorgeschobene Kampf gegen die Spielsucht wäre nur dann gegeben, wenn alle Parteien, also staatliche und private Anbieter, nach den selben Regel spielen würden. Der Ausbau an Glücksspielprodukten in einem teilstaatlichen Online Casinos, wie win2day in Österreich beispielsweise, oder das Werben um neue Kundschaft, stehen diesen Ziele diametral gegenüber. Denn schließlich ist das Ziel die Spielsucht zu bekämpfen und allgemein das Glücksspiel zurückzudrängen und nicht mehr Menschen an Glücksspielprodukte heranzuführen, sofern die eigenen Aussagen in der Politik ernst genommen werden würden. Der Ausbau staatlicher Glücksspielmonopole und die damit verbundenen Mehreinnahmen für das Staatssäckel, sind Alles, aber mit Sicherheit weder systematisch noch kohärent, wenn Sie Spielsucht bekämpfen wollen.
Eigentlich sollten Parlamente vor der Verabschiedung von neuen Gesetzen, diese auch daraufhin prüfen, ob diese eventuell gegen EU-Recht verstoßen. Es kann nicht sein, dass ständig Gerichte diese Fragen klären müssen und Gesetze permanent kassiert werden, nur weil Politiker keine Interesse an einem Ende des Glücksspielmonopols haben und auf höheren Einnahmen schielen. Seit Jahren werden notwendige Reformen in Ländern wie Österreich, Deutschland und der Schweiz verschleppt und ausgesessen, nicht gerade zum Vorteil von uns Bürgern, die einfach nur in Ruhe ihrem Hobby im Online Casino nachgehen wollen.
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