In Österreich sind die Unternehmen der Glücksspielindustrie in höchster Alarmbereitschaft, wenn der Spielerhilfe-Verein ausrückt. Mit scheinbar unerschöpflichen Ressourcen gehen die Kämpfer für mehr Spielerschutz gegen die Vergehen der Anbieter vor, die sich scheinbar trotz geltender Glücksspielgesetze nicht an die staatlichen Vorschriften halten. Dabei war zuletzt der Staat selbst in Mitleidenschaft gezogen worden. Im Rahmen einer gegen die teilstaatliche Casinos Austria-Gruppe laufenden Ermittlung sind eine Reihe mutmaßlicher Verstöße gegen den Spieler- sowie Jugendschutz öffentlich gemacht und zur Anzeige gebracht worden. Und nur wenige Wochen zuvor ging es um die Amatic Industries als Betreiber von Spieleinrichtungen sowie auch Spieleprovider in Online Casinos. Nach der Bekanntmachung der anscheinend aufgedeckten Mängel machten sich die Kontrolleure direkt wieder auf den Weg in die Spielstätten, um deren Vorgehen zu dokumentieren.
Der Spielerhilfe-Verein schaut genau hin
Durch Testkäufe hat der Verein Spielerhilfe in Österreich über ein Jahr lang versucht, Beweise zu sammeln, um bei Anbietern von Glücksspielen aus den Reihen der Amatic mutmaßliche Missstände aufzudecken. Hierzu fand am 24. Februar eine Pressekonferenz in Wien statt, auf der die Spielerhilfe vermeintliche Spielerschutz-Verstöße präsentiert hat. Parallel dazu wurden dutzendweise Anzeigen gefertigt, um die Anliegen bei den Behörden vorzubringen. Darunter auch Anzeigen wegen Verletzungen des Gewerberechts. Hierzu argumentiert der Spielerschutz-Verein mit mutmaßlicher gastronomischer Bewirtung in einzelnen Spielotheken, wobei hierfür keine Berechtigung vorliegt.
Eine Reihe weiterer Problemfelder hat der Verein aufgemacht und der Öffentlichkeit präsentiert. In der Folge ist davon auszugehen, dass die Betreiber der Spielstätten maximal sensibilisiert sind und besonders genau in allen Bereichen hinsehen. Normalerweise ist das immer gefordert, denn suchtgefährdete Freizeitangebote verlangen tagein und tagaus nach spielerkritischen Kontrollen und einer Einhaltung von geltenden Jugendschutzgesetzen. Das wollte der Spielerhilfe-Verein offensichtlich genauer wissen und hat nur einen Tag nach der Pressekonferenz mit dem Thema „Untragbare Spielerschutz-Verstöße bei Amatic“ Mystery-Shopping-Vorgänge durchgeführt.
Die Mystery-Shopping-Vorgänge, auch Testkäufe genannt, dienen der Kontrolle. Bei den verdeckten Operationen versuchen Tester, Verstöße in einer Spielstätte zu dokumentieren, um diese anschließend im Austausch mit dem Unternehmen zu lösen. Zeigt der Betreiber kein Interesse daran, dann macht der Spielerhilfe-Verein die mutmaßlichen Verstöße öffentlich.
Mutmaßlich 17-jähriger spielt bei Amatic Automaten-Spiele
Kommen wir zum aktuell vorgestellten Fall der Spielerhilfe-Österreich, der im Artikel „17-jähriger nimmt bei Amatic am Glücksspiel teil“ an die Öffentlichkeit gelangt ist. Im Anschluss an die schon eingangs dargestellte Pressekonferenz erfolgte eine neue Erhebung durch Testkäufe in Niederösterreich. Ziel waren hierbei erneut niedergelassene Spielstätten für Amatic Spiele. Und wie aus dem Bericht des Vereins zu entnehmen ist, war es angeblich möglich, einen 17 Jahre alten Jugendlichen das Automatenspiel mit Echtgeld zu ermöglichen.
