Kurz vor dem Wochenende veröffentlichte der Hersteller von Spielautomaten für Online Casinos NetEnt seine Bilanzzahlen für das abgelaufene 2. Quartal sowie für das gesamte erste Halbjahr. Dabei zeigte sich nun bereits, wie zuvor vermutet, dass die fetten Jahre für das Unternehmen vorerst vorbei zu sein scheinen. Fragwürdige Unternehmensentscheidungen in den letzten anderthalb Jahren haben das eigene Wachstum nicht nur mehr abgeschwächt und gebremst, sondern führen direkt zu Einbrüchen beim Umsatz und Gewinn. Könnte diese negative Entwicklung vielleicht daran liegen, dass NetEnt gerade dabei ist seine Seele zu verlieren und all das aufzugeben, wofür der Spielautomatenhersteller einmal stand? Dieser Frage wollen wir in zwei Teilen nachgehen und einen kleinen Ausblick auf die Zukunft der Schweden im hart umkämpften Markt der Online Casinos werfen.
Umsatz und Gewinn bei NetEnt bricht ein
Noch in 2018, nachdem der langjährige CEO und das Herz von NetEnt, Per Eriksson, überraschend seinen Hut nehmen musste, malte die neue Geschäftsführerin Therese Hillmann die Zukunft des Spielautomatenherstellers in rosigen Farben aus. Mit weniger Kosten sollten mehr Slots pro Jahr in die NetEnt Casinos geliefert und somit das eigene Unternehmen noch profitabler für seine Aktionäre werden. Doch wie sich nun zeigt, scheint der eingeschlagene Weg der neuen Führung alles andere als mit Rosenblättern gesegnet zu sein. Wie NetEnt nun bekannt gab, sank der Umsatz im 2. Quartal dieses Jahres von 437,2 Millionen SEK aus dem Vergleichszeitraum in 2018 um gehörige 4,1 Prozent auf jetzt nur noch 419,4 Millionen SEK. Im Schlepptau des deutlich gesunkenen Umsatzes fiel ebenfalls das EBITDA, dieses jedoch mit einem Rückgang von ehemals 202,3 Millionen SEK auf nun 201,1 Millionen SEK nicht ganz so stark. Deutlich größer jedoch war im 2. Quartal für NetEnt der Rückgang bei Betriebsergebnis, dem EBIT. Hier ging es gleich um fast 20 Millionen von zuvor 148,8 Millionen SEK auf nur noch 130 Millionen SEK gewaltig nach unten. Das gleiche Trauerspiel beim Gewinn nach Steuern. Auch hier belief sich der Rückgang von vormals 139,3 Millionen SEK auf jetzt noch 119,9 Millionen SEK auf fast 20 Millionen.
Mit so einem für NetEnt ungewöhnlich schlechtem Quartal, normalerweise kannte das Unternehmen bislang nur Wachstum, fiel entsprechend das Ergebnis für die gesamte erste Jahreshälfte ebenso negativ aus. Hier ging es beim Umsatz von ehemals 867,3 Millionen SEK auf nur noch 837,5 Millionen SEK kräftig bergab, was prozentual einen Rückgang von rund 3,4 Prozent entsprach. Schuld hieran war nicht nur das miese 2. Quartal, sondern dieses war vielmehr die nochmalige Bestätigung der negativen Entwicklung, die sich bereits im letzten Jahr am Horizont abzeichnete. Der starke Umsatzeinbruch wirkte sich natürlich auch hier schlecht auf die weiteren Finanzkennzahlen aus, die bis auf das EBITDA nicht besonders rosig ausschauten. So ging in den ersten 6 Monaten dieses Jahres zwar beim EBITDA von 384,3 Millionen SEK auf nun 397,4 Millionen SEK nach oben, doch sowohl EBIT wie auch der Gewinn nach Steuern schmierten dafür ab. Beim Betriebsergebnis musste NetEnt eine negative Entwicklung von vormals 282,9 Millionen SEK auf nur noch 256,1 Millionen SEK vermelden. Der Gewinn nach Steuern brach sogar um mehr als 40 Millionen SEK ein und lag mit 240,2 Millionen SEK deutlich unter dem Wert aus dem Vergleichszeitraum aus dem Vorjahr. In diesem standen nämlich noch 285,2 Millionen SEK in den Büchern der Schweden.
