Hamburg verklagt bwin

Hamburg macht ernst im Kampf gegen die Online Casinos und verklagt nun bwin, Tipico und Bet3000 wegen ihrem Angebot an Spielautomaten in Deutschland. (Bildquelle: pixabay by MIRUTH_de)

Die Zeichen stehen immer mehr auf Eskalation, denn auf Entspannung und Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern und den Betreibern von Online Casinos in Deutschland. Nachdem vor wenigen Tagen Hessen und Sachsen eine Duldung der virtuellen Spielhallen bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags Mitte 2021 ins Spiel brachten, folgt nun prompt die Retourkutsche. Hamburg verklagt bwin, Tipico und Bet3000 wegen angeblich verbotener Online Casinos, beziehungsweise der Veranstaltung illegalen Glücksspiels. Damit scheint der Disput unter den 16 Bundesländern sowie zwischen Politik und Glücksspielunternehmen nun zu eskalieren. Doch stimmt es überhaupt, dass Online Casinos tatsächlich in der Bundesrepublik illegal sind, wie es oft vonseiten der Kritiker heißt?

Hypermoralität gegen das Recht der freien Entscheidung

Verbieten, Beschränken oder gleich ganz Abschaffen, lauten die Lieblingsforderungen einer neuen Klasse aus sich selbst moralisch über den Dingen stehend haltenden Personen und Gruppierungen. Was ich nicht benötige und ablehnen, braucht auch niemand anderes. Ob Flugreisen, SUV’s, Fleischkonsum oder Glücksspiele im Internet, alles soll möglichst nicht mehr geben, denn der einfache Bürger ist schließlich zu dumm, um eigene, „richtige“ Entscheidungen für das Leben zu treffen. Deshalb muss er auch vor sich selbst geschützt werden, wie ein kleines Kind, dessen Wünsche für die Zukunft nur aus dem Futtern von Süßigkeiten bestehen würden, wenn die Eltern nicht erziehend eingreifen würden. Gerade in letzterem Bereich schien es noch vor Monaten, dass endlich ein Kompromiss zwischen den 16 Bundesländern zu Legalisierung der deutschen Online Casinos gefunden wurde. Wie wacklig dieser jedoch tatsächlich ist, zeigt sich an den Handlungen von Niedersachsen, dem Saarland oder jetzt der Stadt Hamburg, die nun bwin und andere Betreiber verklagt. Diese Länder scheinen nämlich nun unbedingt vor der kommenden Legalisierung noch alles Erreichte an Kompromissen torpedieren zu wollen.

Wie die Tagesschau nun berichtet, verklagt Hamburg bwin, Tipico sowie Bet3000 wegen der Veranstaltung illegalen Glücksspiels in Deutschland. Hierfür wurde eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Hamburg eingereicht, die diese nun prüfen muss, ob überhaupt eine Straftat vorliegt. Dies ist nämlich, entgegen den Aussagen der Stadt, alles andere als sicher. Zum einen kann die Anzeige nur die Angebote an Spielautomaten und Live Casino Spielen in der Bundesrepublik außerhalb von Schleswig-Holstein betreffen. Im nördlichen Bundesland sind nämlich Online Casinos genau wie Sportwetten legal und alle drei Betreiber verfügen über eine Lizenz. Zum anderen berufen sich die Firmen auf ihre Konzessionen aus Gibraltar und Malta. Die europäische Dienstleistungsfreiheit würde ihnen den legalen Zugang zum deutschen Glücksspielmarkt erlauben, so deren Argumentation. Während hierbei bwin gegenüber der Tagesschau erklärt, dass aus diesem Grund das Verbot von Online Casinos in Deutschland für das Unternehmen nicht zur Anwendung kommt, geht Tipico noch einen Schritt weiter. Laut dem Buchmacher verstößt der deutsche Glücksspielstaatsvertrag, genau wie gerichtlich bei den Sportwetten in der Vergangenheit festgestellt, gegen geltendes EU-Recht.

Bis heute gibt es keine letztinstanzliche Antwort auf die Frage, nach der Legalität von Online Casinos in Deutschland mit einer Lizenz aus einem Mitgliedsland der Europäischen Union. Zwar kam das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis, dass das noch gültige Glücksspielgesetz EU-rechtskonform wäre, nur hat dies nicht viel zu heißen. In der Vergangenheit kassierte bereits der Europäische Gerichtshof den Glücksspielstaatsvertrag im Bereich der Sportwetten. Aus diesem Grund werden die Online Casino in Deutschland beispielsweise mit Konzession aus Malta nicht dem Schwarzmarkt, sondern dem Grauen Markt zugeordnet, da nationales und europäisches Recht nicht im Einklang stehen.

Hamburg verklagt mit bwin und Tipico die wichtigsten Werbepartner des deutschen Fußballs

Nicht nur bei der Frage nach der Beurteilung der Online Casino Lizenzen aus Malta gibt es einige Unklarheiten darüber, ob es wirklich zu dem gewünschten Ergebnis für Hamburg kommt, wenn bwin und die anderen Betreiber verklagt werden. Es ist nämlich ebenfalls nicht klar, ob bwin überhaupt die Glücksspiele in seinen Online Casinos in Deutschland veranstaltet. Dies passiert vielmehr im Ausland auf den Servern in Malta und deutschen Kunden haben hierauf nur Zugriff. Sollte das die Staatsanwaltschaft oder das Gericht ähnlich sehen, würde die gesamte Argumentation in sich zusammenfallen. Trotz dessen dürften sich nun die ohnehin schon angeschlagenen Fußballvereine nach dem Corona-Lockdown fragen, welche Auswirkungen dies auf sie selbst und ihren Finanzen haben könnte. Immerhin zahlen bwin und Tipico zweistellige Millionenbeträge pro Jahr an Borussia Dortmund, den FC Bayern München sowie an die DFL und den DFB. Sollten diese Betreiber wie bwin wegen der angestrebten Klage aus Hamburg nicht mehr ihre Online Casinos betreiben dürfen, würde auch der einer der Hauptgründe für das Sponsoring wegfallen.

