Glücksspielwerbung in ItalienAuf den italienischen Fußball werden wohl schwere Zeiten zukommen. Denn die neue Regierung des Landes aus den beiden populistischen Parteien der 5-Sterne-Bewegung und der Lega-Nord hat ein komplettes Verbot der Glücksspielwerbung beschlossen. Die umfasst ebenfalls die übliche Praxis vieler Anbieter von Online Casinos und Sportwetten als Sponsoren von Fußballvereinen auf Kundenfang zu gehen. Ebenfalls könnte eine erfolgreiche Umsetzung die Büchse der Pandora in ganz Europa öffnen, sollten andere populistische Regierung sich hieran ein Beispiel nehmen.

Schon zu Beginn des kommenden Jahre soll das Glücksspielwerbeverbot in Kraft treten

Eines kann der neuen, populistischen Regierung in Italien kaum vorgeworfen werden, dass sie nämlich nach der äußert langwierigen und chaotischen Regierungsbildung erst einmal lange Zeit bräuchte um in die Gänge zu kommen. Denn bereits rund einen Monat nach der Koalitionsbildung zwischen der 5-Sterne-Bewegung und der Lega-Nord wurde ein Gesetz beschlossen, dass sämtliche Glücksspielwerbung in Italien verbieten wird. Dieses vom stellvertretenden Ministerpräsidenten Luigi Di Maio vorgestellte neuen Gesetz muss zwar noch vom Parlament am 24. Juli abgesegnet werden, doch gilt dessen Zustimmung als sicher. Und was sich der Spitzenkandidat der 5-Sterne-Bewegung zusammen mit seinem Koalitionspartner hat einfallen lassen, hat es wahrlich in sich und könnte hohe Wellen in ganz Europa schlagen.

Das neue Gesetz in Italien sieht nämlich in Zukunft ein generelles Verbot jeder Art von Glücksspielwerbung vor, egal ob es sich dabei um Anzeigen in Zeitungen, Werbespots im Fernsehen oder um Angebote im Internet handelt. Ebenfalls wird es in Zukunft den Anbietern untersagt sich als Sponsoren bei Festivals oder Fußballvereinen zu engagieren. Gerade letzterer Punkt könnte für die italienischen Fußballvereine um Juventus Turin oder den AS Rom einen gewaltigen Nackenschlag bedeuten, auf den wir noch zu sprechen kommen. Einzig und allein vom Verbot ausgenommen werden soll nur die staatliche Lotterie, was zu einem quasi Monopol beim Kundenfang führen würde.

Als wichtigsten Grund für das restriktive Vorgehen gegen die Glücksspielwerbung sieht Di Maio die „grassierende“ Spielsucht bei den Italienern, die durch die recht liberale Haltung der letzten Jahre stetig zunahm. So gehen einige Quellen von bis zu einer Million Menschen bei rund 60 Millionen Einwohnern im Land aus, die ein problematischen oder pathologische Spielverhalten aufweisen. Im Vergleich hierzu liegt Deutschland mit weit unter einer Million Spielsüchtigen bei deutlich mehr Einwohner beispielsweise weit unter unter solch einem exorbitanten Wert. Anbieter von Online Casinos, Sportwetten und Glücksspieltempeln die gegen das neue Gesetz und das Verbot verstoßen, sollen dann mit mindestens 50.000 Euro zur Kasse gebeten werden.

Zum neuen Gesetz äußerte sich der stellvertretende Ministerpräsident Luigi Di Maio wie folgt: “Wir sind das erste EU-Land, das Werbung für Glücksspiele verbietet. Wir stellen die Menschen in den Vordergrund. Wir sagen Schluss mit der Werbung für Glücksspiele, die viele Familien in den Ruin treiben.”