Die immer stärker werdenden Rückgänge beim Umsatz sowie beim Gewinn nach Steuern in den letzten beiden Quartalen zeugen nicht unbedingt davon, dass der neue eingeschlagene Kurs NetEnt zu mehr Wachstum verhilft. Eher das Gegenteil ist eingetreten und bis auf die leichte Erhöhung des EBITDA’s über die letzten 6 Monate ist kaum etwas Positives zu finden. Allerdings wurde diese etwas bessere Marge durch Mitarbeiterentlassungen und der damit einhergehenden Reduzierung der Kosten erkauft, ohne gleichzeitig mehr Umsatz generieren zu können. Nicht die besten Zutaten für ein einfaches Fortschreiben der Erfolgsgeschichte von NetEnt.
NetEnt ist dabei seine Seele zu verlieren und wird leider immer gewöhnlicher
NetEnt Casinos waren lange Zeit oftmals das Eintrittstor für viele Kunden in die große, weite Welt der Online Casinos. Die tollen Spielautomaten der Schweden, dazu mit tollen Bonusangeboten wie Freispiele ausgestattet und die immer wieder stattfindenden Turniere sorgten für die ein oder andere Offenbarung bei Kunden, die zuvor nur Spielhallen kannten. Fast jeden Monat freuten sich deshalb viele Spieler auf das neuste NetEnt Automatenspiel, bei dem der Kunde sicher sein konnte, dass der Hersteller die eigene Messlatte bei Qualität und Kreativität wieder ein Stückchen höherschrauben würde. Diese Zeit, die nachhaltig das positive, ganz besondere Image der Schweden prägte, scheint jedoch seit dem vergangenen Jahr vorbei zu sein und Masse hat leider die Klasse ersetzt. Bis auf den NetEnt Slot Narcos, konnte in den letzten 12 Monaten kaum ein Spielautomat der Schweden in den Online Casinos so richtig die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ebenfalls leidet die Kreativität seit der Entscheidung, die Veröffentlichungszahlen in nur einem Jahr fast zu verdoppeln. Ein neuer NetEnt Slot, der noch wie Guns’N Roses einen regelrechten Hype heraufbeschwören konnte, gab es weder in 2018 noch in den ersten 6 Monaten dieses Jahres.
Diesem selbst verschuldeten Dilemma, ohne wirkliche Not die Kernkomponenten des eigenen Images aus Qualität und Kreativität aufgegeben zu haben, um noch profitabler zu werden, ist jedoch nur ein Aspekt des Problems. NetEnt hat auf der anderen Seite nämlich ebenso mit deutlich gestärkter Konkurrenz zu kämpfen, als dies noch vor Jahren der Fall war. Studios wie Yggdrasil Gaming oder Play’N Go haben längst bewiesen, dass aufregende, moderne Spielautomaten schon längst nicht mehr nur in Schweden bei NetEnt entwickelt werden. Schlimmer noch, wer heute in den Online Casinos noch positiv überrascht werden will, dem gelingt dies eher bei aufstrebenden Spielautomatenherstellern, als beim ehemaligen Branchenprimus. Der letzte große Wurf, die Musik-Trilogie mit den NetEnt Slots Guns’N Roses, Jimi Hendrix und Motörhead liegt bereits seit gut mehr als 2 Jahren zurück und seitdem hat sich kein Spielautomat bei den Schweden jemals wieder so in den Köpfen der weltweiten Kunden verankern können. Die Mittelmäßigkeit regiert mittlerweile im eigenen Anspruch, der keinen Wert mehr auf besondere Alleinstellungsmerkmale setzt, sondern nur noch von höherer Rendite getrieben wird. NetEnt war nie ein Hersteller, der durch Masse Geld verdient hat, sondern durch die Klasse und das Besondere, was einige der Walzenspiele in der Vergangenheit so unnachahmlich machten. Die Entscheidung, mit weniger Mitarbeitern fast doppelt so viele Slots im Jahr veröffentlichen zu wollen, zeigt sich nun bereits negativ in der vorgestellten Halbjahresbilanz. Die Spieler suchen jetzt das, wofür NetEnt Spielautomaten einmal standen, heute lieber bei der Konkurrenz.
Um seinen eigenen Ausstoß an Spielautomaten für die NetEnt Casino noch weiter zu erhöhen, haben sich die Schweden dazu entschlossen, sich ebenfalls für Drittanbieter öffnen zu wollen. Andere Studios sollen für die Schweden neue Slots produzieren, die dann unter dem Namen NetEnt in die Online Casinos kommen. Die ersten Automatenspiele der Drittanbieter sollen bereits in 2020 erscheinen. Dann dürften die Kunden in den NetEnt Casinos wohl jedes Jahr etwas mehr als 40 neue Slots zum Bespielen erhalten, was deutlich über den 20 Stück liegt, die noch in 2017 und 2018 veröffentlicht wurden. Ob jedoch die Kunden mit austauschbaren, in der Maße untergehenden Slots wirklich zufriedenzustellen sind und plötzlich in Scharren wieder an die NetEnt Spielautomaten zurückkehren, darf bei dieser Strategie bezweifelt werden.
