Laut österreichischem Recht dürfte es in der Alpenrepublik eigentlich nur ein einziges Online Casino geben, nämlich win2day von der Casinos Austria. Tatsächlich jedoch tummeln sich Hunderte virtuelle Spielhallen von nahezu sämtlichen großen Betreibern im Land und berufen sich hierbei auf die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union. Ähnlich wie in Deutschland ist es gerade der Konflikt zwischen National- und EU-Recht, der dafür sorgt, dass österreichische Online Casinos seit Jahren relativ unbehelligt ihrem Tagwerk nachgehen können. Wie nun die Beantwortung des Finanzministeriums auf eine Anfrage einer Abgeordneten der NEOS aufzeigt, laufen dabei die Geschäfte immer besser, zulasten des Internetcasinos der CASAG.
Österreichische Online Casinos beherrschen mittlerweile rund 75 Prozent des Glücksspielmarktes
In Österreich gibt es in Sachen Glücksspiel gleich mehrere ungünstige, enge Verbindungen zwischen dem Staat und den Betreibern, vornehmlich die CASAG. Diese besitzt gleich vier wichtige Monopole. Alle 12 Spielbanken des Landes, das einzige nach nationalem Recht erlaubte österreichischen Online Casino sowie das Monopol beim Lotto und bei den VLT’s spülen jedes Jahr enorme Summen in die Bilanz der Casinos Austria. Das Problem hieran ist jedoch neben dem Monopol, dass der Staat Österreich selbst mit rund 33 Prozent am Unternehmen beteiligt ist und über das Finanzministerium selbst die notwendigen Konzessionen vergibt. Der Staat wird somit immer ein starkes Interesse daran haben, die CASAG zu bevorzugen und andere Markteilnehmer, vor allem ausländische Betreiber, vom Futtertrog fernzuhalten. Zusätzlich warten bei teilstaatlichen Konzern hoch dotierte Pöstchen auf Parteibuchträger, was mitunter zu Skandalen führt, wenn deren Besetzung zu offensichtlich parteipolitisch vollzogen wird. Peter Sidlos Geschichte von der FPÖ ist hier das mahnende Beispiel.
Nichtsdestotrotz hat der Staat anscheinend nicht wirklich etwas gegen die ausländische Konkurrenz, sofern sie brav ihre Steuern entrichtet, auch wenn es dafür keine der begehrten österreichischen Online Casino Lizenzen gibt. Allein im letzten Jahr beliefen sich die Zahlungen zusammengerechnet auf stolze 123,4 Millionen Euro. Über diese Zahl lassen sich auch die Bruttospielerträge der österreichischen Online Casinos von Betreibern aus dem Ausland relativ gut abschätzen. Laut der Antwort des Finanzministeriums auf die Anfrage der NEOS-Abgeordneten Stephanie Krisper lagen diese in 2019 bei rund 308,4 Millionen Euro. Im Vergleich hierzu konnte die virtuelle Spielhalle der CASAG im vergangenen Jahr 95,4 Millionen Euro vorweisen. Werden diese beiden Zahlen nun ins Verhältnis gebracht, ergibt sich daraus ein starkes Ungleichgewicht, denn die ausländischen Betreiber beherrschen rund 76 Prozent des Glücksspielmarktes im Internet in der Alpenrepublik. Ebenfalls zeigen die Zahlen, dass sich der Marktanteil der österreichischen Online Casinos ohne Lizenz des Landes in den letzten Jahren sogar deutlich vergrößert hat. In den vier Jahren vor 2019 lag deren Anteil im Mittel noch bei gut 66 Prozent.
In den letzten Jahren konnten die ausländischen Betreiber mit ihren Online Casinos ihren Marktanteil sukzessive Ausbauen. Trotz dieser Entwicklung kann das einzige österreichische Online Casino mit einer Lizenz des Staates immer noch rund 25 Prozent Marktanteil vorweisen.
Schon einmal wollte der Staat gegen die ausländische Konkurrenz vorgehen
Genau wie in Deutschland der Konflikt mit den unterschiedlichen Rechtsprechungen bislang die Online Casinos mehr oder weniger geschützt hat, so ist die Situation in Österreich nicht viel anders. Allerdings machte im Jahr 2018 der damalige Finanzminister Hartwig Löger mit seiner Glücksspielgesetz-Novelle einen Vorschlag, der überhaupt nicht gut ankam. In dem Papier, was durchaus hätte einmal ein Gesetz werden können, waren wie in der Schweiz Netzsperren gegen alle österreichischen Online Casinos vorgesehen, die über keine Konzession der Alpenrepublik verfügen. Damit wäre das Monopol der CASAG wieder hergestellt gewesen. Allerdings verschwand das Strategiepapier kurz nach der Veröffentlichung wieder im Giftschrank und wurde bis heute nicht mehr hervorgezerrt. Wie „Profil“ berichtet, soll die Offensive von Löger vor allem am Widerstand der FPÖ, die damals noch in der Regierung saß, gescheitert sein. Hauptgrund war, so die Zeitung, dass die Glücksspielgesetz-Novelle keine zweite Online Casino Lizenz vorsah.
Dieser interessante Fakt ist auch vor dem Hintergrund der momentanen Ermittlungen rund um den durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vermuteten Deal zwischen Novomatic und der FPÖ zu betrachten. Immerhin soll gerade solch eine Konzession der zentrale Punkt sein, um den sich sämtliche Vorwürfe, Vermutungen und Behauptungen drehen. Der überraschend schnelle Rückzug der Glücksspielgesetz-Novelle könnte somit ein weiteres Puzzleteil in der ganzen Causa darstellen und wirft Fragen auf. Warum hatte die FPÖ Interesse daran, eine Änderung des Glücksspielgesetzes zu verhindern, wenn keine zweite Online Casino Lizenz vorgesehen war? Gab es 2018 einen zeitlichen Zusammenhang mit den momentanen Ermittlungen? Wer von der FPÖ machte Hartwig Löger deutlich, dass der Regierungspartner die Novelle nicht mittragen wird? Hat Novomatic womöglich Einfluss auf die FPÖ genommen, um diese Novelle zu verhindern? Die Antworten auf diese Fragen würden den ein oder anderen Strang in diesem Skandal sicherlich deutlich aufhellen.
Die oben aufgestellten Fragen wären sicherlich ebenso interessant für den kommenden Ibiza-Untersuchungsausschuss. Schließlich war Hartwig Löger zur damaligen Zeit oberster Dienstherr des Finanzministeriums. Am 24. Juni muss der ehemalige Finanzminister der ÖVP hier Rede und Antwort stehen und es bleibt zu hoffen, dass die Befragung ebenfalls diesen Themenkomplex um die Glücksspielgesetz-Novelle 2018 nicht außer acht lassen wird.
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