Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2022 und noch immer warten die privaten Anbieter von virtuellen Spielautomaten in Deutschland auf ihre Lizenzen für die Slots und das Pokerspiel im Internet. Dies ist zwar ärgerlich, doch erscheinen die sechs Monate seit dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrags gegenüber den jahrelangen Verzögerungen am Berliner Flughafen irgendwie immer noch wie ein Wimpernschlag im Zeitfluss der deutschen Bürokratie. Womöglich wird sich die nächsten Wochen sogar endlich etwas bewegen, denn nun will mit Lotto Baden-Württemberg erstmals ein staatliches Unternehmen in das lukrative Geschäft mit virtuellen Spielhallen und sogar Online Casinos einsteigen. Begründet wird der Schritt vonseiten der Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg mit dem angeblich rein gemeinwohlorientierten Betrieb des staatlichen Glücksspielunternehmens und dem Auftrag, die Kundschaft in ein sicheres Glücksspiel zu kanalisieren.
Online Casino und virtuelles Automatenspiel – Lotto Baden-Württemberg will es in einer Hand
Schon kurz nach dem Jahreswechsel hat die Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg ihren Jahresbericht für 2021 vorgelegt und neben einigen Zahlen finden sich hier vor allem äußerst spannende Aussagen über die nähere Zukunft des staatlichen Glücksspielunternehmens. Laut Geschäftsführer Georg Wacker will nämlich Lotto Baden-Württemberg definitiv in das Geschäft mit den virtuellen Spielautomaten im Internet in ganz Deutschland einsteigen und sogar ein eigenes Online Casino ist geplant. Gleichzeitig mit der Bewerbung bei der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder wird ein Sozialkonzept eingereicht, welches von der Evangelischen Gesellschaft in Stuttgart erstellt wurde. Hiermit soll den Kunden, so Geschäftsführer Georg Wacker, ein Höchstmaß an Transparenz über die eigene Spieltätigkeit gewährleistet werden. Ganz so, als ob dies die private Konkurrenz nicht ebenfalls gewährleisten würde, immerhin müssen sich alle zukünftigen Lizenznehmer an die gleichen Regeln halten. Zugleich sei die Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg gegenüber den privaten Glücksspielunternehmen eine Firma, die das Gemeinwohl im Auge habe, wird weiter ausgeführt, wohl um die geplante Ausweitung des eigenen Angebots zu rechtfertigen. Dies scheint auch bitternötig, denn zur Kanalisierung der Kundschaft ins legale und sichere Spiel, wie ebenfalls angedeutet, bedarf es bei einem Lizenzsystem sicherlich keines zusätzlichen staatlichen Anbieters.
Wieder einmal klingen auch bei Lotto Baden-Württemberg der Spielerschutz und die Kanalisierung ins legale Spiel nur vorgeschoben, wenn es um den Einstieg in die Online Casinos und das virtuelle Automatenspiel geht. Zeitgleich sollen nämlich nach eigen Aussagen von Georg Stecker laut der „Badischen Zeitung“ neben der Ausweitung des eigenen Angebots auch jüngere Kundengruppen angesprochen werden. Übersetzt werden also neue Kunden zum Glücksspiel verleitet, was sicherlich nicht die Aufgabe eines staatlichen Unternehmens ist. Schlimmer noch, wenn es zugleich bereits unzählige private lizenzierte Anbieter geben wird, die den Kanalisierungsauftrag bereits erfüllen. Vielmehr geht also einmal mehr um die Erhöhung der Einnahmen, um mit Ihnen das ewig klamme Landessäckel von Baden-Württemberg zu füllen.
Bekommt die Landesgesellschaft das Monopol auf Roulette, Blackjack und Baccarat?
