In Österreich halten weiterhin zwei große Themenkomplexe über womögliche Korruption, illegale Parteienspenden und Einflussnahme die Öffentlichkeit in Atem. Nachdem bereits die Regierungskoalition aus FPÖ und ÖVP um Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen dem Strache-Skandal rund um das Ibiza-Video auseinanderbrach, überschlagen sich momentan die Ereignisse. Wie jetzt bekannt wurde, kam es in Österreich am vergangenen Montag zu zahlreichen Hausdurchsuchungen, darunter bei Novomatic-Chef Harald Neumann, in den Räumen der CASAG sowie bei Parteimitgliedern der FPÖ und einer Pension, die dem Bildungsinstitut der Partei gehört. Die Razzien erfolgten in Zusammenhang mit der anonymen Anzeige gegen Novomatic sowie der Casinos Austria AG. In dieser wird behauptet, dass der Berufung von FPÖ-Politiker Peter Sidlo in den Vorstand der CASAG ein Deal zwischen der FPÖ und dem Hersteller der bekannten Novoline Spielautomaten vorausgegangen sein soll.
Die Vorgeschichte zur Causa Peter Sidlo
Gerade einmal rund anderthalb Jahre hielt die Regierungskoalition zwischen der ÖVP und der FPÖ in Österreich, bis die Veröffentlichung des Ibiza-Videos der Kanzlerschaft von Sebastian Kurz vorzeitig ein Ende setzte. Sichtlich euphorisch und wahrscheinlich zudem recht angetrunken erklärte der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache einer vermeintlichen Tochter eines russischen Oligarchen, was er alles für sie tun können. Gegen eine verdeckte Parteienspende könne sie mit der Unterstützung der FPÖ rechnen. Sorgen würde sie sich dabei nicht machen müssen, immerhin würden andere Unternehmen wie Novomatic über Parteien nahe stehenden Vereinen schon seit Langem Gelder an diese am Rechnungshof vorbei transferieren. Dies führte bereits zu zahlreichen Hausdurchsuchungen, darunter 5 Vereine, die der FPÖ nahestehen sollen. Novomatic bestritt die Vorwürfe und erklärte, niemals Gelder an Parteien über diese „Umwege“ gespendet zu haben. Allerdings konnte zu dem Zeitpunkt bereits eine interessante Verbindung zwischen dem Pressesprecher von Novomatic, Bernhard Krumpel, sowie den FPÖ-Politikern Markus Tschank und Peter Sidlo aufgezeigt werden. Bei allen 5 Vereinen tauchten mit Nationalrat Markus Tschank, Alexander Landbauer und Markus Braun nämlich die immer gleichen Namen auf.
Interessanterweise kennen sich die FPÖ-Politiker Markus Tschank, Peter Sidlo sowie Bernhard Krumpel, der Pressesprecher von Novomatic bereits seit länger Zeit recht gut. Zusammen leiteten sie in der Vergangenheit die Firma Polimedia GmbH, die 2018 aufgelöst wurde. Peter Sidlo begann vor allem in der Amtszeit der Koalition aus ÖVP und FPÖ unter Kanzler Sebastian Kurz recht schnell Karriere zu machen. Zuerst wurde der einfache Bezirksrat von Wien-Alsergrund im März 2018, zusammen mit der ÖVP-Politikerin Bettina Glatz-Kremsner, zum Generalrat der Österreichischen Nationalbank befördert. Rund ein Jahr später wiederum waren es wieder Peter Sidlo und Bettina Glatz-Kremsner, die zusätzlich gemeinsam in den Vorstand der Casinos Austria AG berufen wurden. Die ÖVP-Politikerin wurde Generaldirektor und der FPÖ-Mann Vorstandsdirektor.