Dass in Österreich Glücksspiel erst ab 18 Jahren und somit der erlangten Volljährigkeit zulässig ist, bringt die Spielerhilfe so einen mutmaßlichen Verstoß zur Anzeige. Wie ist es überhaupt möglich, dass ein Minderjähriger am Spielautomaten Echtgeld Einsätze tätigen kann? In der Erklärung des Vereins wird dies damit begründet, dass zunächst im Laufe des 25. Februar ein volljähriger Tester in einer Amstettener Amatic Filiale die Registrierung einer Spielerkarte vorgenommen hat.
Für den Jugendschutz-Test verwendete eine 17-jährige Person nur wenige Stunden später am selben Tag gerade neu registrierte Spielerkarte und hat anscheinend problemlos die Lokalität betreten können. Diese Kontrollmaßnahme hat die Spielerhilfe-Österreich wohl schon des Öfteren angewendet und berichtet nun, dass es das erste Mal gelungen sei, mit diesem „Trick“ einem Minderjährigen Zugang zum Glücksspiel ab 18 Jahren zu verschaffen.
Zu den angestoßenen Themen Gewerberecht, Nichtraucherschutzgesetz sowie auch potenziell nicht erlaubtes Online-Glücksspiel können Sie die Zusammenfassung der Spielerhilfe-Pressekonferenz in diesem Artikel lesen.
Die bereits alarmierten Amatic Spielstätten haben am Tag nach der Pressekonferenz bereits einzeln Besuche von Kontrolleuren erhalten, die, wie es die Spielerhilfe beschreibt, zumeist mit einem Zutrittsverbot empfangen wurden. Die für den Test des Jugendschutzes operierenden Personen sind hierbei womöglich nicht aufgeflogen.
Wie konnte der mutmaßliche Zutritt eines Minderjährigen gelingen?
Laut dem Artikel des Spielerhilfe-Vereins waren an diesem Tag in der Spielfiliale von Amatic Industries für die Alterskontrolle, sprich den Jugendschutz, zwei Mitarbeiter tätig. Allerdings scheint aufgrund der frisch erworbenen Spielerkarte, die nun ein anderer Jugendlicher vorzeigte, der Zugang problemlos möglich gewesen zu sein. Aufgrund der durch Amatic mutmaßlich an die Spielerhilfe überlieferten Mitteilung, dass in diese Spielstätten biometrische Zugangssysteme eingesetzt werden, kann das eigentlich nicht möglich sein.
Doch wie der Verein mitteilt, wurden alle Spiellokalitäten der Amatic besucht und in keiner ein Zutrittssystem mit biometrischer Technologie entdeckt. Es kam wohl auch zur erneuten Kontaktaufnahme im Hinblick auf die Nennung der Einrichtungen mit etwaigen Zugangskontrollen, die jedoch scheinbar ohne Antwort blieb. Zurück zum vorliegenden Fall, den die Spielerhilfe in ihrem Testkauf-Bericht erklärt. Dieser wurde per Kamera dokumentiert, indem ein Kontrolleur des Vereins in Amstetten, nachdem der Zugang des Minderjährigen erfolgt war, die Spielstätte aufsuchte.
Auf dem Videomaterial ist laut Bericht des Vereins gut erkennbar, dass die minderjährige Person am Automaten mit echtem Geld spielt. Der Verein hat die Anzeige veröffentlicht, welche am 12. April 2023 an die Landesbehörde Bezirkshauptmannschaft Amstetten übergeben wurde. Der Verein weist eindringlich darauf hin, dass die Unschuldsvermutung gilt. Es gilt nun behördlich und gegebenenfalls auch gerichtlich den vorliegenden Fall aufzuarbeiten.
(Bildquelle: spielerhilfe.at)
Ein mutmaßlicher Jugendschutz-Verstoß ist kein Kavaliersdelikt und dürfte die zuständigen Behörden sicher dazu veranlassen, dem Sachverhalt nachzugehen. Auf dem Bild zu sehen ist die erste Seite der Anzeige der Amatic Entertainment AG als Spielstättenbetreiber durch den Spielerhilfe-Verein.
Zum Vorfall und Verhalten der Filialmitarbeiter schreibt der Spielerhilfe-Verein: „Das anwesende Personal war laut den anwesenden Kontrolleuren höchst nervös. Es machte den Eindruck, als hätte man den Zutritt des 17-jährigen Spielers gar nicht mitbekommen.“
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