Blockieren, Verzögern oder gleich ganz Torpedieren sind die Adjektive, die einem unweigerlich in den Sinn kommen, wenn die bisherige Arbeit des Glücksspielkollegiums der Länder betrachtet wird. Fast ein Jahr mussten beispielsweise die Anbieter von virtuellen Automatenspielen in Deutschland auf ihre beantragten Lizenzen warten, die nun tröpfchenweise so langsam endlich einmal ausgegeben werden. Wer nun denkt, dass dies bei den Sportwetten besser laufen würde, schließlich gibt es hier bereits deutlich mehr Besitzer einer Konzession, der sieht sich einmal mehr getäuscht. Das verfassungsrechtlich hoch umstrittene Glücksspielkollegium hatte in den letzten Monaten nämlich anscheinend nichts anders zu tun, als nun auch in diesem Bereich jede Menge Sand ins Getriebe zu werfen. Zum Glück jedoch fährt jetzt mit dem VG Darmstadt ein Gericht dem Glücksspielkollegium der Länder zumindest bei den Sportwetten endlich in die Parade.
VG Darmstadt stellt sich mit Hängebeschluss bei den Sportwetten gegen das Glücksspielkollegium
Bereits mehrfach hat sich CasinoplusBonus mit dem schleppenden Vergabeprozess bei den Lizenzen für das virtuelle Automatenspiel sowie Online-Poker ausführlich auseinandergesetzt, von dem allein der Schwarzmarkt bislang profitiert. Jede Erteilung einer Erlaubnis ist noch immer bis Ende des Jahres vom sogenannten Glücksspielkollegium der Länder abhängig, denn dieses Gremium muss schlussendlich mit einer Zweidrittelmehrheit einem solchen Antrag des Landesverwaltungsamtes in Sachsen-Anhalt zustimmen. Zusammengesetzt ist diese Institution aus Vertretern der 16 Bundesländer aus den jeweiligen Landesabteilungen in Sachen Glücksspielregulierung. Wer die letzten 10 Jahre zu diesem Thema verfolgt hat, der weiß, dass in diesem Gremium enorm unterschiedliche Interessen in Sachen Online-Glücksspiel aufeinandertreffen, was wohl der Grund für das Schneckentempo bei den Entscheidungsfindungen sein dürfte. Noch immer scheinen einige Bundesländer, die sich jahrelang gegen Online Casinos in Deutschland gestemmt hatten, über Umwege weiterhin zu versuchen, den gerade am wachsen befindlichen legalen Glücksspielmarkt so gut es geht zu torpedieren.
Wäre all das noch nicht schlimm genug, produziert dieses Glücksspielkollegium nun auch noch bei den Sportwetten weiteren Ungemach, der sich kaum noch nachvollziehen lässt und nun vorerst vom VG Darmstadt erst einmal gestoppt wurde. Vor einigen Wochen wurden die bisherigen Lizenznehmer der Sportwettenkonzession in Deutschland von einem Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt überrumpelt, welches es wahrlich in sich hatte. Sämtliche Anbieter sollten ab dem 1. Juli nur noch die Sportwetten anbieten dürfen, die bislang in einer Liste des Glücksspielkollegiums als erlaubt beurteilt wurden. Da diese allerdings immer wieder aktualisiert wird, sind zahlreiche typischen Wetten bislang nicht vorhanden und so hätten Buchmacher diese ab Anfang Juli aus dem Programm nehmen müssen. Laut dem „businessinsider“ hätte dies ein Wegfall von bis zu 70 Prozent des gesamten Portfolios für einige Glücksspielunternehmen und ihrer Kunden bedeutet. All dies, obwohl bislang das gesamte Angebot geduldet oder gar legal war. Wie konnte es also dazu kommen, dass nun aus Legal wieder Illegal werden soll?
Erst Anfang Juni wies der Buchmacher bet-at-home auf dieses massive Problem in einer Pressemitteilung hin und warnte zugleich vor einem massiven Umsatzeinbruch, würden die neuen Regeln aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt umgesetzt. Der Vollzug sollte nämlich bereits am 1. Juli erfolgen, obwohl zahlreiche Klagen dagegen noch anhängig sind, darunter ebenso von bet-at-home.