Im Live Casino scheint NetEnt bereits aufgegeben zu haben
NetEnt war immer ein Hersteller von Online Casino Spielen, der nicht nur im Bereich der Spielautomaten bei der Kundschaft punkten konnte, sondern ebenso einen exzellenten Ruf bei den Fans von Roulette und Blackjack genoss. Allerdings hat sich auch in den letzten Jahren der Stillstand breitgemacht und innovative neue Glücksspielprodukte mit Live Dealern waren absolute Mangelware. Zwar gibt es jedes Jahr mal hier und da eine neue Variante beim Live Roulette oder beim Live Blackjack, doch haben Kunden dies in der Form bereits zuvor schon bei Konkurrenten ebenfalls mehr oder weniger gesehen. Eine echte Neuerung, oder besser gesagt etwas, was es vorher noch nie gab und Kunden gar nicht wussten, dass sie dies überhaupt wollen, gab es in den letzten Monaten im NetEnt Live Casino nicht zu vermelden. Während früher die Schweden mit ihren Glücksspielen wenigstens noch ab und an den Evolution Gaming unter Druck und auch eigene Trends setzen konnten, ist diese Kreativität und vielleicht auch der eigene Anspruch komplett verloren gegangen. Sämtliche Neuerungen, sei es die Erfindung neuer Genre in den Live Casinos, erstmalige Veröffentlichung von Würfelspielen oder die erste Gameshow, NetEnt hatte mit diesen Entwicklungen, die die Zukunft prägen werden, rein gar nichts zu tun.
Das letzte einprägsame Produkt im Bereich Live Casino von NetEnt stammt tatsächlich noch aus dem Februar 2018, als zusammen mit dem Mr Green Casino Live Beyond Live eine völlig neue Live Casino Umgebung geschaffen wurde. Erstmals konnten sich Kunden in einer virtuellen Realität zwischen den einzelnen Tischen für Blackjack und Roulette bewegen und somit wieder dem Gefühl einer echten Spielbank näher kommen. Angestoßen wurde das Projekt damals noch unter der Führung des langjährigen CEO Per Eriksson, unter dem NetEnt zu einem führenden Hersteller von Online Casino Spielen wurde. Anscheinend wurden mit seiner Entlassung viel mehr alte Zöpfe abgeschnitten, als damals noch vermutet werden konnte. Denn seit seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen gab es keine echte, bahnbrechende Entwicklung mehr, weder im Live Casino, noch bei den Slots, ein Armutszeugnis für den einstigen Branchenprimus. Doch wirklich überraschen kommt diese Entwicklung nicht, schließlich ist sie die direkte Folge aus der neuen Strategie, sich nur noch auf die Profitabilität konzentrieren zu wollen. Womöglich handelt es sich momentan nur um eine Momentaufnahme des Umbruchs und im nächsten Jahr gelingt NetEnt, dank neuer Märkte ,wieder Wachstum zu generieren. Sicher ist dies allerdings nicht, sollten die fragwürdigen Entscheidungen, die seit Beginn 2018 getroffen wurden, anhalten. Die Konkurrenten aus Play’n Go, Yggdrasil Gaming und Co schlafen nicht und sind bereits dabei, den Schweden immer stärker Marktanteile abzunehmen. Das Unternehmen sollte sich hier auf seine alten Stärken besinnen und endlich wieder etwas großes, neues und vor allem innovatives in die NetEnt Casinos bringen, damit die Kunden noch wissen, wofür die Schweden einstmals standen.
Im Bereich Live Casino Spiele vermeldete NetEnt, dass in den kommenden Monaten der Schwerpunkt bei der Entwicklung auf dem Bedienkomfort liegen soll. Dieser soll deutlich verbessert und damit eine bessere Konkurrenzfähigkeit erzielt werden. Allerdings, so scheint es, sind neue, einzigartige und innovative Live Casino Spiele, die sich von der grauen Masse abheben, wohl leider nicht geplant.
In Teil 2 über NetEnt werden wir uns mit den zahlreichen fragwürdigen Entscheidungen des Unternehmens in den letzten anderthalb Jahren auseinandersetzen, die zu dieser negativen Entwicklung geführt haben. Ebenso wollen wir eine kleine Einschätzung geben, ob NetEnt in den nächsten Monaten noch eine Trendumkehr schaffen kann oder ob der Negativstrudel womöglich weiter an Fahrt gewinnt.
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