Seit die ÖVP vor allem in Gestalt des amtierenden Finanzministers Gernot Blümel immer stärker in den Skandal rund um Novomatic hinein gesogen wird, ist plötzlich von der großen Reform beim Glücksspiel die Rede. Österreich soll endlich eine unabhängige Glücksspielaufsicht bekommen, um in Zukunft den möglichen Einfluss von Novomatic sowie der CASAG auf die Entscheidungsträger zu Unterbinden. Im Schlepptau könnten ebenfalls die umstrittenen Netzsperren eingeführt und somit ausländische Online Casinos vom Markt verdrängt werden. Hiergegen läuft nun die OVWG Sturm, die Österreichische für Wetten und Glücksspiel und fordert einen offenen Dialog über die geplante Glücksspielreform. Kein Wunder, zahlen doch die ausländischen Online Betreiber mittlerweile mehr als 100 Millionen Euro allein an Abgaben und Steuern im Land.
Die OVWG fühlt sich ausgeschlossen und fordert offenen Dialog über die geplante Glücksspielreform
Obwohl es in Österreich nur eine einzige Online Casinos Lizenz für die virtuelle Spielhalle der CASAG gibt, können bislang die Bürger aus einer Vielzahl an virtuelle Spielhallen auswählen. Geht es nach den Plänen des Finanzministeriums unter Gernot Blümel solle es damit schon bald vorbei sein. Mithilfe von Netzsperren oder anderweitigen Maßnahmen sollen in Zukunft die ausländischen Betreiber von Online Casinos vom Markt ferngehalten werden, obwohl sie jedes Jahr immer mehr Steuern im Land zahlen. Allein in 2019 waren es laut der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage aus dem Jahr 2020 durch die NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper mehr als 123 Millionen Euro. Zum Vergleich lagen die vergleichbaren Abgaben aus dem legalen Online-Glücksspiel gerade einmal im gleichen Jahr bei etwas über 38 Millionen Euro. Sollte das Bundesfinanzministerium somit an den Plänen mit Netzsperren festhalten, würde ein dreistelliger Millionenbetrag für das Steuersäckel fehlen. Des Weiteren machte die OVWG in ihrem Aufruf zum offenen Dialog über die geplante Glücksspielreform noch auf einen zweiten Punkt aufmerksam. Kaum eine andere Branche sponsert und unterstützt den Sport finanziell so stark wie die Glücksspielindustrie und hier vor allem die ausländischen Buchmacher und Online Casino Betreiber. Hier fließen ebenfalls dreistellige Millionenbeträge in Fußball, Basketball oder den Skisport. Ob ohne die Gelder aus der Online Casino-Branche deren Finanzierung dann überhaupt noch im gleichen Umfang möglich ist, bleibt vor dem Hintergrund der gegenwärtig anhaltenden Coronakrise mehr als fraglich.
OVWG-Präsident Mag. Claus Retschitzegger, der zugleich ebenfalls Legal Counsel und Konzernsprecher bei bet-at-home ist, bedauerte es ausdrücklich, dass die Politik bislang den offenen Dialog über die geplante Glücksspielreform mit dem Verband verweigert. Er erklärte hierzu: „Es ist für uns als betroffene Unternehmen, Steuerzahler und Arbeitgeber in Österreich völlig unverständlich, dass wir in die aktuellen Gespräche über die Neuordnung des Glücksspiels nicht eingebunden werden und davon lediglich aus den Medien erfahren. Wir sprechen hier von geplanten Änderungen, die unsere Mitgliedsunternehmen in ihrer Substanz erschüttern würden. Es wären nicht nur etliche Arbeitsplätze gefährdet, sondern auch der Spitzen- und Breitensport massiv betroffen. Jährliche Investitionen in der Höhe von rund 100 Mio. Euro würden ohne ein Online Casino-Angebot nicht mehr möglich sein und damit zahlreiche Ligen, Vereine und Veranstaltungen in einem Finanzierungsdilemma!“
Neue Glücksspielaufsicht soll bereits Anfang 2022 ihre Arbeit aufnehmen
Obwohl der gesamt Skandal um das Ibiza-Video sowie die Beeinflussung der österreichischen Politik bislang nur mit Novomatic sowie der CASAG zu tun hatte, geraten jetzt auch die ausländischen Online Casino Betreiber zwischen die Fronten. Da diese über keine Lizenz aus Österreich verfügen, sollen diese in Zukunft ausgesperrt werden, anstatt wie die OVWG fordert, zuerst einmal in einen gemeinsamen offenen Dialog über die geplante Glücksspielreform zu reden. Wie der Ausschluss vom Glücksspielmarkt geregelt sein soll, ist im Detail noch nicht ganz klar, allerdings sollen die Provider gewisse Freiheiten bekommen. Da DNS-Sperren relativ leicht zu umgehen sind, können diese selbst ihre Mittel wählen, um das große Ziel des Aussperrens zu bewerkstelligen. Ebenfalls Unklarheiten gibt es noch beim Thema Glücksspielwerbung, wobei bislang nur feststeht, dass diese reduziert und mehr die Gefahren des Glücksspiels herausgestellt werden sollen. Relativ konkret hingegen scheint schon ausgearbeitet zu sein, wie die Struktur der zukünftigen Glücksspielaufsicht in Österreich ausschauen soll. Geht es nach dem Finanzministerium wird diese bereits zum 1. Januar 2022 ihr Arbeit aufnehmen und über einen Aufsichtsrat aus fünf Personen bestehen, die fünf Jahr im Amt bleiben. Besetzt werden diese im Verhältnis 3:2 zwischen dem Finanz- und Gesundheitsministerium. Hierbei benennt das Finanzministerium zudem auch den Vorstand sowie seinen Stellvertreter. In Sachen Konzessionsverfahren wird wie bereits zuvor veröffentlicht in Zukunft ein sogenannter Senat an Richter die Entscheidung über die Vergabe treffen. Berufen werden diese nach den Plänen von Gernot Blümel für sechs Jahre durch den Bundespräsidenten, der zuvor Vorschläge vom Präsidenten des Obersten Gerichtshofs erhält.
Auch Dr. Raffaela Zillner, die Generalsekretärin der OVWG, sprach sich für einen offenen Dialog über die geplante Glücksspielreform in Österreich aus. Sie teilte mit: „Dass die Regierung aktuell nicht mit uns spricht, ist für uns nicht nachvollziehbar und wir rufen zu einem Dialog mit dem Ziel einer transparenten und nachhaltigen Regulierung auf. Unternehmen, die sich nie etwas zuschulden haben kommen lassen, dürfen nicht für das Fehlverhalten von Novomatic und die Vorfälle rund um die CASAG bestraft werden. Wenn Netzsperren ohne eine zeitgemäße Regulierung kommen, wird ‘das Pferd von hinten aufgezäumt’ und letztlich werden nicht nur seriöse Unternehmen, die in Österreich Steuern und Abgaben – alleine rund 123 Mio. Euro an Glücksspielabgabe im Jahr 2019 – bezahlen und mehr als 1000 Menschen Arbeit geben, sondern auch ihre MitarbeiterInnen, der österreichische Breiten- und Spitzensport sowie die österreichischen Medien die Rechnung dafür bezahlen. Unsere Mitglieder sind in zahlreichen anderen EU-Mitgliedsstaaten lizenziert. Diese Erfahrungen und Kenntnisse möchten wir konstruktiv in den Reformprozess einbringen.“
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