Während an der Qualifikation von Bettina Glatz-Kremsner für ihren neuen Posten beim österreichischen Casino Monopolisten keinerlei Zweifel bestanden, kochten jedoch schnell Gerüchte über die Berufung Perter Sidlos auf. So hatte er den Posten erhalten, obwohl der damalige Personalberater innerhalb der CASAG ihn für nicht ausreichend qualifiziert hielt. Diese negative Beurteilung jedoch wurde nie dem Aufsichtsrat vorgelegt, was hauptursächlich am Zurückhalten der Unterlagen durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Walter Rothensteiner geschuldet war. Schnell wurde hier über politische Einflussnahme spekuliert, denn der Vorschlag für die Ernennung von Sidlo zum Vorstandsdirektor bei der CASAG soll von Novomatic gekommen sein. Eigentlich hätte der Spielautomatenhersteller als drittgrößter Anteilseigner genau wie die Sazka Gruppe und die ÖBAG vom Staat Österreich ein Anrecht auf einen der drei Posten im Vorstand gehabt. Am Ende jedoch hatte der Staat mit Bettina Glatz-Kremsner von der ÖVP und Peter Sidlo von der FPÖ gleich zweit Vertreter aus den Regierungsparteien an der Spitze, was immer mehr Fragen aufwarf. Könnte es sein, dass Novomatic für seinen Einsatz für den FPÖ-Politiker Zugeständnisse von der Partei über zukünftige Geldspielgesetze erhielt, so zumindest wurde spekuliert. Wie nicht anders zu erwarten, wurden diese Spekulationen von allen Beteiligten schnell dementiert, allerdings könnte die jetzige Entwicklung rund um die neusten Razzien, etwas anderes zutage fördern.
Zum damaligen Zeitpunkt war ebenfalls bereits bekannt, dass Novomatic-Chef Harald Neumann persönlich FPÖ-Mann Peter Sidlo zur Bewerbung um den Vorstandsposten bei der CASAG riet. Bestritten hatte er dies nie, allerdings ist es äußerst ungewöhnlich, dass ein Unternehmen sein Anrecht auf einen so wichtigen Vorstandsposten bei der Casinos Austria AG mehr oder weniger einfach so an einen anderen Anteilseigner abtritt. Zudem kann darüber spekuliert werden, ob womöglich der Pressesprecher von Novomatic, Bernhard Krumpel, seinem Chef erst auf seinen ehemaligen Geschäftspartner von der Polimedia GmbH aufmerksam machte.
Eine anonyme Anzeige brachte die Razzien gegen Novomatic-Chef Harald Neumann und FPÖ ins Rollen
Bereits kurz nach der Ernennung von FPÖ-Mann Peter Sidlo zum Vorstandsdirektor der CASAG wurde darüber spekuliert, ob womöglich ein Deal zwischen Novomatic und der FPÖ dieser Entscheidung zugrunde lag. Zusätzlich befeuerte dies eine anonyme Anzeige gegen Novomatic und die CASAG, die bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einging. Hierin wurde behauptet, dass Novomatic für die Hilfe bei der Installierung von Peter Sidlo im Vorstand der CASAG vonseiten der FPÖ zahlreiche Gegenleistungen versprochen wurde. Zum einen sollte dies eine Online Casino Lizenz sein, ein Feld, indem bislang die CASAG das Monopol in Österreich besitzt. Zum anderen soll laut der anonymen Anzeige noch eine Casino-Konzession in Wien sowie die Rücknahme des Verbots des „Kleinen Glücksspiels“ in Wien teil des Deals zwischen der FPÖ und Novomatic gewesen sein sollen. Dass an diesen Anschuldigungen tatsächlich etwas dran sein könnte, zeigen nun die Razzien, die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft durchgeführt wurden.