Für den Richter ist die Entscheidung des Glücksspielkollegiums nicht nachvollziehbar
Bis zu diesem ominösen Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt mussten Glücksspielanbieter ihr Angebot an Sportwetten an diese Behörde melden, welche sie dann absegnen sollte. Möglicherweise illegalen Wetten nach dem neuen Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag sollten dadurch erkannt und schließlich durch die Buchmacher entfernt werden. Das Dumme an der ganzen Sache ist jedoch, dass die Behörde bis heute ihrer Aufgabe nicht nachkam und die Anträge der lizenzierten Buchmacher über rund anderthalb Jahre nicht beschieden wurden. Dadurch erfolgte natürlich auch keine Überprüfungen, ob im Angebot nun illegale oder nur legale Sportwetten enthalten sind.
Um diese „Arbeitsverweigerung“ womöglich zu kaschieren, kam das umstrittene Glücksspielkollegium der Länder auf die Idee, einfach Listen mit legalen Sportwetten zu erstellen, an die sich alle Lizenznehmer halten müssen. An sich wäre dies kein Problem, wenn nicht zum Stichtag 1. Juli noch ein Großteil der nach dem Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag legalen Wetten überhaupt noch nicht erfasst wurden. Diese sollen nach und nach in der Liste noch aktualisiert werden. Gleichzeitig drohte jedoch das Regierungspräsidium Darmstadt in seinen Schreiben als Erfüllungsgehilfe des Glücksspielkollegiums den Buchmachern mit Strafen bis zum Lizenzentzug, wenn sie nach dem 1. Juli Wetten anbieten würden, die nicht auf der Liste stehen.
Buchmacher müssten somit alles Abschalten, was nicht auf der mickrigen Liste steht und darauf hoffen, diese irgendwann dann doch wieder ins Portfolio nehmen zu dürfen, wenn die Behörde ausgeschlafen hat. Vor diesem Hintergrund wundert es wahrlich nicht, dass das VG Darmstadt nun endlich einmal dem Glücksspielkollegium bei Sportwetten in die Parade fährt und mit einem Hängebeschluss diesen Vollzug vorerst aussetzt. Für den zuständigen Richter, auf den sich der „businessinsider bezieht, ist nämlich vor diesem Hintergrund die plötzliche Verschärfung und Eile überhaupt nicht nachvollziehbar. Das Regierungspräsidium Darmstadt und das Glücksspielkollegium müssen deshalb nun laut dem Gericht mit dem Vollzug warten, bis ein erstes Urteil in diesen Rechtsstreitigkeiten gefällt wurde.
Mit anderen Worten lässt sich der Sachverhalt etwas ironisch auch so ausdrücken: Warum sollen jetzt in höchster Eile die Buchmacher zu einer Neuregelung gezwungen werden, wenn zuvor durch die „Faulheit“ der Behörden jahrelang überhaupt nichts unternommen wurde. Die lizenzierten Glücksspielanbieter haben bislang alle Anforderungen erfüllt, indem sie ihre Anträge fristgerecht schon Anfang 2020 gestellt haben.
Das fragwürdige Glücksspielkollegium der Länder!
Erst vor wenigen Tagen kam Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke laut einem Gutachten zu dem Schluss, dass sich das Regierungspräsidium Darmstadt bei einem Vollzug der durch das Glücksspielkollegium vorgegebenen Regeln einer Nötigung schuldig machen könnte. Schon allein das Aussenden dieser Schreiben mit Androhung von Lizenzentzug bei Nichtbefolgung könnte den Tatbestand einer versuchten Nötigung gegenüber den betroffenen Glücksspielanbietern darstellen. Mit dem nun erfolgten Hängebeschluss durch das VG Darmstadt gegenüber dem RP Darmstadt und dem Glücksspielkollegium scheint zumindest erster Fall erst einmal vom Tisch zu sein.
