Eigentlich wäre wieder einmal in Österreich alles für einen Skandal angerichtet, denn wie nun durch die Medien bekannt wurde, erhielt Peter Sidlo in der Vergangenheit geheime Unterlagen von einer Parteikollegin aus der FPÖ. Diese betrafen mögliche Änderungen des Glücksspielgesetzes aus dem Bundesfinanzministerium und wahren als vertraulich eingestuft. Dass es dieses Mal keinen großen Aufschrei mehr in der Presse gibt, liegt wohl daran, dass selbst bei den Journalisten mittlerweile nach unzähligen Skandalen ein gewisser Gewöhnungseffekt eingetreten ist. Längst scheinen sich die Parteien den Staat und die Unternehmen mit staatlicher Beteiligung zur Beute gemacht zu haben und Peter Sidlo ist hierbei nur ein kleines Rädchen im über Jahrzehnte gewachsenen Getriebe aus Vorteilsnahmen.
Wollte Sidlo mit den geheimen Unterlagen von der Parteikollegin im CASAG-Vorstand glänzen?
Peter Sidlo, der ehemalige Bezirksrat der FPÖ in Wien, ist einer der Dreh- und Angelpunkte in dem mit zahlreichen Skandalen versehenen Komplex rund um das Ibiza-Video, die CASAG, Novomatic sowie die Parteien FPÖ und ÖVP. Trotz festgestellter Nichteignung als Finanzvorstand der Casinos Austria AG durch einen externen Personalberater wurde dieser dank dem Hersteller der Novoline Spielautomaten ins Amt gehievt. Als Gegenleistung soll die FPÖ wiederum Hilfe bei der Erlangung einer Online Casino Lizenz in Österreich, Konzessionen für Spielbanken sowie bundesweite Etablierung des „Kleinen Glücksspiels“ angeboten haben. So zumindest sieht es die ermittelnde Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und zahlreiche Indizien sprechen für diese Möglichkeit. Wobei mittlerweile ebenfalls ein ähnlicher Deal zwischen Novomatic und der ÖVP im Raum steht. Das neuste Detail betrifft weniger diesen Komplex, offenbart dafür jedoch wieder einmal wie die Parteien in Österreich wohl nicht immer zum Wohle des Volkes arbeiten, sondern vielmehr für die eigenen Günstlinge.
Wie mehrere Medien nun berichteten, sollen Peter Sidlo im Juli 2019 geheime Unterlagen einer nicht näher benannten Parteikollegin zugespielt worden sein. Diese betrafen geplante Änderungen für ein neues Glücksspielgesetz. Durchgesteckt wurden diese Informationen wahrscheinlich wieder einmal aus den Reihen der WKStA, denn die Unterlagen zu diesem Vorfall stammen aus den Ermittlungen der Behörde. Laut der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft schrieb Sidlo seiner Parteikollegin am 02. Juli 2019, dass diese bitte doch nicht vergessen solle, ihm die geheimen Unterlagen zum Gesetzesentwurf zukommen zu lassen. Des Weiteren bemerkte er, dass diese brisanten Dokumente doch bitte an seine private E-Mail-Adresse geschickt werden sollen. Die bislang anonyme Parteikollegin aus dem Stab des ehemaligen FPÖ-Finanzstaatssekretärs Hubert Fuchs übersende schließlich die geheimen Unterlagen einige Tages später an Sidlo. Gegen Fuchs selbst ermittelt ebenfalls die WKStA und glaubt, dass dieser in der Vergangenheit am Rand der Glücksspielmesse ICE London mit Novomatic den schmutzigen Dealer einfädelte. Zu der Zeit, als Sildo die als vertraulich eingestuften Bundespapiere erhielt, war dieser bereits Finanzvorstand der CASAG. Für das teilstaatliche Unternehmen wären die geheimen Unterlagen der Parteikollegin von Sidlo Gold wert gewesen, um sich auf geplante Gesetzesänderungen vorzubereiten oder gegen unliebsame Punkte zu lobbyieren. Deshalb steht die Frage im Raum, ob sich der Provinzpolitiker hierüber einen guten Namen innerhalb der Casinos Austria AG machen wollte.
Bislang haben die Befragungen im Ibiza-Untersuchungsausschuss wenig neue Erkenntnisse ans Tageslicht befördert. Bemerkenswert sind jedoch die unglaublichen Gedächtnislücken von ehemaligen und amtierenden Ministern sowie hohen Beamten und Politikern. Dass hierbei eine extrem undurchlässige Mauer des Schweigens von allen Seiten aufgebaut wird, ist eher noch als untertrieben zu bezeichnen.
Der ominöse Gesetzesentwurf, der sich wie ein Wunschzettel von Novomatic anfühlte
Vor diesem Hintergrund der zugespielten geheimen Unterlagen an Peter Sidlo durch eine im Bundesfinanzministerium arbeitende Parteikollegin erscheint die Behörde immer mehr wie eine Art Selbstbedienungsladen. Anscheinend hatte jeder große österreichische Glücksspielkonzern bereits vorab Kenntnis über die geplanten Gesetzesänderungen. Im Falle von Novomatic fand sich sogar bei Alexander Mehrwald, dem Managing Director der Tochterfirma Novo Equity GmbH, Notizen, die eine Art Preisliste für Lizenzen darstellten. 1,5 Millionen Euro sollte eine Online Casino Lizenz in Österreich und noch einmal 1,5 Millionen für zusammen zwei Konzessionen für Spielbanken in Wien am Prater sowie im Burgenland kosten. Die geheimen Unterlagen zum Gesetzesentwurf, die Peter Sidlo von seiner Parteikollegin erhielt, enthielten zudem noch andere Punkte auf der Wunschliste von Novomatic. So waren beispielsweise ebenso bundesweite Lizenzen für das „Kleine Glücksspiel“ geplant. Diese hätte die mittlerweile gültigen Verbote in einigen Bundesländer wieder ausgehebelt. Hauptprofiteur wäre hier sicherlich der Novoline Spielautomatenhersteller gewesen.
Bei dieser Konstellation lässt sich auch darüber spekulieren, ob Sidlo womöglich die durchgesteckten Dokumente aus dem Bundesfinanzministerium ebenso an Novomatic weiterleiten wollte. Die WKStA wird sicherlich in all diesen Fragen nicht locker lassen, aber ob sie die große Mauer des Schweigens tatsächlich aufbrechen kann, ist nach vergleichbaren Fällen in Österreich in der Vergangenheit leider mehr als fraglich. Zu eng scheinen die Netze zwischen staatsnahen Unternehmen und den Parteien in Österreich über die Jahrzehnte geflochten worden zu sein und niemand hat wirklich ein Interesse daran, dies wirklich grundlegend zu ändern. Falls die Parteien doch irgendwann aufeinander losgehen, wie nun im Ibiza-Skandal, dann dient dies wohl eher nur dazu, dem politischen Konkurrenten eins auszuwischen.
Sowohl gegen Hartwig Löger, ehemaliger Finanzminister der ÖVP, Hubert Fuchs, ehemaliger Staatssekretär im Bundesfinanzministerium sowie gegen Thomas Schmid, ehemaliger Generalsekretär im Bundesfinanzministerium, ermittelt die WKStA. Alle drei sollen in Bezug auf Peter Sidlo ihre Amtspflichten verletzt haben. Zudem scheint es in dieser Behörde in der Zeit dieser drei Herren normal gewesen zu sein, geheime Unterlagen wie im Falle Sidlo und der Parteikollegin an österreichische Glücksspielkonzerne weiterzuleiten.
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