Für die italienischen Fußballvereine dürften schwere Zeiten anbrechen

Bei der Vorstellung des neuen Gesetzes zum Verbot von Glücksspielwerbung in Italien am 2. Juli blieben zunächst noch  einige Fragen offen. Eine lautete zum Beispiel: Was passiert mit den abgeschlossenen Sponsorenverträgen zwischen Online Casino Anbietern und den Fußballvereinen, die noch einige Jahre weit über den Stichtag des Inkrafttretens am 1. Januar 2019 hinausgehen? Hier hieß es zuerst, dass diese noch bis zum Ende der Laufzeit weiterhin Bestand haben sollen. Begründet wurde dies mit dem Hinweis, dass die Glücksspielunternehmen ausreichend Zeit erhalten sollen, sich auf die neue Gesetzeslage vorzubereiten. Nun kam jedoch die Rolle rückwärts und es wurde beschlossen, dass sämtliche Sponsorenverträge mit den italienischen Fußballvereinen zum Stichtag 30. Juni 2019 auslaufen müssen. Damit wäre die kommende Saison nach der Fußballweltmeisterschaft die letzte, in der Anbieter von Online Casinos und Sportwetten ihren Namenszug auf den Trikots oder im Stadion verwenden dürfen.

Wenig überraschend trifft das Verbot sämtlicher Glücksspielwerbung bei den italienischen Fußballvereinen, hier vor allem bei den Clubs der Serie A, nicht gerade auf Gegenliebe. Denn wie in vielen anderen Ligen in Europa sind Glücksspielanbieter und ihr Sponsoring zu einer der Haupteinnahmequellen geworden. Der Gesamtbetrag beläuft sich dabei auf geschätzte 120 Millionen Euro pro Jahr, die an die bisherigen 11 Clubs mit einem Glücksspielunternehmen als Partner allein in der Serie A flossen. Ohne diese Gelder fürchten die großen Clubs, im sich immer schneller drehenden Transferroulette mit immer höheren Ablösesummen, auf der europäischen Fußballbühne ins Hintertreffen zu geraten.

Unbegründet sind die Bedenken der italienischen Fußballvereine in Zukunft in Europa die zweite Geige spielen zu müssen, wahrlich nicht. Di Maio äußert sich zu Bedenken der Clubs, das er zwar bis zu einem gewissen Punkt Mitleid mit Ihnen empfinden würde, dies jedoch nichts an der Entscheidung ändern würde. Vielmehr geht er davon aus, dass Unternehmen aus anderen Branchen die entstandene Lücke füllen würden und verwies dabei auf das Verbot der Tabakwerbung in der Vergangenheit. Ob dies jedoch tatsächlich eintreten wird oder ob die Einnahmen der Vereine gravierend rückläufig werden, dürfte sich erst nach Inkrafttreten des Verbots der Glücksspielwerbung herauskristallisieren. Ob dann italienische Fußballclubs noch Mega-Transfers, wie kürzlich den Wechseln von Christiano Ronaldo für 100 Millionen Euro von Real Madrid zu Juventus Turin, stemmen können, ist ebenfalls fraglich.

Nach der Ankündigung eines generellen Verbots von Glücksspielwerbung in Italien, setze ein reges Treiben bei den Sponsorenverhandlungen ein. So unterschrieb nur wenige Tage danach der Online Casino Betreiber und Anbieter von Sportwetten Betway einen Vertrag über drei Jahre mit dem AS Rom. Der in Deutschland eher unbekannte Anbieter Marathonbet wiederum schloss gleich einen 7-Jahres-Deal mit dem Stadtrivalen Lazio ab. Jedoch macht nun Di Maio unmissverständlich klar, dass in seinen Augen die nun abgeschlossenen Verträge nach der Bekanntgabe des neuen Gesetzes das Papier nicht wert wären, auf dem sie gedruckt sind. Ob jedoch die Annullierung sämtlicher Verträge durch das neue Gesetz zum 30. Juni 2019 überhaupt Rechtens ist, werden wohl unzählige Gerichtsprozesse in den nächsten Monaten und Jahren zeigen.