Neben der bereits sicheren Bekundung zum Einstieg ins virtuelle Automatenspiel liebäugelt Lotto Baden-Württemberg ebenfalls mit einem eigenen Online Casino. In Deutschland zählt, anders als im Rest der Welt, hierzu nur das Angebot an Tischspielen wie Roulette, Blackjack oder Baccarat und keine Spielautomaten. Da diese Lizenzen jeweils von den Bundesländern selbst erteilt werden und nicht bundesweit gelten, hat die eigene Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg natürlich beste Karten den Zuschlag zu erhalten. Obwohl theoretisch laut dem Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag die Anzahl der Konzessionen für ein Online Casino im jeweiligen Bundesland der Anzahl der terrestrischen Spielbanken entsprechen darf, ist die volle Ausschöpfung jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. So könnte Baden-Württemberg beispielsweise ohne Weiteres ein Monopol für Online Casinos schaffen und dieses dem eigenen Lotto zuschlagen. Laut der „Badischen Zeitung“ hatte bereits im Dezember 2021 der Ministerrat Lotto Baden-Württemberg den Auftrag erteilt, eine eigene Offerte in Sachen Online Casino auszuarbeiten. Zeitgleich wird hinter verschlossenen Türen am entsprechenden Landesgesetz gearbeitet. Durch die extrem engen Verbindungen zwischen der Politik und der Lottogesellschaft ist wohl davon auszugehen, dass das staatliche Glücksspielunternehmen hierbei besten im Bilde über die kommenden Anforderungen für die Lizenz sein dürfte. Relativ siegessicher sind deshalb bereits Roulette, Baccarat sowie Blackjack als mögliches Angebot geplant. Poker hingegen will die Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg bei einem Zuschlag nicht anbieten.
Georg Wacker ist seit Anfang 2018 der Geschäftsführer der Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg und wie häufig üblich, ein ehemaliger Politiker. Bis zu seinem Amtsantritt als Chef bei Lotto war er Mandatsträger im Landtag von Baden-Württemberg für die CDU und plant nun ein eigenes Online Casino und ein bundesweites Angebot an virtuellen Automatenspielen.
Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg 2021 in Zahlen:
- Spieleinsätze: 1.073 Millionen Euro
- Abgaben ans Landessäckel: 421,9 Millionen Euro
- Anstieg der Spieleinsätze seit 2011: +26 Prozent
Am Ende geht es nur um die Kohle
Zeitgleich mit der Ankündigung über den Einsteig von Lotto Baden-Württemberg in das virtuelle Automatenspiel und der Schaffung eines eigenen Online Casinos legte das staatliche Unternehmen ebenfalls seinen Geschäftsbericht für 2021 vor. Trotz Corona, Lockdown und monatelangen Kontaktbeschränkungen fielen die Spieleinsätze nur um 0,7 Prozent geringer aus als noch in 2020. Gegenüber noch 1,081 Milliarden Euro waren es nun rund 1,073 Milliarden Euro, die die Bürger in Baden-Württemberg in den Lotto-Annahmestellen und im Internet einsetzten. Sofern den ständigen Jammerorgien der Lottogesellschaften über die private Konkurrenz in den letzten Jahren Glauben geschenkt würde, müsste es sich somit um ein weiteres schlechtes Jahr handeln. In Wirklichkeit jedoch geht es beispielsweise seit mehr als 10 Jahren für die Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg steil nach oben. Allein im Vergleich zu 2011 kletterten die Spieleinsätze um rund 26 Prozent von ehemals noch 851,2 Millionen Euro und damit auch die Abgaben an den Landeshaushalt. Für 2021 waren dies abzüglich der Ausschüttungen in Höhe von 528,9 Millionen Euro und der Betriebskosten rund 421,9 Millionen Euro. Eine gewaltige Summe, die aus dem ewig klammen Haushalt nicht mehr wegzudenken ist und verdeutlicht, warum anscheinend auch das Land als Eigentümer der Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg an einem Einstieg ins bundesweite virtuelle Automatenspiel interessiert ist. Würde zusätzlich noch ein Monopol für Online Casino Spiele in Baden-Württemberg für dass eigene Lotto geschaffen, wären weitere Mehreinnahmen im zweistelligen Millionenbereich so gut wie sicher.
Staatliche Glücksspielunternehmen arbeiten bei ihrem Image immer mit zwei wichtigen Mantras, dem angeblich besseren Spielerschutz und der Gemeinnützigkeit, da die Abgaben ja der Allgemeinheit zugutekommen würden. Erstes Mantra konnte bis heute nicht beweisen werden und oft glänzen gerade Lottogesellschaften eher als Auffangstation wohl gedienter Parteimitglieder und anderer Günstlinge, die oftmals mit sechsstelligen Jahresgehältern umsorgt werden. Beim Thema Gemeinnützigkeit lohnt sich ebenfalls ein genauerer Blick. So fließen von den insgesamt 421,9 Millionen Euro an Einnahmen aus der Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg gerade einmal 132,4 Millionen Euro in den Wettmmittelfond, aus dem der Sport, Kunst und Kultur sowie die Denkmalpflege gefördert werden. Die restlichen rund 69 Prozent der Abgaben werden einfach ungebunden den Landesfinanzen zugeschlagen.
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