Erstmals verweis auf Schwarzmarkt und Torpedierung der Ziele aus dem Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag
Neben der mangelnden Sinnhaftigkeit der plötzlichen Eile, um den Erlaubnisprozess der Sportwetten komplett zulasten der Glücksspielanbieter umzugestalten, wies der zuständige Richter am VG Darmstadt noch auf weitere wichtige Punkte hin. So wies das VG Darmstadt in Sachen Sportwetten in Bezug auf das Schreiben des RP Darmstadt im Auftrag des Glücksspielkollegiums ebenfalls auf die großen Nachteile für die Buchmacher hin, wenn dies der Aufforderung nachkommen würden. Ein solch enormer Verlust von eigentlich legalen Sportwetten im eigenen Angebot würde zu massiven Umsatzrückgängen führen. Zum anderen wäre zu befürchten, dass viele Kunden sich dem Schwarzmarkt zuwenden würden, wo sie genau die Sportwetten vorfinden, die bislang noch auf der Liste des RP Darmstadts fehlen. Dies würde die Ziele aus dem neuen Glücksspielgesetz wie die Kanalisierung vom illegalen zum legalen Spiel sowie das Verhindern einer Ausweitung des Schwarzmarktes völlig zuwiderlaufen.
Wie groß tatsächlich dieses Problem ist, zeigt schon ein kleiner Blick auf die Liste der bislang vom Glücksspielkollegium eingetragenen Sportarten und den dazu gehörigen Wettkämpfen. Basketball oder American Football taucht zum Beispiel gar nicht auf und so wären nach der neuen Logik diese erst einmal aus dem Angebot eines jeden lizenzierten Lizenznehmers zu entfernen. Ebenfalls fehlen Sportarten wie Tischtennis oder Badminton, die vor allem in der Zeit der Coronapandemie viel Zulauf erhielten. Doch nicht nur bei diesen gibt es Probleme, sondern ebenso beim König Fußball. Bislang sind als erlaubte Wettmärkte gerade einmal acht Länder eingetragen, die nicht in Europa liegen. Zudem fehlen bei einigen anderen europäischen Staaten zahlreiche Ligen. Ein unhaltbarer Zustand sowohl für die Buchmacher als auch für deren Kunden, die plötzlich trotz Legalität nach all den Einschnitten nur noch über eine mageres Rumpfprogramm verfügen sollen.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass wieder einmal das Glücksspielkollegium der Länder, wie bereits in der Vergangenheit zu beobachten war, nichts unversucht zu lassen scheint, die Legalisierung des Online-Glücksspiels mit allen Mitteln zu torpedieren. Interessanterweise kommt all dies von einem Gremium, welches in der Vergangenheit durch deutsche Gerichte als weder demokratisch legitimiert noch dem Bundesstaatsprinzips folgend eingestuft wurde.
Zur demokratischen Legitimation urteilte der hessische Verwaltungsgerichtshof im Oktober 2015 in einer Pressemeldung wie folgt: „Die Übertragung der verbindlichen Entscheidung über die Vergabe der Konzessionen auf das Glücksspielkollegium widerspreche dem Grundgesetz. Das hoheitliche Handeln des Glücksspielkollegiums könne weder dem Bund noch einem der Länder zugerechnet werden, sondern allenfalls der Gesamtheit der Länder oder gegebenenfalls einer Mehrheit der Länder. Dies verstoße gegen das Bundesstaatsprinzip, wonach es neben der Bundes- und der Landesebene keine dritte Ebene staatlicher Gewalt geben dürfe. Zudem verletze die Ausübung von Hoheitsgewalt durch das Glücksspielkollegium das Demokratieprinzip. Dem Glücksspielkollegium, das als Gesamtheit weder der Aufsicht des Bundes noch der eines Landes unterliege, fehle eine ausreichende demokratische Legitimation. Sein hoheitliches Handeln lasse sich weder auf das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland noch auf das Staatsvolk eines der Länder zurückführen. Ein Staatsvolk der Gesamt- oder Mehrheit der Länder kenne das Grundgesetz nicht.“
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