Selten nur bekommt die Europäische Union Anerkennung. Sie mischt sich zu sehr in die Angelegenheiten der Mitgliedsländer ein und sorgt immer wieder mit der Einführung von absurden Regeln, wie der zum Glück wieder abgeschafften Verordnung zur Gurkenkrümmung, für Stirnrunzeln. Doch gerade diese so oftmals gescholtene EU ist die letzte Bastion gegen staatliche Glücksspielmonopole. Seit Jahren kämpft sie dafür, dass endlich sämtliche Mitgliedstaaten ihren Glücksspielmarkt liberalisieren und für alle Marktteilnehmer regulieren. Mit leider äußert unterschiedlichem Erfolg. Während einige Länder wie Dänemark, Großbritannien oder Portugal zeigen, wie eine vernünftige Glücksspielgesetzgebung aussehen kann, verweigern sich andere komplett. Ähnlich wie in Deutschland und Österreich argumentieren diese Staaten mit den besonderen Zielen, die eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit angeblich rechtfertigen würde. Tatsächlich gibt es diese Kriterien nach europäischem Recht, nur völlig anderes als es meist vonseiten der Politik dargestellt wird. Um die Dienstleistungsfreiheit von Betreibern von Online Casinos mit Lizenz eines Mitgliedslandes der EU im eigenen Markt einschränken zu dürfen, bedarf es einiger, äußerst wichtiger Punkte. Wenn der Spielerschutz und Kampf gegen Spielsucht der Grund für eine Beschränkung angeführt wird, dann müssen sämtliche Maßnahmen zur Regulierung diesem Anliegen im betreffenden Land untergeordnet werden. Und dies gilt dann sowohl für private Anbieter aus dem In- und Ausland sowie für staatliche Betreiber. Zudem müssen sämtliche Kriterien transparent veröffentlicht werden und Diskriminierungen ausländischer Anbieter müssen ausgeschlossen sein. Nur wenn all diese Punkte gegeben sind, kann der Glücksspielmarkt eines Landes eingeschränkt werden. Gleiche Regeln für alle Teilnehmer sozusagen. Genau diesen Sachverhalt hat nun der Europäische Gerichtshof in einem wichtigen Urteil bestätigt.
Es bedarf in Deutschland keines Hellsehers, herauszufinden, dass das deutsche Glücksspielgesetz nicht dem Europäischem Recht entspricht. Schon mehrfach hat Brüssel das deutsche Vorgehen gerügt. Selbst für den nun angestrebten neuen 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrag gab es sofort negative Kritiken vonseiten der EU.
Die Sperrung von Unibet in Ungarn verstößt gegen die Niederlassungsfreiheit
Seit dem Jahr 2014 streiten sich Unibet, welches mittlerweile als Kindred Group firmiert und der ungarische Staat durch sämtliche Instanzen. Grund für die Auseinandersetzung ist die Sperrung von zwei Online Casinos des Betreibers in Ungarn. Denn laut dem ungarischen Glücksspielgesetz verfügte Unibet über keine Lizenz zum Betrieb eines Internetcasino in dem Land. Das große Problem an der Sache ist, dass der Anbieter gerne eine bekommen wollte, nur das ungarische Gesetzeswerk es unmöglich machte, diese auch nur ansatzweise zu erhalten. Denn wer in Ungarn Glücksspiele anbieten möchte, der hat nicht nur gewisse Vorleistungen, wie bestimmte Geldmittel, zu erbringen, sondern muss zudem noch mehrere Jahre im Land bereits tätig gewesen sein. Dies ist logischerweise durch einen Betreiber, der neu in den Markt eintreten möchte, nicht zu erbringen. Nachdem aufgrund der fehlenden Lizenz die beiden Online Casinos von Unibet in Ungarn gesperrt wurden, zog das Unternehmen vor Gericht. Dabei kam das Verwaltungs- und Arbeitsgericht Budapest zu der Meinung, dass hier nur der Europäische Gerichtshof wirklich Klarheit bringen kann. Denn Unibet verwies bei der Klage darauf, dass das ungarische Glücksspielgesetz ausländische Firmen diskriminiert und somit gegen Artikel 56 AEUV verstoße. Dieser, als Gesetz zur Dienstleistungsfreiheit bekannte Artikel, lautet: „Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.“ Beschränkungen sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie höher gerichtete Ziele fürs Allgemeinwohl unterstützen. Dann jedoch müssen diese Beschränkungen für alle Marktteilnehmer gelten und zudem fair, verhältnismäßig, transparent und nicht diskriminierend sein. Laut dem EuGH erfüllt das ungarische Glücksspielgesetz all diese Merkmale, die eine Beschränkung möglich machen würden, nicht.