Am vergangenen Montag rückten zahlreiche Beamte in die Privatwohnungen von insgesamt 6 Personen ein, die laut dem „Standard“ als Beschuldigte gelten sollen. Ebenfalls wird gegen ein Unternehmen ermittelt, was in diesem Zusammenhang eigentlich nur Novomatic sein kann. Dies geht aus dem 10 Seiten umfassenden Hausdurchsuchungsbefehl hervor, der dem Radiosender Oe1 zugespielt worden sein soll und auf den sich die Zeitung bezieht. Laut dem „Standard“ betrifft dies den Novomatic-Chef Harald Neumann und den Gründer und Besitzer des Glücksspielunternehmens Johann F. Graf. Hierzu gesellen sich noch die FPÖ-Politiker Peter Sidlo, Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus und der ehemalige Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Hubert Fuchs. (Quelle: DerStandard.at) Neben den Privatwohnungen wurde zudem eine Razzia in den Büroräumen von Peter Sidlo innerhalb der CASAG durchgeführt, sowie eine weitere Hausdurchsuchung in St. Jakob im Defereggental in der Pension Enzian. Letztere, so berichtet die Zeitung „Heute“, gehört seit 2012 zum FPÖ-Bildungsinstitut und gilt als einer der Rückzugsorte von Heinz-Christian Strache. Hier soll ein Tresor von den Beamten gefunden und der darin befindliche Inhalt beschlagnahmt worden sein. Dabei soll es sich um zahlreiche Festplatten handeln, die womöglich Geldflüsse zwischen der Politik und Glücksspielunternehmen belegen könnten.
Novomatic-Besitzer Johann F. Graf und FPÖ-Politiker Hubert Fuchs trafen sich auf der ICE London
Trotz unzähliger Vorwürfe und Anklagen wegen Korruption und Bestechung in der Vergangenheit konnte Novomatic den eigenen Kopf immer wieder aus der Schlinge ziehen. Egal ob es dabei um die Causa Barthold und Westenthaler ging oder um die gescheiterte Änderung des Glücksspielgesetzes in 2006, immer wieder konnte der Novoline Spielautomatenhersteller mit nahezu Weißer Weste von dannen ziehen. Dieses mal jedoch könnte sich das Blatt tatsächlich wenden, sollte auch nur einer der zahlreichen Vorwürfe gegen Novomatic sich am Ende bewahrheiten. Dass die vorgebrachten Anschuldigungen gegen den Konzern sowie gegen die FPÖ-Politiker in der anonymen Anzeige nicht nur reine Spekulation sein könnten, zeigen allein die nun stattgefundenen Razzien. Laut dem ORF soll diese nämlich mit enormen Insiderwissen gespickt sein und zudem mit vielen Zitaten aufwarten können, die, sofern sie wahr sind, nur aus dem engsten Kreis der Beschuldigten stammen können.
Brisant ist vieles an den Anschuldigungen. So soll der damalige Staatssekretär im Finanzministerium Hubert Fuchs von der FPÖ bei einem Treffen mit Johann F. Graf am Rande der Glücksspielmesse ICE London einen Deal vereinbart haben. Dabei soll es um die Installierung von Peter Sidlo im Vorstand der CASAG gegangen sein. Bekanntlich soll Novomatic im Gegenzug die Unterstützung bei der Online Casino Lizenz sowie bei der Abschaffung des Verbots des „Kleinen Glücksspiels“ in Wien zugesichert worden sein. Fuchs gab bislang nur das Treffen mit dem Novomatic-Besitzer selbst zu, bestritt jedoch, dass es bei der Zusammenkunft um Glücksspiellizenzen gegangenen sein soll. Brisant hieran ist, dass Hubert Fuchs im Finanzministerium durchaus in der Lage gewesen wäre, auf die Glücksspielgesetzgebung von Österreich Einfluss zu nehmen. Zusätzlich sollen laut der anonymen Anzeige der ehemalige Staatssekretär sowie Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache politischen Druck auf Walter Rothensteiner ausgeübt haben. Dieser hatte bekanntlich die negative Bewertung über Peter Sidlo durch den Personalberater dem Aufsichtsrat der CASAG vorenthalten. Die hier vorgebrachten Anschuldigung dürfte der Hauptgrund für die erfolgten Razzien bei Johann F. Graf, Hubert Fuchs sowie bei Heinz-Christian Strache gewesen sein.
