Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Tipico

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Tipico, obwohl den Betreibern eine Duldung von Online Casinos in Deutschland vorgegaukelt wurde. (Bildquelle: pixabay by Couleur)

Wie der NDR sowie die Süddeutsche Zeitung übereinstimmend berichten, ermittelt die Staatsanwaltschaft in Frankfurt gegen den Buchmacher Tipico in Deutschland. Grund für diesen Vorgang ist das Anbieten von Online Casino Spielen wie Spielautomaten, was laut Staatsanwaltschaft auch nach dem Umlaufbeschluss und der Veröffentlichung der Leitlinien weiterhin nach nationalem Recht verboten bleibt. Somit stellt sich natürlich die Frage, was diese ganze Form der Duldung von Online Casinos bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags eigentlich bringen soll, wenn diese vor Strafverfolgung gar nicht geschützt sind? Ebenso stellt sich die Frage, warum sich die Betreiber bereits den neuen Regularien wie der Aufgabe der Live Casinos unterwerfen sollen, wenn sich durch den Umlaufbeschluss rein rechtlich überhaupt nichts geändert hat?

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Tipico und fühlt sich an den Umlaufbeschluss nicht gebunden

Obwohl erst vor Kurzem der Umlaufbeschluss für eine angebliche Duldung von Online Casino in Deutschland als großer Durchbruch bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags am 1. Juli 2021 gefeiert wurde, verebbt nun langsam die Partystimmung. Wie jetzt nämlich bekannt wurde, ermittelt weiterhin die Staatsanwaltschaft in Frankfurt gegen mehrere Betreiber von Online Casinos in Deutschland, darunter Tipico und Lottoland. Ihnen wird zur Last gelegt, in der Bundesrepublik verbotene Glücksspiele wie Spielautomaten im Internet anzubieten. Laut noch gültigem Glücksspielstaatsvertrag, der am 30. Juni 2021 ausläuft, ist dies jedoch verboten. An diesem Sachverhalt ändern auch der erst vor Kurzen in Leben gerufene Umlaufbeschluss sowie die folgenden Leitlinien nichts. Wie die Staatsanwaltschaft in Frankfurt mitteilte, ist dieses Werk eine reine Verwaltungsvereinbarung und richtet sich somit ausschließlich an Mitarbeiter von Glücksspielbehörden, weshalb diese weiterhin gegen Tipico ermittelt. Diese Verwaltungsvereinbarung kann nämlich kein geltendes Gesetz, was der noch gültige Glücksspielstaatsvertrag darstellt, abschaffen oder verändern. Noah Krüger, der Oberstaatsanwalt in Frankfurt, erklärte, dass Betreiber von Online Casinos deshalb weiterhin verfolgt werden würden, bis es tatsächlich Genehmigungen in der Zukunft gäben würde, wie beispielsweise die geplanten Lizenzen.

Neben diversen Betreibern von Online Casinos wie Tipico und Lottoland ermittelt die Staatsanwaltschaft weiterhin auch gegen 2 Banken sowie ein weiteres Kreditkartenunternehmen. Diese dürfen laut dem noch gültigen Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland ebenfalls am Zahlungsverkehr für illegales Glücksspiel nicht mitwirken. Tipico jedoch verweist gegenüber dem NDR auf seine Online Casino Lizenz aus Malta und auf die EU-Dienstleistungsfreiheit, weshalb nach Meinung des Unternehmens die Strafermittlungen haltlos sind.

Der Wissenschaftliche Dienst spricht ebenfalls vom weiterhin gültigen Verbot von Online Casinos

Dass die Staatsanwaltschaft in Frankfurt trotz suggerierter Duldung von Online Casinos in Deutschland weiterhin gegen Tipico und andere Betreiber ermittelt, liegt in der Natur des Umlaufbeschlusses. Für die Ermittlungsbehörde handelt es sich hierbei um eine reine Verwaltungsvereinbarung und steht damit weit unter einem Gesetz, welches von einem Parlament erlassen wird. Dieser Umstand führt dazu, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur gegen Tipico ermittelt, sondern zugleich auch die Behördenmitarbeiter warnt, die den Umlaufbeschluss umsetzen sollen. Würden diese beispielsweise den Betreibern mitteilen, dass diese nun aufgrund dieser Verwaltungsvereinbarung Online Casinos sowie Spielautomaten in Deutschland anbieten dürfen, würden sie sich strafbar machen. Sie würden damit Beihilfe leisten. Einzig in ihrem Ermessensspielraum liegt die Ausführung, welcher Betreiber durch die Glücksspielbehörde wie stark verfolgt wird. Für die Staatsanwaltschaft hingegen jedoch hat dieser Umlaufbeschluss keinerlei rechtliche Relevanz.

Zu dieser Einschätzung kommt ebenfalls der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags. Darin heißt es in dem Gutachten zu diesem Thema mit der Nummer WD 3-3000 -210/20 vom 3. November unter Punkt 3, dass es sich bei dem Umlaufbeschluss noch nicht einmal um ein verbindliches Verwaltungsabkommen handelt. Vielmehr ist es eine „unverbindliche Kooperationsabsprache“. Daraus folgt: „Der Umlaufbeschluss als unverbindliche Kooperationsabsprache kann das geltende Glücksspielrecht nicht ändern und ist als solcher nicht justiziabel.“ Dieser Sachverhalt gilt zudem nicht nur für den Umlaufbeschluss, sondern ebenso für die erlassenen Leitlinien, an die sich die Betreiber von Online Casinos und Buchmacher halten sollen. Darunter fallen beispielsweise das Einzahlungslimit oder das Entfernen sämtlicher Live Casino Spiele. Hierzu heißt es sogar: „Denn die Glücksspielaufsichtsbehörden unterschiedlicher Länder können sich nicht gegenseitig wirksam zu einem bestimmten Handeln verpflichten; dazu haben sie keine Weisungskompetenz.“

Da der Umlaufbeschluss kein bestehendes Gesetz ändern kann, ändert sich rein rechtlich überhaupt nichts für die Betreiber von Online Casino in Deutschland und von einer Duldung kann somit nicht gesprochen werden. Vielmehr handelt es sich sogar um eine regelrechte Mogelpackung, denn die Unternehmen sollen sich Regeln eines womöglich zukünftigen Gesetzes unterwerfen, welches bis heute von noch keinem einzigen Landesparlament unterzeichnet wurde. Zudem erhalten sie keinen Vorteil, da strafrechtlich weiterhin gegen sie vorgegangen werden kann, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt zeigt, die gegen Tipico ermittelt. Zusätzlich wird zudem noch Druck auf die Betreiber aufgebaut, sich den Regeln eines möglichen Gesetzes bereits jetzt zu unterwerfen, nur um am Ende nicht bei der Vergabe möglicher Lizenzen leer aus zu gehen. Von einer wirklichen Duldung kann somit wahrlich nicht die Rede sein.

Hier finden Sie das komplette Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags!

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