Nicht nur Fußballclubs und Online Casinos stöhnen, auch Medien und Spielautomaten sind betroffen

Neben den italienischen Fußballvereinen und ihren Werbepartner, sind auch weitere Wirtschaftsbereiche vom Verbot der Glücksspielwerbung massiv betroffen. Denn auch die großen Fernsehanstalten und Zeitungen sind massiv durch den Wegfall potenter Werbepartner betroffen. Stellvertretend meldete sich hier der skandalumwitterte, mehrfache, ehemalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi zu Wort. Als Besitzer des größten italienischen Medienkonglomerat Mediaset richtete er sich in einem offenen Brief an Di Maio und warf der neuen Regierung vor, die „Realwirtschaft„ nicht zu verstehen. Zusätzlich warf er ihr vor, sie würde keine eigenen Ideen haben und „starre, bürokratische Ansichten aus dem 19. Jahrhundert“ vertreten. Und wie es sich für Populisten gehört, die von anderen Populisten kritisiert werden, schlug Di Maio auf Twitter mit gleicher Münze zurück. So schrieb er, dass „Captain Bunga Bunga verärgert sei, weil die Koalition die Interessen der Schwachen und nicht jene der Glücksspiellobby, die dem Mediaset-Fernsehgeschäft von Berlusconis so wichtig sind, schützen wird“.

Abseits des unter die Gürtellinie zielenden Streits zwischen Berlusconi und Di Maio, wird das Verbot der Glücksspielwerbung noch zahlreiche weitere Unternehmen treffen. Denn die neue Regierung ist sich sehr wohl darüber im klaren, dass das neue Gesetz zu Einbußen bei den Einnahmen der Online Casino und Sportwetten führen wird. Hier geht sie davon aus, dass im nächsten Jahr dadurch die Steuereinnahmen um voraussichtlich 147 Millionen Euro und in 2020 um rund 198 Millionen Euro zurückgehen werden. Allerdings hat auch hierfür Di Maio bereits einen Plan, wie dieser Rückgang kompensiert werden soll, nämlich durch eine Steuererhöhung auf die Einnahmen aus Spielautomaten und Video Lottery Terminals. Im neuen Gesetz ist vorgesehen, dass der Satz auf erstere auf 19,25 Prozent und bei den VLT’s auf 6,25 Prozent angehoben werden soll. Diese 0,25-prozentige Erhöhung in beiden Bereich soll schon am 1. September erfolgen. Zusätzlich ist eine weiter Anhebung um ebenfalls 0,25 Prozent am 1. Mai 2019 geplant. Insgesamt sollen hierdurch rund 240 Millionen Euro generiert werden, die den Steuerrückgang nahezu kompensieren sollen. Gleichzeitig erwartet Di Maio eine Senkung bei der Zahl der Spielsüchtigen, was wiederum die allgemeinen Kosten für Therapien reduzieren würde. Betroffen von dieser Erhöhung sind vor allem Spielautomatenaufsteller und Hersteller wie Gauselmann, Bally Wulff oder Novomatic, deren Gewinne im Land wohl in Zukunft nicht mehr ganz so üppig ausfallen dürften.

Egal wie man zu den Plänen der populistischen Regierung in Italien steh mag die Glücksspielwerbung zu verbieten, so ist der Punkt mit der grassierenden Spielsucht im Land nicht von der Hand zu weisen. Seit der Liberalisierung in diesem Sektor ist der Umsatz der Glücksspielindustrie in zehn Jahren von vormals 34,718 Milliarden Euro auf jetzt 96,142 Milliarden Euro exorbitant gestiegen. Ebenfalls gab die Glücksspielregulierungsbehörde Agenzia delle Dogane e dei Monopoli bekannt, dass alle Unternehmen allein im Jahr 2016 zusammen knapp 9 Milliarden Euro verdienten. Allerdings profitierte ebenso der Staat Italien, der fast 10 Milliarden Euro an Steuern aus dem Sektor in dem Jahr einnahm. Gleichzeit befindet sich die Zahl der Spielsüchtigen jedoch mit rund 1 Million Menschen im Vergleich zum bevölkerungsreicheren Deutschland auf erschreckend hohem Niveau. Ob jedoch ein generelles Glücksspielwerbeverbot der richtige Weg ist und nicht am Ende nur der Schwarzmarkt gefördert wird , bleibt abzuwarten.

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