Der DSWV, der Deutsche Sportwettenverband, beklagt Wettbewerbsverzerrung in Deutschland aufgrund der restriktiven Regeln zum Automatenspiel. (Bildquelle: pixabay by 8385)
Wer die letzten 12 Monate aufmerksam verfolgte, der stolperte immer wieder über das Argument, dass die Glücksspielbranche im Internet der größte Profiteur der Coronakrise wäre. Schließlich, so die Logik, würden doch viele Kunden aus den geschlossenen Spielhallen und Wettshops in die Online Casinos abwandern. In Deutschland jedoch sieht die Realität ganz anders aus, wie nun der DSWV, der Deutsche Sportwettenverband, in einer Pressemeldung darlegte und sogar von einer Wettbewerbsverzerrung sprach. Anders als oft behauptet, konnten die Buchmacher von Corona im vergangenen Jahr nicht profitieren und die neuen Regularien zum Automatenspiel sorgten außerdem für eine gefährliche Abwanderung der Kundschaft.
Markt für Sportwetten fiel in 2020 um rund 16 Prozent
Um mit der Behauptung aufzuräumen, dass die Glücksspielunternehmen im Internet von der Pandemie und den Lockdowns profitiert hätten, legte der Deutsche Sportwettenverband gleich ein paar Zahlen vor. In 2020 sank der Gesamtumsatz bei den Sportwetten in der Bundesrepublik um insgesamt rund 16 Prozent von zuvor 9,28 Milliarden Euro auf jetzt nur noch 7,79 Milliarden Euro. Damit musste die Branche den ersten Rückgang in den letzten 5 Jahren hinnehmen. Hätte die Pandemie in Deutschland bereits im Januar und nicht erst im März ihre gravierenden Auswirkungen mit sich gebracht, hätte das Ergebnis unterm Strich noch schlechter ausgesehen. Dann hätte der Rückgang nämlich sogar rund 20 Prozent ausgemacht. Besonders zu schaffen machten den Buchmachern in 2020 vor allem zwei Dinge, die Schließungen der stationären Wettshops während der Lockdowns sowie die Unterbrechung fast sämtlicher Sportereignisse. Allein im April fielen die Umsätze um gigantische 90 Prozent nahezu auf den Nullpunkt und im Mai sah die Situation mit einem Minus in Höhe von 75 Prozent nur geringfügig besser aus. Zwar konnte später im Jahr einigermaßen dank der gestiegenen Nachfrage das Vorjahresniveau erreicht werden, doch von Profiteuren der Krise bei Umsatzeinbrüchen in Höhe von 16 Prozent zu sprechen ist typischer Populismus. Des Weiteren belasteten zwei andere Faktoren das Online Glücksspiel in Deutschland nachhaltig negativ, weshalb der DSWV sich sogar über eine Wettbewerbsverzerrung beklagt.
Die Mitglieder des DSWV:
- bet-at-home
- Betano
- Betway
- bwin
- Cashpoint (Gauselmann)
- bet365
- Interwetten
- Kindred Group (Unibet)
- Novo Interactive (Admiral Sportwetten)
- HPYBet (Playtech)
- SkyBet
- Tipico
- Tipwin
- William Hill
- XTiP (Gauselmann)
DSVW beklagt in Deutschland eine starke Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Schwarzmarkts
Während Lockdown und Ausfälle beim Sport für alle Marktteilnehmer der Glücksspielbranche in Deutschland und Europa so ziemlich im gleichen Umfang negativ zu Buche schlugen, traf dies auf die nun folgenden Punkte nicht zu. Mit großem Tamtam startete im letzten Jahr die Vergabe der neuen Sportwettenkonzessionen, die endlich Rechtssicherheit bringen sollten, nur um wenig später monatelang auf Eis zu liegen. Selbst als sich die Streithähne außergerichtlich einigen konnten und der Vergabeprozess weiterging, läuft der ganze Vorgang immer noch mehr als stockend. Gerade einmal 21 Lizenzen wurden bislang vergeben und mindestens 40 weitere Bewerber warten bis heute auf ihre Konzession. Schuld daran ist in den Augen des DSWV das deutsche Glücksspielkollegium, welches untereinander zerstritten sein soll, weshalb auch nicht wirklich etwas Substanzielles vorangeht. Kein Wunder, treffen hier doch Vertreter von Befürwortern und Gegnern von Online Casinos und Internetglücksspiel aus den unterschiedlichen Ländern und Parteien aufeinander. Dieser Twist und völlig unterschiedliche Ansichten mit schleppender Vergabe von Konzessionen in Deutschland sorgen für immer größeren Unmut in der Branche, die nun durch den DSWV sogar als Wettbewerbsverzerrung beklagt wird.