Für den deutschen Fußball könnte es um die Existenz zahlreicher Clubs gehen, die ohne die Einnahmen der Glücksspielunternehmen deutlich weniger Geld zur Verfügung hätten. Dass Hamburg bwin verklagt, hätte zudem sofort eine starke Signalwirkung für allen anderen Betreiber wie beispielsweise das DrückGlück Casino, da es sich um eine erste Grundsatzentscheidung handeln würde, der sich weitere Urteile anschließen würden.

Wie die Politik ihr Glücksspielmonopol schützen und zugleich vom eigenen Versagen ablenken will

Wer schon einmal das Buch Psychologie der Massen von Gustave le Bon gelesen hat, dem schießen sofort einige Parallelen zu den immer gleichen Argumenten der Kritiker deutscher Online Casinos ein. Mangelhafter Spielerschutz und Illegalität sind die Schlagwörter, die immer wieder fallen. Beides Punkte, die weder belegt werden können noch jemals letztinstanzlich geklärt wurden. Hierbei geht es jedoch weniger um die Wahrheit, sondern vielmehr um die Beeinflussung der Massen. Le Bon spricht hier von der ständigen Wiederholung, die irgendwann zur Wahrheit wird, weil viele es glauben. Die Medien spielen hierbei die wichtige Rolle als Verstärker, die ungeprüft immer wieder die Schlagwörter wiederholen, ohne auf die Kritikpunkte überhaupt einzugehen. Genau darum geht es allerdings den Kritikern in einigen Bundesländern aus Politik und Verbänden und hierdurch die Deutungshoheit über den Diskurs zu erlangen. Die Ziele dabei sind, zumindest vonseiten der Politik, in zwei wichtige Bereiche einzuteilen. Die Wahrung des lukrativen Glücksspielmonopols aus finanziellen Interessen sowie die Aufrechterhaltung von Pöstchen für Freunde, Bekannte und Parteimitglieder stehen hier viel eher im Vordergrund. Sechsstellige Gehälter in den Lotteriegesellschaften sind schließlich wahrlich keine Seltenheit.

Vor diesem Hintergrund ist der Vorgang, dass Hamburg bwin und Tipico verklagt, zu betrachten und hat rein gar nichts mit Spielerschutz zu tun. Wäre dies nämlich tatsächlich der oberste Beweggrund, müssten die Lottogesellschaften ihre exzessive Werbung einstellen und nicht aktiv um neue Kunden buhlen. Doch in der heutigen Welt von Doppelmoral und Doppelstandards ist es eben noch lange nicht das Gleiche, wenn zwei das selben tun. Keine Debatte darüber, dass der Bundesrechnungshof der Lottogesellschaft in Bremen vorwarf, gegen den eigenen Glücksspielstaatsvertrag zu verstoßen, und zwar beim Spielerschutz. Nie ein Wort darüber, dass der gültige Glücksspielstaatsvertrag in weiten Teilen seit Jahren gegen geltendes EU-Recht verstößt. Ebenfalls kein Wort der Entschuldigung oder wenigstens ein wenig Einsicht in die Tatsache, dass es die deutsche Politik ist, die an der derzeitigen Situation die Hauptschuld trägt. Wer seit fast 10 Jahre nicht ein einziges Glücksspielgesetz auf den Weg bringt, welches rechtlich sauber gestaltet ist, sollte zuerst vor der eigenen Haustür kehren. Nicht die Betreiber sind dafür verantwortlich, dass der nationale Glücksspielstaatsvertrag nicht EU-konform ist und somit ein Grauer Markt geschaffen wurde. Nicht die Betreiber wie bwin wollen keine Steuern in der Bundesrepublik bezahlen, sie erhalten einfach nicht die Möglichkeit dazu, da sie rechtlich in der Grauzone gefangen sind. Lieber gehen einige Länder wie Hamburg nun auf Konfrontationskurs vor der Legalisierung und verklagen bwin und Tipico für Dinge, die viele Jahre lang ohne großen Aufschrei geduldet wurden. Jetzt wo es erstmals möglich wird, dass die staatlichen Lottogesellschaften Konkurrenz an den Futtertrögen bekommen, können die Kanonen hingegen nicht groß genug sein.

Die neue Drogenbeauftrage Daniela Ludwig von der CSU scheint ebenfalls kein großer Fan von Online Casinos und Sportwetten zu sein. Laut ihrer Aussagen könne diese auf diese Art der Glücksspiele auch ganz verzichten und würde zudem gern die Glücksspielwerbung der Online Casinos verbieten. Dieser Geist reiht sich nahtlos in die Aktion der Stadt Hamburg ein, die nun bwin und Tipico verklagt. Allerdings vergessen hierbei die Politiker eine wichtige Sache. Es geht nicht darum, was ein Politiker will oder für brauchbar hält, sondern um die freie Entscheidung eines freien Individuums. Der Bürger ist schließlich nicht der Angestellte oder die auf den Pfad der Erleuchtung zu bringende Verfügungsmasse des Staates.

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