Unibet wurde aufgrund der fehlenden Lizenz nicht nur seine beiden Online Casinos dichtgemacht, es wurde zusätzlich zu einer Strafzahlung verdonnert. Mit dem nun ergangenen höchstrichterlichen Urteil werden sämtliche Beschränkungen und strafen für Unibet in Ungarn aufgehoben.
Urteil des EuGH zeigt ebenfalls die Hauptprobleme in anderen Ländern auf
Laut dem EuGH verstößt das ungarische Glücksspielgesetz gegen Artikel 56 AEUV und somit ist sowohl die Sperrung der beiden Online Casinos von Unibet, ebenso wie die verhängte Strafe EU-rechtswidrig. Dieses Urteil aus Brüssel ist jedoch bei weitem mehr, als nur eine einfache Auseinandersetzung zwischen einer Regierung und einem Unternehmen. Denn genau diese Punkte, die am ungarischen Glücksspielgesetz und der daraus resultierenden Lizenzvergabe beanstandet werden, finden sich ebenfalls in Gesetzen anderer Mitgliedsstaaten. Genau wie in Ungarn, beziehen sich Betreiber von Online Casinos, die beispielsweise eine Konzession von Malta besitzen, auf die Dienstleistungsfreiheit in Österreich oder in Deutschland. Und wie auch in Ungarn behaupten hier Gerichte immer wieder, dass die gesamte Glücksspielgesetzgebung im perfektem Einklang mit europäischem Recht stehen würde. Nur stimmt dies keineswegs, denn gerade der deutsche Glücksspielstaatsvertrag und seine Änderungsverträge sind immer wieder Grund für Ärger. Mittlerweile ist sogar ein Vertragsverletzungsverfahren angedroht, wenn Deutschland sich nicht endlich in dieser Sache an gültiges europäisches Recht hält. Das jetzt ergangene Urteil des EuGH ist weiteres Wasser auf die Mühlen der Betreiber von Online Casinos. Denn hiermit dürfte die Aufrechterhaltung eines Verbots der virtuellen Spielhallen nach deutschem Recht kaum noch zu rechtfertigen sein. Einige Politiker haben dies schon erkannt, wie die neue Koalition in Schleswig-Holstein. Denn wie bereits 2012 will das nördlichste Bundesland erneut aus dem Glücksspielstaatsvertrag aussteigen, nur dieses mal nicht allein, sondern möchte andere Länder hinter sich scharen. Der gesamten Branche in Deutschland wäre eine echte Regulierung unter gleichen Voraussetzungen zu wünschen. Würde sie doch endlich die rechtliche Grauzone beenden, in die so viel Zocker durch veraltete, nationale Gesetze getrieben werden.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, FDP und den Grünen werden drei weitere Bundesländer explizit genannt, mit denen Schleswig-Holstein ein eigenes Glücksspielgesetz anstreben möchte. Es handelt sich dabei Hessen, Rheinland-Pfalz und NRW. Anders als beim Glücksspielstaatsvertrag, hatte die EU 2012 den Sonderweg und die erarbeiteten Regularien von Schleswig-Holstein gelobt und mit EU-Recht im Einklang gesehen. Leider war dieses Gesetzeswerk aufgrund wechselnder Regierung nur für kurze Zeit gültig.
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