Die Razzien bei Novomatic-Chef Harald Neumann sowie bei FPÖ-Politiker Johann Gudenus wiederum stehen ebenfalls in Zusammenhang mit der Berufung von Peter Sidlo zum, Vorstandsdirektor innerhalb der CASAG. Bislang war nur bekannt, durch eigene Aussagen von Harald Neumann, dass der Novomatic-Chef Peter Sidlo riet, sich für den Posten zu bewerben. Hier kann zwar durchaus ein gewisses Geschmäckle attestiert werden, doch machte er dies bereits recht frühzeitig offiziell bekannt. Nun allerdings wird in der anonymen Anzeige behauptet, dass es eine direkte Vereinbarung zwischen dem FPÖ-Politiker Johann Gudenus und ihm selbst gab. Ebenfalls soll hier der bereits mehrfach skizzierte Deal zwischen der Partei und dem Spielautomatenhersteller weiter festgezurrt worden sein. Für den Posten des Vorstandsdirektors bei der CASAG für Peter Sidlo, wollte die FPÖ Novomatic neue Einnahmequellen in Österreich verschaffen. Dabei soll es sich bekanntlich wieder um die Online Casino Lizenz, die Casino-Konzession in Wien sowie die Aufhebung des Verbots des „Kleinen Glücksspiels“ in der Stadt gehandelt haben. Würde dies zutreffen, hätte sich der Glücksspielkonzern auf zusätzliche Einnahmen in Millionenhöhe freuen dürfen. (Quelle: ORF.at)
Laut dem Sender Oe1 wurde ebenfalls der Aufsichtsratsvorsitzende der CASAG, Walter Rothensteiner, von den Ermittlern befragt. Wie die CASAG jedoch mitteilte, wird dieser nicht als Beschuldigter, sondern als Zeuge betrachtet.
Die möglichen Folgen für Novomatic, sollten sich die Anschuldigungen als wahr herausstellen
Sollten die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft tatsächlich belegen, dass es diesen Deal zwischen Novomatic und hochrangigen FPÖ-Politikern gab, könnte ein Mammutprozess in Österreich bevorstehen. Zudem dürften die Folgen für den Novoline Spielautomatenhersteller unabsehbar sein. Denn die Leidtragenden dieser Verschwörung, abseits der österreichischen Gesellschaft, wären zum einen die CASAG selbst sowie der Haupteigentümer die Sazka Gruppe. Letztere hatte bereits gegen Novomatic vor einem Schiedsgericht geklagt, weil diese bei der Hauptversammlung trotz Stimmrechtsbindung gegen die Pläne zur Besetzung des Aufsichtsrats der CASAG votiert hatte. Damals hatte Novomatic den Tschechen die Gefolgschaft verweigert und sich mit der ÖBAG zusammengetan, die bekanntlich vom Staat Österreich kontrolliert wird. Das Schiedsgericht könne nun feststellen, dass Novomatic damals gegen die Stimmrechtsbindung verstoßen habe und somit wäre der dann gewählte Aufsichtsrat der CASAG irregulär zustande gekommen. Ohne diesen Vorfall jedoch hätte die FPÖ niemals in dem Umfang Druck auf Walter Rothensteiner aufbauen können, um die Installierung von Peter Sidlo durchzusetzen. Ohne ihn wiederum würde es wahrscheinlich keine zwei von drei Vorstandsposten für den Staat Österreich innerhalb der CASAG geben, was es der Sazka Gruppe ermöglicht hätte, die eigenen Plänen besser umzusetzen. All dies dürfte nun auch eine große Rolle bei der Beurteilung vor dem Schiedsgericht spielen. Am Ende könnten deshalb exorbitante Schadensersatzansprüche auf Novomatic zukommen, die den Konzern durchaus ins Schlingern bringen könnten.
Sämtliche Beschuldigten müssen ebenfalls mit Haftstrafen rechnen, sofern sich der gesamte Komplex um Peter Sidlo als wahr herausstellen sollte. Allerdings gilt bis zum Ende der Ermittlungen und einem womöglichen Urteilsspruch in einem Verfahren nach wie vor für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.
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