Die Buchmacher und Online Casinos mit Sportwetten müssen nämlich bereits als Bewerber die neuen Regeln aus dem kommenden Glücksspielstaatsvertrag einhalten, was besonders Auswirkungen auf das Automatenspiel hat. Ein Mindesteinsatz von nur noch einem Euro pro Dreh und zugleich die Verlängerung eines Spins auf mindestens 5 Sekunden haben die Spielautomaten für die Kunden extrem unattraktiv gemacht. Die Folge, die sich daraus ergibt, ist eine große Abwanderung hin zu Marktteilnehmern, die diese Regeln weiter ignorieren. Meist haben diese ihren Sitz in Asien oder in der Karibik und verfügen über keine Online Casino Lizenzen eines EU-Mitgliedslandes wie beispielsweise Malta. Den Kunden scheint dieses Manko jedoch egal zu sein, denn hier werden sie mit deutlich besseren Angeboten beim Casino Bonus und dem gewohnt flüssigen Spiel unterhalten.
Bei diesem Problem handelt es sich nicht nur um einen kleinen Teil an Kunden, sondern laut einer Umfrage des DSWV bei seinen Mitgliedern beträgt die Quote durchschnittlich fast 54 Prozent. Mehr als jeder zweite Kunde hat somit bet-at-home, bet365, William Hill oder bwin den Rücken gekehrt, weil der Gesetzgeber die Daumenschrauben viel zu eng angezogen und die Wünsche der Kunden völlig ignoriert hat. Erschwerend kommt hier noch hinzu, dass es keine tatsächlich Strafverfolgung derjenigen Anbieter gibt, die sich nicht an die neuen Regeln halten, da es bis heute keine bundesweite Glücksspielaufsichtsbehörde gibt und diese zudem erst 2023 ihre Arbeit aufnehmen soll. Bis dahin hat das Glücksspielkollegium der Bundesländer das Sagen, was aufgrund seiner Streitigkeiten nicht einmal den Vergabeprozess der Sportwettenlizenzen wirklich auf die Reihe bekommt. Vor diesem Hintergrund beklagt der DSWV zurecht eine Wettbewerbsverzerrung in Deutschland, denn wieder einmal sind diejenigen die Dummen, die den Versprechungen der Politik vertrauten und deren fragwürdigen Vorgaben bereits umsetzten. Der Schwarzmarkt hingegen frohlockt währenddessen über einen gewaltigen Zustrom an neuen Kunden.
Wie bereits in der Vergangenheit wird wohl auch der neue Glücksspielstaatsvertrag das Hauptziel der Kanalisierung der Kunden ins legale Spiel völlig verfehlen. Die Politik weigert sich seit Jahren stur die Realitäten wahrzunehmen, dass nur ein attraktives legales Angebot Kunden vom Schwarzmarkt fernhält. Hierzu äußerte sich auch Mathias Dahms, der Präsident des DSWV und zugleich CEO von Merkur Sports Betting & Gaming. Er erklärte: “Es wird deutlich, dass die strengen Regelungen für virtuelle Automatenspiele den Markt quasi über Nacht wegkanalisiert haben – leider in die falsche Richtung. Es ist unrealistisch zu glauben, dass deutsche Kunden sich mit den überbordenden Restriktionen des Staatsvertrags anfreunden und zu lizenzierten Anbietern zurückkommen werden, solange sie bei Wettbewerbern spielen können, die ihnen wesentlich bessere Konditionen anbieten. Wir benötigen dringend Nachbesserungen an den Regelungen und einen funktionierenden Vollzug gegen illegale Angebote. Ansonsten werden sich etablierte, regulierungswillige Anbieter aus dem deutschen Glücksspielmarkt zurückziehen.”
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